Nichts als die Wahrheit

deadlyfriend

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Nichts als die Wahrheit


Normalerweise mag ich es ja nicht wenn historische Fakten mit Fiktion gemischt wird. Allerdings kommt es dabei aber auch darauf an, worin der Zweck einer solchen Konstellation liegt. Ebenfalls natürlich ob der Film die fiktionale Komponente aufklärt, oder den Zuschauer im Dunkeln stehen läßt. Ausgerechnet ein Film mit dem Titel "Nichts als die Wahrheit" serviert uns aber genau diese Mischung. Zum Glück, denn daraus ist ein phänomenaler Film entstanden.

Fast jeder wird den Namen Dr. Josef Mengele schon einmal irgendwo gehört haben und wird wahrscheinlich nichts Gutes damit verbinden. Dieser lange gesuchte Verbrecher starb in Wirklichkeit 1979 bei einem Badeunfall in seinem Exil Brasilien. Bis dahin begleitet der Film auch weitestgehend die Fakten, allerdings beginnt er ab diesem Zeitpunkt mit einer wahnwitzigen Idee: Mengele ist nicht tot und hat sein Ableben nur fingiert. Nun möchte er sich aber den Gerichten der Bundesrepublik stellen und benötigt dafür einen Anwalt. Er will nichts leugnen, sondern nur die Wahrheit erzählen.
Mit diesem spannenden Aufhänger zu Beginn wirft er aber schonmal eine brisante Frage auf, die jeden Anwalt beschäftigen würde: Wie verteidigt man mit gutem Gewissen den Todesengel von Auschwitz?
Immerhin ist es ja die Pflicht eines Verteidigers das Beste für seinen Mandanten rauszuholen. Aber für Mengele? Zudem begegnet man natürlich auch einer aufgeheizten Öffentlichkeit. Die braune Fraktion ist nämlich sofort zur Stelle, aber auch die Linksradikalen sind direkt vor Ort. Das geht so weit das der Anwalt Nachts unfreiwillig von Skinheads beschützt wird, da ihm die andere Seite ans Leder will.
Durch diese unglaubliche Konstellation bekommt man einen unheimlich spannenden Gerichtsthriller serviert der Unbedarfte auch schonmal höllisch manipuliert. Das liegt aber auch an einem fabelhaften Götz George, der einen der größten Verbrecher gegen die Menschlichkeit fantastisch verkörpert. Natürlich werden hier verschiedene Elemente mit Hollywood Konventionen verbunden, aber sie passen perfekt zur Szenerie und dem Ruf den diesem Menschen seit Jahrzehnten begleitet. Die Aura des Bösen umgibt ihn, seit man die Erkenntnisse seiner Taten hat. Dies stellt Götz George hervorragend dar, weshalb ihm Rufe nach "Das Schweigen der Lämmer" absolut nicht gerecht werden. Im Gegenteil! Er verleitet dazu seine Taten zu hinterfragen und sie aus anderen Perspektiven zu sehen. Auch deshalb beschäftigt sich der Film im Subtext mit heutiger Sterbehilfe. Man darf nur nicht den Fehler begehen, sich verführen zu lassen.

Die einzigen winzigen Schwächen resultieren meiner Ansicht nach aus dramaturgischen Fehlern, die sich der Film leistet. Der Plot um die Mutter des Anwalts Rohm, hätte man sich als wirkungsvolles Beispiel einfach sparen können und auch das seine Frau wieder zur Journalistin wird, hätte nicht zwingend sein müssen. Trotzdem sind diese Dinge locker zu verzeihen, da der Film von Roland Suso Richter ansonsten alles richtig macht. Wer deutschen Filmen nicht abgeneigt ist, muss sich diesen hochspannenden Gerichtsthriller unbedingt ansehen.
 

Tarantino1980

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Schöne Kritik deadly und ich könnte mir vorstellen das ich den Film auch gut finde. Zwar steht mir im Moment nicht so der Kopf nach diesem Subgenre des Thrillers, aber ich hab den Film mal auf meine "must-see" Liste gesetzt und sobald ich mal wieder in der passenden Stimmung bin werde ich ihn mir ansehen.
 

deadlyfriend

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Ich bin mir sicher das er dir gefällt. Gesehen haben sollte man den auch;)
 
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