ma(c)festus
Oscar-Preisträger
- Filmkritiken
- 48
Dem kann ich mich nicht anschließen. Was du da nämlich meines Erachtens übersiehst, ist der Subtext. Dass die Mädels nämlich keinesfalls die übergeilen Supertussen sind, die konsequent die Emanzipation im Film nach vorne peitschen, erkennt man an ihrer Unsicherheit jenseits der "mit Kneifzange auf cool getrimmten" Dialoge. Ein Mädchen lässt sich wider WIllen von einem alten, schmuddelig aussehenden Sack, über den sich Eli Roth in seinem Cameo sogar lustig machen darf, zu einem Lapdance überreden, obwohl sie das gar nicht will - warum tut sie das? Weil sie unsicher ist. "Death Proof" ist voll von diesen Unsicherheiten sowohl beim Mann als auch bei der Frau, wenngleich die Frauen in beiderlei Hinsicht - bezüglich ihrer Coolness und bezüglich ihrer Unsicherheiten - komplexer gezeichnet sind.Zitat von Travis
Der Film besteht und das ist ja bei Tarantino auch nicht wirklich eine Überraschung, mehrheitlich aus Dialogen. Wäre bei einem Mann wie Tarantino auch nicht weiter schlimm, wenn....
Ja eben, wenn diese wirklich cool wären und nicht mit der Kneifzange auf cool getrimmt wären. Was einem Tarantino da an sinnlosestem Sexgelaber seiner Tussis zumutet, sprengt wirklich jeden erdenklichen Rahmen und macht den Film zu einer wahren Geduldsprobe. Das sind lediglich dümmlich-pupertäre Bubenphantasien, worüber sich Mädchen unterhalten könnten, wenn sie unter sich sind.
Auch was die extra auf schlecht getrimmt Bildqualität anbetrifft, wurde imo deutlich übertrieben. Ganz so grottig waren selbst die diversen Low-Budget-Machwerke der damaligen Zeit nicht. Aber ja, ich weiß, daß soll ja auch zeigen wie die Filme aussahen, nachdem ein und diesselbe Filmrolle zum mehrfach hundersten Male durch den Projektor des Stadtrandkinos gelaufen ist. Dennoch würde jeder und das völlig zu Recht bemängeln, wenn eine DVD-Kopie eines Films aus der damaligen Zeit in dieser Bildqualität heute erscheinen würde.
crizzo
Meine Güte, wie kann man einen deratigen Film nur so schlechtreden? Für mich ist "Death Proof" eine Perle, einer der drei besten Filme, die Tarantino je gemacht hat. Die dialoglastigen Szenen sind genauso genial wie in "Reservoir Dogs" und die Mädels sind einfach unglaublich schnuckelig. Obwohl alles so herrlich bunt ist, wirkt es wie es aus dem Alltag gegriffen. Das ist Tarantino par excellence! Jede Szene sitzt, jedes Outfit stimmt. Jeder Blick und jede Gestik sind perfekt festgehalten. Ich finde ihn grandios, wenn auch nicht ganz gut wie "Planet Terror" von Rodriguez. Der ist nämlich - auf sein Genre gemünzt - perfekt!
Vince
Dem kann ich mich nicht anschließen. Was du da nämlich meines Erachtens übersiehst, ist der Subtext.
So isses. Die von dir angesprochenen "Fehler" gab es damals natürlich zur Genüge. Kam natürlich sehr stark auf das Kino und dessen Betreiber an, was er seinem Publikum für ihr Geld bieten wollte. Aber in der Ballung und Häufigkeit wie in "Death Proof" war es dann in einem einzelnen Film im Normalfall dann doch nicht. Und genau das stört mich dann wieder. Denn es wurden im Endeffekt sämtliche möglichen Fehler, die man in der Regel in 5 Kinobesuchen zusammen serviert bekam, geballt in einen gepackt. Wodurch für mich dann schon wieder eine Menge an Charme verlorengeht. Weniger wäre für mich auch in diesem Fall mehr und authentischer gewesen. Auch da bin ich auf die Grindhouse-Version gespannt.Ich denke, du hast dich einfach an dem Umstand gestört, dass die Bildfehler künstlich und gewollt wirkten, eben nicht so wie tatsächlich damals, sondern nachgestellt.
Wäre schön, denn der Film bietet nun wirklich mal Stoff für eine vernünftige Diskussion.Travis
Sehr schön. Jetzt haben wir doch endlich mal einen Film, der die Ansichten in einer weiten Schere auseinanderklaffen läßt. Wurde ja mal wirklich Zeit. Habe heute nur wenig Zeit, deshalb fasse ich mich kurz und hoffe stark, daß dies erst der Anfang einer angeregten Diskussion ist.
Ich empfand ihn als allgegenwärtig. Letztendlich muss man nämlich sämtliche Dialogszenen unter diesem Subtext betrachten. Es stimmt, die Dialoge sind tatsächlich ein wenig plumper als man es unter Tarantino gewohnt ist, aber eben nur vordergründig. Die Pseudo-Coolness, die in den Gesprächen zum tragen kommt, sollte man eben als die erwähnte Unsicherheit betrachten, die sich schließlich in kleinen Handlungen entlädt: die Entscheidung, "Ja" zu sagen zum Lapdance (was in einer Dialogsequenz vorher sehr schön vorbereitet wurde), die Tatsache, das unbehagliche Gefühl, von dem schwarzen Auto verfolgt zu werden (ganz zu Beginn), die offen zur Schau getragene Furcht während des Ritts auf der Motorhaube, oder das Cheerleader-Mädchen, das in ihrer Gruppe die ganze Zeit über verarscht wird und das deswegen einmal sogar einen Satz nicht ausspricht - bei Tarantino, dessen Welten bekanntlich von der Eloquenz ihrer Bewohner leben, ist das schon ein Wink mit dem Zaunpfahl.Nee, den habe ich schon bemerkt. Nur blitzte dieser Subtext viel zu selten auf, als das er wirklich eine tragende Rolle spielte.
Dass sich der Film hier und da ein wenig in die Länge zieht, kann ich nicht abstreiten und das hat auch bei mir zu Punkteabzug geführt. Aber dennoch: wie gesagt, "Death Proof" sollte allem Anschein nach (obwohl ich vor Ansicht des Films etwas anderes erwartet habe) offenbar gar nicht das Grindhouse-Kino imitieren, sondern lediglich - fast schon exemplarisch, einzelne Besonderheiten herausheben und sie auf die typische Art des Regisseurs ins rechte Licht stellen. Und das ist meiner Meinung nach ausgesprochen gut gelungen. Zumal die Redundanz, mit der Tarantino die Stilmittel auszuwählen scheint, nochmals unterstreicht, was an der Grindhouse-Kultur eigentlich so faszinierend ist. Aber dieses Redundante, das Zufallsbasierte, das wird wiederum mit Bedacht inszeniert, halt eben wie wir es von Master Quentin kennen - keiner mixt Nostalgie so gut wie er zu einem Drink, der nicht nur die alten Zutaten beinhaltet, sondern auch noch so oldschool schmeckt. Kein Wunder übrigens in dem Zusammenhang, dass Tarantino ausgerechnet einen Barkeeper spielt... Das ist Postmoderne und Selbstreflexion in absoluter Vollendung und davor ziehe ich meinen Hut.Was überwog, war eben dieses in seiner Ballung für mich in unerträglich epischer Breite ausgewälzte Coolness-Gelaber. Was eben auch mit der für diese Art von Filmen viel zu langen Laufzeit zusammenhängt. Denn die Filme, die hier (auch für mich unzweifelhaft feststehend) liebvoll zitiert werden, waren eben im Schnitt 30 Minuten kürzer, bei ähnlicher Handlung. Genau diese Verlängerung, ohne inhaltliche Aufwertung, hat geschadet und über weite Phasen zu der auch von dax geschilderten Langeweile-Empfindung geführt.
Tatsächlich könnte man dem Film vermutlich in seiner kürzeren Fassung als Teil des Grindhouse-Projektes noch eine weitere, interessante Lesart abgewinnen, die dir dann vielleicht auch besser schmeckt. Aber umso höher würde ich dann die Leistung einschätzen, die "Death Proof" als eigenständiger Film zustandebringt.Umso gespannter warte ich deshalb auf die ursprüngliche (kürzere) Grindhouse-Version, die imo den Film enthalten wird, den ich zu sehen hoffte. Wenn da der Subtext in vollem Umfang enthalten bleibt und dafür rund 20 Minuten völlig überflüssigen Geplappers und 10 Minuten unnötiger Längen entfallen, dann....
Bitte was? Meinst du, die ganzen Filmfehler sind zufällig in den Film gewandert? Ich bitte dich, dax! Ok, du findest den Film scheiße, aber jetzt Tarantino die filmtechnische Genialität abzusprechen, finde ich es etwas überzogen.dax
Ganz ehrlich Vince, soviel Gedanken wie Du hat sich Tarantino sicher nicht zu diesem Film gemacht.
.dax
Die von Dir gelobten Punkte sind oft sicherlich nur zu entdecken, wenn man Sie entdecken will.
Wenn man nach Gründen sucht diesen Film nicht als das zu sehen was er ist, ein absolut verkorkster Streifen
crizzo
Und das, was du als langweilig und öde abhandelst, empfand ich als wunderbar authentisch erzählte Geschichte. Wenn man mit Freunden einen Roadtrip macht, schleppen sich die Geschehnisse nunmal so träge und gammelnd vor sich hin. Die Eine pennt noch im Auto, die Andere kauft im Supermakrt was ein. Fand ich alles prima locker und ehrlich erzählt.
Vince
"Death Proof" vermittelt dank all dieser Dinge, was der Begriff "Grindhouse" für Tarantino eigentlich bedeutet. Und wir dürfen daran teilhaben.
8/10
Vince
Ich empfand ihn als allgegenwärtig. Letztendlich muss man nämlich sämtliche Dialogszenen unter diesem Subtext betrachten
dax schrieb:Die von Dir gelobten Punkte sind oft sicherlich nur zu entdecken, wenn man Sie entdecken will
Vince schrieb:Aber dieses Redundante, das Zufallsbasierte, das wird wiederum mit Bedacht inszeniert, halt eben wie wir es von Master Quentin kennen (...)
crizzo schrieb:aber jetzt Tarantino die filmtechnische Genialität abzusprechen, finde ich es etwas überzogen.
Bei den zwanghaften Dialogen? Crizzo, ich bitte Dich, wirklich...Und das, was du als langweilig und öde abhandelst, empfand ich als wunderbar authentisch erzählte Geschichte.
Also ich kann - so sehr ich es auch versuche - dich hierbei wirklich nicht verstehen.
Das geht mir bei Dir jetzt auch so!
Travis schrieb:Master Quentin. Das zeigt, welchen Stellenwert der Regisseur für dich hat und erklärt, weshalb du Willens bist, die Stecknadeln im Heuhaufen zu suchen und diese zu Zaunpfählen aufzupusten. Für mich ist Tarantino mittlerweile allerdings ein Regisseur, dem ich nicht mehr huldigen kann und ihm sehr neutral gegenüber stehe. Zu sehr imitiert und reproduziert sich dieser Mann mittlerweile selbst. Da ist jede Menge Blendwerk oder Selbstplagiat und immer weniger wirkliche Innovation zu erkennen, für die Tarantiono einst stand. Genau hierfür ist Death Proof für mich ein Musterbeispiel