Alles ist erleuchtet

deadlyfriend

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Gesamtübersicht aller Kurzkritiken zu Alles ist erleuchtet:

#02 02.07.08 deadlyfriend
 
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deadlyfriend

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Alles ist erleuchtet


Jonathan Safran Foer (Elijah Wood) ist ein in Amerika lebender Jude, der gerne mehr über die Vergangenheit seiner Familie wüsste, die 1940 aus der Ukraine in die Vereinigten Staaten emigrierte. Mit wenigen Informationen ausgerüstet chartert er eine ukrainische Familie die darauf spezialisiert ist jüdischen Ausländern bei der Suche nach der Vergangenheit zu helfen. Der gebuchte Dolmetscher kristallisiert sich aber schnell als alles andere heraus und sein Großvater, der sich einbildet blind zu sein, fährt den Trabbi der die ungleichen Gefährten ans Ziel bringen soll.
Die Tragikomödie bezieht seine humorvollen Zutaten aus dem ungleichen Team was wirklich für einige Lacher sorgt. Gerade die Übersetzungen des „Dolmetschers“ sind einfach nur köstlich und auch in der deutschen Synchronfassung mehr als überzeugend. Wer aber denkt das dies ein Gagfestival ist, wird schnell wieder auf den roten Faden der eigentlichen Handlung zurückgeführt: Die Suche nach einer Person die maßgeblichen Anteil daran hatte das die Familie Foer lebendig nach Amerika fand. Regisseur Liev Schreiber der den meisten eher als Darsteller (Scream) bekannt sein dürfte, hat bei seinem Erstlingswerk ein sehr hohes Feingefühl bewiesen. Schließlich geht es auch um die Aufarbeitung der Judenverfolgung im 2.ten Weltkrieg was nicht unbedingt viel Anlass gibt eine Komödie zu fabrizieren. Trotzdem schafft Schreiber einen wundervollen Seiltanz zwischen den Genres. Nichts wirkt aufgesetzt, der Zeigefinger wird nie erhoben und die Pietät immer bewahrt. Deshalb rutscht der Film ein ums andere mal von einem Gag in die nächste traurige Szene weshalb man nie sicher sein kann aus welchem Grund die aktuelle Träne die Wangen hinunterläuft.
Die Darsteller vermitteln in jeder Szene einen hohen Realitätsfaktor, so dass man niemals daran zweifelt ob die Geschichte sich auch wirklich so abgespielt hat, was dem gesamten Film einen hohen Grad an Authentizität mit auf den Weg gibt, obwohl die gesamte Story reine Fiktion ist. Oder etwa doch nicht? Romanautor Jonathan Safran Foer schrieb sein Buch aufgrund seiner eigenen Vergangenheitsbewältigung bei einer Reise durch die Ukraine. Inwiefern Details daraus in seinem Buch und somit auch im Film Verwendung fanden vermag ich nicht zu beurteilen. Dies aber nur am Rande.
Ich vergebe 9 von 10 Punkten beim erstmaligem Anschauen. Durchaus möglich das sich die Wertung beim nächsten mal noch erhöht.
 
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Travis

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AW: Alles ist erleuchtet

Sehr gute und in allen Belangen vollauf den Punkt treffende Kritik zu einem grandiosen Film. Mit einem gewaltigen Gefühl für Takt, einer hingebungsvollen Liebe zur Skizzierung seiner Protagonisten und einem genial gelösten Balanceakt zwischen Tragödie und Komödie hat Schreiber einen ruhigen und eindringlichen, gleichzeitig höchst unterhaltsamen Film geschaffen, der im Genre der Vergangenheitsbewältigung dieses furchtbaren Kapitels ohne Zweifel einen der vorderen Spitzenplätze einnimt. Gilt ganz besonders für jene Filme, die das Unfaßbare mit melancholischen Humor noch eindringlicher gestalten wollen. Gibt eigentlich nur einen Film, den ich in dieser Kategorie noch eine kleine Stufe über diesem Werk einordnen würde: Zug des Lebens. Wenn ich mal die Zeit finde, was in nächster Zeit schwer wird, werde ich hierzu eine Kritik verfassen. Deshalb für "Alles ist erleuchtet" auch "nur" eine 9/10, um den kleinen Abstand zu "Zug des Lebens" zu wahren.

Was den Wahrheitsgehalt der Geschichte anbetrifft, soll diese sich in weiten Teilen tatsächlich so ähnlich zugetragen haben und über zahlreiche autobiographische Züge verfügen. Habe ich irgendwo mal gelesen, kann das aber jetzt nicht mit einer verlässlichen Quelle untermauern.
 

Despair

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AW: Alles ist erleuchtet

Da kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Nach den ersten Minuten hatte ich noch die Befürchtung, ein langatmiges Stück Kopfkino vorgesetzt zu bekommen. Ich wurde allerdings schnell eines Besseren belehrt. Von mir gibt es ebenfalls 9/10 Punkte für dieses ungewöhnliche "Roadmovie".
 

Eclipsed

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AW: Alles ist erleuchtet

Ich habe mir den Film bisher bewusst nicht geguckt. Dies liegt daran, dass ich ein großer Liebhaber der Bücher von J.S. Foer bin und ich mir einfach beim besten Willen nicht vorstellen kann wie v.a. "Everything Is Illuminated" verfilmt werden soll ohne den kompletten Punkt der Romanvorlage zu übergehen.

Zur Info: Im Buch gibt es drei verschiedene Handlungsstränge, die auch erzählerisch komplett unterschiedlich sind.
Zum einen ist da die Reise des J.F. Foer in die Ukraine, welche vom Ich-Erzähler fast dokumentarisch beschrieben wird. Das zweite Element ist die Geschichte des Schtetls/der Großmutter, welche märchenhaft beginnt und gen Ende hin immer dramatischer wird:
(NS-Einmarsch)

Der dritte und lustigste Erzählstrang sind die Briefe und Berichte des jungen, ukrainischen Mannes, der in schlechtem Englisch (habe das Buch im Original gelesen) über die kulturellen Unterschiede schreibt, und seine Version der Reise niederlegt.

Laut allem, was ich bisher über die Verfilmung gelesen habe, begnügt sich diese mit der erstgenannten Handlung. Leider.
Aber nach den guten Kritiken hier, werde ich ihn mir evt. doch mal zulegen. Sollte ja auch für einen guten 5er zu kriegen sein.

(Jetzt hab' ich zwar fast eine Buchkritik geschrieben...ich hoffe, dass das trotzdem so hier stehen bleiben kann ;) )
 

kelte

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AW: Alles ist erleuchtet

im alten Forum hatte ich eine 10er Wertung diesem Film gegeben. Der Film wirkt nach und ich erinnere mich noch genau wie in 59min. die Kehle beim zuschauen zugedrückt wurde, so schrecklich kam auf einmal das der Großmutter rüber.
Der Film beginnt wie Borat in Light, man präsentiert in der "unteren Hälfte" den Osten wie ihn der Ami sich Hostel Like vorstellt. dann schwenkt die Kamera hoch, über die Mauern und Hecken und man entdeckt...es gibt keinen Unterschied.
Unterhaltsam ist die erste Hälfte mit sehr guten, komischen Momenten und der Film schafft den Kunstgriff diese komische in eine unfassbare Tragik zu transportieren ohne Moralfinger! Dafür aber, zumindest bei mir, schlägt das Gesehene wie ein 10 Tonnen Hammer aufs Gemüt.
Das Ende des Films ist ebenso poetisch wie vernichtend schön....
ps:
selten zuvor war ein Filmtitel so treffsicher wie hier....denn dieser Film erleuchtet. aber wohl nicht die taube, blinde Masse...
 

deadlyfriend

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AW: Alles ist erleuchtet

Völlig richtig! Ich verstehe einfach nicht warum den wieder so wenige kennen. Auch hier scheint es nur eine kleine Anzahl von Usern zu geben. Warum ist das so? Warum läuft jeder Effekt-Quatsch bei fast jedem im Player und so eine Perle wird links liegen gelassen?
 

Travis

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AW: Alles ist erleuchtet

Warum läuft jeder Effekt-Quatsch bei fast jedem im Player und so eine Perle wird links liegen gelassen?
Eine wirkliche Erklärung habe ich natürlich auch nicht zu bieten. Könnte mir bei dem Film aber vorstellen, daß es auch mit der Thematik zu tun hat. Sobald das Thema Holocaust ins Spiel kommt und der Film nicht von einem Regisseur wie Spielberg oder ähnlichen Großkalibern kreiert und in der Presse groß besprochen wird, kommt bei so einigen (leider!) ein Abwehrreflex ins Spiel. Holocaust, Judenverfolgung? Nicht schon wieder. Damit sollte jetzt endgültig Schluß sein, ist ja schon ewig her und wir könnens nicht mehr hören bzw. sehen. Martin Walser mal als prominenter Vorbeter genannt. Wenn ich da nur auf zwei exzellente Filme mit dieser Ausgangsthematik blicke, "Zug des Lebens" und "Die Grauzone", die von der breiten Masse völlig zu Unrecht sträflich links liegen gelassen werden, könnte dies für meine Theorie sprechen. Auch kommt bei diesen Filmen, genau wie bei "Alles ist erleuchtet" der "Abschreckungseffekt" hinzu, daß diese Filme im "Verruf" stehen, künstlerisch anspruchsvoll zu sein und daher keinen wirklichen Unterhaltungswert zu haben. Ist halt viel leichter, sich bei "Wanted", "Crank" oder "Resident Evil" berieseln zu lassen, als sich bei Filmen obiger Machart unbequemen Themen zu stellen. Ist jetzt kein Angriff gegen User dieses Forums, sondern aus meiner Sicht ein allgemeines Problem.
 

kelte

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AW: Alles ist erleuchtet

nunja
ich bin auch gegen manche Macharten die uns aus Hollywood hinterherennen. So ala Soldat james Ryan oder dieses unsägliche Band of Brothers gebolze. Sicherlich gut gemacht, streite ich nicht ab aber wenn die Krauts so waren wie dort dargestellt...hätten uns die Polen schon platt gemacht. Was ich mir fast schon gewünscht hätte. In meiner Familie gabs keinen Widerstandskämpfer, es wurde in Afrika und zum Schluss in den Ardennen gekämpft. Es wurde nie viel darüber geredet, erst kurz vorm Tod meines Grossvaters bekam ich die Bilder dieser alten Zeit. ich hab Respekt vor jedem Soldaten der dieses mitgemacht hat. Egal welcher Seite und genau dieses wollte mien Grossvater mir auch vermitteln. Es gab keine Gewinner...ausser jene die Hitler hochgepusht hatten um ihn danach zu vernichten...
Aber in mir kommt auch ne Abwehrreaktion hoch ... aber lassen wir das hier besser sein. Denn bei so einem Thema spielt man den "Schlauen" auf den Rücken von Millionen unschuldigen Toten. Und mir tuts um jeden Leid der in Schmerz, leid und Angst diesen Planeten verlassen hat...auch heute noch.
Trotzdem...solche Filme wie Alles ist erleuchtet...sie erleuchten wirklich weil sie ohne Moralfinger daherkommen und völlig unscheinbar die Story aufbauen und dann wird man in Gefühlen niedergerannt.
respekt für diesen Film!
 

Tony Soprano

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AW: Alles ist erleuchtet

Ich habe mir den Film bisher bewusst nicht geguckt. Dies liegt daran, dass ich ein großer Liebhaber der Bücher von J.S. Foer bin und ich mir einfach beim besten Willen nicht vorstellen kann wie v.a. "Everything Is Illuminated" verfilmt werden soll ohne den kompletten Punkt der Romanvorlage zu übergehen.

mach dir nicht so viele gedanken. natürlich wird der film der komplexität des romans nicht gerecht, dennoch ist er eine sehr gute verfilmung, die am ende auch das gleiche respektive ähnliche fazit zieht. sehenswert ist der film aber auch, wegen der sehr guten schauspieler, musik und vor allem inszenierung. wundervolle bilder etc. besonders gut ist alex getroffen und wie elijah wood, den spleenigen foer spielt ist fabelhaft.
schau dir den film einfach an, auch wenn du das buch anbetest. so wie ich das tue ;)
 

Die wilde 13

Storyboard
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AW: Alles ist erleuchtet

Diese Gratwanderung zwischen Komödie und Tragödie ist wirklich beeindruckend gut gelungen. Gut gemacht, Liev Schreiber.
Ich kann mich deadly's Kritik nur anschliesen. Ein sehr berührender Film, der zum Ende hin mich immer nachdenklicher machte. Da hatte ich mehr als einen Kloß im Hals...
Darsteller, Bilder und auch der Score harmonieren wunderbar miteinander und machen Alles ist erleuchtet zu einer Perle, die bestimmt noch öfters in meinem Player landen wird.
Eines ist mir aber noch unklar. Wieso hat Alex' Großvater die Hinrichtung fast schadlos überlebt und haut danach ab? Irgendwie passt das nicht. Hatte ein Nazi Ladehemmung oder hat das einen tiefere Logik, die ich noch nicht erkannt habe? Klar, für die Geschichte ist es wichtig, das er überlebt aber einem Massengrab "einfach so" zu entsteigen kommt mir hanebüchen vor.
 
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