Tár

Tarantino1980

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Tár
Lydia Tár arbeitet als Chefdiregentin in Berlin und ist zugleich auch international sehr angesehen. Während sie auf Promotour für ihr neues Buch ist und zeitgleich in Berlin für die neuste Aufführung probt überschlagen sich jedoch die Ereignisse in ihrem privaten Umfeld und die Vergangenheit holt sie ein.

Regisseur Todd Field inszeniert bereits im Jahr 2022 dieses sehr feine Drama, welches zwar ein US Film ist, jedoch weit weg vom Mainstreamkino ist. Eher fühlt sich der Film wie eine europhäische Produktion an. Der Trailer suggeriert hier vielleicht einen etwas anderen Eindruck, auch ich hatte mich nach der Sichtung des Trailers auf einen etwas anderen Film eingestellt, aber ich wurde in keinster Weise enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Der Film lebt zum einen von seiner Leidenschaft zum Thema Musik, aber auch durch seine brillante Inszenierung. Bei dem Namen Todd Field klingelte zwar etwas bei mir, aber erst jetzt nach dem Kinobesuch bin ich schlauer. Er hatte bereits 2006 Regie geführt bei Little Children, der tatsächlich das einzige Werk ist welches ich aus seiner Filmographie kenne. Allerdings klafft auch zwischen 2006 und nun 2022 eine große Lücke in seiner Filmographie. Ich hoffe das er sich nach Tár nicht wieder soviel Zeit für sein nächstes Werk lässt, da mir seine Regie hier ausgesprochen gut gefallen hat. Man bekommt als Zuschauer teilweise wirklich sehr schöne Bildkompositionen geliefert und er hat es geschafft, obwohl ich jetzt nicht der größte Klassik Fan bin, mir dennoch dieses Thema im Film näher zu bringen und mich in musikalischen Orchester Szenen nicht nur zu fesseln sondern auch regelrecht mitzunehmen. Ich saß einfach nur im Kinosessel und dachte mir das sieht nicht nur unfassbar schön aus, das klingt auch wunderschön.

Der Cast ist auch sehr gut ausgewählt. Allen voran natürlich Cate Blanchet die hier wirklich eine gigantische Performance abliefert. Man nimmt ihr die Meisterdiregentin jede Sekunde ab. Aber auch Nina Hoss, Noemie Merlant und allen andere Nebendarsteller haben absolut gut in den Film hineingepasst. Es wirkte sehr homogen und hat mich absolut gut unterhalten.

Tár ist definitiv ein Film den man eher in die Arthouse Ecke einordnen sollte. Der Film wäre für mich perfekt gewesen, wenn es z.B. nicht um eine Dirigentin sondern einen Regisseur gegangen wäre, da ich dann noch tiefer in die Leidenschaft und die Materie hätte eintauchen können und die ganzen Querverweise und die Leidneschaft einfach besser verstanden hätte und somit mehr gefühlt hätte. Dies soll keine Kritik sein, sondern eher eine Erklärung warum ich hier nicht zur Höchstnote gegriffen habe. Todd Field hat es geschafft mich mit dem Film zu begeistern und zumindest für die Dauer des Filmes mich für die Welt der klassischen Musik zu interessieren. Aber natürlich habe ich bei vielen Fachbegriffen, Verweisen auf große Werke und Vergleiche ehrlich gesagt nur Bahnhof verstanden, weil es einfach nicht meine musikalische Welt ist. Wenn also jemand tatsächlich neben dem Medium Film sich auch ernsthaft für die großen Komponisten der Weltgeschichte interessiert, so wird dieser Film tatsächlich perfekt sein und hat gute Chancen in die Top 10 der Lieblingsfilme dieser Person einzuziehen. Ich finde Tár sehr gut und er wird auch in meine Sammlung wandern, aber wie erwähnt, wäre es ein/e Regisseur*In gewesen und wäre das Hauptthema der Film gewesen und wäre es definitiv für mich nochmal mehr ein gigantischer Film gewesen. Aber auch so eine ganz klare Empfehlung für Freunde des ruhigen Filmes, die eine langsame Erzählweise mögen und natürlich auch einen faible für schöne Inszenierungen haben.


Wertung: 9/10
 

Willy Wonka

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Ich habe den Film letztes Jahr auf der Filmkunstmesse Leipzig zum ersten Mal gesehen und obwohl seit der Sichtung echt viele Monate vergangen sind, ist mir der Film noch sehr präsent. Einfach weil er mich so tief beeindruckt hat.

Als ich damals im Kino saß, wusste ich nur, dass es sich um einen neuen Film von Todd Field handelt und das Cate Blanchett eine Dirigentin spielt. Irgendwie hatte ich während des Schauens noch gedacht, dass es sich um eine Biographie-Verfilmung handeln würde, aber bereits beim längeren Interview im Film wurde ich stutzig, da ich mich hätte daran erinnern können, wenn eine gewisse Lyda Tár einen Oscar gewonnen hätte. ;)

In deiner Kritik verweist du viel auf die klassische Musik und den Klassikbetrieb, aber Klassikerfreunde können durchaus enttäuscht von dem Film werden. Zwar spielt der Film in der Klassik-Szene, aber klassische Musik hört man wenig und stattdessen werden die Hintergründe dieses Klassikbetriebs beleuchtet und hier insbesondere das Verhältnis von Macht und Einfluss. Das Thema des Films ist für mich also klar Machstrukturen am Arbeitsplatz. Man hätte das Thema auch außerhalb des Klassikmilieus ansiedeln können. Also beispielsweise in anderen künstlerischen Milieus oder im Sportbereich. Die Stärke des Films ist für mich seine Ambivalenz bei der Abbildung von Macht und Autorität und mit welchem genauen Gespür der Film viele aktuelle Themen und Diskurse differenziert anspricht. Dabei war für mich nicht immer klar, ob der Film eine Seite bezieht oder wo genau die Intention des Regisseurs bzw. Drehbuchtautors liegt. Vieles bleibt für mich im Ungewissen und im Vagen und das bietet für mich im Anschluss des Films enorm viel Diskussionspotenzial.

Allein die Tatsache, dass es sich im Film um einen weiblichen Dirigenten handelt (in der realen Welt sind weibliche Dirigenten noch mehr unterrepräsentiert als im Regiefach) und dass diese ihre Macht ähnlich ausnutzt, wie wir es in der Wirklichkeit bei unzähligen Männern in Führungspositionen oder im Kunst- und Kulturbereich kennen, bietet enorm viele Anknüpfungspunkte zur weiteren Diskussion. Will uns der Film damit sagen, dass es bei Macht und deren Ausnutzung gar nicht auf’s Geschlecht ankommt? Männer wie Frauen sind quasi zu allem fähig und des liegt nur an den Umgang mit Macht. Oder zeigt uns der Film eine Frau, die erst durch ihre Anpassung (Kleidung, Autorität Frau, Geliebte) ans vermeintliche männliche Ideal auch dessen negative Seiten übernimmt? Agiert sie noch als Frau oder wie ein Mann im Klassikbetrieb? Hätte sie überhaupt diese Karriere hinlegen und die Reputation aufbauen können, wenn sie nicht die vermeintlich typisch weiblichen Eigenschaften negiert hätte?

Und gen Ende des Films wird auch noch mal dezidiert das Verhältnis der westlichen Kulturwelt zum Rest der Welt abgebildet. Ist eine „gefallene“ Star-Dirigentin noch gut genug für den asiatischen Musikmarkt oder sind die asiatischen Länder in ihrem moralischen Urteil einfach zurückhaltender? Und wird hier ein Karriereabstieg beschreiben und wenn ja wieso wird ein Karriereabstieg mit den Arbeiten in einem nicht westlichen Land gleichgesetzt? Werden wir uns dadurch nicht wieder gewahr, dass wir die westliche Kultur als die bessere bzw. hochwertigere Kultur wahrnehmen und die asiatische Musikkultur nicht als die Hochkultur begreifen, wie wir sie hier im Westen noch immer so stark hervorheben? Auch hier nimmt der Film keine klare Position ein, sondern zeigt Entwicklungen auf und lädt dazu ein, dass man als Zuschauer selbst einige Dinge reflektiert.
 

Tarantino1980

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Ich habe den Film letztes Jahr auf der Filmkunstmesse Leipzig zum ersten Mal gesehen und obwohl seit der Sichtung echt viele Monate vergangen sind, ist mir der Film noch sehr präsent. Einfach weil er mich so tief beeindruckt hat.
Schön das Du hier auch dann zu Wort meldest!

Es ist wirklich einer der Filme der nachwirkt! Er war auch tatsächlich noch tagegelang in meinem Kopf bzw. ist es immer noch und ich freue mich jetzt schon auf die VÖ fürs Heimkino, da ich ihn mir gerne nochmals anschauen werde.


In deiner Kritik verweist du viel auf die klassische Musik und den Klassikbetrieb, aber Klassikerfreunde können durchaus enttäuscht von dem Film werden. Zwar spielt der Film in der Klassik-Szene, aber klassische Musik hört man wenig und stattdessen werden die Hintergründe dieses Klassikbetriebs beleuchtet und hier insbesondere das Verhältnis von Macht und Einfluss.
Das ist richtig. Ich hatte bewusst diesen Aspekt etwas aus meiner Kritik herausgelassen, weil ich einfach die Angst hatte, das wenn ich da zu viel schreibe, ich zuviel von der Story spoilern würde. Was ich halt ausdrücken wollte ist halt ganz klar das die ganzen Querverweise und Erwähnungen für mich halt nicht so greifbar waren und diese vielleicht bei einem Klassikliebhaber noch mehr Glücksgefühle auslösen beim schauen dieses Films. Natürlich weiß ich wer Johann Sebastian Bach war, aber ich oute mich einfach mal und behaupte ich würde 98% seiner Lieder nicht erkennen zuschweige denn anhand ihres Namens zuordnen können das es eine Komposition von Bach ist. Und von diesen kleinen feinen Asnpielungen/Erwähungen gibt es schon einige im Film. Das wollte ich damit sagen. Das die eigentliche Musik nicht so prominent Platziert ist, wie z.B. in einem musikalichen Biopic, da gebe ich Dir vollkommen recht.


Das Thema des Films ist für mich also klar Machstrukturen am Arbeitsplatz. Man hätte das Thema auch außerhalb des Klassikmilieus ansiedeln können. Also beispielsweise in anderen künstlerischen Milieus oder im Sportbereich. Die Stärke des Films ist für mich seine Ambivalenz bei der Abbildung von Macht und Autorität und mit welchem genauen Gespür der Film viele aktuelle Themen und Diskurse differenziert anspricht.
Auf jeden Fall ein wenn nicht sogar das Haupthema des Filmes! Und ich glaube, egal in welcher Branche man unterwegs ist, es gibt den "Nasenfaktor". Als Führungskraft arbeitest Du natürlich mit gewissen Leuten lieber zusammen und mit anderen weniger. Die Kunst daran ist es dennoch zu erkennen welches Potentlial jeder Mitarbeitert hat und dieses individuell in der Firma bzw. Team so einzusetzen, das alle davon provitieren. Und die ganz große Schwierigkeit als Führungskraft ist es ja, gerade wenn es um Beförderungen geht, fair zu entscheiden wer sie am ehesten verdient hat, auf Grund von Leistung und Engagement, aber auch über neutral zu bleiben und Symphatie, zumindest wenn es um solche Entscheidungen geht, komplett außen vor zu lassen, zumindest wenn es sich um eine Firma handelt bei der ich selber nur die angestellte Führungskraft bin. Anders sehe ich das persönlich bei Firmen die vom Inhaber bzw. Inhaberin geführt werden. Da würde ich mir schon den Luxus gönnen in meinem engsten Umfeld nur Leute arbeiten zu lassen mit denen ich auch menschlich kompatibel bin. Klar muss das fachliche auch bei dennen passsen, aber wenn ich die Person wäre die das komplette unternehmerische Risiko trägt, würde ich da auf wichtigen Positionen auch nur Leute arbeiten lassen denen ich menschlich zu 100% vertrauen könnte. Weil sonst wäre es eine One Man Show und ich müsste ständig alles kontrollieren und mit alles meine ich wirklich alles! Und das kann auch nicht Sinn und zweck sein. Aber in dem Moment wo man sich in so einem Machtgefüge, wie es auch im Film vorhanden war, sich bewegt muss man meiner Meinung nach neutraler sein und wirklich nach Leistung und Kompetenz entscheiden. Daher, das war mir übrigens auch neu, fand ich diese "Blind Auditions" beim Vorspielen sehr fair weil man wirklich nur auf Grund der Leistung die Person bewertet hat und somit ja auch, in diesem Fall eine junge talentierte Chellistin den Solopart zugesprochen bekam. Wäre es ein Vorspielen gewesen wo man die Person gesehen hätte, bin ich mir sicher wäre die Wahl eine andere gewesen, weil eben viele "alt eingesessene" Leute in Machtpositionen eher ihre Stimme für die Leute die länger im Orchester dabei gewesen waren, abgegeben hätten. Auf jeden Fall ein spannendes Thema.


Dabei war für mich nicht immer klar, ob der Film eine Seite bezieht oder wo genau die Intention des Regisseurs bzw. Drehbuchtautors liegt. Vieles bleibt für mich im Ungewissen und im Vagen und das bietet für mich im Anschluss des Films enorm viel Diskussionspotenzial.
Ich glaube eine klare Seite sollte auch nicht bezogen werden. Sondern vielmehr sollte aufgezeigt werden, was ja leider auch in der Realität bestimmt kein Einzellfall ist, solange etwas nicht offiziell bekannt gemacht wird, bzw. eben durch eine Schwachstelle dann ans Tageslicht kommt, wird vieles in solchen Kreisen geduldet. Der Erfolg heiligt die Mittel. Ich bin mir sicher das es ein offenes Geheimnis war das Lydia die ein oder andere Affaire mit weiblichen Studentinen bzw. halt jungen Musikerinnen aus dem Chor hatte, solange es aber nie zum Problemfall wurde und ein Skandal im Anmarsch war, wurde es geduldet.

Auch die Szene in der Masterclass von der Julliard School war da für mich sehr bezeichnent. Ich glaube nicht das es das erste Mal war das Lydia so unprofessionell war und eine Person die ihr nicht symphatisch war vor allen so fertig gemacht hat. Genauso denke ich wird sie Leute die ihr symphatisch waren sehr gelobt und vielleicht bei weiblichen Studentinen auch offen umworben haben. Aber solange solch eine Szene nicht geleaked wurde, war es allen anderen die sie hätten in ihre Schranken weisen können, egal. Hier hatte sie halt nur das "Pech" das ihre in ungnade gefallene Assistentin halt, auch wenn es verboten war, das mitgefilmt hatte und es gegen sie verwendet hat.



Allein die Tatsache, dass es sich im Film um einen weiblichen Dirigenten handelt (in der realen Welt sind weibliche Dirigenten noch mehr unterrepräsentiert als im Regiefach) und dass diese ihre Macht ähnlich ausnutzt, wie wir es in der Wirklichkeit bei unzähligen Männern in Führungspositionen oder im Kunst- und Kulturbereich kennen, bietet enorm viele Anknüpfungspunkte zur weiteren Diskussion. Will uns der Film damit sagen, dass es bei Macht und deren Ausnutzung gar nicht auf’s Geschlecht ankommt?

Ich glaube ab einer gewissen Macht ist das Geschlecht vollkommen egal. Ich hatte, vielleicht sogar zum Glück, noch nie soviel Macht als das ich sie hätte ausnutzen können. Aber ich bin mir ziemlich sicher ab einer gewissen Höhe der Position bzw. des Einflusses wird man irgendwann so abgehoben, das man den Bezug zur Realität verliert. Ich nehme immer dazu gerne das Hotel Beispiel. Wenn man als normalsterblicher in einem Hotel nächtigt freut man sich über so kleine Aufmerksamkeiten das z.B. eine flasche Gratiswasser oder wenn es ein Romantik Hotel ist, vielleicht sogar eine Flasche gratis Sekt oder Wein auf dem Zimmer steht. Es ist vielleicht nicht die Marke die man privat trinkt, aber die Geste zählt! Oder beschwert ihr euch auf einem Hotelzimmer über die Wassermarke die da gratis ist? Ich nicht! Wenn man aber der hochgejubelte Star ist, egal aus welchem Bereich, sorgt der/die persönliche Assistentin schon dafür das genau die Marke da steht die er/sie sonst immer trinkt. Und wenn diese nicht stehen würde, wäre der erste Ausraster dieser Person schon vorprogramiert. Von den teilweise exorbitaten Catering Wünschen von so manchen Stars will ich jetzt erst garnicht anfangen. Aber das ist halt auch eine Form von Machtausnutzung. Wenn sie nicht in dieser Postion wären könnten sie diese Anspräche erst garnicht stellen! Und irgendwann ist dies dann halt einfach auch normal.

Oder ein anderes Beispiel. Eine gute Bekannte von mir hatte mal eine Zeitlang als persönliche Assistentin für einen Chefarzt von einem guten Krankenhaus gearbeitet. Der Job war gut bezahlt keine Frage, aber was sie sich da alles bieten lassen musste und wie sie auch erreichbar sein musste das war schon heftig. Sie hatte natürlich Zugang auch zu seinen Kreditkarten Daten und musste da auch immer alles buchen für ihn, auch private Reisen wurden da über sie gebucht. Und es war kein Einzelfall, da er gerne Weltweit unterwegs war, manchmal auch beruflich, das er mitten in der Nacht anrief und sagte das etwas mit dem Mietwagen nicht funktioniert hat oder mit dem Hotel und da musste sie sich dann darum kümmern. Ich, selbst wenn ich in so einer Position wäre, könnte mir nicht vorstellen das ich, wissentlich das in der Heimat meiner Mitarbeiterin gerade tiefste Nacht ist, dort anrufe und von ihr verlange sowas für mich zu regeln. Es kann immer mal zu Problemen kommen aber das würde ich dann selbst irgendwie regeln, wie es normale Menschen auch tun. Aber er hatte sich dann lieber am Flughafen in eine Lounge gesetzt und hat gewartet bis alles geregelt war. Und das war jetzt kein Meisterdirigent oder ähnliches, aber eben schon jemand mit so einer Machtposition der es ausnutzen konnte, denn jegliche Beschwerde hätte dazu geführt das sie ihren Job los gewesen wäre, weil schon andere nur darauf warten diesen Job mit entsprechendem Gehalt auzuüben. Sie hat dann nach ca. 1 Jahr selber gekündigt weil sie merkte das diese Art von Arbeit nicht ihre ist, aber sie sich auch eine Familie aufbauen wollte, was mit so einem Job unmöglich gewesen wäre.

Männer wie Frauen sind quasi zu allem fähig und des liegt nur an den Umgang mit Macht. Oder zeigt uns der Film eine Frau, die erst durch ihre Anpassung (Kleidung, Autorität Frau, Geliebte) ans vermeintliche männliche Ideal auch dessen negative Seiten übernimmt? Agiert sie noch als Frau oder wie ein Mann im Klassikbetrieb? Hätte sie überhaupt diese Karriere hinlegen und die Reputation aufbauen können, wenn sie nicht die vermeintlich typisch weiblichen Eigenschaften negiert hätte?

Und gen Ende des Films wird auch noch mal dezidiert das Verhältnis der westlichen Kulturwelt zum Rest der Welt abgebildet. Ist eine „gefallene“ Star-Dirigentin noch gut genug für den asiatischen Musikmarkt oder sind die asiatischen Länder in ihrem moralischen Urteil einfach zurückhaltender?
Tatsächlich habe ich mir mir diese Frage auch gestellt und habe versucht diese Frage etwas auf den Filmbereich zu übertragen. Und ich glaube schon das wenn, egal welcher, aktuell angesagte Hollywood Regisseur durch irgendeinen Skandal in Hollywood in ungnade fallen würde, sich dann aber quasi anbieten würde für deutlich weniger Geld aber mit der selben Leidenschaft eine Produktion irgendwo in Asien zu inszenieren, die auch wirklich nur auf diesem Markt dort vertrieben würde, also nicht für den internationalen Markt gedacht wäre, auf jeden Fall da einen Job bekommen würde.


Und wird hier ein Karriereabstieg beschreiben und wenn ja wieso wird ein Karriereabstieg mit den Arbeiten in einem nicht westlichen Land gleichgesetzt? Werden wir uns dadurch nicht wieder gewahr, dass wir die westliche Kultur als die bessere bzw. hochwertigere Kultur wahrnehmen und die asiatische Musikkultur nicht als die Hochkultur begreifen, wie wir sie hier im Westen noch immer so stark hervorheben? Auch hier nimmt der Film keine klare Position ein, sondern zeigt Entwicklungen auf und lädt dazu ein, dass man als Zuschauer selbst einige Dinge reflektiert.

Jedoch dann in der letzten Szene war es für mich nicht mehr die Frage westlich vs. asiatischer Markt sondern vielmehr die Tatsache was sie da dirigiert hat. Ich habe es anfangs nicht genau erkannt, da ich diese Szene auch sehr schlecht kenne, ich hatte aber so eine Vermutung zunächst Richtung Anime bzw. Cosplay aber es war dann wohl, zumindest haben das meine Recherchen ergeben, irgendein Computerspiel wo sie dann Quasi den dort vorkommenden Soundtrack mit einem Liveorchester nachspielte. Und das wiederum ist, wenn man wirklich ein Talent bzw. sogar ein Meister seines Faches ist, doch schon sehr erniedrigend. Ich habe mir das dann halt so vorgestellt als wenn ein Darren Aronofsky dann eine Soap wie Gute Zeiten Schlechte Zeiten inszenieren müsste.
 

Willy Wonka

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Auch die Szene in der Masterclass von der Julliard School war da für mich sehr bezeichnent. Ich glaube nicht das es das erste Mal war das Lydia so unprofessionell war und eine Person die ihr nicht symphatisch war vor allen so fertig gemacht hat. Genauso denke ich wird sie Leute die ihr symphatisch waren sehr gelobt und vielleicht bei weiblichen Studentinen auch offen umworben haben. Aber solange solch eine Szene nicht geleaked wurde, war es allen anderen die sie hätten in ihre Schranken weisen können, egal. Hier hatte sie halt nur das "Pech" das ihre in ungnade gefallene Assistentin halt, auch wenn es verboten war, das mitgefilmt hatte und es gegen sie verwendet hat.

Und hier ist auch wieder die Ambivalenz, denn das veröffentlichte Video wurde so suggestiv geschnitten, dass sie eindeutig als Täterin dargestellt wurde. Vor allem diese Art von aufbereiteten Videos sind niemals objektiv, obwohl ein "Videobeweis" auf den ersten Blick ein objektiver "Fakt" sein soll.

Jedoch dann in der letzten Szene war es für mich nicht mehr die Frage westlich vs. asiatischer Markt sondern vielmehr die Tatsache was sie da dirigiert hat. Ich habe es anfangs nicht genau erkannt, da ich diese Szene auch sehr schlecht kenne, ich hatte aber so eine Vermutung zunächst Richtung Anime bzw. Cosplay aber es war dann wohl, zumindest haben das meine Recherchen ergeben, irgendein Computerspiel wo sie dann Quasi den dort vorkommenden Soundtrack mit einem Liveorchester nachspielte. Und das wiederum ist, wenn man wirklich ein Talent bzw. sogar ein Meister seines Faches ist, doch schon sehr erniedrigend. Ich habe mir das dann halt so vorgestellt als wenn ein Darren Aronofsky dann eine Soap wie Gute Zeiten Schlechte Zeiten inszenieren müsste.

Sehr spannend. Das hatte ich nicht mehr so genau in Erinnerung. Auf den ersten Blick scheint die Vertonung eines Videospiels oder eines Animes ein künstlerischer Abstieg zu sein, zumindest wenn man in E- und U-Musik unterscheidet. Andererseits haben mittlerweile viele bedeutende Komponisten Musik für Videospiele komponiert und arrangiert, sodass sich mittlerweile etwas verschiebt. Ich gehe dennoch davon aus, dass in „Tár“ beide Faktoren (Ort und Zweck der Musik) den Abstieg bzw. den Niedergang zum Mainstream abbilden soll.

Weitere Beispiele aus der Film- und Serienwelt sind viele Schauspieler, die damals auf einmal „Fernsehen“ gemacht haben und nicht mehr auf der Kinoleinwand zu sehen waren. Das war für viele Schauspieler vor einigen Jahrzehnten ein künstlerischer Abstieg. Seitdem die Qualität und die Relevanz von Serien in den 2000er zugenommen haben, hat sich dort aber klar etwas verschoben.

Oder wenn amerikanische Schauspieler in den USA Flops hatten, sind sie häufig nach Europa gegangen, um Filme zu machen. In vielen Fällen war das auch ein finanzieller und künstlerischer Abstieg (man denke an diverse Italo-Western mit US-Stars), wobei einiger Schauspieler und Regisseure wiederum erst in Europa ihre Ankerkennung gefunden haben und künstlerisch geschätzt wurden. Beispielsweise Orson Welles.
 
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