Sisters
Die Reporterin Grace beobachtet aus ihrem Fenster einen Mord im gegenüberliegenden Gebäude. Sie verständigt die Polizei, aber bis die dort auftauchen, ist die Leiche verschwunden und die Spuren zudem verwischt. Da sie durch ihren Beruf bei der Polizei eh schon keinen guten Ruf besitzt, haben die auch kein weiteres Interesse daran, weshalb sie auf eigene Faust Nachforschungen anstellt, die sie in einen kompletten Alptraum versetzen.
Im Gesamtwerk von Brian De Palma besitzt „Sisters“ für mich einen ganz besonderen Stellenwert. Natürlich kann man den Film auch ohne Hintergrundwissen einfach als tolle Unterhaltung genießen, da er für sich allein bestens funktioniert und es einfach ein großartiger Film ist. Wenn man sich aber zuvor mit seinen Filmen von 1962, bis eben zu „Die Schwestern des Bösen“ hin beschäftigt hat, bekommt man zusätzlich eine Menge Aha-Erlebnisse. Nach seinen Erfahrungen mit einem Major in Hollywood, bei „Get to know your rabbit“ , wollte De Palma wieder zurück zu den Dingen, die er vorher liebte. Eine verlässliche Crew und Menschen mit denen er gerne zusammenarbeitet. An der Stelle interessant, da dies eine Parallele zum Inhalt des ungeliebten Vorgängerfilms beinhaltet. Allerdings wusste er auch, dass er in seiner Erzählweise etwas ändern muss und seine Filme etwas homogener werden sollten. Was zunächst wie ein Bruch in seinem Schaffen aussieht, ist es bei näherer Betrachtung gar nicht. De Palma nahm alles, was vorher richtig gut gelang, in diesen Film mit rein, ließ die weniger gelungenen Experimente raus und verknüpfte sie mit neuen Ideen. Dadurch erschuf er den „De Palma Stil“. Das ist aber lediglich meine Sicht der Dinge. Er perfektionierte hier seine bereits Jahre zuvor verwendete Split-Screen Technik und schafft dadurch unvergessliche Momente. Hier ist es natürlich absolut von Vorteil, wenn man zuvor „Dionysus“ und „Get to know your rabbit“ gesehen hat, um diesen Weg besser einschätzen zu können. Gleichzeitig verwendet er wie zuvor das Thema Voyeurismus, was sich als roter Faden durch seine vorherigen Arbeiten zog. Gerade die Eröffnungssequenz von „Sisters“ wirkt inszenatorisch, wie ein bewusster Abschluss seiner Frühphase, allerdings habe ich keine Ahnung, ob das so gewollt war. Tatsächlich greift er im Film aber immer wieder auf Dinge zurück, die er in den vorhergehenden Filmen bereits etablierte. Auch wie erwähnt bei der Crew. Seiner damaligen Freundin Margot Kidder, die im Original von „Black Christmas“ ebenfalls glänzen konnte und ihrer Mitbewohnerin Jennifer Salt, überreichte er das Drehbuch zu „Sisters“ als Weihnachtsgeschenk, was den familiären Charakter der Produktion unterstreicht. Jennifer Salt hatte er zu diesem Zeitpunkt allerdings sowieso schon mehrfach besetzt, wie auch William Finley, sein Studienfreund und langjähriger Wegbegleiter. Eben Leute, auf die er sich verlassen konnte, was das Gegenteil zum vorherigen Film war. Auch Charles Durning, der in „Sisters“ den Privatdetektiv spielt, hatte er bei „Hi, Mom“ bereits im Cast. Nicht zuletzt auch deshalb, wirkt der gesamte Film sehr homogen. Selbstverständlich darf man natürlich auch die Nähe zu Alfred Hitchcock nicht verschweigen, dessen Filme hier natürlich mehrfach Pate standen. Allerdings nicht wie gerne behauptet als reine Kopie, sondern als Ideengeber. Natürlich erkennt man „Das Fenster zum Hof“ und auch „Psycho“, allerdings als Fundament, auf das er aufbaut oder es eben auch variiert. Trotzdem ist die Nähe überdeutlich. Nicht zuletzt auch, weil Bernard Herrmann, der Haus und Hofkomponist von Hitch, die Musik geschrieben hat. Wie es dazu kam, ist ebenfalls eine tolle Anekdote. In jedem Fall ist sie unglaublich gut geworden und passt hervorragend zum Film.
„Sisters“ ist spannungsgeladen und immer wieder überraschend. Sei es durch die Handlung selbst oder eben auch die faszinierende Inszenierung, die einen auch heute noch in ihren Bann zieht. Ich möchte aber unbedingt den O-Ton empfehlen, da die Synchro bestenfalls als ausreichend zu bezeichnen ist. Gerade Margot Kidder klingt im Originalton einfach wundervoll mit ihrem französischen Akzent, während dieses kleine, aber feine Detail, in der Synchro nicht einmal angerissen wird. Auch die bedrohliche Atmosphäre leidet sehr unter der Synchronisation. „Sisters“ bildet also einen unglaublich wichtigen Punkt in der Karriere des Regisseurs, auch wenn der Erfolg damals nicht überbordend, aber dennoch gut war. In den städtischen Kinos lief er nicht wirklich gut, aber dafür wurde er in den Autokinos zu einem wahren Renner. Heute ist es ein Kultfilm, der in jede gut sortierte Sammlung gehört.