Die Büchse der Pandora
Lulu hat eine wahnsinnige Anziehungskraft auf Männer. Allerdings nicht wirklich herausfordernd, sondern eher mit einer kindlichen Naivität ausgestattet. Dennoch treibt sie dabei einige Verehrer in den Wahnsinn bzw. in eine Art von Besessenheit. Dadurch kommt es dann auch zu einem unglücklichen Todesfall, weshalb sie wegen Mord angeklagt wird. Dies ist aber nur der Beginn einer tragischen Abwärtsspirale, die von nun an die lebenslustige junge Frau immer tiefer in den Abgrund stürzt.
G.W. Pabst verfilmte diesen Teil der "Erdgeist" Tragödie von Frank Wedekind, im Jahr 1929. Problematisch stellte sich die richtige Besetzung für die Hauptfigur Lulu heraus, da er ein spezielles Bild im Kopf hatte, was er hierzulande nicht fand. Dafür wurde er in Amerika fündig und holte den angehenden Star Louise Brooks nach Deutschland. Allerdings war dem Film kein großer Erfolg beschert. Einmal wurde ihm ein Jugendverbot auferlegt und spätere Versuche wurden durch den Tonfilm verdrängt. Zusätzlich wurde "Die Büchse der Pandora" im Jahr 1934 durch einen Antrag des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda komplett verboten und geriet somit in Vergessenheit. Die recht freizügige Inszenierung und auch eine überdeutlich klare Lesbe, waren da wohl etwas zu viel des Guten.
Erst in den 50er Jahren wurde der Film wiederentdeckt, was den Franzosen zu verdanken ist. In der Cinémathèque francaise gab es eine Retrospektive der Filme mit Louise Brooks, wodurch sie plötzlich wieder in aller Munde war und man ihren Filmen plötzlich völlig anders gegenüberstand. Darunter fiel natürlich auch "Die Büchse der Pandora", der nun als eins der wichtigsten Werke von ihr, aber auch von Regisseur G.W. Pabst, alle Ehren erhielt.
Mich selbst erinnerte der Film in der Dramaturgie an den 2 Jahre zuvor von Alfred Hitchcock gedrehten "Downhill", welcher sich ebenfalls mit einer Abwärtsspirale eines jungen Menschen beschäftigt. Allerdings ist natürlich klar, dass es hier mit Sicherheit keine Beeinflussung gab. Dennoch passen die beiden Filme gut zueinander, was die Dramaturgie und eben auch die Inhalte betrifft. Eventuell hatte sich Drehbuchautor Ivor Novello von der literarischen Vorlage inspirieren lassen. Was ich ebenfalls bei beiden Filmen gespürt hatte, war eine gewisse Langatmigkeit. "Die Büchse der Pandora" hat eine Spieldauer von 132 Minuten und in manchen Abschnitten, wäre aus meiner Sicht, ein nicht so ausgedehnter Fokus von Vorteil gewesen. Trotzdem ein absolut sehenswerter Film, der natürlich ganz klar durch Louise Brooks auch den Zuschauer in den Bann zieht, da sie bereits eine frühe Form der "femme fatale" verkörpert. Sehr passend, da nun mal der film noir, sehr viel aus den deutschen Filmen der 20er übernommen hatte. Natürlich sind aber auch die Bilder, sowie die Montage von G.W. Pabst, einfach sensationell und aufregend. Wieviel der Film letztendlich im Lauf der Zeit an Bedeutung gewann, sieht man spätestens dadurch, dass eine Band wie OMD in ihrem Hit-Video zu "Pandora´s Box", Ausschnitte aus dem Film verwendete. Damit sind sie mitnichten die einzigen, aber da es sich um eine meiner Lieblingsbands handelt, wollte ich es gesondert erwähnen. Wundervoll, dass man solche Filme auch heute noch entdecken kann und sie für die Nachwelt erhalten bleiben.
Das Mediabook:
Im Bonusmaterial befindet sich ein 35-minütiges Special, in dem Michael Pabst über seinen Vater berichtet, was sehr interessant ausgefallen ist. Außer 3 schönen Postkarten ist ansonsten kein weiterer Inhalt zu finden. Da wäre bei der Bedeutung des Films sicherlich mehr gegangen, aber nach wie vor freue ich mich darüber, dass so ein Film es überhaupt in ein Mediabook geschafft hat. Das Prunkstück ist nämlich das Booklet, welches toll und informativ geworden ist und auch mit zeitgenössischem Material aufwarten kann. Dadurch hat sich das Mediabook für mich in jedem Fall gelohnt. Wer sich tiefer mit dem Thema beschäftigen möchte, hat seit diesem Jahr die Möglichkeit dazu, da mit "Pandoras Vermächtnis" eine knapp 90-minütige Doku zu G.W.Pabst veröffentlicht wurde, die aber logischerweise nicht auf der Disc enthalten ist.