Nicotina

Frankie

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Filmkritiken
40

Kritik von Vince

NICOTINA

Ausschnitte aus meiner ofdb-Kritik

Die unzähligen Tarantino-Epigone in Gänze zu verfolgen, ist ja inzwischen ein nahezu sinnloses Unterfangen geworden. Filmplakate und DVD-Cover, die mit großkotzigen Vergleichen prahlen gibt es zuhauf und langsam kann man es wirklich nicht mehr hören - zumal die meisten Beiträge ihre Versprechen nicht mal ansatzweise halten können. Doch sämtliche Teile dieser Welt wollen anscheinend beweisen, dass sie mindestens genauso cool sind wie der abgedrehte Amerikaner und Guy Ritchie, der trittbrettfahrende Brite. Ich vermute dahinter sogar einen patriotischen Antrieb - nicht umsonst sind es die heißblütigen Länder, die am meisten auf der Welle mitsurfen.

“Nicotina” aus der Schmiede des stolzen Völkchens Mexiko befolgt mit seiner Prämisse eine Grundzutat aller Tarantino-Filme, nämlich die Schundphilosophie im Alltag des Durchschnitts-Milieumitglieds (dass das Milieu die Gangsterszene ist, bleibt bei aller Zentralität eigentlich relativ egal). Und diese Grundzutat wird dann in einen Verwechslungsplot à la Ritchie eingebettet, bis es zum auf Zufall errichteten total schrägen Finale kommt. Dem Drehbuchautoren fällt aber nichts weiter ein, als eine Beiläufigkeit aus den Vorbild-Produktionen (die “Red Apple”-Zigarettenmarke als kontinuierliche Verbindungsstelle zwischen “Pulp Fiction”, “From Dusk Till Dawn” etc.) zum zentrifugalen Aufhänger seiner eigenen Geschichte zu machen. Zum einen charakterisiert die Zigarette das Milieu zwischen nervöser Hektik und cooler Gelassenheit, zum anderen wird sie zum Symbol für ein Zufallsprodukt gemacht. Ein Raucher listet hier unbeirrt diverse Statistiken auf, um zu belegen, dass Raucher gar nicht früher sterben als Nichtraucher - und in diesem Metier mag das sogar stimmen, denn der Zigarette könnte immer eine Kugel zuvorkommen.

"Nicotina" vermag es dabei nicht, aus der Masse zu ragen, weil er trotz seiner Schnelligkeit doch recht unspektakulär gefilmt ist und vor allem, weil die Figuren eigentlich durch die Bank alle nicht richtig funktionieren. Dazu fehlt es ihnen zu sehr an Macken. Sie sind zu glatt und ihre Eigenschaften kennt man in viel überspitzterem Maße noch alle aus anderen Filmen. Alejandro Lozanos “Matando Cabos” wirkt daher fast wie ein das Original übertrumpfendes Sequel, denn der Stil ist zwar fast identisch, doch die Charaktere und einige Ideen in der Inszenierung wurden aufgepeppt.

Letztendlich kommt das alles zehn Jahre zu spät und taugt daher heute nur noch für gepflegte Unterhaltung in der Runde, die man im Normalfall aber schon beim zweiten Film des Abends wieder vergessen hat. Es sei denn, Raucher und Nichtraucher teilen sich den Abend, dann könnte er Grundlage für eine hübsche (Nicht-)Quarzerdebatte sein. In dem Fall empfehle ich mit “Thank You For Smoking” und “Quitters, Inc.” aus Stephen Kings “Katzenauge” abzuschließen.

5/10
 
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