Ärger wegen Pressevorführung zum Film "Der Baader Meinhof Komplex"

KINOMENSCH

Leinwandlegende
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
5.998
Filmkritiken
0
Es ist ein sehr exklusiver Kreis, der sie überhaupt erhielt: Eine Einladung zu einem einmaligen "work-in-progress"-Screening der mit Spannung erwarteten Bernd-Eichinger-Produktion "Der Baader Meinhof Komplex ". Doch die Bedingungen für die Sondervorführung sorgten bei den Eingeladenen für Unmut. "Wer über den Kinofilm 'Der Baader Meinhof Komplex ' berichten will, dem wird erst einmal gedroht", wetterte die "Süddeutsche Zeitung" plakativ auf ihrer Website. Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat sich zu Wort gemeldet und unter Hinweis auf "völlig inakzeptabele" Bedingungen dazu geraten, "auf Berichterstattung zu verzichten."

Dieses berichtet der Lokalfunksender "Radio 91,2 Dortmund" in einer Sendung.


Stein des Anstoßes: Besucher der Vorführung müssen sich damit einverstanden erklären, keine ausführlichen Besprechungen und Kritiken vor dem 17. September - rund eine Woche vor Kinostart am 25. September - und keine Interviews oder sonstigen Artikel zum Film vor dem 12. September zu veröffentlichen. Für eine Zuwiderhandlung bzw. eine Weitergabe entsprechender Inhalte an Dritte soll eine Konventionalstrafe von insgesamt 100.000 Euro fällig werden, jeweils zur Hälfte vom betroffenen Journalisten bzw. seinem Medium an die Constantin Film AG zu bezahlen.
Quelle: SZ


Die Constantin hat mittlerweile in einer Erklärung zu den Vorwürfen Stellung bezogen:

"Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) hat es für nötig befunden, Journalistinnen und Journalisten davor zu warnen, Bedingungen zur Sondervorführung des Films "Der Baader Meinhof Komplex" der Constantin Film zu akzeptieren.
Zu lesen war von einem 'Knebelvertrag', Journalisten sollten unter 'solchen Bedingungen auf eine Berichterstattung verzichten'. Das mag nobel klingen, trifft aber nicht die Sache.
Die Constantin Film gewährt in Ausnahmefällen mit Sondervorführungen bestimmten Medien den Vorzug, noch in der Fertigstellung befindliche Filme zu sichten. Konkret z.B. bei 'Der Baader Meinhof Komplex' auf Anfrage des "SZ-Magazins", das ein umfassendes Portrait über Martina Gedeck in Vorbereitung hatte und dazu dringend den Film sehen wollte. Sondervorführungen wurden auch jenen Magazinen mit langen Vorlaufzeiten gewährt, die ansonsten überhaupt nicht in der Lage wären zu berichten. Die Einhaltung gegenseitig vereinbarter Erscheinungsdaten wird in diesen Fällen durch einen Vertrag versichert. Alles andere wäre unfair anderen Journalisten und Medien gegenüber, die den Film erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Fertigstellung sehen können.
Vertraglich festgelegte und mit Sanktionen gesicherte Sperrfristen sind im Filmgewerbe genauso wie im Verlagswesen (z.B. bei Vorab-Drucken oder Vorab-Rezensionen) nicht unüblich. Daraus eine Einschränkung der Pressefreiheit abzuleiten, ist absurd."
Quelle:Constantin

Ich neige dazu,den Constantin Jungs und Mädels Recht zu geben.auch in der Buchbranche gibt es Sperrvermerke mit einzuhaltenden Fristen bei Vorab-Exemplaren eines neuen Buches.
Wie auch immer,der Film bekommt dadurch natürlich einen ersten Werbe-Push und sorgt für Aufmerksamkeit. :D
 

Willy Wonka

Locationscout
Teammitglied
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
21.970
Ort
Twin Peaks
Filmkritiken
126
AW: Ärger wegen Pressevorführung zum Film "Der Baader Meinhof Komplex"

Ich kann Constantin verstehen, auch wenn sie vielleicht auch schlechte Kritiken vor dem Kinostart vermeiden wollten.
 

maverik

Golden-Globe-Gewinner
Registriert
21 Juni 2008
Beiträge
2.356
Ort
Frankfurt
Filmkritiken
0
AW: Ärger wegen Pressevorführung zum Film "Der Baader Meinhof Komplex"

Ich kann das auch absolut verstehen. Sonst erfährt man nur wieder vorher schon alles
 

George Lucas

Walk of Fame
Registriert
20 Juni 2008
Beiträge
4.848
Ort
Nördlich von Paris
Filmkritiken
3
AW: Ärger wegen Pressevorführung zum Film "Der Baader Meinhof Komplex"

Irgendwie hört sich das so an, als ob Constantin Film mit den Konventionalstrafen ihren Film mit finanzieren wollen, weil dieser im Ausland auf nicht so großes Interesse stößt wie zum Beispiel DER UNTERGANG.

Ich finde ganz persönlich Beschränkungen bezüglich einer Berichterstattung völlig überflüssig. In der Vergangenheit zeigten derartige Machenschaften von Verlegern (als ob sie´s schon vorher wüssten), dass diese entsprechend "vermarkteten" Filme später selbst meist nicht so gut bei Kritikern und Publikum angekommen sind.

Gegen Pressevorführungen, bei denen nur ausgewählte "Redakteure" zugelassen werden, spricht eigentlich nicht viel. Es sei denn, dass der Verleger gezielt Meinung machen will, in dem Publizisten, die in der Vergangenheit eher negativ berichtet haben, ausgeschlossen werden.

Ein Problem habe ich vielmehr mit dem Versuch von Verlegern, Musikproduzenten und anderen "Event-Managern", die Pressefreiheit zu beschneiden, in dem sie Journalisten vorschreiben, was, wie, und für wie lange diese Beiträge publiziert werden dürfen. Am besten soll noch unterschrieben werden, dass nach einer einmaligen Veröffentlichung das Bildmaterial an den Verleger übergeht oder weitere Beiträge Genehmigungspflichtig sind. Auch die vorherige "Abzeichung" von Beiträgen wurde schon versucht durchzusetzen.

Am Wirkungsvollsten ist es dann immer noch, überhaupt nicht über einen Film, ein Buch oder einen Event zu berichten.
 

Travis

Regie
Teammitglied
Registriert
2 Juni 2008
Beiträge
3.407
Filmkritiken
28
AW: Ärger wegen Pressevorführung zum Film "Der Baader Meinhof Komplex"

Der Kommentar von Constantin ist weitgehend schon richtig. Ist wahrlich nicht unüblich, daß bei bestimmten Veröffentlichungen im Kino, DVD oder Buchbereich gelegentlich ein Datum mitangegeben wird, ab wann Rezensionen oder redaktionelle Berichterstattungen darüber zulässig sind. Kommt aber in den letzten Jahren immer seltener vor, da sich zu viele an dieses stillschweigende Abkommen nicht hielten. Da wird dann in letzter Zeit eher das Produkt so lange der Presse nicht zur Verfügung gestellt, bis eine Berichterstattung darüber "erlaubt" ist.

Neu ist jedoch die Qualität der angedrohtren Konventionalstrafe im Verstoßfall und die dafür abverlangte Einverständniserklärung. Das ist schon ziemlich hefig. Ich denke mal, daß sich Contantin im Endeffekt damit selbst ins Bein geschossen hat. Sie wollten einerseits gefällig sein, aber andererseits keinerlei Risiko eingehen, daß im Vorfeld berichtet wird. Kann ich schon verstehen, aber dieser Weg war nicht gerade glücklich gewählt. Denke mal, daß sie daraus eine Lehre ziehen und derartige "Gefälligkeiten" nicht mehr vornehmen werden.
 
Oben