Die sieben Samurai

Sam Spade

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Die sieben Samurai


七人の侍

Fast vier Wochen nach der Erstsichtung wirkt dieses Werk immer noch nach. Momentan vergeht kein Tag an dem ich mal nicht zumindest kurz an diesen Film zurückdenke, oder ihn am liebsten sofort nochmal einlegen würde um ihn ein weiteres Mal zu sehen, was sich aber aufgrund der Laufzeit von 207 Minuten nicht so leicht vereinbaren lässt. Doch auch abgesehen von meinen Gedanken an die sieben Samurai, hat dieser Film dafür gesorgt dass das östliche Kino für mich wieder absolut präsent ist, er hat mir die Tore für weitere Kurosawa Filme eröffnet, mein Interesse für Samurai Filme anderer Regisseure geweckt, und zugleich eine große Sympathie für Toshirō Mifune, einer der genialen Hauptdarsteller in „Die sieben Samurai“ sowie auch zeitweiliger fester Hauptdarsteller in frühen Kurosawa Filmen, hervorgerufen. Wie sagte Akira Kurosawa „The ordinary Japanese actor might need ten feet of film to get across an impression. Toshirō Mifune needed only three feet. “, doch ich triffte ab…

Eigentlich schreibe ich schon eine Woche nach einer Sichtung nicht mehr gerne eine „Kritik“ zu einem Film, da es schon wieder etwas zu lange her ist, um auch noch Details mit einbeziehen zu können, aber trotzdem nehme ich mir nun die Zeit und versuche zumindest einen kleinen Eindruck dieses Films zu vermitteln. Denn einen Thread hierfür muss es in diesem Forum einfach geben.

Die Geschichte ist wohl mittlerweile hinlänglich bekannt:
Ein Bauerndorf wird regelmäßig und immer nach der Ernte von Banditen angegriffen und terrorisiert. Die Bauern fassen den Entschluss sich endlich zu wehren und heuern sieben Samurai Kämpfer an, um sich den Banditen entgegenzustellen…

Diese Geschichte wird in drei Abschnitte unterteilt, wobei es im Film keine strikte Trennung dieser Abschnitte gibt, alles läuft nahtlos ineinander. Diese 3 Abschnitte lassen sich grob so unterteilen:

1.Anheuern der Samurai

2. Planung der Verteidigung des Dorfes

3. Angriff der Banditen auf das Dorf

Doch Innerhalb dieses Grundgerüsts gibt es noch weitere Handlungsstränge welche einem vor allem die Charaktere, sowohl Samurai als auch Bauern, noch näher bringen und deren individuelle Geschichten erzählen. Auch wird hier das Verhältnis der beiden Parteien (Samurai / Bauern) deutlich. Auf der einen Seite herrscht Unterwürfigkeit den Samurai gegenüber, auf der anderen Seite gibt es aber auch Situationen die deutlich machen, dass die Samurai nicht so gern im Dorf gesehen sind. Zum Beispiel fürchten sich die Bauern davor, dass sich die Samurai an ihren Töchtern und Frauen vergehen. Hier wird immer wieder die gesellschaftliche Spaltung deutlich.

Generell lässt sich sagen, dass ich bisher selten einen Film gesehen habe, der so sehr von seinen Charakteren lebt. Das ist auch der Grund, warum keine einzige Sekunde dieses Films überflüssig ist. Alles ist sinnvoll und wichtig. Man will mehr von all diesen Personen erfahren und ihnen zuhören. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie die (deutsche Version) mit einer Laufzeit von 155 Minuten auf einen wirkt. Hier kann nur was fehlen.

Glaubt man den allgemeinen Kritiken und sonstigen Berichten zu diesem Werk, so war diese detaillierte Erzählweise, also das Zusammenstellen eines Teams um sich am Ende einer Situation zu stellen, für diese Zeit revolutionär und neuartig. Viele Filme ließen sich hiervon inspirieren und übernahmen diese Vorgehensweise. Das beste Beispiel ist natürlich „Die Glorreichen Sieben“ von John Sturges, welcher möglicherweise das offensichtlichste „Remake“ von den „Sieben Samurai“ ist.

Auch gibt es anfangs eine Szene, in der der spätere Anführer der Samurai Gruppe Kambei Shimada (genial gespielt von Takashi Shimura) sich die Haare abrasiert um getarnt als Mönch einen Entführer zu überwältigen, hier mutmaßte der kürzlich verstorbene Filmkritiker Roger Ebert „Did this scene create the long action-movie tradition of opening sequences in which the hero wades into a dangerous situation unrelated to the later plot?“.

Das Schauspiel aller Darsteller ist über jeden Zweifel erhaben. Eigentlich müsste man jeden einzelnen erwähnen und kurz aufgreifen(sowohl die Samurai, als auch die Bauern), aber ich will hier nochmals auf Mifune eingehen, der sich mit dieser Rolle einen festen Platz in der Liste meiner Lieblingsdarsteller verdient hat. Dieser spielt den Möchtegern Samurai Kikuchiyo, der eher widerwillig von den Samurai in ihre Gruppe aufgenommen wird, aber mit seinem Charme und seinen Witz aufzeigt, dass die Fähigkeit ein Schwert zu schwingen nicht alles ist, um eine Schlacht zu gewinnen. Mifune sorgt hier mit einer extrem rasanten Art eindrucksvoll für den nötigen Humor, aber wirkt dennoch nicht Clownesk, liefert Momente die zum Nachdenken anregen und bereichert das Team auf ganzer Linie.

Optisch und musikalisch ist dieser Film ebenfalls auf dem höchsten Niveau und liefert eindrucksvolle Schwarz/Weiß Bilder mit immer passend unterlegter Musik. Auch Actionszenen sind perfekt eingefangen und kommen äußerst realistisch rüber. Die Tatsache dass Kurosawa immer wieder mit mehreren Kameras gleichzeitig arbeitete (meines Wissens waren es hier drei), gibt den ganzen einen fast Dokumentarfilm-artigen Look. Was ich aber dennoch klar und deutlich sagen möchte, man sollte hier kein Actionfilm erwarten, zumindest sollte man nicht glauben dass sich hier sieben Samurai offen einer Armee von Banditen stellen, um diese waghalsig niederzuschlagen. Es handelt sich hier um einen sehr realistisch gehaltenen Film, und der Kampf gegen die Banditen ist nur mit Taktik und guter Planung auszuführen, und so wird es hier auch gezeigt. Die letzte Stunde des Films liegt zwar im Zeichen der Verteidigung des Dorfes(bzw. des Angriffs durch die Banditen), aber dennoch geht es generell im Film in erster Linie um das menschliche, die Charaktere und wie man am Ende eine zunächst ausweglos erscheinende Situation gemeinsam meistern bzw. sich ihr stellen kann.

Man könnte hier sicherlich noch ewig so weitermachen und noch viel mehr verschiedene Punkte ansprechen, aber würde mich freuen wenn sich auch Leute hier zu Wort melden, die diesen Film ebenfalls schon gesehen haben.

Abschließend kann ich sagen, dass jeder der von älteren Filmen nicht abgeneigt ist, und hier einen, zweifelsohne, Wegweisenden Film erleben möchte, sich dieses Meisterwerk einmal ansehen sollte. Es wird sicherlich nicht jedem gefallen, aber mein Horizont wurde erneut um ein großes Stück erweitert. Ein Epos.

10/10
 
Zuletzt bearbeitet:

2moulins

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Es wird sicherlich nicht jedem gefallen, aber mein Horizont wurde erneut um ein großes Stück erweitert.
Gestern sah ich endlich diesen Klassiker, der nunmehr ja schon bald 70 Jahre alt wird! Mir hat er sehr gut gefallen. Und mein Horizont wurde ebenfalls erweitert, denn bis kürzlich kannte ich keinen der Filme von Akira Kurosawa. obwohl mich der Name schon sehr lange begleitet. Er ist also bei weitem kein Unbekannter für mich gewesen, obwohl ich noch keinen seiner Filme gesehen hatte. Durch die "Samurai Collection" lernte ich jetzt 5 seiner Werke kennen. 4 davon haben mich überzeugt (lediglich die Shakespeare-Verfilmung "Throne of Blood" schaffte das - noch - nicht).

"Seven Samurai" ist wirklich großes Kino. Die 3 1/2 Stunden werden nicht langweilig. Man lässt sich Zeit für die Charakterentwicklung und die Erzählung der Geschichte. Dabei entwickeln sich Sympathien für einige der Personen, angefangen beim federführenden Samurai Kambei. Diese Rolle wird nicht - wie von mir erwartet - von Toshiro Mifune gespielt, sondern - wie Sam Spade bereits erwähnte - von Takashi Shimura. Mifune spielt hier quasi die zweite Hauptrolle, mit viel Dynamik und auch Humor.

Sam Spade hat eigentlich schon alles zum Film gesagt. :hoch:

Der Bewertung 10/10 schließe ich mich an.
 
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