Im Gesamtwerk von Brian De Palma besitzt „Sisters“ für mich einen ganz besonderen Stellenwert. Natürlich kann man den Film auch ohne Hintergrundwissen einfach als tolle Unterhaltung genießen, da er für sich allein bestens funktioniert und es einfach ein großartiger Film ist. Wenn man sich aber zuvor mit seinen Filmen von 1962, bis eben zu „Die Schwestern des Bösen“ hin beschäftigt hat, bekommt man zusätzlich eine Menge Aha-Erlebnisse.
Es war in der Tat diesmal ein anderer Filmgenuss. Es ist genauso wie Du es so passende beschrieben hast deadly. Als ich den Film im Jahr 2014 das erste mal sah kannte ich sein Frühwerk noch nicht und der Film hat dennoch bei mir sehr gut funktioniert. Das hat er nun, rund 10 Jahre später immer noch, dadurch das ich aber nun im Rahmen der Retrospektive De Palma´s Frühwerk kennen lernen konnte, schließe ich mich gerne Deiner Aussage an, das man deutliche Aha-Erlebnisse verspürt und demnach wirklich seinen Werdegang erkennen kann, obwohl es für mich immer noch ein riesen Entwicklungsschritt war.
Nach seinen Erfahrungen mit einem Major in Hollywood, bei „Get to know your rabbit“ , wollte De Palma wieder zurück zu den Dingen, die er vorher liebte. Eine verlässliche Crew und Menschen mit denen er gerne zusammenarbeitet.
Ich habe mir im Nachgang noch die kurze Doku auf den Extras im Mediabook angeschaut und mir war zuvor garnicht bewusst das
Brian De Palma einmal mit
Margot Kidder zusammen war. Auch seine Freundschaften zu
William Finley und
Jennifer Salt trugen sicherlich dazu bei das die Produktion so gut funktionierte und der Film so gut wurde.
An der Stelle interessant, da dies eine Parallele zum Inhalt des ungeliebten Vorgängerfilms beinhaltet. Allerdings wusste er auch, dass er in seiner Erzählweise etwas ändern muss und seine Filme etwas homogener werden sollten. Was zunächst wie ein Bruch in seinem Schaffen aussieht, ist es bei näherer Betrachtung gar nicht. De Palma nahm alles, was vorher richtig gut gelang, in diesen Film mit rein, ließ die weniger gelungenen Experimente raus und verknüpfte sie mit neuen Ideen. Dadurch erschuf er den „De Palma Stil“. Das ist aber lediglich meine Sicht der Dinge. Er perfektionierte hier seine bereits Jahre zuvor verwendete Split-Screen Technik und schafft dadurch unvergessliche Momente.
Eine interessante Zusammenfassung deadly die ich tatsächlich auch so während der Sichtung des Films empfunden hatte. Bereits in
Get To Know Your Rabbit ist mir ja schon aufgefallen das seine Art wie er Bilder inszeniert sich deutlich verbessert hat, was er in
Sisters nun nochmal perfektionierte. Die Fährfahrt Nachts nach Staten Island war einfach wunderschön in Szene gesetzt. Ein toller Blick auf die Skyline von New York bei Nacht.
Und wie bereits damals erwähnt ist die Split-Screen Szene in
Sisters einfach der pure Wahnsinn. Die Spannung die dadurch erzeugt wird als Grace untem im Voyer des Mietshauses mit der Polizei redet und man parallel dazu sieht wie Emil und Danielle die Mordspuren beseitigen. Und das Ganze noch, dank der Idee von
William Finley, mit der nötigen Prise Humor, ohne eben wieder in einen Slapstik bzw. die Groteske abzurutschen.
Hier ist es natürlich absolut von Vorteil, wenn man zuvor „Dionysus“ und „Get to know your rabbit“ gesehen hat, um diesen Weg besser einschätzen zu können. Gleichzeitig verwendet er wie zuvor das Thema Voyeurismus, was sich als roter Faden durch seine vorherigen Arbeiten zog. Gerade die Eröffnungssequenz von „Sisters“ wirkt inszenatorisch, wie ein bewusster Abschluss seiner Frühphase, allerdings habe ich keine Ahnung, ob das so gewollt war.
Es scheint ja generell, ohne der Filmographie vorgreifen zu wollen, ein zentrales Thema im Leben von De Palma gewesen zu sein. Irgendwas hat ihn an dem Thema Voyeurismus offenbar sehr fasziniert. Dadurch sind die paralellen zu Hitchcock natürlich auch immer wieder befeuert worden.
Selbstverständlich darf man natürlich auch die Nähe zu Alfred Hitchcock nicht verschweigen, dessen Filme hier natürlich mehrfach Pate standen. Allerdings nicht wie gerne behauptet als reine Kopie, sondern als Ideengeber. Natürlich erkennt man „Das Fenster zum Hof“ und auch „Psycho“, allerdings als Fundament, auf das er aufbaut oder es eben auch variiert. Trotzdem ist die Nähe überdeutlich.
Dies war mir zwar damals schon bewusst, aber gerade weil es noch nicht so lange her ist das wir uns mit Hitchcock deutlich tiefer beschäftigt hatten als es bei mir zuvor der Fall war ist mir, bevor es dann auch hier in Deiner KK und in dem Special in den Extras erwähnt wurde, mir auch sehr deutlich aufgefallen das die Mordsequenz, auch wenn sie komplett anders arrangiert war, doch gewisse Parallelen zu
Psycho beinhaltet und natürlich auch der Aspekt, das Danielle sowohl mit ihrer toten Schwester redete als auch das sie den Mord in ihrere Persönlichkeit ausübte. Aber es sind eben keine billigen Kopien sondern lediglich eine Inspieration die De Palma hier phänomenal umgesetzt hat. Und das wissen wir beide ja auch sehr gut, es gibt kaum einen Regisseur der nicht von Hitchcock in irgendeiner Form beinflusst bzw. inspieriert wurde.
Nicht zuletzt auch, weil Bernard Herrmann, der Haus und Hofkomponist von Hitch, die Musik geschrieben hat. Wie es dazu kam, ist ebenfalls eine tolle Anekdote. In jedem Fall ist sie unglaublich gut geworden und passt hervorragend zum Film.
Ich wusste schon garnicht mehr das
Bernard Herrmann auch mit De Palma zusammen gearbeitet hat, zumindest in zwei Filmen. Aber selbst hätte ich seinen Namen nicht gelesen, als ich die ersten Töne des sehr eindringlichen Score hörte war mir sofort klar, das es sein Stil war. Also wenn er es nicht selbst gewesen wäre, hätte hier definitiv jemand seinen Stil sehr gut kopiert, aber es war natürlich der Meister selbst. Ich nehme mal an Du beziehst Dich auch auf die Erzählungen im Special wo sie zunächst Filmmusik aus seinen Hitchcock Werken namen für einen Score und sich dann fragten warum sie ihn nicht direkt fragen ob er es machen will nur um dann erstmal rausfinden mussten ob er überhaupt noch lebt.
Tatsächlich greift er im Film aber immer wieder auf Dinge zurück, die er in den vorhergehenden Filmen bereits etablierte.
Dies ist mir auch bei dieser surrelalen Traumsequenz aufgefallen, die ich bei meiner Erstsichtung noch nicht richtig einordnen konnte, da sie irgendwie komplett anders wirkte. Jetzt wo ich seine Frühwerke kenne machte diese Sequenz absolut Sinn und passte dadurch sehr gut in den Film rein.
Generell fand ich
William Finley nicht nur in dieser Sequenz wieder sehr stark, er zeigte hier auch eine sehr bedrohliche Seite von sich. Als er die Hypnose an Grace vornahm, das war schon sehr intensiv!
Ich möchte aber unbedingt den O-Ton empfehlen, da die Synchro bestenfalls als ausreichend zu bezeichnen ist. Gerade Margot Kidder klingt im Originalton einfach wundervoll mit ihrem französischen Akzent, während dieses kleine, aber feine Detail, in der Synchro nicht einmal angerissen wird.
Auch ich habe hier wieder zum O-Ton gegriffen, da es sich bereits in der TV Show Peeping Tom, übrigens auch eine sehr schöne Homage, die Synchro einfach grauenhaft anhörte und alles andere als Lip-Sync war. Und danke auch fürs Aufklären, denn ich war mir nicht mehr sicher ob der französische Akzent auch in der Synchro vorhanden war, ich konnte mich da irgendwie nicht dran erinnern da ich den Film 2014 noch auf DVD sah.
Aber auch nochmal eine neugierige Frage war es bei Dir auch so das bei der Sequenz in der Danielle und Dominique das Gespräch hatten plötzlich Zwangsuntertitel eingeblendet wurden? Das hat mich etwas verwirrt. Ich hatte in der Szene mehrfach dann in den Einstellungen geschaut aber die Untertitel waren definitiv aus und danach waren sie auch wieder weg. Ich hatte dann nach dem Film auch nochmal extra die DVD eingelegt um zu schauen ob es da auch der Fall war, also zumindest bei der von Koch Films war es so. Ich hatte vor dem Update auf das Mediabook die DVD von Eurovideo gehabt. Ich konnte mich nicht erinnern das an der Stelle bei dem Film zwangsuntertitel waren. Aber ich kann es natürlich auch vergessen haben.
„Sisters“ bildet also einen unglaublich wichtigen Punkt in der Karriere des Regisseurs, auch wenn der Erfolg damals nicht überbordend, aber dennoch gut war. In den städtischen Kinos lief er nicht wirklich gut, aber dafür wurde er in den Autokinos zu einem wahren Renner. Heute ist es ein Kultfilm, der in jede gut sortierte Sammlung gehört.
Auch hier würde ich die Frage gerne nochmal aufwerfen, weil zumindest im Booklet und im Special mir diese Frage nicht wirklich beantwortet wurde wodurch dieser Sinneswandel von De Palma kam nach so einem Film wie
Get To Know Your Rabbit dann plötzlich so einen, doch sehr ernsten und düsteren Thriller wie
Sisters zu machen. Zumindest, so habe ich es jedenfalls im Special rausgehört, existiete das Script bereits schon länger, also hat er es offenbar nicht erst nach
Get To Know Your Rabbit geschrieben. Aber dennoch nach dem Film direkt Sisters zu inszenieren, ist wirklich ein sehr großer Sprung, zumindest inhaltlich. Handwerklich spürt man schon, wie Du es auch so treffend erwähnt hast, das er vieles aus seinen vorherigen Filmen wieder imt eingebaut hat, diesmal aber alles etwas fokussierter und somit wohl genau das erreicht hat wovon jeder Filmemacher träumt, einen Film der eine gute Grundlage war für seine späteren Welterfolge.