Ausgestoßen

Sam Spade

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Ausgestoßen

Ein Film von Carol Reed der, möglicherweise weil er im Schatten von "Der Dritte Mann" steht, recht unbekannt zu sein scheint und den man leicht übersehen kann, zu unrecht.

Belfast 1947. Der Anführer einer kriminellen Organisation, Johnny McQueen (James Mason), plant einen Banküberfall um seine Gruppe mit finanziellen Mitteln zu versorgen. Der Überfall scheitert jedoch kurz vor Schluss und McQueen wird schwer verwundet. Zu allem Überfluss tötet er dabei, eigentlich ungewollt, einen Bankangestellten. Auf der Flucht wird McQueen von seinen Gefolgsleuten zurückgelassen. Es beginnt ein beschwerlicher Marsch durch das winterliche Belfast.

Belfast, das Stichwort. Wie auch schon Wien in "Der Dritte Mann", ist Belfast in "Ausgestoßen" ein Ort ohne den dem Film etwas Essentielles fehlen würde. Nämlich die Seele. Schmutzige Gassen, verlassene Hinterhöfe, baufällige Häuser, eine von Menschen dicht besiedelte Innenstadt usw. Die eingefangenen Bilder sind, auch was Licht und Schatten betrifft großartig und man erkennt deutlich wohin das Ganze dann schlussendlich, in Perfektion umgesetzt, führen sollte ("Der Dritte Mann").

Man leidet mit Johnny McQueen, wenn er ziellos durch eben diese Straßen wandert, um irgendwie aus dieser ausweglosen Situation rauszukommen. Verwundet, von der Polizei auf Hochtouren gesucht und immer wieder verschiedene, teils zwielichtige, Personen treffend. Die Lage spitzt sich zu, und so auch das Wetter. Erst der Regen, dann der Schnee, bis es schließlich zum Höhepunkt kommt und es dramatisch endet.

Während McQueen durch die dunklen und kalten Straßen von Belfast wandert, ist auf der anderen Seite Kathleen Sullivan (Kathleen Ryan), seine Geliebte, die ihm und seinen Gefolgsleuten in besseren Zeiten Unterschlupf bei sich und ihrer Mutter gewährte. Verzweifelt macht auch sie sich auf die Suche nach ihm, und so fiebert man im Grunde den ganzen Film über mit den beiden mit und hofft, dass sie sich am Ende wieder sehen, und sie aus Belfast flüchten können.

Unterlegt wird der Film mit großartiger Musik, und vor allem das dramatische Main Theme ist unglaublich stark, und drückt musikalisch die gegebene Situation präzise aus.

Die Personen die McQueen gegen Ende antrifft, waren mir dann ein Tick zu seltsam, etwas zu surreal, was dann doch die Höchstwertung leider verhinderte. Nichts desto trotz ist „Ausgestoßen“ aka „Odd Man Out“ ein großartiger Film, der zwar nicht ganz an das Über-Werk „Der Dritte Mann“ rankommt, aber auch nicht weit davon entfernt ist, zudem muss man wohl klar sehen, das es „Der Dritte Mann“ ohne „Ausgestoßen“ so auch nicht gegeben hätte, man erkennt also klar wie sich da Carol Reed entwickelt hat.

Im Übrigen auch der Perfekte Film für kalte und verschneite Tage, werde nun versuchen ihn traditionell jedes Jahr im Winter einmal einzulegen.


9,5/10
 
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