Nordsee ist Mordsee
Der 14jährige Uwe lebt mit seiner Familie in einen der Hamburger Plattenbauten in Wilhelmsburg. Sein Vater arbeitet am Hafen und ihm rutscht schnell die Hand aus wenn Uwe mal Mist baut oder nicht so spurt wie er will. Dazu kommt das Uwes Vater ein Alkoholproblem hat.
Mit seiner Clique bricht Uwe Zigaretten oder Spielautomaten auf und gängeln wann immer es geht den Asiaten Dshingis. Dshingis,- ein Einwandererkind der mit seiner alleinerziehenden Mutter zusammen wohnt, träumt davon mit einem Floß der Elbe entlang abzuhauen. Daher baut er wann immer es geht aus Holz und Müllresten an seinem Floß.Bis dieses von Uwe und seiner Clique zerstört wird und es zu einem Kampf kommt in dem Uwe unterliegt.
Danach entsteht eine Freundschaft zwischen beiden, zumal Uwe in seiner Clique einen Imageverlust erlitten hat. Von nun an leben beide zusammen den Traum, mit einem Boot abzuhauen, was sie kurze Zeit später auch in die Tat umsetzen.
Hark Bohm drehte 1976 in Hamburg diesen Klassiker des deutschen Filmes. Für damalige Verhältnisse besitzt er eine zeitgemässe Beobachtung des täglichen Rassismus aber auch den Blick auf Problemkinder mitsamt ihren Träumen und den Nöten des Erwachsenwerdens.
Ein ungewöhnlich gut agierendes Casting trägt den Film noch nach über 30 Jahren seiner Entstehung und Bohm investierte nicht in ein dröges Kammerspiel sondern verschmelzt gut die Lokalität mit seiner Geschichte. Dazu kommen die melancholischen Lieder von Udo Lindenberg, die inhaltlich dem Film weitere gute Momente geben.
Die Geschichte könnte auch heute spielen, was sich geändert hat ist die Musik und die Kleidung,- was aber geblieben ist, ist der Geist des Wunsches nach Flucht in den Köpfen der Jugendlichen, die in Problemhaushalten ranwachsen. Dabei wird keine kitschige Moralkeule geschwungen sondern es wächst mit dem Film auch die Erkenntnis, das Rassismus nur ein Ventil der Unzufriedenheit ist. Gekonnt wird eine Kehrtwende präsentiert, die absolut realistisch ist wenn Menschen sich ohne Vorbehalte miteinander beschäftigen und zuhören. Das Futter für wunderbare Freundschaften.
Daher volle Punktzahl für diesen Klassiker mit Inhalt, Zeitgeist und sympathischen Hauptdarstellern die zu keiner Zeit Langeweile aufkommen lassen. Man schmeckt den Sommer ´76 in Hamburg mit jeder Einstellung. Grandios!