Das verfluchte Haus

Tarantino1980

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Das verfluchte Haus
Dem hochgefeierten Maler Leonardo Ferri wird immer bewusster das ihn das Leben in der Großstadt in seiner Kreativität ausbremst. Kurzerhand entschließt er ein Haus auf dem Land zu kaufen um dort ungestört arbeiten zu können.

Regisseur Elio Petri inszenierte Das verfluchte Haus im Jahr 1969, welcher eine Mischung aus Horror, Thriller und Mystery darstellt. Der originale Titel - Un Tranquillo posto di campagna (Ein ruhiger Ort im Grünen) passt definitiv viel besser zu dem Film, war aber offenbar dem deutschlen Markt nicht reißerich genug. Der Film wurde zwar im rahmen der internationalen Filmfestspiele in Berlin gezeigt, erhielt aber keine reguläre Kinoauswertung. Erst jahrzehnte später wurde er im deutschen Fernsehen, bzw. wieder ein paar Jahre später im deutschen Pay TV gezeigt. Erstmalig wurde er in Deutschland 2012 im Rahmen der Elio Petri Edition von Koch Media auf DVD veröffentlich und seit 2019 gab es dann endlich auch eine HD Auswertung von X-Rated. Der Film hatte es also in Deutschland nicht leicht und ist daher auch relativ unbekannt, was leider vollkommen zu unrecht der Fall ist, da er aus meiner Sicht großes Potential gehabt hätte, wenn er bereits in seiner Entstehungszeit einem größeren deutschem Publikum bekannt zu sein, ein richtiger Kultfilm hätte werden können. Der Film basiert auf der Novelle The Beckoning Fair One des britischen Autors Oliver Onions. Elio Petri hat gemeinsam mit Tonino Guerra die Geschichte adaptiert und daraus ein Drehbuch gemacht.

Bereits nach der ersten Szene wusste ich das dies ein Film werden wird der mich nicht nur absolut abholt sondern auch nachhaltig beeindrucken wird. Elio Petri hat hier wirklich einen Film erschaffen, welcher nicht nur perfekt photographiert wurde, sondern auch mit einer interessanten Geschichte und einem tollen Cast besticht. Es gibt soviele Szenen die einfach nur phantastisch inszeniert wurden. Die alte heruntergekommene Villa auf dem Land ist einfach ein perfekter Drehort für diesen Film gewesen. Aber auch die Szenen zu Anfang des Films, in denen man eine sehr moderne kühle Stadtwohnung zu Gesicht bekam, sind einfach nur phantastisch in Szene gesetzt.

Und wenn dies noch nicht alles reichen würde um den Film gut zu finden war niemand geringeres als Ennio Morricone für den Score verantwortlich. Es sei hier jedoch erwähnt das dieser sich deutlich von seinen anderen Werken abhebt, viel experimenteller klingt und alleine, ohne die gezeigten Bilder, mit Sicherheit nicht so intensiv wäre. Anders als bei vielen seiner anderen Werke hat Ennio Morricone diese Musik nicht alleine komponiert, er hatte Unterstützung von dem weltweit ersten Improvisationsensemble im Bereich der Neuen Musik - Gruppo di Improvvisazione Nuova Consonanza -. Laut einem Interview von Morricone hatte er einen Teil der Filmmusik selbst geschrieben, der andere wurde Live vor einer Leinwand als die fertige Schnittfassung von Das verfluchte Haus vorhanden war, von diesen Musikern improvisiert und aufgenommen. Daher passen die teilweise sehr gewöhnungsbedürftigen Töne jedoch perfekt zu dem Film sind aber, anders wie bei anderen Werken von Ennio Morricone, einzeln für sich gestellt definitiv nur sehr schwer konsumierbar.

Der Cast war für mich auch absolut gigantisch. Franco Nero zündete hier dermaßen ein Feuerwerk seiner Kunst ab, das es mir persönlich einen riesen Spaß bereitet hat, seinem Spiel beizuwohnen. Definitiv ein Schauspieler mit dem ich mich noch tiefer beschäftigen muss, da ich, je mehr Filme ich mit ihm sehe, einfach merke wie sehr mich dieser Mann darstellerisch fasziniert. An seiner Seite Vanessa Redgrave, die auch einfach nur unfassbar gut war. Man spürte diese besondere Chemie zwischen den beiden, welche wahrscheinlich auch damit zusammen hing das beide zum Zeitpunkt der Dreharbeiten ein Liebespaar waren. Sowas ich glaube ich für jeden Regisseur einfach nur ein Glücksgriff wenn zwei Darsteller sich auch privat sehr gut verstehen und es auch schaffen diese Dynamik auf die Leinwand zu transportieren.

Das verfluchte Haus ist einer dieser Filme die meiner Meinung nach vollkommen zu unrecht nicht so bekannt sind und daher filmhistorisch nicht den Stellenwert einnehmen, zumindest nicht bei der breiten Masse, wie sie es eigentlich verdient hätten. Natürlich ist der Film für jeden Italo Fan ein absolutes Must See, aber auch Freunde von Psycho Thrillern sollten hier ruhig mal einen Blick riskieren, da ich mir vorstellen könnte das alleine durch die geniale Mischung aus Traumsequenzen und realen Geschehnissen der Film unfassbar intensiv ist und somit einen bis zum Schluss absolut in seinen Bann zieht.

Wertung: 10/10
 

Russel Faraday

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Den hab ich im Dezember '20 gesehen. Mein Kommentar seinerzeit:

"Das verfluchte Haus"

Bei Franco Nero sickert der Kaffee durch: als gebeutelter Erfolgsmaler in der Schaffenskrise mietet er sich einer schicken Bude auf dem Lande ein, um neue Inspiritation zu finden. Dort ist 20 Jahre zuvor die Dorfschlampe auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Was sich nun rächt, denn unser Maler dreht allmählich durch. Bisweilen ziemlich eigenwillig. Mit seeeeehr experimenteller Musik von Ennio Morricone. Hat mir gut gefallen.

Edit: Franco Nero und Vanessa Redgrave sind noch immer zusammen und mittlerweile miteinander verheiratet, was Liam Neeson zu Djangos Schwiegersohn macht. :rock:
 
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