Fitzcarraldo

Die wilde 13

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AW: Fitzcarraldo

Fitzcarraldo

Fast 10 Jahre nach Aguirre, der Zorn Gottes trafen sich Werner Herzog und Klaus Kinski mehr oder weniger freiwillig im Dschungel Südamerikas wieder, weil die ursprünglichen Darsteller Jason Robards, Mick Jagger und schließlich auch Mario Adorf aus den unterschiedlichsten Gründen das Projekt verliessen. So bekam also der liebe Klaus die Rolle Robards als Fitzcarraldo und der Chaosdreh nahm weiter seinen Lauf...

Im Gegensatz dazu wirkt der Film wie ein langer, ruhiger Fluss, der - wie schon von Herzog gewohnt - in traumhaften Bildern die Geschichte des Träumers Brian Sweeney Fitzgerald (Kinski), von den Indios aber nur "Fitzcarraldo" gerufen wird,schildert, der unter hohem Einsatz nicht Berge, aber zumindest Schiffe über einen solchen versetzen kann. Und das alles nur, um mitten im Urwald eine Oper bauen zu können, damit der große Enrico Caruso auch dort seine Arien schmettern kann. Da dieser Traum nicht gerade billig ist, versucht "Fitz" das nötige Kleingeld damit aufzutreiben, ein noch unerschlossenes Kautschukgebiet durch den besagten Umweg zu erreichen, um unpassierbare Stromschnellen zu umgehen. Finanzielle Hilfe bekommt er von seiner Freundin und Bordellbesizterin Molly (Claudia Cardinale), weitere Hilfe in Form von Muskelkraft bekommt er unverhofft von Seiten der Indios, die aber nicht nur aus Nächstenliebe schuften...

Im Gegensatz zu Aguirre nimmt sich Herzog hier Zeit für die Geschichte und den Charakteren, die daher wesentlich stimmiger ist. Die Laufzeit von 157 min. vergehen wie im Flug, weil man hier am Schicksal aller Protagonisten teilnimmt. Seine große Stärke, imposante Naturaufnahmen und Perspektiven, kann er natürlich auch hier voll ausschöpfen. Die Szenen, in denen das Schiff den Berg hochgezerrt wird, haben eine große Kraft und sind auch deshalb so authentisch, weil Herzog wahrhaftig diesen Kahn von echten Indios (die dafür gut bezahlt wurden!) über den Berg zerren ließ. Da fragt man sich, wer da der eigentliche Träumer ist...

Kinski spielt fast schon zurückhaltend aber dafür mit einer Portion Schrulligkeit, so das die Figur eines spinnerten Phantasten noch besser rüberkommt. Freilich, in manchen Szenen (z.B. Kirchturm) blitzt der ihm gegebene Irrsinn doch durch und somit bleibt sein Fitzcarraldo stets unberechenbar.

Auch wenn so einige historische (den Mann gab es wirklich) wie auch geographische Fakten "etwas" ausgeschmückt wurden, so ist es doch eine faszinierende Geschichte darüber geworden, was alles möglich ist, wenn man an sich glaubt. Der einfühlsame Score von Popol Vuh tut ein übriges, um fast 2,5 Stunden in eine andere Welt abzutauchen.

8,5/10
 
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