Vampire gegen Herakles

Willy Wonka

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Vampire gegen Herakles

Für viele Genre-Freunde und Cineasten ist der Name Mario Bava eng mit dem Horror-Gerne und der Erfindung des Giallos verbunden. Dass er zu Beginn seiner Karriere an diversen Filmen beteiligt war, aber häufig nicht einmal ein Credit für seine Mitarbeit bei der Ausstattung, der Effekte oder der Kameraarbeit bekommen hat, ist dagegen eine Erkenntnis, die erst in den letzten Jahren mehr in den Vordergrund gerückt wurde. So war Mario Bavas Mitarbeit an diversen Pepla (die Bezeichnung für die italienischen Sandalenfilme) beteiligt und hat durch sein handwerkliches Geschick und trotz des engen finanziellen Rahmens große Filme aus der Taufe gehoben. Dank des großen Erfolgs von „Die unglaublichen Abenteuer des Herkules“ im Jahre 1958 blüte das Pepla-Genre auf und ließ sich auch sehr gut in die USA verkaufen. Es folgten Fortsetzungen, Nachahmer, Spin-Offs und auch Crossovers rund um Herkules und seine griechischen Freunde und Feinde.

Im Jahre 1961 verwirklichte Mario Bava mit „Vampire gegen Herakles“ seinen zweiten kompletten eigenständigen Film (nach „Die Stunde, wenn Dracula kommt“) und wie üblich im Genre besticht der Film nicht durch seine Handlung, sondern durch seine Schauwerte. Mit gänzlich wenigen Mitteln erschafft Bava wundervolle Sets und vor allem durch die intensive Nutzung von Farben verliert man sich als Zuschauer in der Mise en Scène des Films. Zudem werden durch die exakte Kadrierung und Anordnung der Charaktere im Raum nachdrücklich die Helden im Bildausschnitt hervorgehoben. Natürlich fällt ins Auge, dass alles mit wenigen Requisiten und viel Pappmaché im Studio nachgebaut worden ist und ein kurzer Sprung außerhalb der Studioaufnahmen wirkt wie ein krasser Bruch. Dennoch ist die Farbdramaturgie und die Ästhetik so stark und kommt durch das neue, restaurierte Bildmaster der Blu-ray zur vollen Geltung, sodass man sich auch Jahrzehnte nach dem Erscheinungsjahr nicht satt sehen kann.

Dass die Handlung an vielen Stellen äußerst abstrus und unlogisch erscheint, was womöglich an diversen Änderungen während der Produktion und im Schnitt herrührt, stört nicht, wenn man schon längst der Cinemagie von Bava verfallen ist. Zuletzt muss man natürlich noch ein paar Worte zu den Schauspielern verlieren, denn häufig wurde Herakles bzw. Herkules wegen des Körperbaus von diversen Bodybuildern gespielt und deren schauspielerisches Talent ist in der Regel begrenzt. Der stets gut gelaunte Reg Park mimt den starken und naiv-fröhlichen Herkules, der vor allem durch seine tiefverbundene Freundschaft zu Theseus (Giorgio Ardisson als zugleich stets heiterer und lüsterner Lebemann) und seiner bedingungslosen Liebe zu Deianira (die Frauen wurden vornehmlich nach dem Aussehen gecastet) charakterisiert wird. Die Dialoge (zumindest in der deutschen Synchronisation) leben von Pathos, schwülstigen Liebebekundungen und offenbaren fast durchweg die Einfältigkeit der liebenswürdigen Charaktere. Dennoch ist zu beobachten, dass die schablonenhaften Charaktere und viele ihrer Merkmale noch heute ein fester Bestandteil des populären Films sind. Der strahlende Held, sein Kumpel, der nervige Sidekick, der Schurke und natürlich die Geliebte unterscheiden sich heute meist nicht in ihren Charakteristiken, sondern nur in der Intensität ihrer Darbietung von den frühen Genrefilmen und ein wenig Ironie und bewussten schwarzen Humor bot auch schon damals „Vampire gegen Herakles“.

Übrigens war der Film „Vampire gegen Herakles“ die Initialzündung des vierzehnjährigen Arnold Schwarzeneggers, auch einmal so sein zu wollen wie Reg Park/Herkules. So muten die ersten Gehversuche Schwarzeneggers in Hollywood dann auch genau so an. Mit dem Unterschied, dass „Herkules in New York“ weit entfernt ist von dem handwerklichen Geschick eines Mario Bavas und meiner Meinung nach verdeutlichen, dass der inflationär verwendende Begriff „Trash“ viel zu ausgehöhlt ist, um damit Filme zu kategorisieren.
 

2moulins

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Vampire gegen Herakles

Farbenprächtiger „Spaß“ aus dem Jahre 1961. Wie meist bei Mario Bava sind keine Vampire drin, wo „Vampire“ draufsteht. Herakles, im Film durchgängig Herkules genannt, steigt hinab in das Reich der Toten, um die Geliebte zu retten. Christopher Lee ist als Widersacher mit von der Partie. Zwischen den Aufnahmen in der Unterwelt gibt‘s auch ein paar Szenen an der Oberfläche im Stil alter Sandalenfilme. Man muss schon etwas tolerant sein und sich auf ‘was Verrücktes einstellen, wenn man den Film einlegt. Man nehme nur mal das „Steinmonster“ :lol:. Die Kulissen und Felsen, die ab und an durch die Gegend geschleudert werden, echt wirken zu lassen, hatte auch keine Priorität.:D

Ich fand‘s unterhaltsam und bereue nicht, damit die Sammlung der hervorragend gestalteten Collectors Edition der Mario Bava-Filme um ein weiteres Exemplar vergrößert zu haben (jetzt: 6 Stk.). :hoch:

(Hinweis: Aktuell kommen die Filme anscheinend nochmal alle als Mediabook. Mir gefällt aber die Collectors Edition mit den extrem stabilen Kartonagen besser.)
 

Willy Wonka

Locationscout
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Sehr schön, dass noch jemand diese Perle gesehen hat. :)

Bislang habe ich von Bava nicht viel gesehen (außer „Blutige Seide“), aber erst bei diesem Film hat es für mich wirklich "Klick" gemacht und die Inszenierung von Bava hat mich in ihrem Bann gezogen. Ich bin auf jeden Fall auf die anderen Filme von ihm gespannt. Die restlichen Veröffentlichungen von Koch Media stehen noch originalverpackt im Regal und warten darauf gesehen zu werden.

P.S. Habe deinen Beitrag aus dem Zuletzt-gesehen-Thema mal kopiert, damit er auch hier erhalten bleibt und gelesen wird.
 

2moulins

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Danke für‘s Kopieren. :hoch:
Hatte Deine KK noch gar nicht gelesen, zumal ich nicht damit rechnete, dass es zu diesem Film eine gibt.

Jedenfalls hast Du das sehr schön zusammengefasst und mit interessanten Infos garniert.

Wenn Du die anderen Filme noch vor Dir hast, bin ich überzeugt, dass Du damit auch noch Freude haben wirst. Diese betreffen ja ein anderes Genre, enthalten aber natürlich jeweils charakteristische Bava-Züge. Insbesondere bei den Farbfilmen ist die von Dir erwähnte Farbintensität ein echter Hingucker. Spannung und eine sehenswerte Kameraführung kommen hinzu.

Bei „Vampire gegen Herakles“ hatte ich Bedenken, dass er zu trashig rüberkommt, so dass ich ihn eigentlich übergehen wollte. Jetzt kaufte ich ihn allein aus Komplettierungsgründen der Bava-Collection, wurde aber positiv überrascht. Der Film macht echt Laune.

Ich bin gespannt, was Du zu den weiteren seiner Werke sagen wirst.
 

deadlyfriend

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Äußerst irritiert aber vollständig begeistert bin ich, das hier tatsächlich eine Rezension existiert und dann auch noch direkt so enthusiastisch :truppe:
Ich finde ihn ebenfalls absolut sehenswert und auch im Kontext, das Bava hier seine Vorliebe für "Malen mit Licht" erstmalig komplett umsetzen konnte, für hochinteressant. Selbst wenn man nicht unbedingt ein "Hercules" Fan sein sollte, ist dieser Bilderrausch einfach nur fantastisch. Etwas verwundert war ich im Vorspann über Rosalba Neri, da ich sie dort nicht in Erinnerung hatte und war auf ihren Auftritt gespannt, da er ja sehr früh in ihrer Karriere war. Wie ich hinterher erfahren habe, konnte sie wohl nicht zu den Dreharbeiten und hat ihre Schwester geschickt. Die Credits waren da aber wohl schon fertig :lol:
 
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