Der Zerrissene Vorhang

Tarantino1980

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Der Zerrissene Vorhang


In seinem viert letzten Film aus dem Jahre 1966 zeigte uns Alfred Hitchcock erneut was für ein genialer Regisseur er war. Dieser Spionage Thriller besitzt fast alles was einen guten Film ausmacht. Die Story ist interessant inszeniert und aus meiner Sicht für damalige Verhältnisse visionär umgesetzt. Natürlich hat man heutzutage schon enige Filme dieser Machart gesehen, aber immerhin handelt es sich um einen Film welcher 45 Jahre alt ist. Wenn man diesen Faktor berücksichtigt ist die Handlung und Inszenierung wirklich sehr gut gelungen. Der Film spielt zu großen Teilen in Deutschland, allerdings in der damaligen DDR wodurch Hitchcock natürlich nicht an orginalen Schauplätzen drehen konnte sondern auf Studiosets zurückgreifen musste. Leider sieht man dies natürlich gewissen Szenen an aber Hitchcock zeigte auch hier eine sehr große Detail verliebtheit. Die Schriftzüge sind natürlich in deutscher Sprache und in manchen Szenen bekommt man sogar als Zuschauer das Gefühl man würde gerade einen alten deutschen Film sich anschauen. Was Hitchcock jedoch sehr gut eingefangen hat war das Gefühl einer übermächtigen Stasi, die wirklich alles kontrolliert. Stellenweise erinnern die Methoden und das Auftreten der Stasi der allseits bekannten Darstellung der SS zu Nazi Zeit in Deutschland. Ob dieser Aspekt bewusst von Hitchcock gewählt wurde, oder ob es einfach damals die amerikanische Sichtweise auf Deutschland bzw. die DDR war, kann ich nicht beurteilen. Aber durch dieses Stilmittel erzeugte Hitchcock jedenfalls bei mir eine permanent bedrohliche und düstere Stimmung.

Mit Paul Newman und Julie Andrews hatte Hitchcock eine sehr interessante Mischung vor der Kamera. Paul Newman hat mir in dem Film wirklich sehr gut gefallen, Julie Andrews hingegen wirkte stellenweise sehr blass und deplaziert. Ich hätte mir in der Rolle eher Tippi Hedren vorstellen können, die aber zu diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr zur Verfügung stand. Selbst ein paar deutsche Schauspieler wie Günter Strack, Wolfgang Kieling und Hansjörg Felmy standen Hitchcock zur Verfügung, was definitiv eine Bereicherung für den Film war. Es machte das ganze natürlich sehr authentisch und bereicherte den Film.

Mit Der Zerissene Vorhang zeigte Hitchcock erneut sein Talent gute Spionage-Geschichten filmisch umzusetzen. Der Film würde zwar bei mir in keiner Top 5 der Hitchcock Filme landen, aber besitzt dennoch Schauwerte die man als Hitchcock Fan liebt und die sein Ausnahmetalent unterstreichen. Wer Hitchcock nur mit Filmen wie Psycho oder Die Vögel in Verbindung bringt sollte definitiv die Finger von diesem Film lassen, alle anderen Hitchcock Fans die ihn noch nicht kennen sollten definitiv einen Blick riskieren, es lohnt sich!

Wertung: 7/10
 
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deadlyfriend

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AW: Der Zerrissene Vorhang

In der Tat ein weiterer Film von ihm, den ich sehr mag.



Der Film spielt zu großen Teilen in Deutschland, allerdings in der damaligen DDR wodurch Hitchcock natürlich nicht an orginalen Schauplätzen drehen konnte sondern auf Studiosets zurückgreifen musste. Leider sieht man dies natürlich gewissen Szenen an aber Hitchcock zeigte auch hier eine sehr große Detail verliebtheit. Die Schriftzüge sind natürlich in deutscher Sprache und in manchen Szenen bekommt man sogar als Zuschauer das Gefühl man würde gerade einen alten deutschen Film sich anschauen.

Was ich dabei hochinteressant fand, war die gelungene Atmosphäre. Er hatte meiner Erinnerung nach auf düstere Sets verzichtet und den Film meistens im Hellen spielen lassen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb hat er es hinbekommen den Film seltsam real erscheinen zu lassen. Auf jeden Fall fand ich ihn ungemein spannend. Was ich auch hier mochte, war das "Hitchcock-Tempo" das er zur Einführung verwendete.


Was Hitchcock jedoch sehr gut eingefangen hat war das Gefühl einer übermächtigen Stasi, die wirklich alles kontrolliert. Stellenweise erinnern die Methoden und das Auftreten der Stasi der allseits bekannten Darstellung der SS zu Nazi Zeit in Deutschland. Ob dieser Aspekt bewusst von Hitchcock gewählt wurde, oder ob es einfach damals die amerikanische Sichtweise auf Deutschland bzw. die DDR war, kann ich nicht beurteilen. Aber durch dieses Stilmittel erzeugte Hitchcock jedenfalls bei mir eine permanent bedrohliche und düstere Stimmung.

Ich denke selbst immer das die DDR viel aus der Hitlerzeit übernommen hat. Nur eben mit anderem ideologischen Hintergrund. Von der Optik wirkte es aber schon ähnlich. Der Hang zu Fahnen, die Aufmärsche und Paraden sowie die Ähnlichkeiten verschiedener Organisationen. Die Hitler-Jugend und die Freie deutsche Jugend, die Gestapo und die Stasi, sowie diverse Freizeitorganisationen die mit "Kraft durch Freude" vergleichbar waren. Deshalb würde ich die Sicht nicht unbedingt als amerikanisch einordnen, sondern eher als gelungene Zustandsbeschreibung.

Mit Paul Newman und Julie Andrews hatte Hitchcock eine sehr interessante Mischung vor der Kamera. Paul Newman hat mir in dem Film wirklich sehr gut gefallen, Julie Andrews hingegen wirkte stellenweise sehr blass und deplaziert. Ich hätte mir in der Rolle eher Tippi Hedren vorstellen können, die aber zu diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr zur Verfügung stand. Selbst ein paar deutsche Schauspieler wie Günter Strack, Wolfgang Kieling und Hansjörg Felmy standen Hitchcock zur Verfügung, was definitiv eine Bereicherung für den Film war. Es machte das ganze natürlich sehr authentisch und bereicherte den Film.

Mein Faible für Tippi Hedren dürfte ja bekannt sein, weshalb ich sie immer lieber als andere gesehen hätte.;) Allerdings mochte ich in der Rolle auch Julie Andrews. Paul Newman war wie immer eine Wucht und besonders habe ich mich über Wolfgang Kieling gefreut.

Mit Der Zerissene Vorhang zeigte Hitchcock erneut sein Talent gute Spionage-Geschichten filmisch umzusetzen. Der Film würde zwar bei mir in keiner Top 5 der Hitchcock Filme landen, aber besitzt dennoch Schauwerte die man als Hitchcock Fan liebt und die sein Ausnahmetalent unterstreichen. Wer Hitchcock nur mit Filmen wie Psycho oder Die Vögel in Verbindung bringt sollte definitiv die Finger von diesem Film lassen, alle anderen Hitchcock Fans die ihn noch nicht kennen sollten definitiv einen Blick riskieren, es lohnt sich!

Wertung: 7/10

Der Film wird meines Erachtens etwas unter Wert verkauft. Viele bezeichnen ihn sogar als einen der Schwächsten vom Meister. Die sollten sich mal heute ein wenig in der Filmlandschaft umsehen:D Ich selbst ordne ihn bei mir ziemlich hoch ein. Irgendwie habe ich zu diesem Film einen besonderen Bezug entwickelt. In eine Top 5 würde ich ihn zwar auch nicht stecken, was aber eher am gigantischen Output von Hitch liegt, als an der Qualität des Films. Wenn ich Punkte vergeben würde, käme ich wahrscheinlich auf eine 9 oder zumindest etwas in diesem Bereich.
 

Tarantino1980

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AW: Der Zerrissene Vorhang

Was ich dabei hochinteressant fand, war die gelungene Atmosphäre. Er hatte meiner Erinnerung nach auf düstere Sets verzichtet und den Film meistens im Hellen spielen lassen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb hat er es hinbekommen den Film seltsam real erscheinen zu lassen. Auf jeden Fall fand ich ihn ungemein spannend. Was ich auch hier mochte, war das "Hitchcock-Tempo" das er zur Einführung verwendete.

Deine Erinnerung trügt Dich nicht. Die meisten Szenen spielen bei Tageslicht und es wurde dadurch auf die typischen Klischee Untergrund Treffpunkte in irgendwelchen dunklen Hinterräumen oder Kneipen verzichtet. Interessanter Weise hat Hitchcock in dem Film teilweise sogar ganz öffentliche Treffpunkte zwischen dem Professor Armstrong und Mitgliedern des Geheimbundes Pi gewählt. Zum Beispiel fand ich die Fluchtidee mit dem Bus sehr gut gelöst. Anstatt bei Nacht und Nebel sich irgendwie durchzuschlagen fährt man mit einem gestellten Bus der Linie Leipzig-Berlin einfach los. Generell wirkten die dadurch entstandenen Szenen sehr real. In vielen Filmen dieser Art werden solche Momente gerne etwas Klischee belastet inzeniert, gerade wenn es darum geht irgendwelche Kontaktleute oder Treffpunkte zu zeigen. In Hitchcocks Version wirkte alles viel zweckorientierter und natürlicher!

Ich denke selbst immer das die DDR viel aus der Hitlerzeit übernommen hat. Nur eben mit anderem ideologischen Hintergrund. Von der Optik wirkte es aber schon ähnlich. Der Hang zu Fahnen, die Aufmärsche und Paraden sowie die Ähnlichkeiten verschiedener Organisationen. Die Hitler-Jugend und die Freie deutsche Jugend, die Gestapo und die Stasi, sowie diverse Freizeitorganisationen die mit "Kraft durch Freude" vergleichbar waren. Deshalb würde ich die Sicht nicht unbedingt als amerikanisch einordnen, sondern eher als gelungene Zustandsbeschreibung.

Ich gebe Dir schon recht das die Zustände in der ehemaligen DDR bestimmt viele Parallelen aufzeigen, natürlich nicht aus ideologischer Sicht. Ich würde gerne hier mal die Sichtweise eines Menschen hören, der selber in der DDR lebte und auch alt genug war dies mitzubekommen. Jedenfalls war vieles so dargestellt wie man es vom hören/sagen kennt, aber da ich nie persönlich zu DDR zeiten im osten Deutschlands war, kann ich leider nicht mit Gewissheit sagen das es dort wirklich so war. Auf jeden Fall wirkte es sehr gelungen!


Der Film wird meines Erachtens etwas unter Wert verkauft. Viele bezeichnen ihn sogar als einen der Schwächsten vom Meister. Die sollten sich mal heute ein wenig in der Filmlandschaft umsehen:D Ich selbst ordne ihn bei mir ziemlich hoch ein. Irgendwie habe ich zu diesem Film einen besonderen Bezug entwickelt. In eine Top 5 würde ich ihn zwar auch nicht stecken, was aber eher am gigantischen Output von Hitch liegt, als an der Qualität des Films. Wenn ich Punkte vergeben würde, käme ich wahrscheinlich auf eine 9 oder zumindest etwas in diesem Bereich.

Naja als einen seiner schwächsten Filme würde ich ihn jetzt nicht bezeichnen. Ich könnte mir sogar vorstellen, falls Hitchcock noch leben würde, das dies einer der Filme wäre den er gerne remaken würde, da er dann endlich an originalen Schauplätzen drehen könnte ;).

Ich denke Hitchcock hatte zu dem Zeitpunkt schon das Problem das er der Filmwelt schon sehr viele Meisterwerke geschenkt hatte und das Publikum und auch die Kritiker einfach bei jedem weiteren Hitchcock ein Meisterwerk erwartet haben. Als schlecht würde ich ihn auch keinesfalls einordnen was man hoffentlcih aus meiner 7/10 auch rauslesen konnte, aber natürlich gibt es durchaus Filme die ich mehr liebe von ihm. Aber ich habe es nicht bereut auch diese filmische Lücke zu schließen, da es ein sehr schöner Spionage Thriller ist der in der Tat in der heutigen Filmlandschaft bestimmt mehr Aufmerksamkeit erhalten würde, als damals, eben weil solche Filme nicht mehr alltäglich sind.

Es wundert mich generell das Hollywood noch nicht auf die Idee gekommen ist Hitchcocks Filme neu zu verfilmen. Nicht das ich diesen Wunsch habe, Gott beware, aber es wird soviel neu verfilmt und es wird doch auch sonst vor nichts halt gemacht. Sollte dem heutigen Hollywood tatsächlich noch etwas heilig sein? ;)
 

Die wilde 13

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AW: Der Zerrissene Vorhang

Habe heute meine Erstsichtung vorgenommen und kann mich nun beteiligen an dieser kleinen Diskussion. :)
Der Film spielt zu großen Teilen in Deutschland, allerdings in der damaligen DDR wodurch Hitchcock natürlich nicht an orginalen Schauplätzen drehen konnte sondern auf Studiosets zurückgreifen musste. Leider sieht man dies natürlich gewissen Szenen an aber Hitchcock zeigte auch hier eine sehr große Detail verliebtheit. Die Schriftzüge sind natürlich in deutscher Sprache und in manchen Szenen bekommt man sogar als Zuschauer das Gefühl man würde gerade einen alten deutschen Film sich anschauen.
Ja, das hat mir auch gefallen, auch wenn viele Berliner Gebäude als Matte Painting erkennbar waren. Aber mich stört sowas nicht sehr, genau wie die Rückprojektionen, die eben damals üblich waren und von Hitch ja oft benutzt wurde. Hat ja auch einen gewissen Charme und lässt bei einem Film noch ein gewisses handwerkliches Know-how erkennen.

Julie Andrews hingegen wirkte stellenweise sehr blass und deplaziert.
Na ja, deplatziert würde ich jetzt nicht sagen aber der erotische Touch wie bei Kelly, Novak oder Hedren fehlte bei ihr völlig. Aber irgendwie passte das auch wieder zur teilweise trostlosen (ost)deutschen Kulisse. ;)

Selbst ein paar deutsche Schauspieler wie Günter Strack, Wolfgang Kieling und Hansjörg Felmy standen Hitchcock zur Verfügung, was definitiv eine Bereicherung für den Film war. Es machte das ganze natürlich sehr authentisch und bereicherte den Film.
Das fand ich ganz stark. Ich wusste ja, das Günter Strack und Wolfgang Kieling mitspielten aber das ihre Rollen recht groß und wichtig waren, das erfuhr ich erst heute. Beide machten das sehr gut und brauchten sich nicht hinter ihren Kollegen aus Hollywood verstecken. Kieling hatte dabei natürlich die dankbarere Aufgabe des Aufpassers und agierte mit viel Spaß bei der Sache. Auch Hansjörg Felmy gefiel mir gut, da er dem Stasioberst eine menschliche Note verlieh.

I
Was ich dabei hochinteressant fand, war die gelungene Atmosphäre. Er hatte meiner Erinnerung nach auf düstere Sets verzichtet und den Film meistens im Hellen spielen lassen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb hat er es hinbekommen den Film seltsam real erscheinen zu lassen. Auf jeden Fall fand ich ihn ungemein spannend.
Dieser Umstand hat mich am meisten überrascht. Fast alles spielt sich bei Tageslicht und gewöhnlichen Schauplätzen wie Museum (super spannend!) oder dem Bus (originell!) ab. Es verlieh der Handlung eine enorme Glaubwürdigkeit, da Professor Armstrong ja kein Profispion ist, sondern im Grunde nur seinem persönlichem Ehrgeiz, die Formel zu vervollständigen, folgt.
Bei den Szenen auf dem Bauernhof musste ich auch an Tarantinos Inglourious Basterds denken. Apropos Bauernhof; der Tod von Gromek ausgerechnet im Gasofen hatte für mich den Beigeschmack von einer Art Vergeltung an die deutsche Vergangenheit. Gibt es da Infos zu, ob Hitch das so beabsichtigt hat?

Alles in allem eine verdiente 8/10, da durch und durch ein echter Hitchcock.
 

2moulins

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AW: Der Zerrissene Vorhang

Da ich gerade die "Masterpiece Collection" durcharbeite, war jetzt "Der zerrissene Vorhang" dran. Natürlich kannte ich den auch schon aus dem Fernsehen, und er war mir noch positiv in Erinnerung. Diesmal also eine Spionage-Film auf vorwiegend ostdeutschem Boden mit einem interessanten Cast. Das Ende von Kieling's Charakter war mir noch recht präsent, zumal diese Szenen eine Hitchcock-typische Note (u.a. auch vollkommen ohne Soundtrack) haben. Die Spannung ergibt sich zunächst durch die Frage: "Wohin führt das Ganze eigentlich?" Wenn das (anscheinend) klar ist, gibt's 'ne Wende und der zweite Spannungsaspekt ergibt sich aus der Frage "Wie kommen die jetzt da nochmal 'raus?"

Gute Unterhaltung - 8/10
 
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