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deadlyfriend

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Eine Gruppe von 6 jungen Leuten hat sich einen kleinen Hof gemietet, um dort einen Pornofilm mit künstlerischem Anspruch zu drehen. Sie werden allerdings recht unfreundlich von einem uralten Mann empfangen, der wohl vergessen hatte, dass er den Schuppen an sie vermietet hat. Er willigt dennoch ein aber lässt sie unverblümt wissen, dass er sie nicht mag. Zudem sollen sie sich vom Haupthaus fernhalten, da seine Frau Ruhe benötigt. Am Tag beginnen sie mit den Dreharbeiten, die wohl zufriedenstellend verlaufen. In der Nacht hingegen, verwandelt es sich allerdings in einen Horrorfilm. Nur das dabei keine Kamera läuft.

Direkt zu Beginn ist man den legendären „Texas Chainsaw Massacre“ von Tobe Hopper aus dem Jahre 1974 erinnert, denn der Film spielt in den späten 70ern. Das Jahrzehnt hat Regisseur Ti West hervorragend getroffen, obwohl er da noch gar nicht geboren wurde. Dennoch riecht die Gegend nach Leatherface und auch die Abgeschiedenheit des Drehorts, lässt eben sofort das TCM Gefühl auf den Zuschauer los. Erfreulicherweise hat Ti West nicht nur die Locations und die Kleidung der 70er erschaffen, sondern auch das Tempo der damaligen Filme getroffen. Allein dafür: Danke! Die erste Hälfte des Films besteht eben einfach aus tollen Einstellungen und einem bedrohlichen Unterton. Keine hektischen Actionschnitte, keine Splatterorgie um zu splattern, sondern ein ruhiger, sehr sympathischer Aufbau. Darin bietet er den Charakteren an, sich zu entfalten und auch dies ist absolut gelungen. Die Darsteller sind eh der Clou, der mit Sicherheit für viele Zuschauer verantwortlich war. Mia Goth, Jenna Ortega und Brittany Snow drehen einen Porno? Ich denke, wenn das Filmprojekt im Film, eher aus einer Naturdoku bestanden hätte, wären deutlich weniger Zuschauer ins Kino. Auch dieser Kniff, ist Ti West absolut gelungen und es wirkt zudem nicht mal aufgesetzt. Die machen das alle großartig! Ebenso hervorragend gelöst ist der Aufbau um das „Final girl“. Der Kenner weiß natürlich genau, wer es sein wird, aber der Kenner wird diesmal komplett verunsichert, da die Regeln ausgehebelt werden. Dramaturgisch sehr fein gelöst! Wenn allerdings dann der Horrorteil die Überhand gewinnt, kann es dann aber auch schonmal zwiespältig werden. Dieser ist nicht ganz so stark wie der Aufbau. Positiv zu vermerken ist in jedem Fall, das man jetzt keinen siffigen Gore zu sehen bekommt. Klar, die Szenen sind hart aber wie man es von damals im Genre gewohnt ist, eben eher kurz und heftig. Keine sinnlose Folterorgie, sondern Sofortmaßnahmen. Einige Kills finde ich auch richtig gut gelungen.
Spannend finde ich auch die Freigabe ab 16. In den 80ern, wäre der Film definitiv beschlagnahmt worden.

Der Film ist jetzt kein Meisterwerk, da mich scheinbar im Horrorteil ein paar Kleinigkeiten störten. Diese kann ich aber gar nicht wirklich beziffern. Es hat mich alles nur nicht mehr ganz so stark fasziniert wie der Aufbau. Dies könnte also beim nächsten Zuschauer wieder völlig anders aussehen, da ich hier einfach keine wirklich greifbaren Kritikpunkte anführen kann.

Insgesamt ein starker Film, der im Erscheinungsjahr einfach überraschend ist. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für das Genre. Wobei ich mich tatsächlich frage, wieso ein vernünftiger Aufbau und eine tolle Atmosphäre, in Filmen die in der heutigen Zeit spielen, nicht mehr möglich ist. Warum muss man dafür erst in die 70er? Ist das echt nur der Fluch des Handys? Egal, das ist ein gänzlich anderes Thema.
 
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