Eine auswärtige Affäre

deadlyfriend

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Eine auswärtige Affäre

Die US Abgeordnete Phoebe Frost reist mit einer Delegation nach Berlin. Man soll vor Ort die Moral und den Zustand der amerikanischen Truppen überprüfen, die den Wiederaufbau der zerstörten Stadt begleiten und sich gleichzeitig auf der Jagd nach Kriegsverbrechern befinden. Zunächst findet sie eine ethisch und moralisch einwandfreie Truppe vor aber je tiefer sie hinter die Kulissen blickt, desto mehr erkennt sie ein lasterhaftes Zusammenleben zwischen Schwarzmarkt, Nachtclubs und Soldaten die lieber den deutschen "Frolleins" hinterherjagen. Im Zentrum steht dabei die Nachtclub Sängerin Erika von Schlütow, die angeblich eine Beziehung zu einem ranghohen US-Offizier haben soll, gleichzeitig der Star des lasterhaften "Lorelei" ist und obendrein noch der Schlüssel zum gesuchten Kriegsverbrecher Hans Otto Birgel zu sein scheint.

Billy Wilder war schon lange vor seinem wundervollen "Eins, Zwei, Drei" in Berlin und filmte die Stadt bereits in den Jahren 1945 bis 1948. Seine bis dahin nicht verwendeten Aufnahmen der verbliebenen Ruinen von 1945 integrierte er in diesen Film von 1948 und verlieh ihm damit einen fantastischen Anstrich. Zudem glänzt er einmal mehr als scharfsinniger Beobachter und integriert seine Erlebnisse in seine "auswärtige Affäre". Sein wundervoller Humor trägt den Film durch die komplette Spieldauer und bietet satirische Dialoge, gepaart mit viel Zynismus und zeichnet seine Figuren auf seine eigene, brillante Art und Weise. Alle Figuren haben Fehler, die aber wieder einmal so liebevoll integriert werden, dass man aus dem Schmunzeln nicht mehr rauskommt. Trotzdem schafft er es durchgehend den ernsten Hintergrund nie unter den Tisch zu kehren und beleuchtet die Notlage in Berlin und hat Verständnis für seine Figuren. Sei es die prüde und konservative Abgeordnete, die im Lauf der Zeit immer mehr Erfahrungen sammelt und sich langsam aufweichen lässt, obwohl sie genau die Dinge zu sehen bekommt, die sie verachtet, oder eben die deutsche Nachtclub-Sängerin, die trotz ihrer Vergangenheit versucht zu überleben und dabei das Einzige einsetzt, was sie noch besitzt: Ihre Schönheit.

Jean Arthur und Marlene Dietrich verkörpern ihre Rollen aber auch wirklich fantastisch und es macht einfach viel Freude die Damen in ihrem Tun zu begleiten. Da steht die Herrenriege ein wenig hinten an, aber auch sie sind selbstverständlich hervorragend, aber wenn die Dietrich auftritt, kann man schonmal ein wenig blasser werden. Dennoch thront über dem kompletten Film einmal mehr Billy Wilder. Sein Witz, seine Situationskomik, sein scharfzüngiger Humor und auch seine phänomenalen Bilder zeigen wieder mal, was für ein fantastischer Regisseur und Beobachter er war. Im Kontext des Films und seinem realen Hintergrund war es auch wahnsinnig wichtig diese Beobachtungsgabe zu besitzen, weshalb der Film nie aus dem Ruder läuft, überzieht oder sich in übergroßen Albernheiten verliert. Ein weiterer, wundervoller Film eines begnadeten Billy Wilder.
 
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