Fegefeuer der Eitelkeiten
Sherman McCoy ist ein überaus erfolgreicher Börsenmakler, dem es an nichts zu fehlen scheint. Allerdings ist er mit seiner Ehe nicht mehr ganz glücklich, weshalb er nebenbei noch eine Affäre laufen hat. Bei einer nächtlichen Fahrt mit ihr durch New York, verpasst er die Abfahrt und landet in der Bronx. Durch diesen augenscheinlich minimalen Fehler, werden nun Dinge in Gang gesetzt, die das Leben von vielen Menschen verändern werden. Einige werden komplett zerstört, andere blühen auf.
Nach dem Misserfolg von „Die Verdammten des Krieges“ setzte Brian De Palma direkt den nächsten Flop hinterher. „Fegefeuer der Eitelkeiten“ wurde für 5 goldene Himbeeren nominiert und endete in einem finanziellen Desaster. Der 3 Jahre zuvor erschienene Roman war zwar ein Bestseller, wurde allerdings absolut kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert. Trotz prominenter Darsteller wie Bruce Willis, Tom Hanks, Melanie Griffith, Kim Cattrall und Morgan Freeman schien die Journaille und auch die Öffentlichkeit nur darauf zu warten, den Film zu zerreißen, was letztlich auch geschah. Für mich selbst war der Film bei VÖ auch nicht unter der Brian De Palma Flagge auf dem Schirm, sondern eben als leichte Komödie mit den genannten Zugpferden. Meiner Erinnerung nach befand ich ihn ganz nett, aber auch nicht mehr. Innerhalb meiner Retrospektive des Regisseurs war er nun an der Reihe und es ist Liebe auf den zweiten Blick! Ich schließe nicht aus, dass dabei eben auch die genannte Retrospektive geholfen hat, den Film mit anderen Augen zu betrachten. Wenn man sich mit der Vergangenheit des Regisseurs und seinen „New York Filmen“ beschäftigt, hat man schonmal einen komplett anderen Zugang zum Film. Wenn dann auch noch direkt zu Beginn des Films eine unglaubliche Kamerafahrt startet, die man sofort als Markenzeichen wahrnimmt, ist der Einstieg ein Selbstläufer. Auf visueller Ebene kann man dem Film absolut nichts vorwerfen, da er wirklich blendend aussieht. Der Geschichte allerdings auch nicht, zumindest meiner Ansicht nach nicht, da ich sie als grandios erachte.
Der Ausgangspunkt der Geschichte ist natürlich zunächst der „Butterfly Effect“, was dem Zuschauer direkt vor Augen führt, welche noch so kleine Dinge im Leben, die ganz große Bedeutung für verschiedene Menschen haben kann, selbst wenn man persönlich am Ausgangspunkt unbeteiligt war. Aber es ist noch so viel mehr. Es ist ein wunderbar inszenierter Spiegel der Gesellschaft, was möglicherweise der Grund für den Misserfolg war, weil der Zuschauer sich nicht selbst ansehen mochte. Hier ist jeder nur auf seinen Vorteil bedacht. Diesmal aber nicht nur der reiche Börsenmakler, der Politiker und der Staatsanwalt, sondern auch die sogenannten „kleinen“ Leute, die nach Geld und falscher Genugtuung streben, da hier jeder das Schicksal eines im Koma liegenden Jungen für sich selbst nutzen möchte. Selbst der Reverend versucht sich damit lediglich im Namen Gottes in Szene zu setzen und auch die trauernde Mutter kann bei dem Ausblick auf 10 Millionen Dollar wieder lächeln. Am besten im Kontext ist dann die Szene die Brian De Palma nie gedreht hat und auch nie vorhatte zu drehen. Genau wie die Protagonisten im Film interessiert sich auch der Zuschauer nicht wirklich für das Schicksal des Jungen an sich, weshalb er es auch nie auflöst. Tatsächlich hinterfragt man dies erst lange nach dem Abspann, sofern man sich mit dem Film auch hinterher noch beschäftigt. Auch wenn es möglicherweise weit hergeholt ist, erinnert mich das an „Psycho“ von Alfred Hitchcock. Dort ist das Grundthema das gestohlene Geld, aber wenn man früher nach dem Abspann einen Zuschauer gefragt hat, wo es verblieben ist, konnten viele es nicht beantworten, auch wenn es in diesem Fall zu sehen war. Das Geld war lediglich der Katalysator im Film. Bei „Fegefeuer der Eitelkeiten“ hat man es nur diesmal mit einem traurigen Schicksal als Katalysator zu tun, für das sich hinterher trotzdem niemand mehr interessierte. Dennoch haben wir es natürlich mit einer Komödie/Dramödie zu tun, die glücklicherweise nie überzieht und in Slapstick ausartet. Hier ist meistens eher feinsinniger Humor gefragt, der natürlich dennoch einige Pointen beinhaltet und manchmal auch etwas zügelloser wird. Trotzdem in vernünftigen Bahnen und immer im Bereich einer beißenden Satire, die ein faszinierendes, aber auch abstoßendes Gesellschaftsbild zeichnet. Aus meiner Sicht gehört „The Bonfire of the Vanities“ unbedingt neu entdeckt und bewertet. Zumindest ich finde den Film nun fantastisch!