Das schreckliche Gehemnis des Dr. Hichcock

Tarantino1980

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Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock
Im Jahr 1885 arbeitet Professor Dr.Bernhard Hichcock in London als renomierter Arzt im Krankenhaus und feiert große Erfolge mit einem von Ihm entwickelten Anästhetikums mit dessen Hilfe ihm komplizierete Operationen gelingen, ohne das die Patienten während dieser sterben. Der auf den ersten Blick brilliante Arzt hat allerdings auch noch eine andere Seite.

Riccardo Freda inszenierte im Jahr 1962 Das schreckliche Geheminis des Dr. Hichtcock . Alleine der Titel ist schon eine große Besonderheit da es sich hier tatsächlich um eine 1:1 Übersetzung des originalen Titels - L´Orribile segreto del Dr. Hichcock handelt. Ich bin ehrlich bisher kenne ich mich noch nicht so gut mit der Filmographie von Riccardo Freda aus, weiß aber, da ich mich in den letzten Tagen etwas eingelesen habe, das ihm leider zu Lebzeiten nie der große Ruhm innerhalb bzw. außerhalb von Italien zu teil wurde. Zwar hat er gemeinsam mit Mario Bava gearbeitet und diente bestimmt auch Dario Argento für den ein odere anderen Film als Inspiration, aber hat es leider irgendwie nie aus der zweiten Reihe herausgeschafft, obwohl er hier mit diesem Film wirklich etwas ganz tolles erschaffen hat. Filmhistoriker sind sich nicht ganz einig, aber für viele hat er mit Das schreckliche Geheminis des Dr. Hichtcock den italienischen Gothik Horror Film groß gemacht, wobei für mich dies auch schon Mario Bava zwei Jahre zuvor mit Die Stunde, wenn Dracula kommt geschafft hat. Riccardo Freda hat hier allerdings nur einen großen Pluspunkt gehabt, was natürlich den Film auch sehr besonders macht. Der Film wurde 1961 in Technicolor gedreht, was natürlich was das Spiel mit Licht und Schatten angeht, nochmal etwas intensiver machte, wobei das Bava auch in seinem S/W Film wirklich absolut genial gemacht hat. Unter dem Strich finde ich Bava´s Gothik Horror Stil etwas besser, aber auch die Inszenierung von Freda ist hier sehr gut! Es gab soviele Szenen die wirklich perfekt inszeniert waren und auch die Settings waren gut.

Die Geschichte, ohne hier jetzt wirklich spoilern zu wollen, ist für das Jahr 1962 einfach nur revolutionär und ich bezweifele das selbst heutzutage sich da jeder Regisseur dran trauen würde. Klar die Szenen waren nicht explizit und weit entfernt von dem was man in späteren Filmen zu diesem Thema optisch zu Gesicht bekam, aber genau das hat hier für mich auch den Reiz ausgemacht. Es hat tatsächlich bei mir etwas gedauert bis ich verstanden hatte warum es genau ging und es gab eine Szene die mir dann quasi den Boden unter den Füßen weggezogen hat und von da an war mir alles klar und ich sah alles mit komplett anderen Augen. Einfach nur phantastisch und vorallem toll in Szene gesetzt.

Der Cast hingegen war etwas durchwachsen, wobei es eine Darstellerin gab die wirklich komplett alles und jeden in den Schatten gestellt hat. Ich mochte Barbara Steele bereits schon in Die Stunde, wenn Dracula kommt, aber sie hier dann auch noch in diesem Farbfilm zu sehen, war einfach fantastisch. Ich weiß garnicht ob sie damals als schöne und attraktive Frau gehandelt wurde, aber für mich ist sie in diesem Film einfach wunderschön in Szene gesetzt und auch ihr Spiel hat mich definitiv wieder überzeugt. Robert Flemyng war auch gut, wobei ich befürchte das es eher ungewollt der Fall war, da er wohl, nachdem er wusste auf was er sich dort eingelassen hatte und er nicht hinter dem Thema des Filmes stand, absichtlich schlecht gespielt hat und auch offenbar andere dazu animieren wollte, in der Hoffnung das der Film dadurch nicht groß bekannt wird und in der Versenkung verschwindet. Ironischer Weise fand ich genau diese Art, die er wahrscheinlich absichtlich spielte, also so leidenschaftslos und distanziert zu allen und jeden, sehr interessant und passte zu der Rolle.

Das schreckliche Geheminis des Dr. Hichtcock ist einer dieser Filme von denen ich froh bin sie gesehen zu haben, weil er definitiv aus filmhistorischer Sicht zum italienischen Kino dazugehört und beeindruckend zeigt, dass man auch mit einem sehr kleinen Budget - ich habe zwar keine genaue Zahl gefunden, gehe aber von einer sehr kleinen Summe aus, da der Film in nur zwölf Tagen gedreht wurde - einen richtig großen Film drehen kann der auch noch im Jahr 2022 Filmfans begeistert.

Wertung: 9/10
 

2moulins

Filmgott
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Unter dem Strich finde ich Bava´s Gothik Horror Stil etwas besser, aber auch die Inszenierung von Freda ist hier sehr gut! Es gab soviele Szenen die wirklich perfekt inszeniert waren und auch die Settings waren gut.

Ja, ein richtig schöner "Grusler", der insbesondere auch mit seiner Ausstattung punktet. Dass es sich um einen Farbfilm handelt, ist hierbei sehr förderlich und wird ja auch in manchen (wenigen) Szenen bewusst eingesetzt, in dem ganze Räume in eine bestimmte Farbe getaucht werden. Etwas, was man ja aus Bava-Filmen kennt - hier allerdings noch recht sparsam verwendet (mehrmals: Rot).

Die Geschichte, ohne hier jetzt wirklich spoilern zu wollen, ist für das Jahr 1962 einfach nur revolutionär und ich bezweifele das selbst heutzutage sich da jeder Regisseur dran trauen würde. Klar die Szenen waren nicht explizit und weit entfernt von dem was man in späteren Filmen zu diesem Thema optisch zu Gesicht bekam, aber genau das hat hier für mich auch den Reiz ausgemacht. Es hat tatsächlich bei mir etwas gedauert bis ich verstanden hatte warum es genau ging und es gab eine Szene die mir dann quasi den Boden unter den Füßen weggezogen hat und von da an war mir alles klar und ich sah alles mit komplett anderen Augen. Einfach nur phantastisch und vorallem toll in Szene gesetzt.

In der Tat sind die Abgründe des Herrn Doktor sehr "speziell" und für einen Film aus 1962 sicherlich ungewöhnlich. Eigentlich erstaunlich, dass das damals nicht zu einem Skandal führte. Wahrscheinlich hatte der Film aber keine große Öffentlichkeitswirkung. Gleichwohl gab es solche "Verirrungen" schon zu früheren Zeiten. Wenn man ein wenig recherchiert, findet man Bilder aus dem 19. Jahrhundert, die solche Handlungen darstellen. Im Film kann man ja von einem "Rollenspiel" sprechen, wobei sich so etwas auch in neueren Filmen findet ("Sleeping Beauty" - 2011; "Das Haus der schlafenden Schönen" - 2006).
Welche Szene hat Dir denn den Boden weggezogen?

Der Cast hingegen war etwas durchwachsen, wobei es eine Darstellerin gab die wirklich komplett alles und jeden in den Schatten gestellt hat. Ich mochte Barbara Steele bereits schon in Die Stunde, wenn Dracula kommt, aber sie hier dann auch noch in diesem Farbfilm zu sehen, war einfach fantastisch. Ich weiß garnicht ob sie damals als schöne und attraktive Frau gehandelt wurde, aber für mich ist sie in diesem Film einfach wunderschön in Szene gesetzt und auch ihr Spiel hat mich definitiv wieder überzeugt. Robert Flemyng war auch gut, wobei ich befürchte das es eher ungewollt der Fall war, da er wohl, nachdem er wusste auf was er sich dort eingelassen hatte und er nicht hinter dem Thema des Filmes stand, absichtlich schlecht gespielt hat und auch offenbar andere dazu animieren wollte, in der Hoffnung das der Film dadurch nicht groß bekannt wird und in der Versenkung verschwindet. Ironischer Weise fand ich genau diese Art, die er wahrscheinlich absichtlich spielte, also so leidenschaftslos und distanziert zu allen und jeden, sehr interessant und passte zu der Rolle.

Barbara Steele gefiel mir hier auch super. Sie sah in vielen Szenen wirklich Klasse aus. Und Robert Flemyng machte seine Sache auch sehr gut. Den Inszenierungsstil und das Acting fand ich stets passend und nicht aufgesetzt, wie es manchmal in Filmen aus der Zeit 'rüberkommt.

Das schreckliche Geheminis des Dr. Hichtcock ist einer dieser Filme von denen ich froh bin sie gesehen zu haben, weil er definitiv aus filmhistorischer Sicht zum italienischen Kino dazugehört und beeindruckend zeigt, dass man auch mit einem sehr kleinen Budget - ich habe zwar keine genaue Zahl gefunden, gehe aber von einer sehr kleinen Summe aus, da der Film in nur zwölf Tagen gedreht wurde - einen richtig großen Film drehen kann der auch noch im Jahr 2022 Filmfans begeistert.

Nur 12 Tage Drehzeit, um so 'was abzuliefern ist schon 'ne tolle Leistung. Respekt! :hoch:

Du hast den Film ja sicher auf Blu-ray gesehen. Wie ist denn die Bildqualität?
 

Tarantino1980

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Im Film kann man ja von einem "Rollenspiel" sprechen, wobei sich so etwas auch in neueren Filmen findet ("Sleeping Beauty" - 2011; "Das Haus der schlafenden Schönen" - 2006).
Welche Szene hat Dir denn den Boden weggezogen?

Genau diesen Aspekt meine ich den ich halt Anfangs noch etwas fehlinterpretiert hatte. Ich habe es zumächst, als Hichcock seiner ersten Ehefrau eine kleine Dosis seines Anestetikums verabreicht hatte, es auch als eine Art Rollenspiel, ein Spiel von Dominanz und Unterwerfung eingestuft, das er das halt braucht dieses Gefühl des Ausgeliefert seins.

Das es sich aber um Nekrophilie handelt habe ich erst begriffen bei der von mir in meiner KK erwähnten Szene, also wo er nochmal Nachts in die Leichenhalle des Krankenhauses geht um dort dann nochmal die verstorbene Patientin zu besuchen. Es war da ja mehr als offensichtlich das es kein medizinischer Besuch war sondern er dort nur noch einmal war um seine persönliche Lust zu befriedigen. Und das hat mir dann wirklichen den Boden weggezogen weil es eben ein Film aus dem Jahr 1962 ist.


Barbara Steele gefiel mir hier auch super. Sie sah in vielen Szenen wirklich Klasse aus. Und Robert Flemyng machte seine Sache auch sehr gut. Den Inszenierungsstil und das Acting fand ich stets passend und nicht aufgesetzt, wie es manchmal in Filmen aus der Zeit 'rüberkommt.

Ironischerweise hat sogar Robert Flemyng, als er dann beim Dreh erfahren hat das es um das Thema Nekrophilie geht alles in seiner Macht stehende versucht um den Film zu boykotieren. Er hat aus seiner Sicht absichtlich schlecht gespielt und wollte sogar andere am Set auch dazu gewinnen damit der Film möglichst schlecht wird und schnell wieder in der Versenkung verschwindet. Ich habe geschrieben ironischerweise, weil ich glaube das genau das dazu beigetragen hat das sein Spiel so gut war, so distanziert da er ja im Gesamten Film über zu niemanden eine richtige Nähe aufbauen konnte. Auch zu seiner schönen zweiten Frau nicht. Er hat sie zwar verbal immer liebevoll behandelt, jedoch im Zusammenspiel mit seiner Mimik und Gestik wirkten diese Worte sehr häuschlerich und gespielt, was aber wiederum zu der Neigung von Hichcock perfekt passte. Ich glaube nicht, mit dem Wissen das Robert Flemyng den Film boykotieren wollte, das er diesen darstellerischen Stil bewusst gewählt hat! Der Film ist ja in Italien gedreht worden und, wie es damals so üblich war, hat jeder am Set seine Landessprache gedreht, der Film wurde dann in Italien komplett auf italienisch nachvertont und später mussten dann die englischen Darsteller für die ausländische Fassung nochmal ihre Rollen im Tonstudio nachsprechen. Und da hat sich dann Robert Flemyng komplett verwehrt und ein anderer Sprecher hat seine Rolle synchronisiert.

Du hast den Film ja sicher auf Blu-ray gesehen. Wie ist denn die Bildqualität?

Die Bildqualität geht in Ordnung, ist aber an vielen Stellen kein richtiges HD, was wohl dem Ausgangsmaterial geschuldet ist. Man spürt hier einfach das Riccardo Freda nicht das Beste technische Material zur Verfügung stand. Es ist ein gutes Bild und der Film ist auch erstmalig ungeschnitten zu sehen. Also alleine deshalb solltest Du Dir schon die Blu-ray zulegen um zu schauen ob die Version die Du gesehen hast identisch ist mit der auf der Blu-ray. Zumindest wird damit geworben das der Film erstmalig so zu sehen ist.
 

deadlyfriend

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Richtig schönes Review und wie an anderer Stelle bereits erwähnt, freut es mich ungemein, das dir/euch der Film so gut gefallen hat. @Tarantino1980 :Ich antworte dann hier gleich auch auf deine Nachricht direkt mit :)
Die gewagte Idee des Inhalts, ist für das Entstehungsjahr tatsächlich furios. Ebenfalls klasse, finde ich wie der Film es verschleiert hat, da ich da auch nicht sofort drauf kam. Die Andeutungen seiner "Anfälle" wurden ja mit Rotlicht untermalt, was ich sehr gut umgesetzt fand. Natürlich war ich direkt bei der Eröffnungsszene irritiert und dachte eher, das er die Leiche nach etwas absuchen will und es nur "ungeschickt" aussieht. Erst später wurde mir klar, das dies nicht der Grund für die Grabschändung war.

Insgesamt fand ich den Film wundervoll fotografiert und fand es interessant das Freda sich aufgrund der Werke seines "Schülers" Mario Bava inspirieren ließ. Mit Freda zu beschäftigen, ist in Deutschland allerdings recht schwierig. Lediglich 4 Filme sind hier erschienen, die in dein Beuteschema passen.
1. Der Vampir von Notre Dame
2. Das schreckliche Geheimnis des Dr.Hichcock
3. Das Gesicht im Dunkeln
4. Die Bestie mit dem feurigen Atem

Alles andere wurde hierzulande nicht veröffentlicht und ich bin wahnsinnig froh, das es zumindest den "Hichcock" inzwischen gibt. Für mich ein "must have" sozusagen.
Ganz toll finde ich in dem Film natürlich auch die Verbeugung vor Alfred Hitchcock. Ganz klar ist natürlich die Anlehnung an Rebecca. Die komplette Figurenkonstellation deutet darauf hin. Theoretisch könnte man natürlich auch von einem Zufall sprechen aber spätestens beim "Milchglas" outet sich Freda als Hitchcock Fan. Die Szene stammt aus "Verdacht" und spätestens hier ist es dann klar.

Ich finde den Film wirklich unglaublich sehenswert. Die Geschichte an sich ist schon klasse aber mir gefällt das Setting und auch die komplette Ausleuchtung. Die ist zwar nicht so farbintensiv wie bei Bava aber total passend im Kontext des Stoffes. Zudem lädt der Film zur Mehrfachsichtung förmlich ein.

Der Audiokommentar der Blu Ray ist übrigens ganz große klasse. Sehr spannend zuzuhören und gespickt mit einer Vielzahl von Informationen.
 
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