Night on Earth

Willy Wonka

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Night on Earth


„Wohin soll's gehen?“

Jim Jarmusch entwirft ein weiteres Mal ein Abbild unserer Wirklichkeit und erneut gelingt es ihm sich nicht in phrasenhafte Hollywood-Abbildungen zu verlieren oder sonstigen Konventionen des Films zu unterliegen. Seine Methode ist auf den ersten Blick simpel, denn es scheint fast so, dass er einfach das filmt, was vor die Linse kommt und seine Schauspieler scheinen zu improvisieren und sich durch diese Freiheit beinahe in Ekstase zu spielen, sodass sie wirklich zu dieser Person werden, die sie im Film verkörpern.

Eine Frage durchzieht sich wie ein roter Faden durch die Filme von Jim Jarmusch:
„Wohin soll's gehen“.
In seinen ersten Filmen war ich mir unsicher, was Jarmusch abbilden wollte oder ob er überhaupt einen Plan verfolgt oder ob ein Sinn hinter dem Gezeigten offenbart werden kann. Von Film zu Film wurde dieser scheinbare Stillstand der Handlung und der „Nicht-Aktionen“ weniger bzw. der Zuschauer gewöhnte sich an den Jarmusch'en Minimalismus und spätestens bei „Night on Earth“ wird verdeutlicht, was Jarmusch mit seinen Filmen bewirken will.
Die Frage „Wohin soll's gehen?“ wird von den im Film porträtierten Taxifahrern gestellt und jedes Mal gibt es eine klare Antwort und auch der Zuschauer bekam Antworten. Denn bereits der Anfang stellt die Struktur des weiteren Films vor, denn wir als Zuschauer werden im weiteren Verlauf des Films Zeugen von Momentaufnahmen von fünf verschiedenen Taxifahrern in fünf verschiedenen Städten der Welt zur gleichen Zeit. Als Überblendung fungieren fünf Uhren, welche die Uhrzeit von Los Angels, New York City, Paris, Rom und Helsinki angeben.

Die einzelnen Episoden überschneiden sich in dem Thema, dass Menschen in Dialog miteinander treten. Verschiedene Ansichten, Weltbilder, Meinungen und Glaubensrichtungen treffen aufeinander und ob eine amerikanische Schauspielagentin, ein deutscher Clown, eine Blinde, ein Priester oder betrunkenen Finnen alle haben gemein, dass sie Fahrgäste sind, die an ihren jeweiligen Ort gebracht werden wollen. (Einzig der Deutsche ist mehr oder weniger der Taxifahrer).

Durch die facettenreichen und abwechslungsreichen Fahrten, besticht jede Episode durch ihre eigene Skurrilität, ihren eigenen Humor oder ihre innewohnende Dramatik. Darüber hinaus wird die Authentizität dadurch verstärkt, dass in jeder Stadt die jeweilige Landessprache gesprochen wird.

Jarmusch unterhält mit seinem eigenwilligen Stil den Zuschauer fantastisch und regt den Zuschauer an, über unsere Welt und den Dialog zwischen Menschen zu reflektieren.
 
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