La Fortuna

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La Fortuna

Das US-Unternehmen „Atlantis“ ist darauf spezialisiert, den Meeresgrund nach Schätzen von untergegangenen Schiffen zu durchforsten. In der Straße von Gibraltar werden sie fündig. Ein riesiger Schatz der eine halbe Milliarde Dollar wert sein könnte. Die spanische Regierung sieht dem Treiben erstmal tatenlos zu, aber der junge Nachwuchs-Diplomat Alejandro, sieht hier Chancen etwas zu tun und damit in die Nähe des Ministers für Kultur zu gelangen. Er bekommt den Auftrag festzustellen, ob Spanien eventuell einen Besitzanspruch haben könnte. Mit Hilfe von Lucia, die ebenfalls im Amt arbeitet, hegt man langsam den Verdacht, dass es sich um das 1804, von den Briten versenkte Schiff, „La Fortuna“ handeln könnte. Dies zu belegen, gestaltet sich als äußerst schwierig, da die Amerikaner mit allen Wassern gewaschen sind. Hilfe bekommen sie von dem amerikanischen Anwalt Jonas Pierce, der mit „Atlantis“ noch eine alte Rechnung offen hat.

Alejandro Amenábar hat hier eine wundervolle, 6-teilige Miniserie erschaffen, in die ich mich völlig verliebt habe. Das hat verschiedene Gründe. Einmal ist es natürlich der Inhalt, weil für mich das Thema hochinteressant ist und ich mich auch nicht erinnern kann, so etwas schonmal verfilmt gesehen zu haben. Der komplette Fall ist spannend und mitreißend umgesetzt, weshalb man nie genau weiß, was als Nächstes passiert. Allerdings ist „La Fortuna“ trotzdem kein Hochspannungsthriller, sondern eine Mischung aus Thriller, Justizthriller, Historie, Romanze, Drama, Abenteuer und selbstverständlich fehlen auch keine komödiantischen Zutaten, die aber perfekt dosiert eingefügt sind. Die Bilder dazu, sind ebenfalls fantastisch. Ist das wirklich eine spanische TV-Serie? Die Unterwasseraufnahmen bei der Schatzsuche sehen hervorragend aus. Ebenso der Sprung ins Jahr 1804, als das Schiff untergeht aber nicht nur diese Szenen sind toll umgesetzt, sondern auch viele weitere Bilder. Madrid im Regen bei Nacht, ist wundervoll fotografiert und auch sonst ist das ein hervorragendes Niveau. Hinzu kommt die famose Darstellerriege. Stanley Tucci ist natürlich schonmal eine Bank. Die mir bis dato unbekannten Álvaro Mel und Ana Polvorosa haben sich aber absolut in mein Herz gespielt. Wo hat Amenábar die denn ausgegraben? Sie spielen wirklich wunderbar und am liebsten hätte ich mich zu ihnen dazu gesellt. Dies sind aber nicht nur die Darsteller, sondern auch die Charaktertiefe, die ihnen gegeben wurde. Wirken sie zu Beginn noch eher etwas spröde, entfalten sie sich immer weiter und wirken dadurch wahnsinnig lebendig. Keine schnell vergessenen Abziehbilder, sondern Rohdiamanten, die immer etwas unberechenbar bleiben. Ich hätte davon am liebsten 5 Staffeln mit 100 Folgen gesehen.

Vielleicht lacht mich Amenábar aus, aber ich sehe hier auch ganz klar eine persönliche Biografie. Ich habe mich ja mit dem Regisseur etwas intensiver beschäftigt und wahnsinnig viele Parallelen und Metaphern entdeckt. Der Hauptprotagonist heißt wahrscheinlich nicht umsonst mit Vornamen Alejandro. Zudem ist er 25 Jahre alt und hört gerne klassische Musik. Schon in diesen jungen Jahren steigt er in eine große Welt ein und muss sich mit Widrigkeiten abgeben. Inhaltlich zeigt er auf, wie Spanien mit der eigenen Kultur umgeht und vieles den anderen überlässt. Solche Dinge hatte er bereits in Audiokommentaren über sein eigenes Filmschaffen in Spanien gesagt und auch der filmische Übergang in die USA und die damit verbundenen Probleme, sind für mich Metaphern auf sein eigenes Wirken. Ich bin also relativ sicher, dass „La Fortuna“ auch irgendwie ein verschlüsseltes Biopic darstellt, welches viele seiner eigenen Erfahrungen beinhaltet. Auch die amerikanische Schatzsuche der „Atlantis“ könnte dafürstehen, dass Hollywood weltweit alles einkassiert, was irgendwie interessant zu sein scheint.
Ebenso das Finale, in dem ein Angebot kommt, welches er ablehnt, sieht für mich nach einem Hinweis aus, denn letztendlich filmt Amenábar wieder in seiner Heimat.
Falls ich mich da komplett irre: Disculpa, Alejandro!

Die Serie habe ich bei Disney+ gesehen, aber da sie glücklicherweise auch als Disc erschienen ist, werde ich die noch nachlegen. Bei diesem Schatz wäre es für mich persönlich nämlich sehr schade, wenn er bei einer Absetzung verschollen bleiben würde.
 
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