Exotica
Francis ist Steuerprüfer und begutachtet gerade einen verdächtigen Kunden. Allabendlich geht er nach getaner Arbeit in den Strip-Club "Exotica", der die goldene Regel "Nicht anfassen" sehr deutlich beherzigt. Seine Besuche wirken aber weniger so, als ob er dies vorhätte. Insgesamt bleibt seine Motivation dafür im Dunkeln, weil sie nicht zwingend sexuell orientiert scheinen. Dennoch genießt er jeden Abend den Privattanz einer jungen Frau, die sich immer in einer Art Schulmädchen-Uniform präsentiert. Zudem hat er noch eine seltsame Beziehung zu einem jungen Mädchen, welches er ebenfalls täglich für ihre Dienste bezahlt. Ein Pädophiler? Vieles deutet daraufhin, aber irgendwas passt nicht zusammen. Zumal er auch immer wieder Tagträume von Personen hat, die über eine Wiese spazieren. Oder sind das gar nicht seine Träume?
Tatsächlich fällt es sehr schwer, den Film interessant erscheinen zu lassen, da man hier um Himmels Willen, keinesfalls etwas preisgeben darf. Der Film ist nicht nur interessant, sondern der Wahnsinn. Darauf gestoßen bin ich wegen Mia Kirshner, die mich innerhalb der Brian De Palma Retrospektive, bei "Black Dahlia" tief beindruckt hatte. Deshalb wollte ich mich auch mit ihr mal näher befassen und so fiel mir dieser Film ins Auge. Natürlich einmal, weil es ein früher Film in ihrem Gesamtwerk ist und natürlich auch wegen Regisseur Atom Egoyan, der mich bei "Wahre Lügen" schon sehr beeindruckt hatte. Außerdem gab es hierzu 2 Rezensionen in der ofdb, die beide mit 9 Punkten bewerteten und das ist für mich absolut nachvollziehbar. Der Film beeindruckt mit seiner kompletten Atmosphäre, die um den Mikrokosmos von Francis aufgebaut wird, dessen Zentraleinheit im Erotik-Club "Exotica" liegt, der eine faszinierende Aura ausstrahlt. Dazu gesellt sich ein phänomenaler Soundtrack, der die Szenen perfekt einbettet und wenn sogar "Everybody knows" von Leonhard Cohen im Club ertönt, ist direkt Gänsehaut programmiert. Die manchmal etwas wirr erscheinende Handlung und auch das zunächst nicht verständliche Verhalten der verschiedenen Protagonisten, trägt zudem zu dieser einzigartigen Atmosphäre bei. Schafft der Film es, trotz seiner verdammt ruhigen und gelassenen Art, den Zuschauer komplett bei der Stange zu halten, setzt er ein Finale drauf, was seinesgleichen sucht. Mich hat der Film in jedem Fall für Stunden beschäftigt und nicht mehr losgelassen. Das war alles aus dem obersten Regal! Natürlich kommt die obligatorische Einschränkung, dass der durchschnittliche Mainstreamer mit dem Film nichts anfangen werden kann.
Ein weiterer und wichtiger Punkt sind die Darsteller und Darstellerinnen: Mia Kirshner ist nämlich eine Wucht! Wieso ist diese Frau kein Top-Star geworden? Sie spielt diese Rolle einfach nur absolut perfekt. Man klebt förmlich an ihrer Mimik. Leider wurde sie in vielen Filmen nur als nettes Beiwerk eingesetzt, weshalb ich mich halt zunächst mit ihren großen Rollen beschäftigen wollte, und da gibt es nicht sehr viele von. Diese hier ist allerdings absolutes Pflichtprogramm! Allerdings ist auch der restliche Cast einfach fantastisch gewählt. Bruce Greenwood ist nämlich ebenfalls brillant und spielt seine Figur einfach nur wahnsinnig gut. Total facettenreich und er schafft es mit Nuancen seinem Charakter immer den perfekten Ton zu geben. Aber auch der Rest vom Ensemble spielt hier absolut sehenswert. Tatsächlich komme ich bei dem Film richtig ins Schwärmen, da mir diese Machart einfach wahnsinnig gut gefällt. Mir ist klar, dass das nicht für jeden gilt und es wird genug Leute geben, die ihn langweilig finden, aber ich werde definitiv des Öfteren im Club "Exotica" vorbeischauen, denn der Eintritt ist hier wirklich sein Geld wert.