Der Stellvertreter

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Der Stellvertreter

Kurt Gerstein ist ein Fachmann in Hygienefragen und gleichzeitig Mitglied der SS. Der studierte Mediziner wird aufgrund seiner Kenntnisse in ein Konzentrationslager befohlen und sieht sich dort live den Mord durch Autoabgase an. Die SS möchte den Prozess verbessern und beschleunigen, weshalb sie seine fachliche Einschätzung haben möchten und auch sein Wissen über Zyklon B und wie man das optimieren könnte. Gerstein ist völlig entsetzt über die Dinge, die er sieht und auch über den erhaltenen Auftrag. Er informiert den schwedischen Botschafter, den er zufällig trifft und bittet darum das Ausland zu benachrichtigen. Gleichzeitig informiert der gläubige Christ die Kirche und lässt durch Vertraute auch den Vatikan davon in Kenntnis setzen, in der Hoffnung, dass die Kirche das Morden beenden kann. Allerdings muss er, um weitere Informationen zu beschaffen und natürlich auch um sein Leben zu schützen, am Plan der Massenvernichtung mitarbeiten, was ihn mental völlig zerreißt. Seine Hoffnung liegt auf der Kirche, doch die bleibt stumm und scheint sich die Vernichtung der Juden tatenlos anzusehen.


Constantin Costa-Gravas verfilmte 2002 das Bühnenstück von Rolf Hochhuth, welches leider auf wahren Begebenheiten beruht. Kurt Gerstein gab es wirklich und ja, die Kirche hat zugesehen.
Der Film zeigt dies in einer eindringlichen Art und Weise, da viele echte Begebenheiten, aber auch viele Story Elemente integriert wurden, um es filmischer gestalten zu können. Trotz der hinzugefügten Elemente bleibt aber der Hintergrund und auch die Kernaussage gleich: Sie wussten es, haben aber nichts getan! Papst Pius XII., der in der Besetzungszeit der Amerikaner auch durch seine Bitte auffiel, keine schwarzen Soldaten vor Ort einzusetzen, ist heute noch komplett umstritten, während der Film eine klare Haltung zu ihm aufzeigt und die ist für mich nicht unbegründet. Ganz im Gegenteil!
"Der Stellvertreter" ist wirklich sehenswert und bietet eben Aufklärung in Form von Unterhaltung. Er bedient nämlich auch Mechanismen des Spannungskinos, aber dies ist bei so einem Thema nun mal vergebene Liebesmüh, da man eben weiß, dass niemand die Vernichtung verhindert hat. Weder das informierte Ausland, noch die Kirche. Dennoch ist der Film ansprechend gestaltet und bietet mit Ulrich Tukur, Mathieu Kassovitz, Ulrich Mühe und Sebastian Koch auch gleichzeitig eine Reihe von hervorragenden Darstellern. Eine wirklich abgefahrene Anekdote passierte auch Hauptdarsteller Ulrich Tukur, der den Gerstein spielte. Als er sich auf seine Rolle vorbereitete und sich deshalb mit dem Leben von Kurt Gerstein intensiv beschäftigte, fiel ihm ein unglaublicher Zufall auf. Er wohnte nämlich tatsächlich im gleichen Haus in Tübingen, wie Gerstein eine Generation vor ihm. Der Wahnsinn!
 
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