Verdammt zu leben - Verdammt zu sterben

deadlyfriend

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Verdammt zu leben - Verdammt zu sterben

Der im Jahr 1975 bereits vom Aussterben bedrohte Italo-Western, bekam trotzdem noch einen Beitrag von Lucio Fulci spendiert. Dieser wich aber deutlich von den klassischen Beiträgen ab, da er eine völlig andere Narrative und auch einen erfrischend anderen Spannungsaufbau wählte. Wiederbeleben konnte er das Genre zwar nicht mehr aber aus heutiger Sicht, hat er hier einen fantastischen Beitrag abgeliefert, der erst viele Jahre später halbwegs geschätzt wurde. Selbst das Lexikon des internationalen Films, dass den Arbeiten von Fulci nicht immer wohlwollend gegenüber stand, schrieb „harter Italo-Western, dessen Qualitäten erst in der Uncut Fassung zur Geltung kommen“. Ja, die sprachen tatsächlich von Qualität und das völlig zu Recht. Wenn man den Film nicht nur aus der Schlachtplattensicht bewertet, wird man feststellen das der Film in jedem Fall im oberen Drittel des Genre anzusiedeln ist. Nicht nur das. Auch im Gesamtwerk von Lucio Fulci, ist er hoch zu bewerten.


Das was vielerorts kritisiert wird, ist für mich der Pluspunkt des Films: Die Erzählweise! Man liest immer wieder von „Tempoverschleppung“ oder „kein stringenter Spannungsaufbau“. Das ist auch richtig aber genau diese Punkte machen ihn sehenswert und heben ihn aus der Masse raus. Es ist ein Road Movie, innerhalb des Western, welches seine Protagonisten unfreiwillig zusammenführt und zu einer Art Familie werden lässt. Das gibt den Ausschlag für die Tempoverschleppung. Es gibt einfach Wohlfühlphasen im Film, denen man wirklich gerne beiwohnt, die dann aber immer wieder durch kräftige Härten unterbrochen werden. Die Erlebnisse sind hässlich und von der nihilistischen Sicht von Fulci bestimmt, die wir aus vielen anderen Werken kennen. Dennoch gibt es immer wieder positive Lichtblicke, die ein wundervolles Wechselspiel ermöglichen.

Ja, es gibt hier auch einen Oberbösewicht und klare Rachemotive, aber die stehen nicht wirklich im Vordergrund. Der klassische Western ist zwar immer präsent, wird aber innerhalb der Narrative völlig anders eingebettet. Das merkt man bereits zu Beginn, wenn die große Schießerei losgeht und Fulci seine Shootouts liefern kann. Man kennt die Beteiligten nicht. Hier wird nur gezeigt wie „das Gute“ radikal und unbarmherzig „Das Böse“ auslöscht. Unsere 4 „Familienmitglieder“ werden durch einen Kniff des Sheriffs verschont und starten am nächsten Morgen ihre Reise. Auf diese Begebenheit wird im weiteren Verlauf kaum noch Bezug genommen. Sie diente lediglich als Ausgangspunkt und ist dennoch absolut wichtig für den Film.


Auch wenn der Film inhaltlich schon genug zu bieten hat, liefert Fulci hier fantastische Bilder. Atmosphärischer Höhepunkt ist die Geisterstadt, aber auch ansonsten glänzt er durch tolle Aufnahmen. Zusätzlich spielt ein wunderbares Ensemble. Ganz vorne dran ist natürlich Fabio Testi, den ich sowieso einfach gerne sehe und ebenso Tomas Milian. Aber auch Lynne Frederick passt perfekt dazu.

Die Musik stammt einmal mehr von Fabio Frizzi und Fulcis späterer Stammkameramann Sergio Salvato, liefert eben die famosen Bilder.


Eine Empfehlung für eine bestimmte Klientel kann ich allerdings nicht aussprechen. Nur so viel: Ich bin weder ein Western-Fan, noch ein Gorehound und ich persönlich finde ihn wunderbar.
 
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Tarantino1980

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Na toll noch ein Film den ich eigentlich auslassen wollte, aber nach der KK kann ich den wohl nicht einfach ungesehen lassen. :motz::kiss: Mal sehen ob ich ihn mir im Mediabook hole oder zur Standart Amaray greife die zumindest auf ebay so ca. für einen Zehner zu haben ist.

Auf jeden Fall danke für diese schöne KK!
 

deadlyfriend

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Ich glaube ehrlich gesagt nicht, das du die investierte Zeit in den Film, bereuen wirst. Wenn man sich mit Fulci beschäftigt, muss man den eigentlich sehen. Er zeigt einfach nochmal eine weitere Facette des Regisseurs.

Im Audiokommentar meinte man auch, das die "Gore-Bauern" :lol:sich den Film ansehen sollten. Einfach um mal zu sehen, was Fulci so drauf hat. Da zählst du jetzt logischerweise nicht dazu.
Erzählerisch ist der Film einigen seiner Splattergranaten aber in jedem Fall überlegen.

Obwohl ich Fulci ja sowieso sehr schätze und doch Vieles gesehen habe, hat er mich hier einfach nochmal beeindruckt. Deswegen denke ich auch, das es Dir ähnlich ergehen wird.
 

Dwayne Hicks

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Ich dachte ich beginne mal die Westernweeks bei mir mit einem bisher ungesehenen Film....leider ein Fehlergriff!

1975 war der Italowestern bereits mehr oder weniger tot, dem Lucio Fulci war das aber (leider) egal. Ja der gute Mann hat auch Western gedreht.
Dabei beginnt der Film so vielversprechend....
Ich empfande den Einstieg mit einem Shootout im Sam Peckinpah Style, bei welchem keine Gefangen gemacht wurden, echt gelungen!

Auch als die Reise der 4 "Helden" beginnt war ich gespannt was noch alles auf uns zu kommt. Es folgt eine Passage mit Tomas Milian, der sich als netter Kerl vorstellt und sich dann als Drecksack entpuppt. Fand ich auch noch gut!
Jedoch hat es mich dezent wahnsinnig gemacht wie Milian mit der Winchester geschossen hat.....als wäre der Ladehebel beim zurückziehen auch gleichzeitig der Abzug....was soll der Quark?

Aber sowie Milian (vorerst) aus dem Film verschwindet, schwand auch mein Interesse.
Keiner der 4 war irgendwie interessant, sympatisch oder sonstwas.
Im Gegenteil.....warum zum Henker heißt der Film "Four of the Apocalypse"? Welche Apocalypse? Es passiert nach dem ersten Drittel des Films bis 10 Minuten vor Schluss effektiv NICHTS oder eben so unspektakulär das man sich denk "Joah...okay, ist dann wohl eben so"
Okay, zugegeben, die Atmosphäre ist schon arg karg, nihilistisch, hoffnungslos.....auch die Locations könnten trostloser kaum sein.
Bringt aber am Ende nichts wenn einem die Hauptcharaktere komplett egal sind. Auch optisch wirkt der Film sehr "billig"...schwer zu beschreiben.

Ne Freunde der Nacht, ich hab mich hier einfach nur fürstlich gelangweilt.....
Das "Revenge" Ende kommt dann eben auch einfach so, ohne jeglich Aufbau oder ähnliches.

Da beneide ich fast die Leute welche eine gekürzte Fassung gesehen haben. Da ist diese Schlaftablett von Film wenigstens schneller vorbei.

3/10
 

deadlyfriend

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Ich dachte ich beginne mal die Westernweeks bei mir mit einem bisher ungesehenen Film....leider ein Fehlergriff!

Boah, hätte nie geglaubt das hier noch ein zusätzliches Review erfolgt. Klasse :kiss:

Wie du in meiner Kritik lesen konntest, gehen unsere Meinungen allerdings extrem auseinander. Ich halte ihn nach wie vor für den besten Western von Fulci, aber wahrscheinlich weil es ein anderer Film im Western Gewand ist. Für mich ist das eben ein Roadmovie, das keinerlei klassischen Vorgaben folgt.

1975 war der Italowestern bereits mehr oder weniger tot, dem Lucio Fulci war das aber (leider) egal. Ja der gute Mann hat auch Western gedreht.
Dabei beginnt der Film so vielversprechend....
Ich empfande den Einstieg mit einem Shootout im Sam Peckinpah Style, bei welchem keine Gefangen gemacht wurden, echt gelungen!

Hier mochte ich eben den Gedanken, dass das Gute das Böse brutal auslöscht und damit die Frage aufkommt, ob das Gute nicht auch das Böse ist. :)

Auch als die Reise der 4 "Helden" beginnt war ich gespannt was noch alles auf uns zu kommt. Es folgt eine Passage mit Tomas Milian, der sich als netter Kerl vorstellt und sich dann als Drecksack entpuppt. Fand ich auch noch gut!

Volle Zustimmung. Das gefiel mir richtig gut. Auch wie er sich eher langsam zu dem entpuppt, was er ist.

Jedoch hat es mich dezent wahnsinnig gemacht wie Milian mit der Winchester geschossen hat.....als wäre der Ladehebel beim zurückziehen auch gleichzeitig der Abzug....was soll der Quark?

Habe ich nicht mitbekommen. Dazu kenne ich mich mit Waffen auch zu wenig aus.

Aber sowie Milian (vorerst) aus dem Film verschwindet, schwand auch mein Interesse.
Keiner der 4 war irgendwie interessant, sympatisch oder sonstwas.

Hier beginnt sich dann unsere Meinung zu teilen. Ich mochte die Charaktere.

Im Gegenteil.....warum zum Henker heißt der Film "Four of the Apocalypse"? Welche Apocalypse?
Ich vermute, dass das Massaker zu Beginn als Apokalypse benannt wurde und die 4 eben die Überlebenden aus der Apokalypse sind.

Es passiert nach dem ersten Drittel des Films bis 10 Minuten vor Schluss effektiv NICHTS oder eben so unspektakulär das man sich denk "Joah...okay, ist dann wohl eben so"
Okay, zugegeben, die Atmosphäre ist schon arg karg, nihilistisch, hoffnungslos.....auch die Locations könnten trostloser kaum sein.
Bringt aber am Ende nichts wenn einem die Hauptcharaktere komplett egal sind. Auch optisch wirkt der Film sehr "billig"...schwer zu beschreiben.

Hier gehen wir weiter auseinander. Liegt wahrscheinlich daran, das ich die Charaktere mochte und mir ebenso diese Passagen gefallen, in denen eben nicht viel passierte. Ich mochte die Atmosphäre total gerne und eben auch die komplette Tempoverschleppung. Den fehlenden klassischen Spannungsaufbau fand ich sehr angenehm und hatte da richtig Freude dran.

Ne Freunde der Nacht, ich hab mich hier einfach nur fürstlich gelangweilt.....
Das "Revenge" Ende kommt dann eben auch einfach so, ohne jeglich Aufbau oder ähnliches.

Ja, ich bin ein Freund der Nacht :cool: Aber gelangweilt habe ich mich zu keiner Zeit. Auch dass das Ende ohne den obligatorischen Aufbau hinterhergeschoben wurde, gefiel mir total gut, da es einfach perfekt zum Rest des Films passte.

Da beneide ich fast die Leute welche eine gekürzte Fassung gesehen haben. Da ist diese Schlaftablett von Film wenigstens schneller vorbei.

3/10

Habe ihn natürlich ungeschnitten gesehen und war hellwach. Ich mag an dem Film einfach seine völlig konträre Art der Inszenierung. Deshalb finde ich ihn weitaus besser als den "Silbersattel" von Fulci, da der eher den strikten klassischen Mustern folgt. Der war dadurch für mich unspektakulärer. Diesen hier sehe ich dagegen für mich als vollständig gelungen an.

Nichtsdestotrotz freue mich sehr darüber, das du ihm eine Chance eingeräumt hast und dich hier gemeldet hast. Auch wenn wir den Film völlig gegensätzlich einschätzen. Das kann ja immer mal passieren :bier:
 

Dwayne Hicks

Filmgott
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Boah, hätte nie geglaubt das hier noch ein zusätzliches Review erfolgt. Klasse :kiss:

Da der Italo-Western zu meinem Lieblingsgenre gehört und ich den Fluci ja schon interessant finde, war das nur eine Frage der Zeit :D

Aber ja, ist dann wohl so das Western-Roadmovies nicht meine Baustelle sind sobald ich mit den Charakteren nicht warm werde.
Monte Hellmans "The Shooting" war da ähnlich...großartiger Cast.....aber ich habe die Charaktere gehasst! Während ich Hellmans "Two-Lane Blacktop" sehr sehr mag.....ist zwar kein Western aber ein klassisches Roadmovie wo ich aber auch jeden verstehen kann der den sterbenslangweilig findet.

Übrigens mal was zur Musik....die fanden ja viele unpassend und scheiße. Ich fand die nur zum Film unpassend :D aber rein von der Musik her hat mir zumindest das ganz gut gefallen.
 

deadlyfriend

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Da der Italo-Western zu meinem Lieblingsgenre gehört und ich den Fluci ja schon interessant finde, war das nur eine Frage der Zeit :D
Hier könnte der größte Unterschied in der Wertung begründet sein. Der Italo-Western ist kein Lieblingsgenre von mir. Ich mag es zwar gerne, würde aber dort niemals so tief in die Materie einsteigen wie beispielsweise im Giallo. Deshalb habe ich ihn wahrscheinlich weniger aus der Western Perspektive gesehen, sondern eher aus der Fulci-Perspektive, da ich ja seine Arbeiten zu der Zeit gerade ein wenig studiert hatte. Das heißt ich hatte mir alle 34 erhältlichen Filme von ihm angesehen. Beim Einlegen des Films war die Grundhaltung also nicht "Ich freue mich auf einen Western", sondern eher "Bin gespannt was er jetzt gemacht hat".

Aber ja, ist dann wohl so das Western-Roadmovies nicht meine Baustelle sind sobald ich mit den Charakteren nicht warm werde.
Monte Hellmans "The Shooting" war da ähnlich...großartiger Cast.....aber ich habe die Charaktere gehasst! Während ich Hellmans "Two-Lane Blacktop" sehr sehr mag.....ist zwar kein Western aber ein klassisches Roadmovie wo ich aber auch jeden verstehen kann der den sterbenslangweilig findet.

Habe ich beide nicht gesehen. Aber ja, ein Roadmovie über einen Mikrokosmos kann nur funktionieren, wenn man die Charaktere mag. Das war bei mir hier der Fall. Fabio Testi hatte natürlich dann schon bereits einen Vorschussbonus.

Übrigens mal was zur Musik....die fanden ja viele unpassend und scheiße. Ich fand die nur zum Film unpassend :D aber rein von der Musik her hat mir zumindest das ganz gut gefallen.

Die gefiel mir ebenfalls gut und ich fand sie nicht unpassend. Aber auch hier war mein Fokus auf der Historie. Der Film ist in der Entwicklung von Fulci ja ungemein spannend, da eben seine späteren Wegbegleiter Frizzi und Salvato hier bereits am Start waren.
 
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