Eure Regisseure mit mehreren 10/10-Filmen

deadlyfriend

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

Das kann ich nur unterschreiben. Das Gesamtwerk von Hitchcok ist einfach grandios. Ein richtig schlechter scheint nicht dabei zu sein und ich habe jetzt fast alle gesehen. Zumindest von denen die auf DVD erhältlich sind. Die dürfte ich auch bald alle zusammen haben. Wenn man bedenkt wie hoch die Durchschnittsqualität von ihm ist kann man nur ehrfürchtig das Haupt senken. Mit dem Schweden will ich mich irgendwann auch nochmal näher beschäftigen!
 

Farman

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

Hiermit mal ein hallöle meinerseits an alle, die mich noch vom cynamite (vor allem KK-Forum) kennen...

Interessante Frage, auch wenn ich nicht mit Zahlen werte. Mit denen komm ich zwar nicht klar, aber mit einer "10/10", d.h. "Höchswertung", d.h. "Meisterwerk" kann ich natürlich was anfangen und hab da auch meine eigenen Vorstellungen. Ich bin der Ansicht, ich gehe mit diesen Bezeichnungen extrem sparsam um, meine Einstellung ist es aber eher, das nicht 20, sondern eher 1000 Filme (mit zunehmender Filmkenntnis) ein solches Prädikat verdienen würden/werden. Aber sicher kann man sich immer unter den 1000 nochmal für 20 entscheiden, denen man ein besonderes Prädikat verleiht.
Und dementsprechend kann es bei mir auch niemals nur zwei oder drei Regisseure geben, die mehr als einen einzigen Film mit einer Höchstwertung gedreht haben. Ich könnte mich niemals für zwei oder drei entscheiden, und meine Filmkenntnis ist noch relativ gering.
Apropos: Dass es hier so einen Hitch-Fanclub gibt, ist echt erfreulich und wirklich schöner als eine Ansammlung von Spielberganbetern. Aber ich fände es fatal, ihn in den Status zu heben, wo es keine anderen mehr neben ihm geben kann, denn wie jeden anderen auch kann man ihn von so einem völlig imaginären Podest sofort wieder runterholen. Auch unter dem engen Kreis der größten sollte es etwas Pluralität geben. Aber zufälligerweise halte ich ihn auch für einen der größten. Das lässt sich bei mir ganz exakt und völlig ohne weiteres auf vier Einzelwerke zusammenfassen, ohne die er für mich zwar ein großer Regisseur wäre, aber mir nicht soviel bedeuten würde, wie er das derzeit tut, und zwar: "Notorious", "Rear Window", "Vertigo" und "North by Northwest". Ohne diese vier kann ich nicht leben, und deswegen bekämen diese (und nur diese) die Höchstwertung. Hier scheint die Fokussierung sich eher auf seine (erste) Altersphase, und zwar auf die Sechziger zu beziehen: "Psycho" und "Die Vögel" sind endlos faszinierend, kämen bei mir aber nicht mal in der Hitch-Top Ten, weil sie mir wie alles ab den Sechzigern zu kalt sind. Marnie ist allerdings ein Sonderfall, über dem Film hängt bei mir noch ein Fragezeichen.
Ähnlich siehts bei mir bei Stanley Kubrick aus, den könnte ich auf zwei Werke reduzieren, ohne die er zwar auch ein genialer Regisseur wäre, aber ohne die ich in Versuchung käme, dem ein oder anderen Vorwurf an ihn zuzustimmen, und zwar: "2001" und "Barry Lyndon". Die zwei Filme sind für mich ein untrennbares Paar und repräsentieren als geistige und emotionale Zwillinge alle von Kubricks Qualitäten. Man kann sie immer wieder hintereinander sehen und man sieht nie den selben Film.

Ich versuche mal die Regisseure aufzuzählen, die es bei mir zu mehr als einer Höchstwertung gebracht haben (falls einige Namen sehr kryptisch klingen, entschuldige ich mich schon mal dafür): Charlie Chaplin, Howard Hawks, Yasujiro Ozu, Jean-Luc Godard, Andrei Tarkovsky, Buster Keaton, John Ford, Orson Welles, John Cassavetes, Martin Scorsese, Kenji Mizoguchi, Akira Kurosawa, Roberto Rossellini, David Lynch, Takeshi Kitano, Wong Kar-Wai, Abbas Kiarostami, Jean Renoir, Jaques Rivette, Robert Bresson, Sam Peckinpah, Sergio Leone.
Womöglich habe ich einige vergessen, und die Liste wird (hoffentlich bzw. auf jeden Fall) erweitert werden im Laufe der Zeit, da ich noch etwas unbekanntere Regisseure dazuzählen können will.

Es gibt viele große Regisseure, die bei mir derzeit nur auf einen einzigen Film mit der Höchstwertung kommen. Bei Michelangelo Antonioni ist es derzeit nur "L'eclisse" (den ich anfangs TODlangweilig fand), bei Federico Fellini nur "8 1/2" (den ich anfangs aufgeblasen und öde fand), bei Ingmar Bergman nur "Persona" (der mich direkt beim ersten Mal komplett umgehauen hat und mich erst zu Bergman bekehren musste), bei Alain Resnais nur "Hiroshima, mon Amour", bei Luchino Visconti nur "Tod in Venedig", bei Roman Polanski nur "Chinatown", bei Luis Bunuel nur "Viridiana". Dann gibt es z.B. einen Regisseur wie Fritz Lang, dessen Gesamtwerk (also das, was ich kenne) unendlich faszinierend ist, wo mir aber kein Film einfällt, dem ich die Höchstwertung geben würde, im Gegensatz zu bspw. Akira Kurosawa, dessen gesamtes Spätwerk ich bloß gutgemeint finde, der aber dafür in einigen Filmen ("Die sieben Samurai", der Klassiker, und die völlig unterschätzten "Geheimtipps", "Nachtasyl" und "Die verborgene Festung") was raushaut, das einen komplett umwirft.

Und zudem kenne ich von allen genannten Regisseuren auch beileibe nicht das komplette Gesamtwerk. Die beiden mit den meisten Höchstwertungen wären bei mir derzeit wohl Jean-Luc Godard und Buster Keaton, weil beide eine Phase hatten, jeweils in den 60ern und den 20ern, wo deren Kreativität wirklich keine irdischen Grenzen kannte. Im Gegensatz zu bspw. Hitchcock kann ich Godard nicht auf vier Filme reduzieren, weil er sich in den Sechzigern tatsächlich mit jedem Film neu erfunden hat. Das regt einen auf, da man sich immer aufs neue vor den Kopf gestoßen fühlt, ist aber unglaublich aufregend. "Außer Atem", "Vivre sa vie", "Le Mépris", "Bande a part", "Alphaville", "Pierrot le fou", "2 oder 3 Dinge, die ich von ihr weiß" und "Weekend" sind alle 10er. Und einige seines Spätwerkes haben jedenfalls das Potential, von mir noch als 10er anerkannt zu werden.
Buster Keatons Filme in den 20ern sind mit die radikalsten Experimente filmischer Form überhaupt und eine einzige orgasmuserregende Ekstase. Das sind subtile Actionfilme und trockener Slapstick. Seine Kurzfilme sind die kreativsten Gaganeinanderreihungen des 20. Jahrhunderts und vier, fünf seiner Langfilme sind für mich nichts weiter als Wunder des Lebens.

Wichtig ist es noch zu wissen, dass sich bei mir noch alles im Wandel befindet und ich dem Wandel immer eine Chance zu geben versuche. Ich will mich auch geschmacklich nicht unterbewusst durch mich selbst eingrenzen lassen, denn sowas ist bei einem solchen Hobby sehr schade.

Sorry für den langen Text.
 
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Vince

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

"Persona" geht mir übrigens von Bergmans Filmen am nächsten, oder besser gesagt er trifft (noch vor "Das Schweigen") am stärksten meinen Nerv; gegen die Höchstnote habe ich mich letztlich nur deswegen entschieden, weil es mir in der Nachbetrachtung so vorkam, als sei die Form ein wenig zu stark in den Vordergrund getreten. Für eine endgültige Entscheidung ist es allerdings noch zu früh, mir scheint es nämlich so, dass Bergman mit der Penetranz der Form bloß auf die Medialität hinweisen wollte, was zur Thematik passen würde, und dann wiederum würde ein ganz anderes Licht auf den Film scheinen. Dazu sollte ich ihn aber noch mal sehen.
 

Willy Wonka

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

Hiermit mal ein hallöle meinerseits an alle, die mich noch vom cynamite (vor allem KK-Forum) kennen...

Super dass du jetzt auch hier bist. :hoch:


Sorry für den langen Text.

Der Text war super und zeigt mir ein weiteres Mal, dass ich noch sehr viel aufholen muss.

Und ich habe ja vielen Filmen schon 10/10 gegeben und so beläuft sich meine Zahl um ein bisschen mehr als die von Vince, Living Dead etc.

Der Regisseur mit den meisten 10er dürfte bei mir wohl Spielberg sein, da er ja auch einen großen Fundus an Filmen vorzuweisen hat. Des weiteren Tim Burton und Stanley Kubrick.
Die Durchschnittswertung sind bei Shyamalan, Tarantino, Iñárritu, Fincher und Bay am höchsten.

Platz 1: M. Night Shyamalan 9,5/10
The Sixth Sene 10/10
Unbreakable 9/10
Signs 10/10
The Village 10/10
Lady in the Water 10/10
The Happenig 8/10

Platz 2: David Fincher und Alejandro González Iñárritu 9,33/10
Alien 3 8/10
Sieben 10/10
The Game 10/10
Fight Club 10/10
Panic Room 8/10
Zoidiac 10/10

Amores Perros 10/10
21 Gramm 8/10
Babel 10/10
Platz 4: Quentin Tarantino 9,16/10
Reservoir Dogs 10/10
Pulp Fiction 10/10
Jackie Brown 7/10
Kill Bill Vol. 1 10/10
Kill Bill Vol. 2 9/10
Death Proof 9/10

Platz 5: Michael Bay 9,14/10
Bad Boys 10/10
Bad Boys 2 10/10
Armageddon 10/10
The Rock 10/10
Pearl Harbor 9/10
Die Insel 8/10
Transformers 7/10

Doch da meine Kriterien bei einer Bewertung mit Punkten sich sehr von den anderen hier unterscheidet, werde ich es mehr so handhaben wie Farman. Und zwar nur die Filme miteinbeziehen, welche das Prädikat Meisterwerk bekommen. Diese Zahl dürfte sich wohl zwischen 20 und 30 befinden. Doch mehr dazu erst in den nächsten Tagen.
 

Carlito

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

An meiner ersten Stelle steht unangefochten Brian De Palma .
Er hat bei mir mit vier Filmen die Höchstnote erreicht.

- Carrie
- Scarface
- Untouchables
- Carlito`s Way

Dicht gefolgt von Martin Scorsese
der ebenfalls bei vier Filmen die Höchstnote erreicht hat.

- Taxi Driver
- GoodFellas
- Kap der Angst
- Casino

Nach diesen Regisseure folgen mit jeweils zwei 10ern:

Clint Eastwood (Erbarmungslos, Milion Dollar Baby)
Steven Spielberg ( Farbe Lila, Schindlers Liste)
Terry Gilliam (12 Monkeys, Brazil)
David Fincher (Sieben, Fight Club)
Quentin Tarantino (Pulp Fiction, Jackie Brown).

Auf jeweils einen 10er kommen bei mir:

Frank Darabont (Die Verurteilten)
M.Night Shymalan (Unbreakable)
Sergio Leone (Spiel mir das Lied vom Tod)
F.F Coppola (Der Pate Teil 1)
Stanley Kubrick (Shining)
James Cameron (Terminator 2)

So das war`s jetzt mal. Es gibt natürlich noch mehr Regisseure die einen 10er drin haben, dass sind aber die wichtigsten.
 

Louis Cyphre

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

Robert Rodriguez Sin City,From Dusk till Dawn

Sergio Leone Spiel mir das Lied vom Tod,Zwei glorreiche Halunken,Für eine Handvoll Dollar

Martin Scorsese Taxi Driver,Good Fellas

Ridley Scott Gladiator,Königreich der Himmel

Das wars schon bei mir,hab nur 19 x die Höchstwertung gezogen.Von 798 bewerteten=2,38%.Für dich,Jared:hoch:
 

JaredKimberlain

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Robert Rodriguez Sin City,From Dusk till Dawn

Sergio Leone Spiel mir das Lied vom Tod,Zwei glorreiche Halunken,Für eine Handvoll Dollar

Martin Scorsese Taxi Driver,Good Fellas

Ridley Scott Gladiator,Königreich der Himmel

Das wars schon bei mir,hab nur 19 x die Höchstwertung gezogen.Von 798 bewerteten=2,38%.Für dich,Jared:hoch:

So ist es recht. :D
Die Zahl war ich euch übrigens noch schuldig.
Bei 4.077 Bewertungen habe ich 39mal die 10 Punkte vergeben. Das entspricht 0,96%.

Gruß,
J.K.
 

Farman

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

@Leon/Willy: Danke euch sehr für den warmen Empfang.

@Willy: Ich kenn das Gefühl, dass man viel "aufholen" muss, und das ist ein ziemlich ätzendes Gefühl. Ich würds so sagen: Man hat noch viel zu "entdecken". Das ist nämlich ein sehr stimulierendes Gefühl und das sollte man immer haben.

gegen die Höchstnote habe ich mich letztlich nur deswegen entschieden, weil es mir in der Nachbetrachtung so vorkam, als sei die Form ein wenig zu stark in den Vordergrund getreten.

Jep, Persona geht ab wie'n Zäpfchen in Sachen "Form".
Wie ich sehe in deiner Liste, ist dein 10er "Wilde Erdbeeren". Der Film fasst meine bisherige Beziehung zu Bergman am besten zusammen und geht sehr in die Richtung von dem, was du gerade gesagt hast: Beim meinem ersten Erlebnis hingen meine Augen komplett am Bildschirm fest, weil dieser Film einen unglaublichen Sog hat. Aber nach dem Abspann, wo man sich ja natürlich ne Meinung bilden und den Film dann richten will, war das alles so gut wie weg und meine Reaktion war eher "nene, das war nix". Durch die gesamte Stimmung im Film und durch den Namen Bergman erwartet man am Ende nicht, dass dieser Film ein gewitztes formales Spiel aus Lust an der Freude daran ist, sowas würde man eher von Tarantino oder De Palma erwarten, hier will man halt nur sagen können: Das waren echte Gefühle und tiefgehender Herzschmerz, Blick in die nackte Seele und blabla. "Wilde Erdbeeren" war für mich aber ein obskurer Mischmasch aus McGuffins und Symbolen und wirkte einfach überkonstruiert und eigentlich ziemlich theatralisch. Vergessen tut man dann, dass der Film einen während dem Schauen aber sehr bewegt hat, da man nicht weiß wie und warum, lässt mans damit aber gut sein und vergisst es. Beim zweiten Sehen sehe ich das ganze als ein Spiel, achte genau darauf, wie's wohl funktioniert, und sehe bzw. fühle, dass der Film tatsächlich großartig ist (trotz einiger Szenen wie die Schlägerei zwischen zwei austauschbaren Pappkameraden darum, obs Gott gibt, sowas wirkt für mich immer noch allzu theatralisch und irgendwie nur "zweckmäßig").
Und der Bergman-Film von den jetzt mittlerweile 12 oder 13, die ich kenne, an dessen Spiel ich mit Leib und Seele am meisten involviert war, war halt "Persona". Das war eine Wucht ohnesgleichen. Hochexplosiver Film, prasselt auf die Sinne ein wie ein Naturschauspiel, aber die bewegendsten Momente waren imo seltsamerweise die ruhigsten (die szene mit dem Brief). Gespannt bin ich allerdings sehr auf "Sommer mit Monika" und "Licht im Winter".

Zur Diskussion (?):
Ich denke, ein Stichwort für das Vergeben der Höchstnote oder in meinem Falle das Prädikat "Meisterwerk" wäre vielleicht folgender Gedanke: Man will, dass der Film genau so ist und nicht anders. Das ist einfacher als Kriterien für eine Perfektion, da die immer relativ sind und man in Wirklichkeit auch nicht weiß, wie sie zusammenhängen (man fühlt einen Film mehr als dass man ihn denkt). Allerdings gibts folgendes Problem: Bspw. will ich nicht, dass das Lied "Say it right" von Nelly Furtado anders ist als es ist, es geht nämlich geil ab auf der Autobahn und ich kann das immer wieder hören. Aber ich würde jetzt nicht sagen, das Lied wäre das höchste, wie würd ich dann z.B. Bob Dylan bewerten wollen. Denn bei Dylan hab ich das Gefühl, Musik ist einfach mehr als "nur Musik", das Gefühl hab ich bei "Say it right" nicht.
So kann man das bei Filmen auch machen. Deswegen ist -für mich persönlich- als jemand, der bspw. die Paten-Filme unendlich oft gesehen hat und mit ihnen groß geworden ist, glaube ich derzeit keine Höchstwertung (d.h. absolutes Meisterwerk) für die drin. Ich liebe den Film zwar mit ganzem Herzen genau so, wie er ist, und die Szenen, wo Brando Pacino darauf hinweist, dass "derjenige, der zu einem Gespräch mit Bazini einlädt, der Verräter ist", oder wo sich die Tür vor Diane Keaton schließt, oder wo Pacino zu Duvall sagt, er sei sein Bruder, oder "Es bricht mir das Herz, Fredo", Pacinos irrer Blick, et cetera et cetera, die liebe ich so wie die sind. Für mich persönlich machen "Barry Lyndon" oder "Es war einmal in Amerika" aber mehr mit dem Format des langen Epos und aus den Filmen spricht einfach mehr zu mir, sie sind nicht nur "Filme" für mich, sondern gehen mehr in Richtung Leben.

Also, was muss ein Film haben für das höchste der Gefühle? Nicht Plot, Bedeutung (ein Lied erzählt mir doch auch keine Geschichte und Instrumente und Töne haben ja auch keine Bedeutung), sondern imo vor allem irgendeine tiefergehende, wichtige Erfahrung. In 2001 bspw. gibts ne Szene, wo ein Füller im scharfen Vordergrund des Bildes im Raumschiff schwebend und langsam rumzirkelt, und exakt in dem Moment, wo die Tonlage der Musik sich verändert, wechselt die Schärfe des Bildes auf den Hintergrund und eine Raumschifftuse kommt rein und fischt den Füller aus der Luft. Das hat keinen Plot und symbolisiert erstmal nix, ist aber absolut atemberaubend. Der Füller wirkt plötzlich wie'n Schmetterling.
So ne Erfahrung kann man natürlich auch mit nem plotlastigen Film erreichen, es gibt, man kann sie etwas absurd "Plot-Poeten" nennen, Leute wie David Lynch oder Hitchcock, die sowas können. Um meine Lieblings-Hitchcocks mal zu propagieren, zeig ich mal so ungefähr was ich mein (youtube ist was tolles), eine Szene aus "Notorious", die (aus dem Zusammenhang gerissen) nicht viel verrät, aber spoilerverängstigte meiden sollten: http://www.youtube.com/watch?v=ncwQDdfLue8.
Das ist, mitten in dem suspenselastigsten Teil des Films, eine minutenlange Liebesszene (mit den zwei besten Schauspielern aller Zeiten), gegen die fast jede andere wie laue Blümchensex-Stimulation wirkt. Dass Hitchcock bei dieser normalerweise nur zweckmäßigen Szene ("hach, die hübschen lieben sich"), eine minutenlange Kamerafahrt macht, zeigt, dass der Plot nicht das wesentliche ist. Man stelle sich das mal auf der großen Leinwand vor: Es wirkt so, als könnte man Cary Grants Stimme in seinem Ohr flüstern hören, und Ingrid Bergmans Atemhauch kann man förmlich riechen. Der ganze Dialog und wie die Worte nacheinander quasi gehaucht werden, Grants und Bergmanns Gesichter leinwandfüllend und der klaustrophobische Raum: Jede Sekunde und jeder Millimeter des Bildes sind auf ihrem Intensitätsmaximum.

Sorry erneut für den langen Text, ist halt so ein interessantes Thema.
 

Travis

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

Sorry erneut für den langen Text, ist halt so ein interessantes Thema.
Wunderbar, das du dich hier auch zu Wort meldest. Das freut mich wirklich riesig. Ich liebe deine langen Texte, in die du soviel Herzblut investierst und so intensiv erläuterst, wieso du etwas so siehst, wie du es siehst. Bleib jetzt bitte möglichst lange bei uns, da du eine echte Bereicherung für uns bist. Ich hoffe, mein von dir offenbar fehlinterpretiertes "Diskusion um..."-Zitat steht nicht länger zwischen uns. Er war niemals abwertend oder gar beleidigend gemeint. Ganz im Gegenteil. Nur sind wir beide von konträren Denkweisen ausgegangen und haben dieses Mißverständnis dann niemals aufgeklärt. Hoffe dies, mit dieser öffentlichen Klarstellung aus der Welt geschafft zu haben. :)

Du bist immer noch auf sehr hohem Niveau in Such-, Erkundungs- und Entdeckungsphase, worum ich dich wirklich beneide. Ich hatte diese Phase in den 70ern und teilweise noch in den 80er-Jahren. Damals hatte ich allerdings den gewaltigen Nachteil, daß man seinen Entdeckungstrieb lediglich via Kino nachkommen konnte und nicht diesen mit keinem Geld der Welt aufzuwiegenden Fundus an Speichermedien wie Video oder gar DVD kompensieren konnte. Da galt es wöchentlich mehrmals durch die Kinos, vorwiegend kleine Programmkinos in der Peripherie der Großstadt zu tingeln, und dort die entscheidenden Momente zu erhaschen. Momente die, wenn man sie verpaßte, scheinbar für sehr lange Zeit unerreichbar schienen, da es ansonsten nur Fensehen mit fünf Kanälen gab, auf denen man kaum die Hoffnung auf Werke wie "Bonnie & Clyde", "Easy Rider", "Taxi Driver" oder unzählige italiensche Horrorfilme hegen konnte, um nur ein paar Beispiele zu nennen, Bis es dann auf Video und jetzt erst Recht auf DVD soweit war, daß man sich seine Träume nach Hause tragen konnte, war vieles meiner Entdeckungslust bereits in mir abgestorben und ich konnte mich nicht mehr dazu aufraffen, die Reise wirklich noch einmal anzutreten. Etwas, was ich bis heute zutiefst bedauere, aber mich nicht mehr gegenteilig motivieren konnte. Zu viele Dinge im Leben hatten Prioritäten verschoben und Dinge in den Vordergrund gerückt, mit denen man sich beschäftigen mußte und dem eigentlichen Hobby nicht mehr annähernd die Zeit und Hingabe schenken konnte, die man ihm eigentlich gern geben würde. So wurde aus mir ein in der Vergangenheit verankerter desillusionierter Filmzyniker, der den neuen Trends kaum mehr wirklich etwas abgewinnen kann, gleichzeitig aber auch nicht mehr den Elan aufbringen kann, versäumtes nun nachzuholen. Somit bin ich heute schon zufrieden, wenn mich ein neuer Film zumindest solide unterhalten kann und nicht zwangsläufig von mir erwartet, mein Hirn komplett abstellen zu müssen. Mehr erwarte und erhoffe ich mir nicht mehr und werde dennoch meist enttäuscht. Zum Glück bin ich in meiner Erstarrung wenigstens nicht maßgeblich und lediglich ein Relikt in einer neuen Welt. Ich kann damit leben. Soviel nur zur Erklärung meiner meist eher destruktiven Einschätzung gegenüber aktuellen Filme.
 

deadlyfriend

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

Freut mich zutiefst dich hier begrüßen zu können. Ich hoffe man sieht sich auch mal in der Filmdiskussion.

Ich stelle Hitchcock auch nicht auf ein uneinehmbares Podest aber bezeichne ihn wohl als meinen Lieblingsregisseur. Wer bei so vielen Filmen soviel Qualität abliefert muß einen vorderen Platz belegen. Okay, jüngere Regisseure können halt noch nicht beweisen ob sie über Jahrzehnte ein hohes Level halten können. Oftmals sehe ich aber den Wechsel in Richtung Kasse........
Hitchcock ließ auf "Die Vögel" eben "Marnie" folgen. Oder "Die Riffpiraten" auf "Eine Dame verschwindet". Auch das ist ein Zeichen seiner Klasse.
 

LivingDead

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

Auch von mir ein herzliches Willkommen an Bord. Freut mich wirklich sehr, dass auch du es endlich hierher geschafft hast!

Zu deinem Beitrag: Geht mir da ähnlich wie dem Willy, wenn ich sage, dass ich noch sehr viel aufzuholen habe, bzw. mir manchmal etwas der Mut fehlt Neues zu entdecken, und ich mich immer wieder an Dogmen klammere und zu Altbewährtem greife. So sind viele Klassiker aus dem asiatischen Raum, bzw. von vor den 80ern noch von mir nachzuholen. Zwar gab es immer wieder schmackhafte Kostproben, als da wäre die fantastische Filmografie Hitchcocks oder ein paar Chaplin, Kubrick, King Hu oder Welles-Filme. Aber leider blieb es bis dato bei diesen Kostproben. Weder zu Kurosawa, oder Tarkowski konnte ich mich bisher durchringen, wobei gerade von diesen Regisseuren die DVDs schon häufiger im Warenkorb landeten, dann aber doch wieder einer verlockenden Neuerscheinung weichen mussten.

Deshalb bin ich dir für deine wertvollen Auflistungen umso dankbarer, da diese für mich - als etwas gelangweilten Mainstreamer - eine wirklich nützliche Orientierungshilfe darstellen, was denn noch so nachzuholen ist. Daher ein großes Dankeschön und immer weiter so! :)
 
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Willy Wonka

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AW: Eure Regisseure mit mehr als einem 10/10-Film

@ Travis

Du hast deine Situation wirklich gut dargestellt, also dass kann ich wirklich nachvollziehen. Aber wer weiß vielleicht wirst du nochmal auf Entdeckungsreise gehen und genügend Zeit für Filme haben und wenn es erst im Rentenalter beginnt. ;)

@ Farman

Die Problematik um den Titel "Meisterwerk" hast du wirklich sehr gut veranschaulicht v.a. mit dem Beispiel des Liedes.
Denn bestimmte Filme würde ich auch nicht als Meisterwerke titulieren, obwohl sie eigentlich perfekt sind. Es hängt auch sehr häufig von den Genres ab, denn gerade das Genre der Komödie wird oft nicht so häufig genannt wenn es um Meisterwerke geht.
Ich meine damit nicht tiefsinnige Komödien, sondern Filme welche einen so richtig zum Lachen bringen, sodass man keine Luft mehr bekommt. Das ist bei mir z.B. der Fall bei den nackte Kanonen Filme oder Hot Shots und Austin Powers. Klamaukfilme, welche einfach Spaß machen und bei der man sich für gute 90 Minuten der Realität entfliehen kann.
Dennoch würde ich diese Filme nicht als Meisterwerke bezeichnen. Warum? Ich kann es gar nicht beantworten. Möglicherweise weil diese Film einen Menschen nicht so berühren oder zum Nachdenken anregen.
Aber ist es nicht auch eine Kunst den Menschen zum Lachen zu bringen. Und wenn dies ein Film schafft, ist es doch auch eine kleine Meisterleistung.

In diesem Sinne, gute Nacht. :)
 

Travis

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@ Travis
Aber wer weiß vielleicht wirst du nochmal auf Entdeckungsreise gehen und genügend Zeit für Filme haben und wenn es erst im Rentenalter beginnt. ;)
Ganz ehrlich, etwas schöneres kann man mir überhaupt nicht wünschen. Vielen lieben Dank. :)
Ist nämlich einer mein ganz festen Vorsätze, wenn ich wirklich einmal zur Ruhe kommen sollte und mich nur noch mit den Dingen beschäftigen kann, die mir wirklich Spaß machen. Da steht dann bei mir eine langjährige neuerliche Entdeckungsreise ins Land der Filme ganz oben auf der Wunschliste. Endlich diesem Hobby wieder ungehemmt fröhnen können, ohne jeden Abend die Gedanken des Tages mit in den Filmabend schleppen zu müssen und keinerlei wirklich freien Kopf für den Film zu haben, den ich mir gerade in den Player gepackt habe. Wäre das schön.
 

mr.bauer

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Ganz ehrlich, etwas schöneres kann man mir überhaupt nicht wünschen. Vielen lieben Dank. :)
Ist nämlich einer mein ganz festen Vorsätze, wenn ich wirklich einmal zur Ruhe kommen sollte und mich nur noch mit den Dingen beschäftigen kann, die mir wirklich Spaß machen. Da steht dann bei mir eine langjährige neuerliche Entdeckungsreise ins Land der Filme ganz oben auf der Wunschliste. Endlich diesem Hobby wieder ungehemmt fröhnen können, ohne jeden Abend die Gedanken des Tages mit in den Filmabend schleppen zu müssen und keinerlei wirklich freien Kopf für den Film zu haben, den ich mir gerade in den Player gepackt habe. Wäre das schön.

Nicht zu glauben aber dieser Gedanke geistert mir auch schon in meinem jungen Alter durch den Kopf. Hoffe mal ich erlebe meine Rente noch und vor allem habe ich dann hoffentlich ein paar Euros übrig um weiter Geld in mein Hobby zu investieren.
 

Farman

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Bleib jetzt bitte möglichst lange bei uns, da du eine echte Bereicherung für uns bist. Ich hoffe, mein von dir offenbar fehlinterpretiertes "Diskusion um..."-Zitat steht nicht länger zwischen uns.

Erstmal Danke für dein Willkommensschreiben und dann absolut keine Sorge wegen dem letzteren. War bei mir nie so sehr eingespeichert die Sache und hab das nie so interpretiert, als ob es zwischen uns stünde. Trotzdem thx für die offizielle Erklärung :)

Du hast Recht, was meine Entdeckungsphase betrifft. Aber natürlich bin auch ich nicht der große Entdecker und will mit meinen Entdeckungen auch nicht anderen vor die Nase halten, dass sie was "nachzuholen" hätten. So gesehen haben wir alle ja schrecklich viel nachzuholen aber man kann im Leben ja auch immer andere Dinge mit seiner Zeit anstellen, als "Bildungslücken" zu schließen.
Deine Situation kann ich verstehen und mit deinem Bild von einem Zyniker kann ich mich auch identifizieren. Ich kann immer ganz gut zwischen Enthusiast und Zyniker switchen, aber sicherlich hab ich da auch manchmal Probleme, und Enthusiasmus soll ja auch nicht forciert wirken, denn das ist das allerletzte.

@Deadlyfriend:
Thx, in der Filmdiskussion werd ich sicherlich mal die Tage vorbeischauen und hoffentlich manchmal ein Wörtchen zum ein oder anderen Thema kritzeln. Derzeit wäre ich bei ein oder zwei Beiträgen pro Tag allerdings schon gut bedient.

Was Hitch betrifft, so hast du mich definitiv auf deiner Seite. Und klar, man sollte die Filme so bewerten wie sie kommen, und gehen so viele seiner Lieblingsfilme auf die Kappe eines Einzelnen, und kann man mit seiner Filmografie so viel anfangen (btw. den von dir erwähnten "Riffpiraten" hab ich noch gar nicht gesehen), kann man sich natürlich einen Lieblingsregisseur halten. So wars jetzt nicht gemeint.
Marnie muss ich mir irgendwann jetzt mal kaufen und ihn mal durchstudieren, btw. Mir ging, zwar nicht so sehr wie bei Spellbound, aber trotzdem diese plumpe Psychoanalyse-Nummer ziemlich auf die Nerven (ähnlich übrigens auch wie beim Ende von Psycho), aber der Film hat irgendwas. Und dass teilweise soviele Fachkundige diesen Film als Hitchcocks unterschätztes Juwel sehen, macht mich natürlich neugierig. Meine vier Hitchlieblinge sind alle extrem populär.

@LivingDead:
Thx auch an deine Front. Wenn dir Auflistungen meinerseits behilflich sind, freut mich das. Aber klar, man lässt sich bei einigen schon auf was ein, wofür man auch die Lust empfinden muss. Ist bei mir auch nicht immer so einfach. Es ist grundsätzlich schwer sich für was zu interessieren, weil Leute sagen, es sei wichtig, sich dafür zu interessieren. Kennt ja jeder aus der Schule, und es handelt sich ja hier um unser Hobby.
Btw: Gut, dass du die Tarkovksy-DVDs nicht eingetütet hast, die sind afaik ziemlich scheiße (und haben nicht mal einen O-ton). Bei Kurosawa weiß ichs nicht genau, ich hab letztens nochmal die "Meisterwerke"-Kollektion gekauft und die ist klasse. Sei vorsichtig, "Die sieben Samurai" nicht als gekürzte deutsche DVD ohne O-Ton zu kaufen. Da ist nämlich noch die Tonspur versaut und die ganze Atmo wird völlig ruiniert durch einen absolut plumpen Soundtrack (im Original aber Gänsehautgarantie).
 

deadlyfriend

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Marnie muss ich mir irgendwann jetzt mal kaufen und ihn mal durchstudieren, btw. Mir ging, zwar nicht so sehr wie bei Spellbound, aber trotzdem diese plumpe Psychoanalyse-Nummer ziemlich auf die Nerven (ähnlich übrigens auch wie beim Ende von Psycho), aber der Film hat irgendwas. Und dass teilweise soviele Fachkundige diesen Film als Hitchcocks unterschätztes Juwel sehen, macht mich natürlich neugierig. Meine vier Hitchlieblinge sind alle extrem populär.

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Marnie hat definitiv "diese plumpe Psychoanalyse-Nummer" aber das ist halt der Gegenstand des Films. Wenn man diesen nicht mag wird man es mit ihm etwas schwerer haben. Ich mag ihn;) Ich finde es auch gar nicht so plump. Er versteckt das Hauptthemna auch nicht. Aber auch hier mag ich den umgedrehten Spieß. Meistens weiß man bei Hitchcock ja mehr als die Hauptfigur. Diesmal behält Marnie ihr Geheimnis bis zum Ende für sich und hat damit gegenüber dem Zuschauer den Vorsprung. Ein Szenario was Hitch nicht so oft verwendete aber auch das ist ihm meiner Meinung nach vortrefflich gelungen. Hast du "Eine Dame verschwindet" und "Im Schatten des Zweifels" gesehen? Aus seiner früheren Phase gehören die auch zu meinen Lieblingen von ihm. "Bei "Im Schatten des Zweifels" tendiere ich sogar dazu ihm den sechsten Zehner zu verpassen. Ich finde es unglaublich über was für ein Gesamtwerk er verfügte, und trotzdem noch solche Ausreißer nach oben hat.
 

Farman

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Marnie hat definitiv "diese plumpe Psychoanalyse-Nummer" aber das ist halt der Gegenstand des Films. Ich finde es auch gar nicht so plump. Er versteckt das Hauptthemna auch nicht.

Gutes Argument. Also, was diesen Gegenstand betrifft, daran solls bei mir hoffentlich nicht liegen. Gehört bei Hitchcock ja immer dazu. Man könnte vielleicht sagen, Marnie sei die weniger mystische Version von Vertigo, die das ganze noch etwas mehr aus der Perspektive der Frau erzählt. Viele halten ihn für seinen feministischsten Film.
Vielleicht kann ich das bei mir so erklären: Hitchcock ist für mich immer ne Art Mischung aus extremer Emotionalität und klinischer Eiseskälte. So ne Art Spannung zwischen den beiden Polen, woraus die ganze Faszination für mich herrührt. Im Falle von Marnie sprang der Funke (noch) nicht komplett rüber, weil er hier scheinbar endgültig über sein eigenes filmisches Universum hinausgewachsen ist und es eigentlich fast zerstört: Filmische McGuffins werden plötzlich komplett ernstgenommen und er erzählt tatsächlich eine Geschichte über das, was vorher scheinbar ein (zweifelsohne ernstgenommenes) Spiel gewesen ist. Und interessanterweise ist eigentlich ausnahmslos alles nach Marnie sichtbar "Alterswerk". Man könnte Marnie also als Wendepunkt bezeichnen. Ich kuck ihn mir nochmal an, ich fühl mich noch nicht wirklich qualifiziert dazu den zu beurteilen.

Aber auch hier mag ich den umgedrehten Spieß. Meistens weiß man bei Hitchcock ja mehr als die Hauptfigur. Diesmal behält Marnie ihr Geheimnis bis zum Ende für sich und hat damit gegenüber dem Zuschauer den Vorsprung.

Jep, und das macht ihn fast mehr zum Charakterdrama als zum Thriller, in diesem Fall jedenfalls. Ist sehr ähnlich wie die Entwicklung von Lynch. Siehe Hauptfiguren von Blue Velvet und Wild at Heart im Vergleich zu Hauptfiguren von Lost Highway oder Mulholland Drive.

Ein Szenario was Hitch nicht so oft verwendete aber auch das ist ihm meiner Meinung nach vortrefflich gelungen. Hast du "Eine Dame verschwindet" und "Im Schatten des Zweifels" gesehen?

Jep, beide klasse.

Ich finde es unglaublich über was für ein Gesamtwerk er verfügte, und trotzdem noch solche Ausreißer nach oben hat.

Jep. Ich neige bei ihm immer dazu, gewisse Prototypen auszumachen. Es ist nämlich erstaunlich, dass fast alles, was in "North by Northwest" (anscheinend der Zusammenfassung seiner Hollywood-Phase) los ist, bereits in "Die 39 Stufen" vorweggenommen wurde, mit einer noch absurderen Handlung.
Ich finde z.B. seine zwei "humorlosen", düsteren, quasi-dokumentarischen und religiösen Filme "I Confess" und "Der Falsche Mann" auf der einen Seite ebenso klasse wie z.B. zwei rabenschwarze Satiren wie "Strangers on a Train" und den völlig unterschätzten "Stage Fright". Im Grunde bin ich altmodisch und mag seine Filme aus den fünfzigern am liebsten, mit einigen Ausnahmen.
 

deadlyfriend

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Und interessanterweise ist eigentlich ausnahmslos alles nach Marnie sichtbar "Alterswerk". Man könnte Marnie also als Wendepunkt bezeichnen. Ich kuck ihn mir nochmal an, ich fühl mich noch nicht wirklich qualifiziert dazu den zu beurteilen.

Naja, nach Marnie kamen nur noch 4 weitere Filme. Diese zähle ich auch nicht mehr zu den ganz großen Highlights, obwohl sie natürlich trotzdem gut sind.




Jep. Ich neige bei ihm immer dazu, gewisse Prototypen auszumachen. Es ist nämlich erstaunlich, dass fast alles, was in "North by Northwest" (anscheinend der Zusammenfassung seiner Hollywood-Phase) los ist, bereits in "Die 39 Stufen" vorweggenommen wurde, mit einer noch absurderen Handlung.

Gute Beobachtung. Die beiden sind in jedem Fall miteianander vergleichbar. Trotzdem sehe ich den späteren "Der unsichtbare Dritte" als den stärkeren an. Aber auch "Die 39 Stufen" hat tolle Momente.

ch finde z.B. seine zwei "humorlosen", düsteren, quasi-dokumentarischen und religiösen Filme "I Confess" und "Der Falsche Mann" auf der einen Seite ebenso klasse wie z.B. zwei rabenschwarze Satiren wie "Strangers on a Train" und den völlig unterschätzten "Stage Fright".

Befandest du "Die rote Lola" für unterschätzt? Ich kann das nicht so beurteilen wie die Filme damals ankamen. Aus heutiger Sicht ist das klar. Die meisten kennen von Hitch, wenn überhaupt, nur eine Handvoll Filme. Da gibt es aber so viel mehr zu entdecken.

Im Grunde bin ich altmodisch und mag seine Filme aus den fünfzigern am liebsten, mit einigen Ausnahmen.

Ich habe aus jeder Epoche meine Favoriten. Aus den 20ern "Der Mieter", aus den 30ern "Eine Dame verschwindet" und auch "Sabotage". Die 40er boten gleich mehrere absolute Highlights mit "Rebecca", "Im Schatten des Zweifels", Cocktail für eine Leiche etc...
 
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