Enemy

Tarantino1980

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Enemy


Der Geschichts-Professor Adam führt ein tristes Leben zwischen Job und Privatleben. Zwar wird er regelmäßig von seiner Freundin Mary besucht, jedoch scheint es so als ob sie keine sehr erfüllte Beziehung führen. Plötzlich entdeckt jedoch Adam etwas, was ihn vollkommen aus der Bahn wirft....

Ich hoffe das man von dem Regisseur Denis Villeneuve noch einiges hören wird. Auch der zweite Film den ich von ihm nun kenne hat mir außerordenlich gut gefallen. Vieleicht sogar noch eine Spur besser als Prisoners da Enemy unkonventioneller und mehr "Arthouse" ist. Eine Warnung direkt vor ab wer interesse hat sich den Film anzuschauen sollte im Vorfeld wirklich nichts über den Film lesen, zu groß ist einfach nicht nur die Gefahr das man einem Spoiler zum Opfer fällt als auch die fast noch größere Gefahr das man nicht mehr unvoreingenommen an den Film herrangeht. Natürlich ist es grundsätzlich wichtig sich einen Film möglichst unvoreingenommen und mit kaum einer Erwartungshaltung anzusehen, aber Enemy ist ein Film auf den das besonders zutrifft, da man sonst nicht frei und offen gegenüber diesem tollen Film sein würde. Denis Villeneuve hat mich zumindest wieder erneut in seinen Bann gezogen und neben der sehr interessanten Story, welche auf dem Roman Der Doppelgänger von José Saramago basiert, es auch geschafft mich wieder mit tollen Bildern zu fesseln. Der Film war zu keinem Zeitpunkt langweilig und bietet genau das was einen Film interessant macht, er lässt den Zuschauer bis zum Ende im dunklen und lässt ihm viel Interpretationsspielraum.

Der Cast ist einfach nur ein Traum. Jake Gyllenhaal spielt die Doppelrolle phantasitsch. Mélanie Laurent undSarah Gadon sind nicht nur optisch eine Augenweide sondern auch Schauspielerisch. Obwohl der Film mit nur drei Hauptdarstellern und einer, wenn auch sehr prominent besetzten Nebendarstellerin in Form von Isabella Rossellini, einen sehr kleinen Hauptcast hat, wirkt der Film dennoch nicht wie ein Kammerspiel sondern wie ein sehr großer Film der vorallem Toronto in einem Look darstehen lässt, in dem ich es persönlich noch nie gesehen habe.

Für jeden Fan von intelligenten Filmen und natürlich von Fans von Denis Villeneuve ist dieser Film absolute Pflicht. Fans von Prisoners seien jedoch gewahrnt da dieser Film ganz anders ist von der Machart und ich ihm eher dem Arthouse-Genre zuordnen würde. Für mich war der Film jedenfalls großes Kino und die Story hat mich nicht nur in ihren Bann gezogen, sondern wird mich auch noch einige Zeit beschäftigen!

Wertung: 10/10
 
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2moulins

Filmgott
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AW: Enemy

Ich fand den Film auch absolut großartig! Aber jedermanns Sache wird der Film bestimmt nicht sein. ;)

Hab' ihn mittlerweile auch gesehen und empfand's als tolles Seherlebnis! :hoch:
Starke Bilder, sehr ruhig erzählt. Hat mich keine Sekunde gelangweilt, sondern in seinen Bann gezogen. Die wenigen Schauspieler sind hervorragend gewählt und allesamt perfekt.

Den Hauptplott - denke ich - habe ich sogar verstanden :) - jedenfalls sehe ich meine Gedanken im Interview mit dem Regisseur bestätigt. Aber der Film lädt auf jeden Fall zum wiederholten Sehen ein, und es bleibt Spielraum zum Nachdenken. Manches konnte ich auch noch nicht erschließen Spinne

Toronto habe ich - außer in der Skyline - kaum wieder erkannt. Die Stadt wirkt trostlos, manchmal wie im Dauer-Smog. Aber gerade diese Stimmung und die gefilterte Farbgebung haben ihren Reiz.

Ich mochte Prisoners sehr, habe mich aber an ein paar Details gestört. Enemy ist dagegen durch und durch rund. Gerade auch wegen des brillanten Endes, das allerdings vielen Leuten vor den Kopf stoßen dürfte.

Ja, diese Schluss-Szene hab' ich noch nicht kapiert. Mal sehen, ob zusätzliche Sichtungen etwas bringen. Oder Du erklärst mir mal Deine Deutung :).

Warum hast Du eigentlich Deine tolle Rezension von der OfdB- Seite nicht hier bei den KKs eingestellt? Das warst Du doch, oder?
 
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Vince

Filmstar
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AW: Enemy

Ja, diese Schluss-Szene hab' ich noch nicht kapiert. Mal sehen, ob zusätzliche Sichtungen etwas bringen. Oder Du erklärst mir mal Deine Deutung :).

Da bin ich jetzt mal ganz faul und kopiere mal meine damalige Interpretation, wie ich sie kurz nach Kinobesuch in einem anderen Forum beschrieben habe:

Ganz grundsätzlich steht die Spinne im Gesamten Film für das Weibliche. Die Spinne, die am Anfang zertreten wird vor den Augen lüsterner Männer im Sexclub, steht also gewissermaßen für die Angst vor der Weiblich- bzw. Fruchtbarkeit, die eben nur durch die Vernichtung der Spinne gelöst werden kann, was wiederum im direkten Zusammenhang mit dem Lustgewinn im Club steht. Gewissermaßen emanzipieren sich die Männer dadurch von den Frauen und genießen ihre Ungebundenheit. Davon handelt ja auch der Film im Gesamten - Gyllenhaal zwischen den beiden Frauen (die sich nicht ohne Grund ähnlich sehen), eine schwanger, die andere eine Affäre.

Die Spinne in der letzten Szene wird definitiv als ängstlich / schockiert dargestellt und nicht etwa Gyllenhaal - gerade das macht die Schlusssequenz so verwirrend. Ich würde sagen, dass seine schwangere Frau in diesem Moment erkennt, dass sich Gyllenhaal eben doch nicht mit der Zukunft als Familie arrangiert hat - er sieht in der Frau das Fruchtbare, die Mutter seines zukünftigen Kindes, und somit eine Verpflichtung, die er immer noch nicht bereit ist einzugehen (kurz vor dem besagten WTF-Moment öffnet er ja einen Brief und findet darin einen Schlüssel, bei dem es sich offensichtlich um den Zugangsschlüssel zum Sexclub handelt). Das Mutter-Motiv ist ohnehin sehr dominant im Film, eine Schlüsselszene dafür ist die Kreatur, die über dem Stadtbild von Toronto wandelt und stark an die Skulptur "Maman" angelehnt ist. Auch Isabella Rossellinis Gastrolle gibt hier einige Hinweise.

Und was Gyllenhaals Figur angeht, würde ich davon ausgehen, dass der Geschichtslehrer zugleich der erfolglose Schauspieler ist, der ein paar Komparsenrollen ergattern konnte, sein Brot aber an der Universität verdient. Beim Betrügen seiner Frau hat sich sein Bewusstsein in zwei Persönlichkeiten gespalten, um den Selbstvorwürfen zu entgehen. Als es dann später zum "Frauentausch" kommt, findet in seinem Gehirn ein Umdenken statt. Er bekämpft seinen inneren Feind und löscht ihn durch den Autounfall praktisch aus, um zu seiner schwangeren Frau zurückzukehren. Und das scheint auch zu gelingen - bis es eben zur unerwarteten Schlussszene kommt.

Warum hast Du eigentlich Deine tolle Rezension von der OfdB- Seite nicht hier bei den KKs eingestellt? Das warst Du doch, oder?
Danke! Ja, war meine. Ich komm generell nicht mehr nach, alles einzustellen, da ich inzwischen zu jede Film- oder Seriensichtung mindestens eine Kurzkritik in die ofdb eintrage (also ungefähr eine Kritik pro Tag im Durchschnitt). Da schaff ichs leider irgendwie nicht mehr, das immer alles vollständig zu übertragen...
 
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Willy Wonka

Locationscout
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AW: Enemy

Eine sehr interessante Interpretation!

Danke! Ja, war meine. Ich komm generell nicht mehr nach, alles einzustellen, da ich inzwischen zu jede Film- oder Seriensichtung mindestens eine Kurzkritik in die ofdb eintrage (also ungefähr eine Kritik pro Tag im Durchschnitt). Da schaff ichs leider irgendwie nicht mehr, das immer alles vollständig zu übertragen...

Da sei einmal die Frage erlaubt, wie du das zeitlich bewältigst? Da du ja auch sehr viele Musikrezensionen schreibst und veröffentlichst. Arbeitest du eigentlich mittlweile richtig in diesem Bereich oder ist das "nur" ein Hobby?
 

Tarantino1980

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AW: Enemy

Zuersteinmal musste ich einfach eure tollen Beiträge aus dem Mediatheken Thread hier her kopieren damit sie nicht untergehen! Und natürlich hoffe ich das sich dadurch auch noch weitere Leute hier den Film ansehen da er für mich wirklich viel Spielraum zur Interpretation bietet!

Vince hat da ja schon einen sehr guten Anfang gemacht! :hoch:

Ganz grundsätzlich steht die Spinne im Gesamten Film für das Weibliche. Die Spinne, die am Anfang zertreten wird vor den Augen lüsterner Männer im Sexclub, steht also gewissermaßen für die Angst vor der Weiblich- bzw. Fruchtbarkeit, die eben nur durch die Vernichtung der Spinne gelöst werden kann, was wiederum im direkten Zusammenhang mit dem Lustgewinn im Club steht. Gewissermaßen emanzipieren sich die Männer dadurch von den Frauen und genießen ihre Ungebundenheit. Davon handelt ja auch der Film im Gesamten - Gyllenhaal zwischen den beiden Frauen (die sich nicht ohne Grund ähnlich sehen), eine schwanger, die andere eine Affäre.

Die Spinne in der letzten Szene wird definitiv als ängstlich / schockiert dargestellt und nicht etwa Gyllenhaal - gerade das macht die Schlusssequenz so verwirrend. Ich würde sagen, dass seine schwangere Frau in diesem Moment erkennt, dass sich Gyllenhaal eben doch nicht mit der Zukunft als Familie arrangiert hat - er sieht in der Frau das Fruchtbare, die Mutter seines zukünftigen Kindes, und somit eine Verpflichtung, die er immer noch nicht bereit ist einzugehen (kurz vor dem besagten WTF-Moment öffnet er ja einen Brief und findet darin einen Schlüssel, bei dem es sich offensichtlich um den Zugangsschlüssel zum Sexclub handelt). Das Mutter-Motiv ist ohnehin sehr dominant im Film,

Und was Gyllenhaals Figur angeht, würde ich davon ausgehen, dass der Geschichtslehrer zugleich der erfolglose Schauspieler ist, der ein paar Komparsenrollen ergattern konnte, sein Brot aber an der Universität verdient. Beim Betrügen seiner Frau hat sich sein Bewusstsein in zwei Persönlichkeiten gespalten, um den Selbstvorwürfen zu entgehen. Als es dann später zum "Frauentausch" kommt, findet in seinem Gehirn ein Umdenken statt. Er bekämpft seinen inneren Feind und löscht ihn durch den Autounfall praktisch aus, um zu seiner schwangeren Frau zurückzukehren. Und das scheint auch zu gelingen - bis es eben zur unerwarteten Schlussszene kommt.

Das ist wirklich sehr gut analysiert und Zusammengefasst. Nachdem ich den Film gesehen hatte, gab es bei mir erstmal ein großes Fragezeichen zu dem gesehen. Waren es wirklich zwei Personen also Adam und Anthony, oder war es nur eine Person die man halt in verschiedenen Epochen seines Lebens sah. Mitlerweile, auch dank Deiner hervorragenden Analyse und den Interviews auf der Disc von Denis Villeneuve und Jake Gyllenhaal, ist es natürlich alles klarer geworden. Adam ist der Geschichst-Professor, der es halt früher mal als Schauspieler Anthony versucht hat, jedoch ohne wirklichen Erfolg, sein Frau ist Schwanger geworden und er muss sich damit abfinden das man als nicht erfolgreicher Schauspieler keine Familie ernähren kann und seinem offenbar nicht favoristierten Job an der Uni nachgehen.

Natürlich habe ich auch etwas im Internet über Traumdeutung gegoogelt und bin schnell fündig geworden das die Spinne in Träumen auch ein Symbol für Lügen, Angst und Panik sind. Also all das was Adam unterbewusst hat. Die Lügen bzgl. der Affäre, die Angst und Panik wegen der Schwangerschaft seiner Frau. Und auch die Größe der Spinne scheint in der Traumdeutung eine große Rolle zu spielen und da die Spinne in der Schlußszene doch schon Zimmergroß war, denke ich hat er zwar mit dem symbolischen Autounfall verstanden und akzeptiert, das er mit seiner Vergangenheit als Schauspieler und natürlich mit der Affäre aufhören muss, jedoch er noch nicht bereit ist sein Leben als Ehemann und zukünftiger Vater zu führen, welches ihn offenbar noch nicht voller Glück erfüllt. Er hat lediglich eingesehen das es an der Zeit ist dies hinter sich zu lassen.

Im Grunde ist vieles aber auch nur mit meinen eigenen Worten wiedergebeben was Vince bereits super zusammen gefasst hat. Ich denke Enemy ist ein Film den ich mir mit sicherheit nochmal ansehen werde da ich wirklcih den gesamten Film über gedacht habe es wären tatsächlich Doppelgänger oder vieleicht Zwillinge die bei der Geburt getrennt worden wären und ich immer noch eine Auflösung im klassischen Sinne erwartet hätte.
 
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