Todesmelodie

Russel Faraday

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Todesmelodie


amerika, zur zeit der mexikanischen revolution. der kleine gauner Juan (Rod Steiger) finanziert seinen lebensunterhalt, indem er mitsamt reichlich vorhandenem nachwuchs die kutschen gutbetuchter passagier ausraubt. als er den irischen sprengstoffexperten Sean (James Coburn) kennenlernt, ist ihm rasch klar, wie er dessen krawumm-talente gewinnbringend einsetzen kann: durch ausrauben der bank von mesa verde.

Sergio Leones vorletzter film hat in der öffentlichkeit keinen leichten stand. angesiedelt zwischen dem meisterwerk „spiel mir das lied vom tod“ und dem leicht überbewerteten „es war einmal in amerika“, fällt „todesmelodie“ irgendwie durch alle raster und wird leider zu oft auf seine stellung reduziert, Leones letzter (quasi)-western zu sein.

dabei ist der film sehr viel mehr, als man anfangs meinen möchte: die zotige westernklamotte wandelt sich rasch von einer komödie zu einem düsteren, todtraurigen drama mit zwei glänzenden hauptdarstellern, zwischen denen die chemie so stimmig ist, wie man es nicht alle tage erlebt. Steiger und Coburn spielen sich gegenseitig an die wand, trumpfen von szene zu szene mehr auf und meistern den spagat zwischen sprüchen, blödeleien und drama gekonnt. der film ist, wie immer bei Leone, so episch, wie nur was. hier spielt der meister seinen hang zur bildgewalt bis zur perfektion aus, lässt ihn vielen fällen die kamera seine geschichte erzählen, hinter der die dialoge fast verschwinden. Leone malt seine filme, und sein komponist gibt ihnen stimme.

denn wer Leone sagt, der muß auch Ennio Morricone sagen. wie siamesische zwillinge, inszenieren sie den gemeinsamen film. der maestro läuft zu höchstform auf, hat mit „todesmelodie“ seine meiner meinung nach schönste arbeit geschaffen, die auch losgelöst vom bildwerk zu 100 % bestehen kann und nicht nur, wie mittlerweile üblich, banales hintergrundgedudel zum geschehen auf der leinwand sein soll. seine musik ist ein eigenständiges kunstwerk.

an den kinokassen gefloppt, von vielen fans und kritikern missverstanden, so teilt sich „todesmelodie“ sein schweres erbe mit dem ähnlich angesehenen „twin peaks“-kinofilm von David Lynch, der ein vergleichbares schicksal erlitten hat: im oeuvre des filmschaffenden gern übersehen, bestenfalls stiefmütterlich behandelt, weit davon entfernt, als das meisterwerk angesehen zu werden, das er ist. so sitzt auch „todesmelodie“ völlig ungerechtfertigt gefangen zwischen allen fronten und wird sich wohl niemals aus den allmächtigen schatten anderer Leone-filme befreien können.

in epischen zweieinhalb stunden erzählt der selige Sergio seine geschichte. eine geschichte voller freundschaft, verrat, einsamkeit, verlust und doch auch humor. in kaum einem anderen film geben sich komödie und tragödie so sehr die klinke in die hand, und so lohnt sich ein intensiverer blick auf diesen anti-western, der sich im laufe der zeit zu meinem zweitliebsten Leone entwickelt hat.

nach „zwei glorreiche halunken“, versteht sich. ;)
 
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Dwayne Hicks

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AW: Todesmelodie

Prima KK :) hab den Film schon sehr lange im Blick und leider immernoch nicht gesehen, wird sich aber hoffentlich bald ändern :D
 

Alexboy

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AW: Todesmelodie

Liegt bei mir schon ewig herum. Muss den jetzt endlich mal anschauen! :bart:
 

Eclipsed

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AW: Todesmelodie

Habe den Film zwei Mal gesehen und muss Russel Recht geben...ein extrem unterschätzter Leone! Kann der Kritik nur beipflichten: tolle Musik und eine wunderbare Mischung aus Komik und Tragik...
"Und was ist mit mir?"
 

Tony Soprano

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AW: Todesmelodie

Was für krasse kritiken schreibt ihr den hier :huh: Applaus russel für diese Kritik zu einem wunderbaren Film! Was soll ich hier noch schreiben? Es ist alles drin! Leone und morricone sind die unerreichten Meister! Steiger und Coburn ein geniales team und der Film einfach nur gut!
Nur es war einmal in Amerika ist imho nicht überschätzt sondern immer noch unterschätzt :D
 

Count Dooku

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AW: Todesmelodie

Imo Leones bester Film. Ich geb aber zu, beim ersten Mal anschauen hat mir der Film noch nicht so gefallen. Das lag vor allem an dem starken Stilbruch mitten im Film. Als ich den Film durch Zufall ein 2. Mal angeschaut habe, hat er mir dann aber viel besser gefallen.
 

kelte

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AW: Todesmelodie

ich bemerke grad das ich hier keine KK zu geschrieben habe bzw. meine Meinung:huh:
für mich sind alle drei Leone Western auf derselben Augenhöhe da alle unterschiedlich sind, wobei Todesmelodie meiner Meinung nach eine tragischere wie auch politische Tiefe besitzt. Vorallem als der Charakter von Coburn das Massaker in der Höhle entdeckt, das zieht einen mit runter.
ich muss den demnächst nochmal sehen, dabei ist es grad mal 2 Jahre her und ich dachte wirklich, hier würde auch was von mir stehen da ich nach der damaligen Sichtung recht erschlagen war.
oder ich hatte damals dasselbe Problem wie gestern bei meinem Django beitrag...aber so eine Kritik lasse ich selten allein stehen. Gut geschrieben Russel:hoch:
 

kelte

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AW: Todesmelodie

Welche drei der fünf meinst du? :D
Schätze du meinst die epischen drei?!
natürlich :) wobei das auch ein ewiges Fauxpax meinerseits ist, da ich die Dollar Filme nie als Amerika Trilogie ansehe. Hab da mein eigenes Universum anscheinend:ugly: (im Grunde müsste man ja Nobody auch dazustellen, zu seinen Western...höhö...aber dann könnte sein das mich sein Geist erschlagen wird)
 

Tony Soprano

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AW: Todesmelodie

natürlich :) wobei das auch ein ewiges Fauxpax meinerseits ist, da ich die Dollar Filme nie als Amerika Trilogie ansehe. Hab da mein eigenes Universum anscheinend:ugly: (im Grunde müsste man ja Nobody auch dazustellen, zu seinen Western...höhö...aber dann könnte sein das mich sein Geist erschlagen wird)

Ich persönlich zähle die Nobodys, ehrlich gesagt, dazu.... :uff: und finde den ersten Nobody geradezu fast genial...
Im Grunde genommen zählt The Good, the Bad and the Ugly ja noch zur Dollar Trilogie und danach kommt die Amerika Trilogie :D
 

Louis Cyphre

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AW: Todesmelodie

Ich hab ihn vor ner Weile gesehen und nach ner halben Stunde abgebrochen, weil er mir zu albern war.Vielleicht bekommt er noch mal ne Chance.
 

kelte

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Ich persönlich zähle die Nobodys, ehrlich gesagt, dazu.... :uff: und finde den ersten Nobody geradezu fast genial...
Im Grunde genommen zählt The Good, the Bad and the Ugly ja noch zur Dollar Trilogie und danach kommt die Amerika Trilogie :D
Mittlerweile finde ich den ersten Nobody auch genial, aber zuerst ging es mir wie Louis. Und das war in den 80ern. Erst vor zwei Jahren rum, ist mir der leise tragische Abgesang zwischen den zeilen aufgefallen den der Film besitzt. Und auch so manche Einstellung, das Spiel mit Schatten wenn die Horde aufreitet...
Und wie ich schon sagte,- ich bring da was trilogie betrifft jedesmal alles durcheinander denn die Dollar Filme blende ich aus. Für mich sind (ich kann nicht bis 3 zählen) Spiel mir das Lied, Halunken (was liebe ich diesen FILM!!!:D), Todesmelodie und Es war einmal die Trilogie:ugly: (Gott bin ich Panne...aber ich kanns nicht ändern:))
 

Tony Soprano

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Mittlerweile finde ich den ersten Nobody auch genial, aber zuerst ging es mir wie Louis. Und das war in den 80ern. Erst vor zwei Jahren rum, ist mir der leise tragische Abgesang zwischen den zeilen aufgefallen den der Film besitzt. Und auch so manche Einstellung, das Spiel mit Schatten wenn die Horde aufreitet...
Und wie ich schon sagte,- ich bring da was trilogie betrifft jedesmal alles durcheinander denn die Dollar Filme blende ich aus. Für mich sind (ich kann nicht bis 3 zählen) Spiel mir das Lied, Halunken (was liebe ich diesen FILM!!!:D), Todesmelodie und Es war einmal die Trilogie:ugly: (Gott bin ich Panne...aber ich kanns nicht ändern:))

Kann das schon nachvollziehen, weil die drei großen Epen auch alles überschatten. Allen voran die Halunken ;)
Und im übrigen bin ich der Meinung, dass Leones letztes Werk (Es war einmal in Amerika) immer noch gnadenlos unterschätzt und sein bester Film ist :D
 

kelte

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AW: Todesmelodie

echt, der wird unterschätzt? ich kann da keinen Unterschied machen, da mir diese Filme absolut Heilig sind.
Es war einmal in Amerika hatte mir als 12jähriger im Kino, gezeigt das man im Alter eine Sehnsucht empfinden wird, über Dinge die man verliert, die mit einem Alt werden im Geiste aber Jung und unverdorben bleiben. War die Szene als der alte Noodles durch das Loch schaut...ergreifend
 

Tony Soprano

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AW: Todesmelodie

echt, der wird unterschätzt? ich kann da keinen Unterschied machen, da mir diese Filme absolut Heilig sind.

:kiss:

Ja, nur als Beispiel der Platz in den Top 250 der Imdb (Nr. 78). Auch sonst hört man recht wenig, welch großartiger Film dies ist. (11/10) würde ich sagen.
Und Russel schreibt in dieser Kritik hier von 'leicht überbewerteten' :eek:

kelte schrieb:
Es war einmal in Amerika hatte mir als 12jähriger gezeigt das man im Alter eine Sehnsucht empfinden wird, über Dinge die man verliert, die mit einem Alt werden im Geiste aber Jung und unverdorben bleiben. War die Szene als der alte Noodles durch das Loch schaut...ergreifend

:hoch:
 

kelte

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hab grad flott die Kritik zu Es war einmal gelesen. Ich sehe, die Szene mit dem Loch werde ich mit ins Grab nehmen :) mein Kumpel ist bei dem Film eingeschlafen (wie geschrieben, wir waren da grad mal 12 und da nehm ich es ihm nicht übel) aber dieser Film war der cineastische Weckruf in mir, das es bei vielen Filmen um mehr geht als sich nur davor setzen und berieseln lassen.
 

Tony Soprano

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hab grad flott die Kritik zu Es war einmal gelesen. Ich sehe, die Szene mit dem Loch werde ich mit ins Grab nehmen :) mein Kumpel ist bei dem Film eingeschlafen (wie geschrieben, wir waren da grad mal 12 und da nehm ich es ihm nicht übel) aber dieser Film war der cineastische Weckruf in mir, das es bei vielen Filmen um mehr geht als sich nur davor setzen und berieseln lassen.

Ich habe mal im entsprechenden Thread dazu geantwortet. Damit es hier bei Coburn und Steiger bleibt. :)
 

2moulins

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Habe nach geschätzten 10 Jahren nochmal "Todesmelodie" angesehen, wenige Tage nach "Spiel mir das Lied vom Tod".

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass diejenigen, die 1968 von "Spiel mir das Lied..." begeistert waren, ziemlich enttäuscht waren, wenn sie 4 Jahre später Leone's nächstes Werk, "Todesmelodie", sahen. Denn von fast allem, was "Spiel mir ..." so einzigartig und besonders macht, gibt's hier eigentlich nichts - außer vielleicht ein guter Soundtrack von Ennio Morricone. Man braucht auch eine Zeitlang, bis man dem Revolutions-Film etwas mehr abgewinnen kann. Anfangs relativ komödiantisch, wechselt die Stimmung in der zweiten Hälfte. Massenerschießungen und beklagenswerte Verluste von Angehörigen, die Opfer des mexikanischen Regimes werden, schaffen depressive, traurige Momente, für die man sich auch sehr viel Zeit lässt.

Rod Steiger verkörpert seine Rolle hervorragend und könnte tatsächlich ein Mexikaner sein. James Coburn ist ein adäquater Mitspieler. Meine Meinung zum Film wurde mit zunehmendem Zeitablauf immer besser. Trotzdem kann er mit "Spiel mir das Lied vom Tod" nicht mithalten.

7,5/10
 
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