Peter Weir

Die wilde 13

Storyboard
Teammitglied
Registriert
12 Nov. 2008
Beiträge
18.009
Ort
Duckburg
Filmkritiken
112
"Die Weir Show!"



Peter Weir


Peter Weir, der Meister der leisen aber eindringlichen Filme, wird heute 70 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch dazu nach Sydney, seiner Heimat.

Leider ist dieser australische Ausnahmeregisseur für die meisten immer noch ziemlich unbekannt und man kann das imaginäre Fragezeichen über deren Köpfe kreisen sehen, wenn man sie auf ihn anspricht. Zählt man aber einige seiner Filme auf, so entspannen sich zusehends die Gesichtszüge, denn fast jeder kennt solch Meisterwerke wie Der einzige Zeuge oder Die Truman Show.

Doch fangen wir von vorne an: Peter Lindsay Weir wird am 21.08.1944 in Sydney, Australien geboren, wo er auch aufwächst. Nach der Schule versucht er es zunächst mit dem Studium der Rechtswissenschaften, bald darauf auch mit Kunstgeschichte. Beides bricht er aber recht frühzeitig wieder ab und kommt erstmal bei seinem Vater, einem wohlhabenden Immobilienmakler, unter. Ende der 60er Jahre arbeitet er dann auch für einen Fernsehsender und beginnt daraufhin, seine Liebe zum Medium Film zu entwickeln. In dieser Zeit entstehen einige Kurzfilme sowie auch Anfang der 70er Jahre Dokumentarfilme in seiner Tätigkeit als Kamera- und Produktions-Assistent bei der Commonwealth Film Production.

1974 veröffentlicht Weir dann seinen ersten Spielfilm Die Autos, die Paris auffrassen. Eine Horrorkomödie nach einer eigenen Kurzgeschichte. Ein Jahr später folgte mit Picknick am Valentinstag sein internationaler Durchbruch, für den er viel Lob erlangte. Zusammen mit seinem Kameramann Russell Boyd begründet Peter Weir mit diesem "unaufgelöstem (!) Rätsel in subtilen Bildern" das New Australian Cinema der 70er Jahre. Ähnlich mystisch geht es in seinem nächsten Film Die letzte Flut (1977) zu. Hier arbeitet Weir zum ersten Mal mit einem etwas bekannteren Darsteller zusammen, nämlich Richard Chamberlain, dessen großer Durchbruch aber kurz bevorstand.

Diesen hatte ein gewisser Mel Gibson, bekanntermaßen ein Landsmann Weirs, gerade mit den ersten beiden Teilen der Mad-Max-Trilogie hinter sich. Mit Gallipolli (1981) und Ein Jahr in der Hölle (1982) drehten die beiden kurz hintereinander zwei zutiefst intensive Filme, die die Sinnlosigkeit des Krieges anprangerten.

Nun kam, was eigentlich kommen musste. Hollywood klopfte an und der nachdenkliche Australier wartete nur noch auf den passenden Stoff für seinen ersten US-Film. Den fand er in der Geschichte eines smarten Cops, der in die fremde Welt der Amish-People hineingezogen wird. Die Rede ist natürlich von Der einzige Zeuge (1985) mit Harrison Ford und Kelly McGillis. Wie bei Mel Gibson zuvor schafft es auch Weir hier, das sich Ford auf ungewohntem Terrain außerordentlich gut macht. Der verdiente Lohn ist eine Oscarnominierung für beide. Die erste für Weir, die letzte für Ford...
Schade eigentlich, denn auch im nächsten Film arbeiteten die beiden sehr gut zusammen. Mosquito Coast (1986) ist bis heute der Film Weirs (und Fords), der am meisten unterschätzt wird und immer wieder unterschlagen wird. Warum nur??

1988 kommt dann jener Film in die Kinos, den die damalige Generation der 14-25 jährigen bis heute zurecht huldigt, auch wenn wohl die meisten davon den Namen des Regisseurs nicht benennen können. Aber dafür ist der Hauptdarsteller Robin Williams in aller Munde. Zum einen, weil der Film Der Club der toten Dichter so wunderschön ist, zum anderen weil es Weir abermals geschafft hat, einen Schauspieler bravourös auf ein ungewohntes Terrain zu führen. Aber auch mit den jungen Darstellern der Schüler bewies Weir wie schon damals bei Picknick am Valentinstag ein wunderbar feinfühliges Händchen. Abermals sind Oscarnominierungen für Regie und Hauptdarsteller (sowie bester Film) der verdiente Lohn und das Drehbuch von Tom Schulman bekommt sogar den goldenen Kerl.

Nach diesem fantastischem Erfolg ließ es Peter Weir gemächlicher angehen und drehte mit Greencard - Scheinehe mit Hindernissen (1990) eine gefällige Komödie mit durchaus ernsten Untertönen. Mit Andie MacDowell und Gérard Depardieu prominent besetzt gelang Weir wieder ein Publikumserfolg.

Die Pausen zwischen den Filmen wurden länger. Mit Fearless - Jenseits der Angst brachte Weir 1993 einen nachdenklichen Film in die Kinos, der an seine mystischen Erstlinge erinnert. Und mit Jeff Bridges findet er abermals einen perfekten Hauptdarsteller, von dem man aber solche Performances schon kannte. Im Gegensatz zu Jim Carrey, dem Grimassenschneider und Hampelmann seiner Zeit schlechthin...

Was Weir und Carrey 1998 mit Die Truman Show ablieferten, kann man schlichtweg als visionär bezeichnen. 2 Jahre vor Big Brother und Co. zeichneten sie ein Leben nach, das zentral gesteuert (von Ed Harris) komplett vor der Kamera stattfindet. Wohl auch aufgrund der Entwicklung solch fragwürdiger TV-Formate ist Die Truman Show sein grösster Erfolg geworden und für Carrey zurecht die Eintrittskarte in die Welt der ernstzunehmenden Schauspieler.

Weitere 5 lange Jahre später inszenierte Peter Weir mit Master und Commander (2003) einen historischen Stoff, der auf den Romanen Patrick O'Brians beruht. So detailliert und perfekt hat man die Seefahrerei zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch nie auf der Leinwand zu Sehen bekommen. Und auch die beiden Hauptdarsteller Russell Crowe und Paul Bettany ließen sich wie der gesamte restliche Cast von dem Perfektionismus Weirs anstecken. DAS Meisterwerk des Genres schlechthin! Nicht unerwähnt bleiben soll natürlich, das Peter Weir für die zuletzt erwähnten Filme jeweils für den Oscar nominiert wurde. Bei Greencard für das Drehbuch, bei den beiden letztgenannten für die beste Regie!

Sein bisher letzter Film The Way Back - der lange Weg (2010) ging leider ziemlich unter und auch ich muss gestehen, das ich ihn leider noch nicht gesehen habe. Bleibt zu hoffen, das Peter Weir uns noch 2-3 großartige Filme schenken kann. Bis dahin erfeuen wir uns an seinem bisherigen großartigem Œuvre und schicken Gesundheit und liebe Grüße nach Sydney!


Alles Gute, Peter Weir!
 
Zuletzt bearbeitet:

Willy Wonka

Locationscout
Teammitglied
Registriert
19 Juni 2008
Beiträge
21.970
Ort
Twin Peaks
Filmkritiken
126
AW: Peter Weir

Eine wundervolle Vorstellung, die mich daran erinnert, dass ich noch einige seiner Filme entdecken muss. Tatsächlich kenne ich sogar nur drei Filme von Peter Weir („Die Truman Show", „Der Club der toten Dichter" und „Master und Commander") und bis auf „Die Truman Show" habe ich die anderen beiden auch erst einmal gesehen. Vor allem von „Master and Commander" erhoffe ich mir bei einer erneuten Sichtung eine Steigerung, da ich damals eine falsche Erwartungshaltung hatte und generell noch nicht viel Erfahrung mit dem Genre hatte. Leider lag es auch wohl am finanziellen Misserfolg von „Master and Commander“, dass Weir seitdem nicht mehr sehr aktiv im Filmgeschäft tätig ist.
 

2moulins

Filmgott
Registriert
21 Juni 2008
Beiträge
7.039
Ort
Saarland
Filmkritiken
13
AW: Peter Weir

Peter Weir hat bei mir bereits seit "Picknick am Valentinstag" einen dicken Stein im Brett, so dass ich seither immer aufmerksam verfolgte, was er ablieferte. Von den aufgeführten Filmen habe ich bis auf sein Erstlingswerk sowie "Gallipolli" und - erstaunlicherweise - "Der Club der toten Dichter" alles gesehen. Nachhaltig begeistert hatte mich "Der einzige Zeuge", der mich auch dazu veranlasste, einmal die Amish People zu besuchen. Und die "Truman Show" zählt auch zu meinen Favoriten.

Ich warte schon lange auf eine gute Veröffentlichung von "Ein Jahr in der Hölle", der mich mal im Fernsehen beeindruckte.

Deine schöne Vorstellung :)hoch:) zeigt interessanterweise, welch tolles Lebenswerk Weir abgeliefert hat. Dazu kann man sagen: Klasse statt Masse!
 
Oben