AW: Femme Fatale
Femme Fatale
Das Spätwerk von Brian De Palma hat mich nicht unbedingt zum Fan werden lassen. Natürlich waren da immer gute Filme dabei, aber die stärkste Zeit des Regisseurs liegt zwischen 1973 und 1985. Dachte ich zumindest und hatte deshalb "Femme Fatale" einige Zeit im Regal, ohne ihn mir anzusehen. Das war Fehler und Glück in Einem. Ein Fehler, weil der Film absolut überragend ist und Glück, weil ich mich heute durch eine Erstsichtung erfreuen konnte. Allerdings werde ich dadurch die letzten 2 Jahrzehnte des Regisseurs nochmal unter anderen Gesichtspunkten prüfen müssen. Möglicherweise habe ich manche Filme von ihm schwächer in Erinnerung als sie sind, oder aber "Mission Impossible" hatte meine Sicht auf das Gesamtwerk des Regisseur etwas beeinträchtigt.
"Femme Fatale" ist aber in jedem Fall ein absolutes Meisterwerk, dessen negative Kritiken mich vielleicht ebenfalls an einer früheren Sichtung behinderten. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht wo die herkommen, aber ich gehe mal von einer falschen Erwartungshaltung aus.
Der Film startet direkt im "Film noir", da sich die titelgebende Hauptakteurin im Fernsehen den Billy Wilder Klassiker "Frau ohne Gewissen" ansieht. Das ist mehr als passend, da man sie durchaus so bezeichnen kann. In einem fulminant gefilmten Coup, legt sie nämlich alle aufs Kreuz und beschäftigt sich weniger mit Gewissensbissen. Allerdings wird sie dieser Coup noch eine Weile verfolgen, aber das sollte man sich ansehen und nicht hier nachlesen. Damit das richtig Laune macht, liefert Brian De Palma ein Glanzstück ab. Denn nicht nur diese fantastische Raubsequenz bietet Bilder zum Zunge schnalzen. Der Film ist voll davon. Der Höhepunkt ist zweifellos das Unterwasserbild von Hauptdarstellerin Rebecca Romijn. Das ist dermaßen wahnsinnig genial, das man es sich ausschneiden und an die Wand hängen möchte. Filmkunst in Perfektion!
Natürlich ist der Plot nicht immer einfach zu verfolgen, aber mit der nötigen Konzentration gelingt das mühelos. Zum berieseln lassen und Popcorn mampfen taugt der Film natürlich nicht. Das ist eher wie sich bewegende Malerei in einer Kunstgallerie, mit einem unglaublich spannendem Plot, bei dem man nie weiß was als nächstes passieren wird.
Allerdings sollte man definitiv nicht vor dem Konsum allzu viel über die Handlung lesen, da dies den Genuß in jedem Fall schmälern wird. Dafür verarbeitet er zuviel Zufallsmöglichkeiten und beleuchtet den "Butterfly Effect", weshalb man einfach besser nichts im Vorfeld weiß. Wer spannende Thriller mit Anspruch und einen Hang zur gefilmten Kunst aufweist, kann hier aber eh keinen Fehlgriff tätigen. Wer einen Hang zum "film noir" hat, ebenfalls nicht, allerdings sollte man nicht zu stark danach suchen. Inhaltlich ist er zwar in dieser Ecke am Besten aufgehoben, aber filmisch eher bei De Palma.
Obwohl ich jetzt kein Fan von Antonio Banderas bin, gefiel er mir in seiner Rolle unglaublich gut. Da war wenig vom Latino-Lover zu sehen und er füllte seine Figur äußerst bemerkensert aus. Rebecca Romijn überzeugte dagegen als titelgebende Figur. Ihre Ausstrahlung war unglaublich und man nahm ihr die Rolle einfach ab, ohne nachzufragen. Den hervorragenden Eindruck den der Film aufgrund seiner Bilder hinterläßt, rundet der fantastische Score von Ryuichi Sakamoto ab. Der weltbekannte Japaner wechselte sich, wie bei seinem eigenen Schaffen, quer durch die Musikrichtungen ab und hinterließ in jeder Szenerie seine traumhaft schönen Klänge, die einen auch beim Abspann noch auf die Couch fesseln.
Trotzdem kann man den Film jetzt nicht jedem ans Herz legen. Die Popcorn-Klientel wird nicht viel verstehen, Fans von geradlinigen Filmen ebenso wenig. Hier kommt es eher auf die Wahrnehmung visueller Kunst an und natürlich auch auf Freude an spannenden Plots, die ohne Action in gemächlicherem Tempo präsentiert werden.