Schwarzer Engel

Russel Faraday

Filmvisionaer
Registriert
23 Juni 2008
Beiträge
11.478
Ort
Gilead
Filmkritiken
35


Schwarzer Engel


New Orleans, 1959: der Immobilienmakler Michael Courtland verliert bei einer schiefgelaufenen Lösegeldübergabe die entführte Frau nebst Tochter und zieht sich daraufhin in sich zurück, ehe er 1975 in Florenz der Restauratorin Sondra begegnet, die das perfekte Ebenbild seiner toten Ehefrau ist.

1975, ein Jahr vor seinem Durchbruch „Carrie“, inszenierte Regisseur Brian DePalma diesen stark von „Vertigo“ beeinflussten Mix aus Thriller und Liebesfilm, dessen Drehbuch er gemeinsam mit Paul Schrader erarbeitete. Wer die frühen DePalma-Filme kennt, der weiß, dass sich der Regisseur gern recht großzügig bei Hitchcock bediente, und so scheint es kein großes Wunder zu sein, dass er nunmehr einen großen Film als Vorbild für seinen eigenen, kleineren nimmt. Die obige Handlung ist schnell erzählt, und viel mehr soll dann auch tatsächlich nicht geschehen, von einer Pointe und einem sehr mutlosen Finale abgesehen.

Doch der Reihe nach: „Obsession“, so der passendere O-Titel des Films, scheint aus einer früheren, vergangenen Zeit zu stammen, als noch ganz andere Streifen gedreht wurden. Vergegenwärtigen wir uns, dass wir das Jahr 1975 schreiben und das New Hollywood auf seinem Höhepunkt ist. „Taxi Driver“ (ebenfalls von Paul Schrader) steht quasi schon in den Startlöchern, da mutet DePalmas Hitchcock-Huldigung ziemlich altmodisch und bieder an. In weichen Bildern zeichnen er und Kamera-Virtuose Valmos Zsigmond ein in erster, zweiter und dritter Linie ziemlich banalen Liebesfilm, dem nach düsterem Start auch öfter mal die Puste ausgeht und der vor allen von seinen tollen Darstellern getragen wird, wobei sich hier besonders Genevieve Bujold (fieser Name) hervortut und ihre zwei bzw. drei Rollen beispielhaft aus dem Handgelenk schüttelt, während ihr Co-Star Cliff Robertson sehr zurückhaltend agiert, was natürlich vor allem seinem Filmcharakter geschuldet ist. Mit John Lithgow ist ein drittes, recht bekanntes Gesicht dabei, der sein übliches Programm absolviert, ohne besonders positiv oder negativ aufzufallen, Richtig die Sau sollte er ohnehin erst ein paar Jahre später in „Buckaroo Banzai“ rauslassen.
Leider ist recht früh klar, dass er ein doppeltes Spiel spielt. Direkte Hinweise gibt uns die Handlung diesbezüglich zwar nicht, aber Lithgow wäre nicht Lithgow, wenn er keinen Mistsack verkörpern würde…

Ganz besonderes Augen- bzw. Ohrenmerk richtet der Zuschauer/-hörer natürlich auf die Filmmusik, die von keinem Geringeren als Bernard Herrmann stammt, der seinerzeit auch „Vertigo“ vertonte und dessen bisweilen schmalzige Streicherteppiche den antiquierten Charakter des Films noch unterstreichen. Herrmann, bereits stark gesundheitlich angeschlagen, schöpft noch einmal aus den Vollen und nahm wohl auch sonst starken Einfluß auf „Obsession“. Mehreren Hintergrundberichten kann man entnehmen, dass es im ursprünglichen Drehbuch wohl noch einen weiteren, finalen Akt gab, in dem Courtland die Entführung seiner Frau mithilfe eines Therapeuten noch einmal komplett durchlebt, um schließlich seine Läuterung zu erfahren. Herrmann hielt dies für unangebracht, DePalma stimmte ihm zu, und Schrader stieg schmollend aus und distanzierte sich vom fertigen Film. Rückblickend betrachtet, wurde hier sicher die richtige Entscheidung getroffen, aber das ändert nichts daran, dass sich „Obsession“ im Schlussakt der letzten Konsequenz verwehrt. Statt das Potential einer großen Tragödie zu nutzen, versackt das Finale doch nur in Schmalz und Kitsch. Meiner Meinung nach hätte dieses Ende viel besser gepasst.
Courtland und Sondra fallen sich nicht kitschig in die Arme, sondern er schießt sie, die sein Leben ruiniert hat, tatsächlich nieder, um DANN zu erfahren, dass sie seine totgeglaubte Tochter ist

Dies wäre eine Tragödie griechischen Ausmaßes gewesen, aber Schrader und DePalma lassen die Chance ungenutzt und stehen sich auch an anderer Stelle selbst im Weg:
Wem Sondras Hinweis auf ihre katholische Erziehung zu subtil war, dem schmiert es Robert (John Lithgow) kurz vor Schluß noch einmal deutlich auf’s Brot: sie und Courtland hatten keinen Sex während ihrer Beziehung.

Auch hier hätte man ruhig etwas mutiger sein und dem Film eine deftige Würze verleihen können, aber das produzierende Studio hätte dies vermutlich ohnehin nicht durchgehen lassen: eine entsprechende Szene wird bewusst als Traum inszeniert, um keinen Ärger mit Zensoren zu bekommen.

So bleibt unterm Strich ein halbgarer Thriller ohne Mut, der in wirklich schönen Bildern und schwelgender Musik seine Geschichte erzählt, aber nicht mehr als eine Fußnote im kollektiven Kinogedächtnis der Menschheit darstellt. Sicher einen Blick wehrt, aber kein großes Meisterwerk. Es gibt wahrlich bessere DePalmas… aber eben auch einige schlechtere.
 

Willy Wonka

Locationscout
Teammitglied
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
22.055
Ort
Twin Peaks
Filmkritiken
126
Seit fünf Jahren schlummert hier die Kritik im Forum und bislang scheint sich kaum jemand diesem Film angenommen zu haben. Nachdem ich mir vor einigen Wochen zum ersten Mal „Dressed to Kill“ angesehen hatte, habe ich ein paar Tage später Lust verspürt einen weiteren De Palma Film endlich zu schauen und da fiel meine Wahl auf „Schwarzer Engel“, der bereits auch seit einiger Zeit ungesehen im Regal stand.

Prinzipiell kann ich mich deinen formulierten Kritikpunkten nur anschließen und auch die alternativen Vorschläge hätten den Film vermutlich besser gemacht. Dennoch hat mich De Palma mit seiner Inszenierung erneut gepackt und die melodramatische Atmosphäre hat mich stark an Douglas Sirk erinnert. Die Pathos, das Agieren der Charaktere, die schwülstige Musik und die ausladende Kamera atmen für mich sehr stark den Geist von Sirks Melodramen und deswegen habe ich ihn mehr wie ein obsessives, dunkles Melodrama nach Sirk gelesen, statt mein Fokus auf die gängige Hitchcock-Rezeption zu legen. Das mag wahrscheinlich dem geschuldet sein, dass ich in den letzten Jahren vielmehr extrovertierte Melodramen gesehen habe als Hitchcock-Thriller. Und meine letzte Sichtung von „Vertigo“ liegt mittlerweile so viele Jahre zurück, dass ich mich nur noch bruchstückhaft an die Handlung erinnern kann.

Vielleicht ist das auch einer der Gründe, wieso ich mit „Schwarzer Engel“ doch so viel anfangen konnte und ich mich nur wenig über bestimmte Dinge ärgerte.
 

Tarantino1980

Screenplay
Teammitglied
Registriert
25 Aug. 2008
Beiträge
24.394
Ort
Città di Giallo
Filmkritiken
237
Da der Film bald auf Blu-ray rauskommt, ist schon vorbestellt, werde ich definitiv eine Zweitsichtung machen. Meine damalige Meinung zum Film von 2012 ist so ausgefallen

Tarantino1980 schrieb:
Obsession (Schwarzer Engel)
Ich bin etwas hin und her gerissen. Es gab Dinge die mir am Film sehr gefallen haben. Ein toller Score, sehr stimme Locations, düstere Amtomsphäre udn stimmige Bilder. Dann aber auch wieder Dinge dir mir nicht gefallen haben wie eine sehr vorhersehbare Story, leider zuviele Ähnlichkeiten mit einem gewissen Hitchcockklassiker der im direkten Vergleich für mich einfach um Welten besser ist.

Wertung: 7/10
 

Tarantino1980

Screenplay
Teammitglied
Registriert
25 Aug. 2008
Beiträge
24.394
Ort
Città di Giallo
Filmkritiken
237
Aber den Film gibt es in Deutschland doch bereits seit 2017 auf Blu-ray. Oder meinst du du UHD?

Okay, peinlich. :o :-o Ich habe ihn tatsächlich mit Sisters verwechselt! Der kommt jetzt im Juli im Mediabook raus. Schwarzer Engel steht schon auf Blu-ray in meiner Sammlung. Dann werde ich hier mal in nächster Zeit eine Sichtung machen!
 

Tarantino1980

Screenplay
Teammitglied
Registriert
25 Aug. 2008
Beiträge
24.394
Ort
Città di Giallo
Filmkritiken
237
So das hat mir keine Ruhe gelassen und als Buße das ich die Beiden Filme verwechselt habe, asche auf das Haupt eine leidenschaftlichen Fan von Brian De Palma, habe ich mir dann direkt heute Obsession (Schwarzer Engel) angeschaut und ich habe es nicht bereut.

Ich greife meiner Wertung etwas vorweg, er ist in meiner Gunst gestiegen. Ich wusste ja jetzt das der Film sehr an Vertigo angelegt ist, also habe ich diesen Kritikpunkt ausgeblendet und habe mich auf den Film als solches konzentriert. Und das war auch eine sehr gute Entscheidung. Hinzukommt das die Erstsichtung im Jahr 2012 war, da war ich noch kein Ehemann und kein Vater. Dieser Aspekt hat sich seitdem in meinem Leben verändert daher hat mich der Anfang wirklich tief erwischt, hatte ich so nicht mehr in Erinnerung. Die Feier im Haus von Michael Courtland wie er liebevoll mit seiner Frau und Tochter tanzt hat mich wirklich berührt und es war für mich ein tiefer Schlag in den Magen als dann vermeintlich beide gestorben sind und er vor dem Grab seiner beiden wichtigsten Frauen stand. Das sind so Momente die man sich als Ehemann und Vater nie wirklich vorstellen will das sowas passieren könnte.

Auch den Score hatte ich nicht so stark in Erinnerung, hat mich auch diesmal positiv überrascht. Natürlich kam ich dann relativ schnell wieder auf den ursprünglichen Story Twist, aber konnte es ausblenden und habe mich an der sehr schönen Inszenierung des Filmes erfreut. Sehr schöne Bilder mit diesem tollen Score, die mich einfach nur in ihren Bann gezogen haben. Was ich auch noch sehr stark fand war die Änderung des Looks. Die ersten Minuten des Filmes wirkten wirklcih wie ein schöner Liebesfilm aus den 50er Jahren und dann, als der Zeitsprung kam, fand man sich in einem schönen 70er Jahre Setting wieder. Auch das hatte ich so nicht mehr in Erinnerung.

Auch das Bild der Blu-ray ging in Ordnung. Es gab ein paar Unschärfen, aber im großen und ganzen fand ich es gut.

Ein toller Film auch wenn das Ende nicht so mutig umgesetzt wurde wie es geplannt war und die Hochzeit/Hochzeitsnacht Sequenz in der fertigen Schnittfassung als Traum von Michael dargestellt wurde, hat mich der Film gut unterhalten und war auch so schon heftig genug für mich. Ein gutes Beispiel dafür das man Filme immer wieder mit Abstand mal sehen sollte. Er ist für mich persönlich gewachsen!

Wertung: 8.5/10
 

Willy Wonka

Locationscout
Teammitglied
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
22.055
Ort
Twin Peaks
Filmkritiken
126
So das hat mir keine Ruhe gelassen und als Buße das ich die Beiden Filme verwechselt habe, asche auf das Haupt eine leidenschaftlichen Fan von Brian De Palma, habe ich mir dann direkt heute Obsession (Schwarzer Engel) angeschaut und ich habe es nicht bereut.

Das ging jetzt wirklich schnell. :D

Hinzukommt das die Erstsichtung im Jahr 2012 war, da war ich noch kein Ehemann und kein Vater. Dieser Aspekt hat sich seitdem in meinem Leben verändert daher hat mich der Anfang wirklich tief erwischt, hatte ich so nicht mehr in Erinnerung.

Das kann ich mir gut vorstellen. Filme können eine andere, intensivere Wirkung entfalten, wenn man bestimmte Situationen emotional besser nachvollziehen kann, weil es mehr Überschneidungen mit dem eigenen Leben oder den eigenen Erfahrungen gibt.

Auch den Score hatte ich nicht so stark in Erinnerung, hat mich auch diesmal positiv überrascht. Natürlich kam ich dann relativ schnell wieder auf den ursprünglichen Story Twist, aber konnte es ausblenden und habe mich an der sehr schönen Inszenierung des Filmes erfreut.

Im Detail konnte ich es bei der ersten Sichtung nicht vorausahnen, aber das John Lithgow Dreck am Stecken hat, war irgendwie klar. Das war für mich schon sehr offensichtlich.

Sehr schöne Bilder mit diesem tollen Score, die mich einfach nur in ihren Bann gezogen haben. Was ich auch noch sehr stark fand war die Änderung des Looks. Die ersten Minuten des Filmes wirkten wirklcih wie ein schöner Liebesfilm aus den 50er Jahren und dann, als der Zeitsprung kam, fand man sich in einem schönen 70er Jahre Setting wieder. Auch das hatte ich so nicht mehr in Erinnerung.

Dem kann ich nur zustimmen. Die Ästhetik hat mir auch sehr gefallen und ist für mich auch eine der Stärken des Films.
 

deadlyfriend

Casting
Teammitglied
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
18.699
Ort
Garma
Filmkritiken
185
Schwarzer Engel

Der Immobilienmakler Michael Courtland ist komplett glücklich. Er hat eine wundervolle Familie, einen Job, bei dem er wahnsinnig viel Geld verdient und führt auch ansonsten ein wirklich schönes Leben. An seinem zehnten Hochzeitstag wird dieses Glück beendet. Seine Frau und seine Tochter werden nämlich von skrupellosen Gangstern entführt, aber dies ist nur der Beginn eines unglaublichen Alptraums.

Paul Schrader und Brian De Palma saßen zusammen im Kino und schauten sich „Vertigo“ von Alfred Hitchcock an, was mit 100%iger Sicherheit beeindruckend war. Mich beeindruckt „Vertigo“ ja auch immer wieder, nur eben 50 Jahre später. Sie beschlossen etwas in diese Richtung zu erschaffen. Es sollte kein Remake sein, sondern etwas Eigenständiges, was aber dennoch auf der Faszination des Meisterwerks aufbaut. Allerdings muss man an dieser Stelle unbedingt erwähnen, dass eben jener „Vertigo“, zu diesem Zeitpunkt kein Meisterwerk war. Er wurde sogar als Misserfolg eingestuft und von Hitchcock selbst im Jahr 1973 aus dem Verkehr gezogen. Zeitlich hatten die beiden also Glück, ihn nochmal im Kino gesehen zu haben. Erst viele Jahre später wurde er neu entdeckt und schließlich zum besten Film aller Zeiten gewählt. Nur konnten Schrader und De Palma das nicht wissen. Sie schienen es aber trotzdem für sich selbst erkannt zu haben, was dieser Film für eine Wirkung auf den Zuschauer haben kann und haben mit „Obsession“ für mich ebenfalls ein atmosphärisches Monster erschaffen. Wer mit langsamen Filmen nichts anfangen kann, braucht ihn sich nicht ansehen. Eine der wichtigsten Hauptrollen hat für mich die Stadt Florenz. Was De Palma uns hier an Bildern liefert, ist einfach der Wahnsinn. Eine weitere Hauptrolle ist für mich die Musik von Bernard Herrmann, der ebenfalls die Musik von „Vertigo“ komponierte und somit verstand, was De Palma hier haben wollte, und lieferte einen unglaublichen Score ab, der für mich einfach nur anbetungswürdig ist. Diese Musik, mit Florenz im Verbund, ist zum niederknien. Unglaublich ist auch der Kontrast zwischen Florenz, welches die Romantik spiegelt und New Orleans, was durch die Wolkenkratzer die kalte Geschäftswelt demonstriert. Auch die Hauptbesetzung mit Cliff Robertson und Geneviève Bujold leistet hier eine hervorragende Arbeit und gerade Bujold macht das einfach fantastisch. Vielerorts gibt es inhaltliche Kritikpunkte, aber tatsächlich interessieren mich die überhaupt nicht und prallen einfach komplett ab, da mich der Film in seiner Gesamtausrichtung einfach komplett in seinen Bann zieht. Natürlich besitzt er inhaltlich Schwächen und auch die Auflösung ist schon vorher recht klar, aber da verweile ich immer noch traumwandlerisch in Florenz. Die verschiedenen Enden, die für den Film als Möglichkeiten vorhanden waren, klangen alle interessant, aber tatsächlich bin ich heilfroh, dass sie das Ende gedreht haben, was der Film besitzt. Das will ich gar nicht anders haben. Nach „Sisters“, „Phantom oft he Paradise“ lieferte De Palma mit „Obsession“ den dritten Topfilm in Folge ab, obwohl sie von der Ausrichtung komplett unterschiedlich waren. Nummer 4 folgte dann nur wenig später.
 

deadlyfriend

Casting
Teammitglied
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
18.699
Ort
Garma
Filmkritiken
185
Ich greife meiner Wertung etwas vorweg, er ist in meiner Gunst gestiegen.
Ich fand den früher schon immer sehr gut aber diesmal hat er mich einfach komplett mitgenommen.
Ich wusste ja jetzt das der Film sehr an Vertigo angelegt ist, also habe ich diesen Kritikpunkt ausgeblendet und habe mich auf den Film als solches konzentriert.
Ich habe das nie als Kritikpunkt gesehen, sondern mich diesmal sogar sehr darauf gefreut, dieses "Vertigo-Gefühl" zu haben. Ich finde es aktuell auch gerade unglaublich spaßig, wie De Palma mit seiner Verehrung zu Hitchcock umging. Er hat da keinen Hehl draus gemacht und es auch nicht verschleiert, sondern eher offensichtlich mit dem Zusatz, dass er "nur" das Fundament nimmt und verändert.
Auch den Score hatte ich nicht so stark in Erinnerung, hat mich auch diesmal positiv überrascht. Natürlich kam ich dann relativ schnell wieder auf den ursprünglichen Story Twist, aber konnte es ausblenden und habe mich an der sehr schönen Inszenierung des Filmes erfreut. Sehr schöne Bilder mit diesem tollen Score, die mich einfach nur in ihren Bann gezogen haben.
Der Score ist wirklich wundervoll und unglaublich passend zum Film.
Was ich auch noch sehr stark fand war die Änderung des Looks. Die ersten Minuten des Filmes wirkten wirklcih wie ein schöner Liebesfilm aus den 50er Jahren und dann, als der Zeitsprung kam, fand man sich in einem schönen 70er Jahre Setting wieder. Auch das hatte ich so nicht mehr in Erinnerung.
Ich fand die Unterschiede auch sehr krass, aber im Kontext zum jeweiligen Inhalt, fand ich die zwei Welten perfekt inszeniert. Die romantische Gefühlswelt, weshalb Florenz da einfach perfekt als Schauplatz passte und die Welt des Geldes, weshalb wieder die Wolkenkratzer die beste Wahl für diesen Hintergrund der Geschichte waren. Wie Hitch hat auch De Palma wahnsinnig viel mit Bildsprache gearbeitet, um Dinge zu vermitteln. Auch die Szene in der sie das Bild restauriert und über die Entscheidung spricht, ob man das Bild darunter hervor holen sollte und damit das Werk zerstört, was darüber gemalt wurde, oder ob man das Neue belässt und das alte Bild dort für immer verschwindet, finde ich im Kontext wahnsinnig gut auf den Inhalt abgestimmt. Auch hier sind wir wieder bei Hitch, in dem er Dinge einbaut, die bei einer Erstsichtung dem Zuschauer nicht auffallen werden, sondern erst wenn man sich mit dem Film mehrfach beschäftigt, was nur in den Zeiten des Kinos eher selten der Fall war. Vielleicht sind auch deshalb viele Filme, erst viel später neu entdeckt und auch neu bewertet worden. Möglicherweise hat hier auch Pupi Avati ein wenig genauer hingeschaut. :nice:
Auch das Bild der Blu-ray ging in Ordnung. Es gab ein paar Unschärfen, aber im großen und ganzen fand ich es gut.
Ich las, das dies ein absichtlicher Effekt war, da die Szenen mit einer geteilten Linse aufgenommen wurde, weil er verschiedene Hälften des Bildschirms in diesen Szenen hervor heben wollte. Das heißt mal ist die linke Seite des Bildschirms unscharf und die andere Seite klar und umgekehrt.
Ein toller Film auch wenn das Ende nicht so mutig umgesetzt wurde wie es geplannt war und die Hochzeit/Hochzeitsnacht Sequenz in der fertigen Schnittfassung als Traum von Michael dargestellt wurde, hat mich der Film gut unterhalten und war auch so schon heftig genug für mich. Ein gutes Beispiel dafür das man Filme immer wieder mit Abstand mal sehen sollte. Er ist für mich persönlich gewachsen!

Wertung: 8.5/10
Wie ich bereits schrieb finde ich das Ende genau so gut wie es ist. Zum Einen blieb De Palma damit unberechenbarer, sonst hätte man zu diesem Zeitpunkt sagen können, das der Ausgang seiner Filme immer gleich ist und zum Anderen hatten die Zwei genau dieses Ende verdient. Noch mehr unverschuldeter Schaden wäre für mich an dieser Stelle zu viel gewesen, da doch Beide zu diesem Zeitpunkt wirklich genug Leid erfahren hatten.
 

Tarantino1980

Screenplay
Teammitglied
Registriert
25 Aug. 2008
Beiträge
24.394
Ort
Città di Giallo
Filmkritiken
237
Der Film ist für mich wirklich ein sehr gutes Beispiel das Filme mit der Zeit wachsen können, was häufig auch daran liegt das man selbst, zwischen den Sichtungen, immer mehr gesehen hat, gewisse Referenzen besser versteht und einordnen kann und somit Meisterwerke deutlicher erkennen kann. Denn genau das ist Obsession mittlerweile für mich. Er besitzt vielleicht nicht die perfekteste Story, aber von der Inszenierung, der Bildsprache und dem hervorragendem Score wurde ich heute bei meiner Sichtung absolut umgehauen!

Paul Schrader und Brian De Palma saßen zusammen im Kino und schauten sich „Vertigo“ von Alfred Hitchcock an, was mit 100%iger Sicherheit beeindruckend war. Mich beeindruckt „Vertigo“ ja auch immer wieder, nur eben 50 Jahre später. Sie beschlossen etwas in diese Richtung zu erschaffen. Es sollte kein Remake sein, sondern etwas Eigenständiges, was aber dennoch auf der Faszination des Meisterwerks aufbaut. Allerdings muss man an dieser Stelle unbedingt erwähnen, dass eben jener „Vertigo“, zu diesem Zeitpunkt kein Meisterwerk war. Er wurde sogar als Misserfolg eingestuft und von Hitchcock selbst im Jahr 1973 aus dem Verkehr gezogen. Zeitlich hatten die beiden also Glück, ihn nochmal im Kino gesehen zu haben. Erst viele Jahre später wurde er neu entdeckt und schließlich zum besten Film aller Zeiten gewählt. Nur konnten Schrader und De Palma das nicht wissen. Sie schienen es aber trotzdem für sich selbst erkannt zu haben, was dieser Film für eine Wirkung auf den Zuschauer haben kann und haben mit „Obsession“ für mich ebenfalls ein atmosphärisches Monster erschaffen.
Alleine diese Hintergrundgeschichte ist mal wieder phänomenal! Zwei kreative Filmschaffende gehen ins Kino und schauen sich einen Film an, der damals von der Allgemeinheit als nicht sehenswert eingestuft wurde und erkennen damals schon, was für eine Perle sie da gesehen haben. Und genau das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen wenn man aus heutiger Sicht denkt, De Palma hätte hier einfach einen erfolgreichen Film als Grundlage genommen, ihn kopiert und etwas angepasst. Dies hatte ich damals bei meiner Erstsichtung von Obsession tatsächlich auch nicht berücksichtigt. Bei meiner Zweitsichtung war es mir zwar schon etwas klarer, aber so klar wie Du es mit dieser herrlichen Hintergrundgeschichte zum Ausdruck gebracht hast, war es mir auch tatsächlich erst bei meiner dritten Sichtung des Filmes, auch dank der Retrospektive von Hitchcock und der daraus entstandenen Hintergrundgeschichte zu Vertigo, also das dieser Film erst deutlich später von der Filmwelt als das Meisterwerk angesehen wurde, welches es ist. Umso mehr wieder ein positiver Aspekt das man Filme nicht nur konsumieren sollte, sondern sich auch tiefer mit Ihnen beschäftigen sollte, erst recht wenn man sich solche Filme anschaut!


Eine der wichtigsten Hauptrollen hat für mich die Stadt Florenz. Was De Palma uns hier an Bildern liefert, ist einfach der Wahnsinn.
Meine absolute Zustimmung. Tatsächlich hatten mich diese Szenen bereits bei meiner Erstsichtung 2012 sehr beindruckt, aber haben ihre Wirkung 2020 und nun 2025 erst komplett entfalltet. Ich sah hier viele Parallelen zu alten italienischen Filmen, ohne auch diese 1:1 zu kopieren. Es war einfach nur wunderschön diese Bilder aufs neue zu sehen!

Eine weitere Hauptrolle ist für mich die Musik von Bernard Herrmann, der ebenfalls die Musik von „Vertigo“ komponierte und somit verstand, was De Palma hier haben wollte, und lieferte einen unglaublichen Score ab, der für mich einfach nur anbetungswürdig ist. Diese Musik, mit Florenz im Verbund, ist zum niederknien.
Auch hier meine absolute Zustimmung. Und auch hier, dadurch das ich durch die Hitch Retrospektive einen viel klareren Bezug zu Bernard Herrmann war mir beim ersten Ton sicher, das kann nur von ihm stammen. Also selbst wenn ich es nicht im Vorfeld gewusst hätte und den Namen im Vorspann überlesen hätte. Tatsächlich fühlte sich der Anfang auch sehr nach einem Hitchcock Film an, ohne einen klaren Bezug zu haben. Der Anfang wirkte, wie ich bereteis damals schrieb, eben wie ein schöner Liebesfilm aus den 50er Jahren eben nur das er nun, für mich einen klaren Hitchcock bezug hatte! Aber eben auch der Score in Florence funktionierte perfekt und verwandelten die Bilder in eine magische Symbiose zwischen Bild und Score.

Unglaublich ist auch der Kontrast zwischen Florenz, welches die Romantik spiegelt und New Orleans, was durch die Wolkenkratzer die kalte Geschäftswelt demonstriert.
Auch eine sehr interresante Beobachtung. Tatsächlich hätte da New York finde ich noch etwas besser gepasst, aber gerade in Bezug auf die Idee mit der Lösegeld Übergabe war sicherlich optisch New Orleans mit dem dort so typischen Dampfschiff die bessere Wahl, wobei man da vielleicht auch hätte in New York passende alternative Schauplätze nehmen können. Aber da es auch dort genug Wolkenkratzer gab, ging die Wahl natürlich auch vollkommen in Ordnung.

Auch die Hauptbesetzung mit Cliff Robertson und Geneviève Bujold leistet hier eine hervorragende Arbeit und gerade Bujold macht das einfach fantastisch.
Der Cast ist auch sehr gut gewählt. Geneviève Bujold hat hier wirklcih eine tolle Leistung abgegeben aber auch John Lithgow als schmieriger Südstadten Geschäftsmann hatte definitiv was!

Vielerorts gibt es inhaltliche Kritikpunkte, aber tatsächlich interessieren mich die überhaupt nicht und prallen einfach komplett ab, da mich der Film in seiner Gesamtausrichtung einfach komplett in seinen Bann zieht. Natürlich besitzt er inhaltlich Schwächen und auch die Auflösung ist schon vorher recht klar, aber da verweile ich immer noch traumwandlerisch in Florenz.
Sehe ich auch so und habe ich bei meiner heutigen Sichtung genauso empfunden. Ich kannte das Ende, war mir der schwächen der Story bewusst und dennoch hat mich der Film von der ersten bis zur letzten Minute gefesselt weil er eben so wunderbar inszeniert wurde. Bei vielen Einstellungen in Florenz stockte mir erneut einfach nur der Atem. Es sah wunderschön aus und wenn man mal bedenkt wieviele Filme, gerade im Action Bereich, als Kultfilme gefeiert werden und auch nur weil die Action gut inszeniert wurde und deshalb auch über fehlende Story oder sogar Logiklöscher hinweggesehen wird, finde ich kann man dies auch durchaus in anderen Genres machen.

Nach „Sisters“, „Phantom oft he Paradise“ lieferte De Palma mit „Obsession“ den dritten Topfilm in Folge ab, obwohl sie von der Ausrichtung komplett unterschiedlich waren. Nummer 4 folgte dann nur wenig später.
Ich musste bei einer Szene tatsächlich auch sofort wieder an Greetings und somit an die Peep Art denken als man kurz Michael von draußen durch einen großen Fenstererker sah und wie dann die Haushälterin den Polizeiinspektor vorgestellt hat. Eben bis dann die Kamera wieder durch das Fenster hinein ins Haus ging. Also wieder das Thema Voyeurismus mit eingebaut.

Und je länger ich darüber nachdenke finde ich das Brian De Palma, obwohl natürlich viele Stilmittel immer erkennbar sind, im Grunde sehr viele unterschiedliche Filme gedreht hat und es immer mal ein paar "ausrutscher" gab die in sich dennoch sehr gut waren. Ich denke da z.B. gerade an Mission Impossible aber auch an Scarface. Ohne beiden innerhalb der Retrospektive vorweg zu greifen finde ich schon das beide Filme, auch wenn ich sie beide sehr gut Finde, jetzt keine Filme wären bei denen man, wenn man sich nicht tiefer mit De Palma beschäftigt, bzw. generell nicht darauf achtet wer einen Film gedreht hat, darauf kommen würde das es Brian De Palma Filme sind. Und ich meine das nicht negativ, es zeigt einfach wie wandlungsfähig er als Regisseur war. Er lebt zwar noch und befindet sich glaube ich sogar noch nicht offiziell in Rente, aber ob und wann da noch was kommt glaube ich erst wenn ich es sehe. Natürlich würde ich mich über jedes neue Projekt freuen.

Ich fand den früher schon immer sehr gut aber diesmal hat er mich einfach komplett mitgenommen.
Meine Bewertung ging von der Erstsichtung (solide 7/10) über Zweitsichtung (schon gute 8.5/10) bis hin zu Meisterwerk 10/10. Ich denke hätte ich damals 2012 schon die Filme gesehen die ich dann 2020 schon gesehen habe, hätte ich ihn auch höher eingestuft, aber bei meiner aktuellen Sichtung ist mir ganz klar bewusst geworden, wie gut dieser Film ist, gerade wenn man bedenkt, was Du auch oben eben erwähntest, das es ein Top Film ist, obwohl er sich von seinen Vorgängern grundlegend unterscheidet!

Ich habe das nie als Kritikpunkt gesehen, sondern mich diesmal sogar sehr darauf gefreut, dieses "Vertigo-Gefühl" zu haben. Ich finde es aktuell auch gerade unglaublich spaßig, wie De Palma mit seiner Verehrung zu Hitchcock umging. Er hat da keinen Hehl draus gemacht und es auch nicht verschleiert, sondern eher offensichtlich mit dem Zusatz, dass er "nur" das Fundament nimmt und verändert.
Das sehe ich mittlerweile auch so. Er kann nicht verleugnen, was er auch nie getan hat, das er ein großer Hitchcock Fan ist, aber da er seine Filme nie 1:1 kopiert hat sondern lediglich sich hat inspirieren hat lassen, finde ich es absolut in Ordnung. Ich glaube die wenigstens bis niemand könnte behaupten das seine Filme von keinem anderen großen Filmemacher inspiriert wurden. Die Filmwelt ist voll von Inspiration und wenn man ehrlich ist, taucht bei sehr vielen Filmemachern min. eine Hitchcock Referenz in der Filmographie auf.

Wie Hitch hat auch De Palma wahnsinnig viel mit Bildsprache gearbeitet, um Dinge zu vermitteln. Auch die Szene in der sie das Bild restauriert und über die Entscheidung spricht, ob man das Bild darunter hervor holen sollte und damit das Werk zerstört, was darüber gemalt wurde, oder ob man das Neue belässt und das alte Bild dort für immer verschwindet, finde ich im Kontext wahnsinnig gut auf den Inhalt abgestimmt. Auch hier sind wir wieder bei Hitch, in dem er Dinge einbaut, die bei einer Erstsichtung dem Zuschauer nicht auffallen werden, sondern erst wenn man sich mit dem Film mehrfach beschäftigt, was nur in den Zeiten des Kinos eher selten der Fall war. Vielleicht sind auch deshalb viele Filme, erst viel später neu entdeckt und auch neu bewertet worden.
Auch das ist mir diesmal sehr deutlich aufgefallen. Die von Dir angesprochene Sequenz ist mir auch bereits bei meiner Zweitsichtung sehr aufgefallen, weshalb sie mir auch noch sehr gut in Erinnerung war. Nicht nur perfekt photographiert sondern eben auch eine tolle Bildsprache!

Möglicherweise hat hier auch Pupi Avati ein wenig genauer hingeschaut. :nice:
Komisch, ich glaube wir schauen häufig die selben Filme ;). Auch ich musste diesmal bei besagter Sequenz an Pupi Avati denken.

Ich las, das dies ein absichtlicher Effekt war, da die Szenen mit einer geteilten Linse aufgenommen wurde, weil er verschiedene Hälften des Bildschirms in diesen Szenen hervor heben wollte. Das heißt mal ist die linke Seite des Bildschirms unscharf und die andere Seite klar und umgekehrt.
Sehr interessant! Ich bin mir aber auch gerade nicht sicher ob Ich bei meiner Zweitsichtung bereits meinen 4K TV hatte bzw. den 4K Player von Panasonic. Den tatsächlich fand ich diesmal das Bild nicht sonderlich schlecht, ein paar Unschärfen waren zwar vorhanden, aber zum einen habe ich da mittlerweile schon deutlich schlimmeres gesehen und zum anderen, wenn es sogar ein gewolltes Stilmittel war, natürlich sehr interessant zu erfahren!

Wie ich bereits schrieb finde ich das Ende genau so gut wie es ist. Zum Einen blieb De Palma damit unberechenbarer, sonst hätte man zu diesem Zeitpunkt sagen können, das der Ausgang seiner Filme immer gleich ist und zum Anderen hatten die Zwei genau dieses Ende verdient. Noch mehr unverschuldeter Schaden wäre für mich an dieser Stelle zu viel gewesen, da doch Beide zu diesem Zeitpunkt wirklich genug Leid erfahren hatten.
Das Ende hat mich, obwohl ich es natürlich noch sehr gut kannte, dennoch wieder erwischt. Ich denke auch, obwohl es - wahrscheinlich bewusst so inszeniert, sehr schnulzig ist, dennoch auch ein tiefer Schlag in die Magengegend ist weil dem Zuschauer bewusst wird, das Sondra/Amy im Grunde genauso von den damaligen Ereignissen traumatisiert ist wie ihr Vater und dadurch das man als Zuschauer weiß, was sie eben noch nicht weiß, das ihr Vater seinen Geschäftspartner ermordet hat, für einige Zeit ins Gefängnis gehen wird und sie, obwohl sie ihn gefühlt gerade erst wieder gefunden hat, wieder verlieren wird. Und wie Michael das verkraftet bleibt natürlich auch vollkommen unklar da er im Grunde, obwohl er seine Ehefrau und seine Tochter 1959 verloren hat, im Grunde wahrscheinlich vielmehr über den erneuten Verlust seiner vermeintlich wiederauferstandenen/reinkanierten Elizabeth trauern wird, als das er sich darüber freut das seine ebenso totgeglaubte Tochter dennoch lebt. Also selbst wenn er nicht ins Gefängnis käme bezweifele ich das er seiner Tochter ein Vater sein könnte. Aus diesem Grund finde ich tatsächlich auch dieses Ende, so wie es inszeniert wurde, sehr stark weil es auf den ersten Blick zwar ein schnulziges Happy End ist, aber wenn man näher drüber nachdenkt, es das genaue Gegenteil ist!
 

deadlyfriend

Casting
Teammitglied
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
18.699
Ort
Garma
Filmkritiken
185
Der Film ist für mich wirklich ein sehr gutes Beispiel das Filme mit der Zeit wachsen können, was häufig auch daran liegt das man selbst, zwischen den Sichtungen, immer mehr gesehen hat, gewisse Referenzen besser versteht und einordnen kann und somit Meisterwerke deutlicher erkennen kann. Denn genau das ist Obsession mittlerweile für mich. Er besitzt vielleicht nicht die perfekteste Story, aber von der Inszenierung, der Bildsprache und dem hervorragendem Score wurde ich heute bei meiner Sichtung absolut umgehauen!
Kann ich selbstredend nachvollziehen. Ein Film wächst eben auch mit einem selbst. Wenn man einfach so durchs Programm zappt, wird man zu solchen Filmen keinen Zugang bekommen.
Alleine diese Hintergrundgeschichte ist mal wieder phänomenal! Zwei kreative Filmschaffende gehen ins Kino und schauen sich einen Film an, der damals von der Allgemeinheit als nicht sehenswert eingestuft wurde und erkennen damals schon, was für eine Perle sie da gesehen haben. Und genau das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen wenn man aus heutiger Sicht denkt, De Palma hätte hier einfach einen erfolgreichen Film als Grundlage genommen, ihn kopiert und etwas angepasst. Dies hatte ich damals bei meiner Erstsichtung von Obsession tatsächlich auch nicht berücksichtigt. Bei meiner Zweitsichtung war es mir zwar schon etwas klarer, aber so klar wie Du es mit dieser herrlichen Hintergrundgeschichte zum Ausdruck gebracht hast, war es mir auch tatsächlich erst bei meiner dritten Sichtung des Filmes, auch dank der Retrospektive von Hitchcock und der daraus entstandenen Hintergrundgeschichte zu Vertigo, also das dieser Film erst deutlich später von der Filmwelt als das Meisterwerk angesehen wurde, welches es ist. Umso mehr wieder ein positiver Aspekt das man Filme nicht nur konsumieren sollte, sondern sich auch tiefer mit Ihnen beschäftigen sollte, erst recht wenn man sich solche Filme anschaut!
Wie gerade erwähnt: Je mehr man selbst an Erfahrung aufgebaut hat, desto umwerfender kann ein Film wirken. Wenn man sich intensiv mit Hitchcock beschäftigt hat, versteht man auch De Palma besser. Nochmal besser, wenn man sich ihm von Beginn an genähert hat. Deswegen finde ich diese chronologischen Retrospektiven auch so phänomenal. Du hast das gerade wirklich schön zusammengefasst!
Meine absolute Zustimmung. Tatsächlich hatten mich diese Szenen bereits bei meiner Erstsichtung 2012 sehr beindruckt, aber haben ihre Wirkung 2020 und nun 2025 erst komplett entfalltet. Ich sah hier viele Parallelen zu alten italienischen Filmen, ohne auch diese 1:1 zu kopieren. Es war einfach nur wunderschön diese Bilder aufs neue zu sehen!
Hier meine ich auch, das man keinerlei Erfahrung benötigt, sondern Empathie. Wenn man die besitzt, lassen einen die Bilder nicht mehr los. Wie man ja sieht, haben sie dich bereits 2012 beeindruckt, ohne dich davor damit intensiv beschäftigt zu haben. Die wirken auch einfach so, aber mit dem Hintergrundwissen entfalten sie sich eben noch mehr.
Auch hier meine absolute Zustimmung. Und auch hier, dadurch das ich durch die Hitch Retrospektive einen viel klareren Bezug zu Bernard Herrmann war mir beim ersten Ton sicher, das kann nur von ihm stammen. Also selbst wenn ich es nicht im Vorfeld gewusst hätte und den Namen im Vorspann überlesen hätte. Tatsächlich fühlte sich der Anfang auch sehr nach einem Hitchcock Film an, ohne einen klaren Bezug zu haben. Der Anfang wirkte, wie ich bereteis damals schrieb, eben wie ein schöner Liebesfilm aus den 50er Jahren eben nur das er nun, für mich einen klaren Hitchcock bezug hatte! Aber eben auch der Score in Florence funktionierte perfekt und verwandelten die Bilder in eine magische Symbiose zwischen Bild und Score.
Ja, ich habe mich bei der jetzigen Sichtung irgendwie sofort zu Hause gefühlt. :lol:Aber du bringst es mit dem Wort Symbiose auch einfach auf den Punkt.
Auch eine sehr interresante Beobachtung. Tatsächlich hätte da New York finde ich noch etwas besser gepasst, aber gerade in Bezug auf die Idee mit der Lösegeld Übergabe war sicherlich optisch New Orleans mit dem dort so typischen Dampfschiff die bessere Wahl, wobei man da vielleicht auch hätte in New York passende alternative Schauplätze nehmen können. Aber da es auch dort genug Wolkenkratzer gab, ging die Wahl natürlich auch vollkommen in Ordnung.
Klar, wäre auch möglich gewesen aber ich denke die Wirkung wurde nicht verfehlt.
Sehe ich auch so und habe ich bei meiner heutigen Sichtung genauso empfunden. Ich kannte das Ende, war mir der schwächen der Story bewusst und dennoch hat mich der Film von der ersten bis zur letzten Minute gefesselt weil er eben so wunderbar inszeniert wurde. Bei vielen Einstellungen in Florenz stockte mir erneut einfach nur der Atem. Es sah wunderschön aus und wenn man mal bedenkt wieviele Filme, gerade im Action Bereich, als Kultfilme gefeiert werden und auch nur weil die Action gut inszeniert wurde und deshalb auch über fehlende Story oder sogar Logiklöscher hinweggesehen wird, finde ich kann man dies auch durchaus in anderen Genres machen.
Da sagst Du was. Gerade bei diesem Film ist ja nicht, die bahnbrechende Story zu entwerfen, die dann mit einem intelligenten Clou aufwartet, das Ziel. Hier ist ein bestimmtes Gefühl, eine besondere Atmosphäre. Ziel erreicht würde ich sagen :nice:
Ich musste bei einer Szene tatsächlich auch sofort wieder an Greetings und somit an die Peep Art denken als man kurz Michael von draußen durch einen großen Fenstererker sah und wie dann die Haushälterin den Polizeiinspektor vorgestellt hat. Eben bis dann die Kamera wieder durch das Fenster hinein ins Haus ging. Also wieder das Thema Voyeurismus mit eingebaut.
Genau! Durch die Retrospektive erschließen sich Dinge, die man eben vorher nicht wahrgenommen hat. Mir sind bislang eine Menge Sachen aufgefallen, die ich vorher nie auf dem Schirm hatte.
Und je länger ich darüber nachdenke finde ich das Brian De Palma, obwohl natürlich viele Stilmittel immer erkennbar sind, im Grunde sehr viele unterschiedliche Filme gedreht hat und es immer mal ein paar "ausrutscher" gab die in sich dennoch sehr gut waren. Ich denke da z.B. gerade an Mission Impossible aber auch an Scarface. Ohne beiden innerhalb der Retrospektive vorweg zu greifen finde ich schon das beide Filme, auch wenn ich sie beide sehr gut Finde, jetzt keine Filme wären bei denen man, wenn man sich nicht tiefer mit De Palma beschäftigt, bzw. generell nicht darauf achtet wer einen Film gedreht hat, darauf kommen würde das es Brian De Palma Filme sind. Und ich meine das nicht negativ, es zeigt einfach wie wandlungsfähig er als Regisseur war. Er lebt zwar noch und befindet sich glaube ich sogar noch nicht offiziell in Rente, aber ob und wann da noch was kommt glaube ich erst wenn ich es sehe. Natürlich würde ich mich über jedes neue Projekt freuen.
Das hat De Palma mit Fulci gemeinsam. Fulci wird als Horror-Regisseur gesehen, wobei dies nur ein kleiner Teil seiner Werke betraf. De Palma sieht man als Thriller-Regisseur, dabei ist der Anteil gar nicht mal so hoch. In seinem Spektrum befinden sich Komödien, Thriller, Fantasy, Horror, Science-Fiction, Mafiafilme, Action, Kriegsfilme, Dramen, Dokumentarfilme und sogar ein Musical. Wie im De Palma Thread erwähnt, hatte ich ihn aber auch nie als reinen Genre-Regisseur gesehen.
Meine Bewertung ging von der Erstsichtung (solide 7/10) über Zweitsichtung (schon gute 8.5/10) bis hin zu Meisterwerk 10/10. Ich denke hätte ich damals 2012 schon die Filme gesehen die ich dann 2020 schon gesehen habe, hätte ich ihn auch höher eingestuft, aber bei meiner aktuellen Sichtung ist mir ganz klar bewusst geworden, wie gut dieser Film ist, gerade wenn man bedenkt, was Du auch oben eben erwähntest, das es ein Top Film ist, obwohl er sich von seinen Vorgängern grundlegend unterscheidet!
Tatsächlich bin ich hier mit der 10 auch am hadern. Die 9 gab es lediglich wegen ein paar Schwankungen in der Story. Rein visuell betrachtet, ist dies ein Meisterwerk.
Das sehe ich mittlerweile auch so. Er kann nicht verleugnen, was er auch nie getan hat, das er ein großer Hitchcock Fan ist, aber da er seine Filme nie 1:1 kopiert hat sondern lediglich sich hat inspirieren hat lassen, finde ich es absolut in Ordnung. Ich glaube die wenigstens bis niemand könnte behaupten das seine Filme von keinem anderen großen Filmemacher inspiriert wurden. Die Filmwelt ist voll von Inspiration und wenn man ehrlich ist, taucht bei sehr vielen Filmemachern min. eine Hitchcock Referenz in der Filmographie auf.
Wie bei Hitchcock damals erwähnt, denke ich mir dass es kaum Regisseure gibt, die nicht von Hitch beeinflusst sind. Bewusst oder unbewusst. Ist wie mit Kraftwerk in der elektronischen Musik. De Palma greift halt seine Ideen auf. in den Interviews in diversen Bonusmaterialen geht er ja auf die Frage ein. Gerade gestern wieder beim Zusatzmaterial von "Dressed to Kill" erzählt er viel darüber, wie er es sieht. In der Retrospektive haben wir aber auch insgesamt sehr viel Glück, dass es zu vielen Filmen qualitativ hochwertiges Bonusmaterial gibt.
Komisch, ich glaube wir schauen häufig die selben Filme ;). Auch ich musste diesmal bei besagter Sequenz an Pupi Avati denken.
Auf jeden Fall :D Ich wollte aber auch nochmal einen frühen Film namens "Geheimnisse" mit Kate Beckinsale sehen. Da geht es auch um ein übermaltes Bild, was eben ein Geheimnis birgt. Die Szene in "Obsession" hatte mich daran wieder erinnert.
Sehr interessant! Ich bin mir aber auch gerade nicht sicher ob Ich bei meiner Zweitsichtung bereits meinen 4K TV hatte bzw. den 4K Player von Panasonic. Den tatsächlich fand ich diesmal das Bild nicht sonderlich schlecht, ein paar Unschärfen waren zwar vorhanden, aber zum einen habe ich da mittlerweile schon deutlich schlimmeres gesehen und zum anderen, wenn es sogar ein gewolltes Stilmittel war, natürlich sehr interessant zu erfahren!
Stand so im Buch, oder war im Bonusmaterial. Ich schätze, das war als eine Form von Split-Screen gedacht, was er ja immer wieder variierte.
Das Ende hat mich, obwohl ich es natürlich noch sehr gut kannte, dennoch wieder erwischt. Ich denke auch, obwohl es - wahrscheinlich bewusst so inszeniert, sehr schnulzig ist, dennoch auch ein tiefer Schlag in die Magengegend ist weil dem Zuschauer bewusst wird, das Sondra/Amy im Grunde genauso von den damaligen Ereignissen traumatisiert ist wie ihr Vater und dadurch das man als Zuschauer weiß, was sie eben noch nicht weiß, das ihr Vater seinen Geschäftspartner ermordet hat, für einige Zeit ins Gefängnis gehen wird und sie, obwohl sie ihn gefühlt gerade erst wieder gefunden hat, wieder verlieren wird. Und wie Michael das verkraftet bleibt natürlich auch vollkommen unklar da er im Grunde, obwohl er seine Ehefrau und seine Tochter 1959 verloren hat, im Grunde wahrscheinlich vielmehr über den erneuten Verlust seiner vermeintlich wiederauferstandenen/reinkanierten Elizabeth trauern wird, als das er sich darüber freut das seine ebenso totgeglaubte Tochter dennoch lebt. Also selbst wenn er nicht ins Gefängnis käme bezweifele ich das er seiner Tochter ein Vater sein könnte. Aus diesem Grund finde ich tatsächlich auch dieses Ende, so wie es inszeniert wurde, sehr stark weil es auf den ersten Blick zwar ein schnulziges Happy End ist, aber wenn man näher drüber nachdenkt, es das genaue Gegenteil ist!
Das ist tatsächlich ein sehr guter und interessanter Gedanke. Das kann man durchaus so sehen. Auch wenn es wahrscheinlich falsch ist, mag ich aber bei den Beiden lieber, dass der Mord als Effekthandlung und Notwehr deklariert wird und sie sich mit den neuen Rollen anfreunden. Ich fand die Geschichte herzzerreißend genug und die Charaktere so sympathisch, das ich in meinem Kopf lieber ein Happy-End abgespeichert haben will :nice:
 
Oben