A Serious Man

Willy Wonka

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A Serious Man


Nur die wenigsten Regisseure haben es geschafft mit ihren Filmen ein eigenes Subgenre zu erschaffen, denn der neue Film der Coen-Brüder lässt sich nicht genau einem Genre zuordnen und daher ist es am Treffendesten ihn einfach einen „Coen-Film“ zu nennen.
Die „Coen-Filme“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Geschichte erzählen, welche sich den üblichen Konventionen Hollywoods enthält und bietet des weiteren skurrile Charaktere, welche aber dennoch immer für den Zuschauer stets emphatisch wirken. Ein weiteres Kennzeichen eines „Coen-Films“ sind die kargen und minimalistischen Dialoge, welche durch zahlreiche Wiederholungen (vor allem auch in „Fargo“) auffallen und stets humorvoll sind, da sie oft der Wahrheit entsprechen und sehr viel über die jeweilige Figur verraten.
Im Unterschied zu Tarantinos Dialogen und seinen Charakteren, welche meist wie sogenannte „Quasselstrippen“ wirken, sind die Figuren von den Coen-Brüdern oft Außenseiter und/oder vereinsamt.
Schon der Beginn von „A Serious Man“ veranschaulicht, dass es sich um einen sehr unzugänglichen Film handelt, denn der Prolog des Films, welcher im späteren Verlauf des Films scheinbar keine Rolle mehr spielt und schon fast wie ein eigenständiger Kurzfilm wirkt, ist nicht in der englischen Sprache gedreht, sondern in Jiddisch und somit untertitelt, was somit wie eine karikierte Versionen eines Arthausfilmes wirkt.
Auch der Verzicht auf namenhafte Schauspieler, wie es eigentlich sonst nicht der Fall ist bei ihren Filmen, trägt dazu bei, dass dieser Film vor allem ein Geheimtipp bleiben wird.
Doch die unbekannten Gesichter bekommen durch ihre Figuren genug Profil und glänzen mit ihrem grotesk anmutendem Schauspiel und als Zuschauer kann man sich genussvoll zurücklegen und sich freuen, welche Wege der Film noch gehen wird, denn diese sind keineswegs ersichtlich. Michael Stuhlbarg mimt die Hauptrolle des Films und selten konnte ich einen „Verlierer“ mit so vielen verschiedenen Facetten sehen, denn auch wenn in seinem Leben vieles den Bach runtergeht, gibt er nicht auf und beklagt sich auch selten, obwohl es Szenen im Film gibt, welche in ihrer Intensität stärker sind als in „Die Wutprobe“ als Adam Sandler sich nicht aufregen sollte.
Die Vielfältigkeit der Perspektiven und die authentisch wirkende Vorstadt, welche verbunden wird mit der Karikatur vom amerikanischen Stereotypen, wobei das nur ein kleines Steinchen im Mosaik darstellt, lassen diesen Film zu etwas sehr Besonderem werden und der Reichtum an absonderlichen und kuriosen Details lassen erahnen, dass erst mit diversen Sichtungen der Film seine volle Qualität entfalten kann – wie die meisten Filme von Ethan und Joel Coen.
Jeder Liebhaber von dem Subgenre des „Coen-Films“ muss sich diesen Film ansehen, auch wenn für viele dieser Film wohl am unzugänglichsten ist von den bisherigen filmischen Schaffen der Gebrüder.
 

JaredKimberlain

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AW: A Serious Man

Wirklich schöne Kritik.
Der Film befindet sich durchaus in meinem Blickfeld, deine Kritik verstärkt das nur noch.
Leider bin ich kein Liebhaber aller "Coen-Filme", wobei z.B. "Fargo" schon ein moderner Klassiker ist.
Aber den Versuch werde ich wieder wagen und mich dann auch hier wieder zu Wort melden.

Gruß,
J.K.
 

Willy Wonka

Locationscout
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AW: A Serious Man

Leider bin ich kein Liebhaber aller "Coen-Filme", wobei z.B. "Fargo" schon ein moderner Klassiker ist.
Aber den Versuch werde ich wieder wagen und mich dann auch hier wieder zu Wort melden.

Ich bin gespannt, denn der Film wird bestimmt die Gemüter ein bisschen spalten und Diskussionspotenzial bietet der Film definitiv. Leider läuft der Film nur in wenigen Kinos und dann auch vermehrt in kleinen Arthauskinos. Gestern war ich das erste Mal in der Kurbelkiste" in Münster, um diesen Film zu sehen und das Kino mit seinem Ambiente gefällt mir sehr, denn es vermittelt einen Hauch von den guten alten Kinotagen, welche ich leider nicht miterlebt habe. Dennoch besitzt das Kino Digitalprojektoren und ist somit für die Zukunft gerüstet.
 

crizzero

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AW: A Serious Man

Du Glücklicher warst also in einer Vorpremiere? Bei uns wird er scheinbar nicht laufen, weswegen ich auf die DVD warten muss.

Deine Kritik macht jedenfalls Appetit auf mehr. Bis dahin kann ich ja nochmal "No Country For Old Men" und "Burn After Reading" anschauen und endlich mal "O' Brother Where Art Thou" und "Fargo" nachholen. Wird mal Zeit! :)
 

Willy Wonka

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AW: A Serious Man

Du Glücklicher warst also in einer Vorpremiere?

Nein, denn der Film ist bereits am 21. Januar „deutschlandweit" gestartet, wobei ich einfach nicht verstehen kann, dass der Film so wenige Kopien bekommen hat, obwohl die vorherigen „Coen-Filme" in der Presse sehr viel Anklang fanden.
 

crizzero

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AW: A Serious Man

Nein, denn der Film ist bereits am 21. Januar „deutschlandweit" gestartet, wobei ich einfach nicht verstehen kann, dass der Film so wenige Kopien bekommen hat, obwohl die vorherigen „Coen-Filme" in der Presse sehr viel Anklang fanden.

Ach so, dann ist der schon letzte Woche an mir vorbeigezogen. Tja, läuft leider nicht bei uns. Was soll's, dann muss ich abwarten.
"Burn After Reading" hatte wahrscheinlich allein wegen dem Cast mehrere Kopien bekommen...
 

Die wilde 13

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AW: A Serious Man

Nein, denn der Film ist bereits am 21. Januar „deutschlandweit" gestartet, wobei ich einfach nicht verstehen kann, dass der Film so wenige Kopien bekommen hat, obwohl die vorherigen „Coen-Filme" in der Presse sehr viel Anklang fanden.
Hier läuft er er auch in einem kleinen Kino (Astra) aber ich habe es leider noch nicht geschafft,hinzugehen.:heul:Nach deiner tollen Kritik muss ich das aber nächste Woche unbedingt nachholen,ebenso Das Kabinett des Dr. Parnasuss,weil es,wie du so schön sagtest,es sowohl das Subgenre der "Coen-Filme" als auch "Gilliam-Filme" gibt und beide liebe ich,weil sie immer anders und doch so typisch sind für Coen bzw. Gilliam. Das schafft sonst nur Tim Burton,dessen Alice im Wunderland bei mir auch ganz oben in der "Must see-Liste" steht
 

Willy Wonka

Locationscout
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AW: A Serious Man

ebenso Das Kabinett des Dr. Parnasuss,weil es,wie du so schön sagtest,es sowohl das Subgenre der "Coen-Filme" als auch "Gilliam-Filme" gibt und beide liebe ich,weil sie immer anders und doch so typisch sind für Coen bzw. Gilliam. Das schafft sonst nur Tim Burton,dessen Alice im Wunderland bei mir auch ganz oben in der "Must see-Liste" steht

Da gebe ich dir Recht, denn Gilliam hat auch eine gewisse Art, welche mir sehr gefällt und alle diese Top-Regisseure haben dieses Jahr einen neuen Film einfach unglaublich und am meisten freue ich mich natürlich auf „Alice im Wunderland".
 

TheBjoern

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AW: A Serious Man

Tja,
die Disskussion wird fürs erste recht einseitig verlaufen, wenn Willy und ich bis dato die Einzigen sind, die den Film gesehen haben. Denn ich finde den Film ebenfalls grandios und kann mich der Kritik nur anschließen.
Anstatt näher auf den Film einzugehen um möglichweise zu riskieren, dass jemand gespoilert wird, weil er zu schnell zu viel gelesen hat, würde ich lieber auf meine Entwicklung mit den Coens eingehen.

Den ersten Coen Film, den ich sah war Lady Killers ohne zu wissen, wer damals die Coen-Brüder waren. Der Film war nett, aber nichts Besonderes, dachte ich damals...

Weiter ging es mit Fargo, bei dem mir die "seltsamen" Dialoge zum ersten mal auffielen und mich ein wenig irritierten :confused:. Aber ein Kult war geboren.

Positiv "vorbelastet" ging ich in no county for old men ins Kino und war begeistert. Wenn ich damals nicht There will be blood den Oscar gegönnt hätte; dieser Film war meine zweite Wahl.

Den Film noch nicht ganz verdaut, meldet sich schon kurze Zeit später der nächste Kracher. burn after reading kam ins Kino und mit mir im Parkett. Weniger groß angelegt wie sein Vorgänger aber mit genauso hochkarätigen Stars, brachte mich der Film zum lachen und hatte seine typischen Schockmomente.

Ohne zu wissen wohin mich der Film bringt, schaute ich mir O brother where art thou an. Die Dialoge werden für mich immer mehr zum Markenzeichen der Coens. Dieser Film hatte ebenfalls liebevoll ausgearbeitete Charaktere, von denen man nicht genug bekommen konnte.

Nach vielen Erzählungen, Legenden und Mythen widmete ich mich schließlich The big Lebowski. Was soll ich sagen? Er ist der Dude :rock::rock::rock:.

Und nun ging es "ernsthafer" zu?? Wohl kaum! A serious man ist definitiv wieder ein Werk der Coens. Doch wieder ein wenig anders. Nun bereichern sie auch noch das Arthaus mit ihren Charakteren und ihren einzigartigen Dialogen. Ich war Beobachter einer jüdischen Gemeinschaft aus einem amerikanischen Vorort, in der ein "ernsthafter" Mann im Mittelpunkt zu stehen scheint. Es war ein Genuss, die verfahrenen Situationen in ihrer ganzen Skurrilität und Abstrusität zu beobachten. Dabei immer ein schmunzeln im Gesicht, bis hin zum großen Lacher.
Ich war geneigt noch mehr von den Leuten zu sehen aber alles hat schließlich dann doch ein Ende.

Ich freue mich schon auf den nächsten Coen Film, bis jetzt wurde ich noch nie von ihnen enttäuscht und glaube auch nicht, dass das in Zukunft geschehen wird. Nur weiter so :hoch:.
 

Despair

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AW: A Serious Man

Das klingt alles sehr schön. Ich könnte glatt auf die Idee kommen, mal wieder ins Kino zu gehen. Aber ich warte lieber auf die DVD.

Noch drei Coen-Tipps:

Blood Simple
Das Debut ist etwas sperrig und teilweise langatmig inszeniert, hat aber schon diese typische Coen-Atmosphäre und ist deshalb einen Blick wert.

Barton Fink

Nur ein Wort: genial! John Goodman darf sich richtig austoben. :D

Der unauffällige Mr. Crane

Schwarzweiß-Bilder, verworrene Story und eine schweigsame, kettenrauchende Hauptfigur - mehr Film Noir geht kaum. Gehört für mich zu den besten Coen-Filmen.
 

deadlyfriend

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AW: A Serious Man

Ich habe den Film gerade gesehen und er hat mir sehr gut gefallen. Ich bin jetzt nicht gerade ein Coen-Fanatiker, aber ihre Filme finde ich bislang alle gut, ohne das ich dabei allerdings ins Schwärmen geraten könnte. Auf jeden Fall haben die Filme etwas, was mir gefällt. "A serious man" war da nicht anders. Mir gefiel die Konstellation der Figuren untereinander, die mal zufällig, mal göttlich vorherbestimmt zueinander kamen.
Gerade das Spiel mit Zufall und Religion sowie den eingefügten Wahrscheinlichkeitsrechnungen, konnte ich eine Menge abgewinnen. Ein wirklich schöner Film, der mal wieder ein sehr abruptes Ende hatte.
 

crizzero

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Jetzt wo ich den Film gesehen habe, muss ich dir ein riesiges Lob aussprechen, Willy. Das ist eine perfekte Kritik! :hoch:

Schon der Beginn von „A Serious Man“ veranschaulicht, dass es sich um einen sehr unzugänglichen Film handelt, denn der Prolog des Films, welcher im späteren Verlauf des Films scheinbar keine Rolle mehr spielt und schon fast wie ein eigenständiger Kurzfilm wirkt, ist nicht in der englischen Sprache gedreht, sondern in Jiddisch und somit untertitelt, was somit wie eine karikierte Versionen eines Arthausfilmes wirkt.

Wobei dieser urjiddische Prolog auch gleich - noch bevor der eigentliche Film Fahrt aufnimmt - Interpretationsspielraum liefert. Es wäre vielleicht viel einfacher, man würde das Schlechte, welches über einen hereinbricht, wie einen "Nibbuk" erstechen und verjagen. Das scheint für Stuhlbarg ja leider nicht möglich...

Michael Stuhlbarg mimt die Hauptrolle des Films und selten konnte ich einen „Verlierer“ mit so vielen verschiedenen Facetten sehen, denn auch wenn in seinem Leben vieles den Bach runtergeht, gibt er nicht auf und beklagt sich auch selten, obwohl es Szenen im Film gibt, welche in ihrer Intensität stärker sind als in „Die Wutprobe“ als Adam Sandler sich nicht aufregen sollte.

Daran musste ich auch denken. Wann rastet der denn endlich aus, habe ich mich gefragt? Der erlebt in einer extrem sympathischen Art und Weise, wie sein Leben vor die Hunde geht und bleibt so geschmeidig, dass ich es beneidenswert finde. Und schlussendlich wird er sogar noch "belohnt", wenn man an die Begegnung mit der geilen Nachbarin denkt. :D

Die Vielfältigkeit der Perspektiven und die authentisch wirkende Vorstadt, welche verbunden wird mit der Karikatur vom amerikanischen Stereotypen, wobei das nur ein kleines Steinchen im Mosaik darstellt, lassen diesen Film zu etwas sehr Besonderem werden und der Reichtum an absonderlichen und kuriosen Details lassen erahnen, dass erst mit diversen Sichtungen der Film seine volle Qualität entfalten kann

Die Details, ja. Allein der Geliebte seiner Frau war ein so krasser Typ; der war ja komplett neben der Kappe. Dann sein Kollege an der Uni, der nie wusste, wie er etwas mitteilen sollte. Dem konnte man echt beim Rattern des Gehirns zuschauen, während er am Türrahmen lehnte.

Ein wirklich schöner Film, der mal wieder ein sehr abruptes Ende hatte.

Und das passt hier noch viel besser als bei "No Country for Old Men", wie ich finde. Der Film wischt mit der gewaltigen Naturkatastrophe diesen Haufen an menschlichen Problemen und Tragödien einfach weg und setzt etwas wesentlich Wichtigeres (weil Gefährlicheres) in den Vordergrund, was zuvor nicht mal annähernd thematisiert wurde. Klasse. Von mir gibt's 8/10.
 
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deadlyfriend

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AW: A Serious Man

Und das passt hier noch viel besser als bei "No Country for Old Men", wie ich finde. Der Film wischt mit der gewaltigen Naturkatastrophe diesen gewaltigen Haufen an menschlichen Problemen und Tragödien einfach weg und setzt etwas wesentlich Wichtigeres (weil Gefährlicheres) in den Vordergrund, was zuvor nicht mal annähernd thematisiert wurde. Klasse. Von mir gibt's 8/10.


Ich finde diese seltsamen Enden auch gar nicht so verkehrt. Sie lassen Spielraum zum nachdenken und wirken meines Erachtens anders nach, als wenn alles bis ins kleinste Detail geklärt wäre. Ich kann aber durchaus nachvollziehen, wenn einem das nicht gefällt.
 

Despair

Filmvisionaer
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AW: A Serious Man

Ich hab' deinen Kommentar mal hier rübergezogen...
A Serious Man
Unlustig, uncool, langweilig, belanglos, nervig. Mal wieder eine passende Beschreibung eines Coen Films.

... weil wir mal wieder komplett gegensätzliche Sichtweisen haben. :D Alle fünf von dir genannten Merkmale des Filmes würde ich ins Gegenteil verkehren - wobei ich das "nervig" noch am ehesten nachvollziehen kann. Das "langweilig" zum Teil auch, wenn man eine geradlinig erzählte Geschichte erwartet. Aber darum geht's in diesem Film einfach nicht.

Schon der Beginn von „A Serious Man“ veranschaulicht, dass es sich um einen sehr unzugänglichen Film handelt, denn der Prolog des Films, welcher im späteren Verlauf des Films scheinbar keine Rolle mehr spielt und schon fast wie ein eigenständiger Kurzfilm wirkt, ist nicht in der englischen Sprache gedreht, sondern in Jiddisch und somit untertitelt, was somit wie eine karikierte Versionen eines Arthausfilmes wirkt.

Wobei dieser urjiddische Prolog auch gleich - noch bevor der eigentliche Film Fahrt aufnimmt - Interpretationsspielraum liefert. Es wäre vielleicht viel einfacher, man würde das Schlechte, welches über einen hereinbricht, wie einen "Nibbuk" erstechen und verjagen. Das scheint für Stuhlbarg ja leider nicht möglich...

So ganz losgelöst vom Hauptfilm empfand ich den Prolog nicht, der sogenannte "Dibbuk" hat ja noch einen Auftritt. Sehr alt geworden denkt er noch immer über den Sinn des Lebens nach und ist inzwischen bei "Jefferson Airplane" angekommen... :D

Auch der Verzicht auf namenhafte Schauspieler, wie es eigentlich sonst nicht der Fall ist bei ihren Filmen, trägt dazu bei, dass dieser Film vor allem ein Geheimtipp bleiben wird.

Außer Fyvush Finkel kannte ich nur Richard Kind (Onkel Arthur) aus "Chaos City". War schön, ihn mal wieder zu sehen.

Doch die unbekannten Gesichter bekommen durch ihre Figuren genug Profil und glänzen mit ihrem grotesk anmutendem Schauspiel und als Zuschauer kann man sich genussvoll zurücklegen und sich freuen, welche Wege der Film noch gehen wird, denn diese sind keineswegs ersichtlich. Michael Stuhlbarg mimt die Hauptrolle des Films und selten konnte ich einen „Verlierer“ mit so vielen verschiedenen Facetten sehen, denn auch wenn in seinem Leben vieles den Bach runtergeht, gibt er nicht auf und beklagt sich auch selten, obwohl es Szenen im Film gibt, welche in ihrer Intensität stärker sind als in „Die Wutprobe“ als Adam Sandler sich nicht aufregen sollte.
Die Vielfältigkeit der Perspektiven und die authentisch wirkende Vorstadt, welche verbunden wird mit der Karikatur vom amerikanischen Stereotypen, wobei das nur ein kleines Steinchen im Mosaik darstellt, lassen diesen Film zu etwas sehr Besonderem werden und der Reichtum an absonderlichen und kuriosen Details lassen erahnen, dass erst mit diversen Sichtungen der Film seine volle Qualität entfalten kann – wie die meisten Filme von Ethan und Joel Coen.

Volle Zustimmung. Die Kleinstadt ist ein Sammelsurium an schrägen Charakteren mit oftmals noch schrägeren Problemen und Sorgen, die das ganze Spektrum von "unwichtig" bis "lebensbedrohend" abdecken. Für den Zuschauer ist das wie der Blick in ein Aquarium: Man versteht nicht alles was da vorgeht, ist aber fasziniert von dem Treiben in diesem seltsamen kleinen Universum. Das alles wird garniert mit hintergründigem jüdischen Humor, der sicherlich nicht jedermanns Sache ist. Gopnik bekommt eine Hiobsbotschaft nach der anderen (Hiob lässt übrigens schön grüßen) und ist völlig machtlos gegenüber den Dingen, die ihm widerfahren. Weder Rechtsanwälte noch drei Generationen an Rabbinern können ihm helfen. Und doch wurschtelt er immer weiter vor sich hin, von Alpträumen und der Realität geplagt, bis ein kleiner Sonnenstrahl am Horizont sichtbar wird. Doch als die Coen-Brüder zum Schluss das Unheil über der gesamten Kleinstadt zusammenbrauen, haben sie für Gopnik noch eine Extra-Gemeinheit parat. Fies, fies, fies. Aber auch klasse. Für mich ist "A Serious Man" eine der besten Tragikomödien der letzten Jahre.

10/10 Punkte
 

Louis Cyphre

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AW: A Serious Man

A Serious Man

Nur die wenigsten Regisseure haben es geschafft mit ihren Filmen ein eigenes Subgenre zu erschaffen, denn der neue Film der Coen-Brüder lässt sich nicht genau einem Genre zuordnen und daher ist es am Treffendesten ihn einfach einen „Coen-Film“ zu nennen.
Die „Coen-Filme“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Geschichte erzählen, welche sich den üblichen Konventionen Hollywoods enthält und bietet des weiteren skurrile Charaktere, welche aber dennoch immer für den Zuschauer stets emphatisch wirken. Ein weiteres Kennzeichen eines „Coen-Films“ sind die kargen und minimalistischen Dialoge, welche durch zahlreiche Wiederholungen (vor allem auch in „Fargo“) auffallen und stets humorvoll sind, da sie oft der Wahrheit entsprechen und sehr viel über die jeweilige Figur verraten.
Das komische für mich am sogenannten Coen Film, ist für mich, das er mal bei mir voll einschlägt (True Grit, The Big Lebowski, O Brother....., The Man wasn´t,,,, Miller´s Crossing) oder total floppt (A Serious Man, No Country...., Burn After Reading, Fargo).
So extrem hab ich das noch bei keinem anderen Regisseur erlebt.Aber so bleibt es spannend. :D
 

crizzero

Filmvisionaer
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Das komische für mich am sogenannten Coen Film, ist für mich, das er mal bei mir voll einschlägt (True Grit, The Big Lebowski, O Brother....., The Man wasn´t,,,, Miller´s Crossing) oder total floppt (A Serious Man, No Country...., Burn After Reading, Fargo).
So extrem hab ich das noch bei keinem anderen Regisseur erlebt.Aber so bleibt es spannend. :D

Also eigentlich ist das bei dir bei jedem Regisseur so...
 

Louis Cyphre

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AW: A Serious Man

Also eigentlich ist das bei dir bei jedem Regisseur so...

Nein, eigentlich nicht. Es gibt Regisseure, die funktionieren gar nicht oder mit einem Film
(Wes Anderson, Michael Mann, Terrence Malick, Pedro Almodovar). Und dann gibt es die, bei denen es gute bis sehr gute, aber auch schlechte bis Totalausfälle gibt.
Aber halt nicht so extrem, wie bei den Gebrüder Coen.
Ich habe auch noch keinen Regisseur erlebt, der nur Topfilme gedreht hat. Minimum einen Ausfall gab es immer. Der Erste könnte Alfred Hitchcock oder Caroll Reed werden. Aber da bin ich noch weit entfernt von, deren Werke komplett zu kennnen.
 
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Leatherface

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AW: A Serious Man

hab mir den aufgenommen und werde den wahrscheinlich gleich noch schauen. Ich rechne mal mit einer Wertung von 0,5-2/5:D
 
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