Walk the Line

Travis

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Gesamtübersicht aller Kurzkritiken zu Walk the Line:

#02 05.12.08 Vince
#06 31.05.09 BladeRunner2007
 
Zuletzt bearbeitet:

Travis

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AW: Walk the Line

Kritik von Vince

WALK THE LINE
Ganz wie "Ray" und "Aviator" erneut eines dieser geradlinigen, vollkommen überschätzten Biopics, die sich in erster Linie über die schauspielerischen Qualitäten ihrer Stars definieren. Dabei schneidet Joaquin Phoenix gemessen an seinen Vorschusslorbeeren für seine Performance überraschend durchschnittlich ab - die gesanglichen Leistungen mal ausgenommen, blitzt Genialität bei ihm höchstens in zwei, drei Szenen auf, ansonsten hatte er in seiner "Gladiator"-Rolle jedoch die bessere Leistung abrufen können.
Und so schleicht sich Reese Witherspoon an die Spitze und ist letztendlich der heimliche Star eines Filmes, der unter dem Strich mal wieder pointenfrei vor sich hinplätschert und nichts weiter macht als einem berühmten Menschen ein Denkmal zu setzen. Man mag mir meine Vorbehalte gegenüber dem Genre an sich an der Nase ablesen können, aber andere haben ja schließlich auch Wege gefunden, der Filmbiographie ein starkes Werk zu entziehen - "Naked Lunch", "Capote" und wie sie alle heißen. "Walk the Line" ist nett, toll bebildert und teilweise hervorragend performt, aber das alleine ist rein gar nichts wert.
6/10
 

Travis

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AW: Walk the Line

Schön kurz und dennoch alles wesentliche gesagt. Danke. Viel mehr Worte hat der Film auch nicht verdient. Gerade von "Walk the Line" war ich maßlos enttäuscht. Der Fehler liegt aber vermutlich bei mir, da ich aufgrund der vielen Vorschußlorbeeren mit einer großen Erwartungshaltung an ihn ranging und mit ziemlicher Ernüchterung rausging. Nett und gefällig inszeniert ist er sicherlich, aber viel zu wohlwollend. Ein Fehler den die meisten Biopics begehen. So wie z.B. "A Beautiful Mind", der die düstere Seite Nashs entweder komplett ausser acht läßt oder diese teilweise schon erschreckend naiv schönzureden versucht. In gleiches Horn bläst auch "Walk the Line". So bleibt nach Ende des Films ein ungutes Gefühl der Leere und des Betrogen worden zu sein. Betrogen um eine Geschiche, wenn sie näher an der Wahrheit geblieben wäre, wesentlich interessanter gewesen wäre. Wie man Biopics anpackt, hatte Scorsese ja mit "Raging Bull" so brillant vorgemacht. Womit wir aber schon wieder beim gerade aktuellen Thema unserer Diskussion sind.
 

Travis

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Beitrag von Vince

Ich zitiere mal die ersten beiden Absätze meiner "Capote"-Kritik:

Das Biopic ist ein Genre, dem man durchaus mit Vorbehalten gegenüberstehen darf. Biopics glorifizieren Menschen. Natürlich nicht jedes seiner Art, und auch eher selten ganz bewusst. Aber sie stellen nun mal Individuen in den Mittelpunkt und schneiden damit scharf die Annahme, alle Menschen seien gleich. Daraus lässt sich ein bitterer Nachgeschmack filtern, der sich eben über das komplette Genre zieht - meines Erachtens eine Tatsache, die aus Respekt vor dem künstlerischen Wert all der technisch hochwertigen Biopics der letzten Jahre leider allzu oft totgeschwiegen wird. Es stellt sich die Frage, inwieweit man das Portrait einer Person zu Unterhaltungszwecken zeichnen darf, als legitimierte Alternative zu puren Informationszwecken wie in einer Dokumentation.

Es ist nicht damit getan, wenn man der Schokoladenseite der betrachteten Person sozusagen noch als Ausgleich ein paar schlechtere Eigenschaften hinzufügt. Wie es im Showbusiness so schön heißt: auch, oder gerade negative Presse ist gute Presse. Eine vom Medium gelenkte, wie auch immer geartete emotionale Haltung des Zuschauers gegenüber der Hauptperson muss zwangsläufig die Realität verzerren und ein falsches Bild von jener Projektionsfigur zur Folge haben. Portraits wie “Ray” sind gut gemeint, letztendlich von ihrer technischen und schauspielerischen Brillanz abgesehen aber nicht viel mehr als pathetischer Brei, den man nur aufsaugen oder abstoßen kann.
Bei Biopics stellt sich doch eine grundsätzliche Frage: Braucht es dafür wirklich eine Verfilmung? Meiner Meinung nach sind Biografien in Dokumentationen deutlich besser aufgehoben, wenn sie sich derart auf ihr Fokusobjekt fixieren wie "Walk the Line" es tut. Dafür braucht es nun wirklich nicht das Medium Film.

Zumal sich langsam fast schon Klischees breitmachen, was grotesk ist, da Biopics ja auf dem Leben realer Personen basieren. Aber mal ehrlich: Gleicht sich der Verlauf von "Walk the Line" nicht unheimlich stark den unzähligen Vorgängern? Schon wieder die Geschichte von einem unbeschriebenen Blatt, das durch Talent und Arbeit zum Star wird, dort mit Drogen in Konflikt gerät, in die Tiefe fällt und von den Menschen, die ihn lieben, aufgefangen wird - ich finde, eine solche inzwischen stereotyp zu bezeichnende Schilderung wird einem Individuum nicht gerecht. Letztendlich steckt "Walk the Line" Johnny Cash doch in eine Schublade, und das geht mir gegen den Strich.

Da lobe ich mir wirklich Biopics mit einer richtigen Aussage, mit weiterführenden Gedanken. Biopics, die die Personen nicht zum Mittelpunkt machen, sondern als das wichtige Medium dafür darstellen, was in dem Film thematisiert werden soll. Das sehe ich im angesprochenen "Capote", auch im von Travis erwähnten "Raging Bull" hundertmal stärker als im zwar gut gemachten, aber inhaltlich unheimlich enttäuschenden "Walk the Line".
 

Travis

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AW: Walk the Line

Vince schrieb:
Bei Biopics stellt sich doch eine grundsätzliche Frage: Braucht es dafür wirklich eine Verfilmung?.

Gute Frage, die ich ein wenig anders wie du beantworten würde. Denn es kommt hier weniger auf das "brauchen" an, als vielmehr auf die Frage, ob es sinnvoll ist. Und da gibt es von mir ein klares JA, aber mit zahlreichen wenn und abers. Natürlich ist die Dokumentation, sofern sie sachlich, objektiv und neutral gehalten ist, das geeignete Stilmittel. Aber wieviel Leute schauen in unseren heutigen Zeiten schon Dokus? Eben! Also ist in dieser Beziehung der Spielfilm schon ein sehr geeignetes Medium, um die gewünschte Person einem großen Publikum zugänglich zu machen. Also ist von diesem Gesichtspunkt der Film schon ein durchaus adäquates Medium. Aber dann kommt es hier natürlich auch auf die Umsetzung an und genau hier kommen wir zu den von dir kritisierten Punkten. Denn meist laufen diese Filme nach Schema F ab. Dieses hast du in deinem Beitrag ja hervorragend dargestellt, so daß ich mir weitere Ergänzungen sparen kann. Und genau aus diesem Grund driften die meisten dieser Biopics dann auch in die Beliebigkeit und letztendlich Bedeutungslosigkeit ab. Wie auch "Walk the Line". Denn einziger Sinn und Zweck dieser Biopics ist es, der zu huldigenden Person ein glänzendes Denkmal zu setzen. Klar werden zur Rechtfertigung, daß man die Sache auch durchaus kritisch angegangen ist, zwei oder drei kleine sehr oberflächliche Kratzer in das Denkmal eingefügt. Aber die wirklich dunklen Stellen, gescheige denn jene, die diese Person auch unsympathisch machen könnten, werden sorgsam ausgespart. Heraus kommt dann meist ein Hochglanzprodukt, in dem die unschönen Stellen sorgsam wegretuschiert wurden.

Besonders deutlich wurde dies bei "A Beautiful Mind", da gerade Nash mehr dunkle als helle Stellen hatte. Im Film wird dies, wenn überhaupt, nur für Insider mit erhöhter Aufmerksamkeit erkennbar angedeutet. Gleiches gilt für "Ray", den ich sogar noch als deutlich schwächer als "Walk the Line" einschätze. Auch "Aviator" ist so ein Fall, bei dem Scorsese gewaltig daneben griff, als er sich fast ausschließlich auf die Sonnenseite von Hughes konzentrierte und die wesentlich übermächtigere Schattenseite höchstens in zwei, drei kleinen Anspielungen streifte. Wie oft dachte ich mir bei diesem Film, genau die Geschichte von Hughes die hier nicht erzählt wird, wäre der wesentlich interessantere und berührendere Film. Diese Liste ließe sich noch ewig fortsetzen.

Somit bleibt bei den meisten Biopics ein oft unnötig fader und unangenehmer Beigeschmack heften, Weil diese eben nicht die "wahre" Geschichte ihres "Helden" erzählen, sondern ihm ein ehrendes Mahnmal und Andenken erschaffen wollen. Das diese Filme meist immer wieder nach dem gleichen Muster ablaufen, versteht sich von selbst. Warum sollte man auch etwas daran ändern, wenn die Masse so viel zufriedener ist und sich die Illusion bewahren kann? Somit ist die Filmindustrie auf dem richtigen Weg und kann auf zwei, die Dinge ständig hinterfragende Nörgler und Miesmacher wie uns gut verzichten.
 

BladeRunner2007

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Walk the Line


Endlich eine Biographie, die mich interessiert und imo sehr gelungen ist. "Walk the Line" erzält die Lebensgeschichte von Johnny Cash und beschränkt sich dabei zum Glück nicht bloß auf ihn selbst, sondern auch auf seine Mitmenschen. Seine Familie, Freunde, Kollegen etc. werde dem Zuschauer alle sehr nahe gebracht und in das Geschehen mit einbezogen. Sie sind nicht nur Figuren, die dazu dienen um Cash's Handlungen zu erläutern oder zu rechtfertigen. Sind sind ein Teil seines Leben und auch sie haben Probleme und Gefühle. Und diese bekommt der Zuschauer auch vermittelt. Man leidet nicht nur mit Cash, sondern z.B. auch mit June, oder seiner Frau. Man kann alle Personen verstehen und sich in sie hineinversetzen. Man bekommt nicht einfach nur eine Sichtweise vorgesetzt. Das ist schon mal ein sehr großer Pluspunkt für den Film. Desweiteren wird auch die Geschichte an sich schön ausführlich erzählt und das in einem angemessenem Tempo. Ich hatte nie das Gefühl, das jetzt etwas zu schnell geht oder sich zu sehr zieht. Ich habe mich einfach sehr für diese ganzen Charaktere, dessen Gefühle, Situationen und Schicksale interessiert. Der Film glänzt durch seine erstklassigen Schauspieler und durch seine sehr schönen Bilder. Der Film wurde echt schön eingefangen und ist ein Augenschmaus. Ich weiß, dass Reese Witherspoon und Joaquin Phoenix sehr oft gelobt wurden, aber ich möchte sie an dieser Stelle noch einmal loben. Die beiden geben hier echt alles und ihre Performances gehen unter die Haut. Auch das sie beide selber singen und das auch noch so gut, ist einfach etwas, das man heute nur noch selten geboten bekommt. Ich habe richtig mitgefühlt bei diesem Film. Ich habe gelacht, geweint, gehasst und geliebt. Auch das Ende ist einfach wunderschön (Stichwort: Heiratsantrag). Imo ein absolut empfehlenswerter Film!

8/10
 
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Alexboy

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AW: Walk the Line

Auch wenn man sich für die Musik von Johnny Cash nicht erwärmen kann ist dieses Werk empfehlenswert. Solide Unterhaltung mit hervorragenden Schauspielern. 9/10
 
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