Brawl in Cell Block 99

Willy Wonka

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Twin Peaks
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Brawl in Cell Block 99

Viel Zeit nimmt sich S. Craig Zahler für seinen Hauptprotagonisten, bis dieser nach einem gescheiterten Drogenkurier-Job (endlich) im Gefängnis landet. Es ist bemerkenswert, wie ruhig, sachlich und authentisch zu Beginn der Gefängnisaufenthalt inszeniert wird, sodass man sich schon fast auf einer gewöhnlichen staatlichen Behörde wähnt, bis Zahler seinen Hauptdarsteller nach einer Verlegung in die Untiefen des Gefängnisses führt und heftige Gewaltexzesse den sonst monotonen Alltag unterbrechen.

Die intensive Körperlicht, die Gewalt und die explizite Brutalität werden überraschenderweise äußert glaubwürdig vom komödienerprobten Darsteller Vince Vaughn verkörpert. Seine Motivation und seine Gewaltanwendung sind zu Beginn nur Mittel zum Zweck, um seine schwangere Frau zu schützen, bis er selbst sein Schicksal akzeptiert und es für ihn keinen Ausweg mehr aus dem Strudel der Gewalt zu geben scheint.

Zwar entspricht das überwiegend aufgeräumte, klare, helle und digitale Bild nicht meinen Vorstellungen des klassischen schmutzigen Terror- und Exploitationkinos, aber zumindest bei einigen Gefängniszellen kann man den Dreck selbst ohne die klassische Ästhetik spüren. Zudem wird die Gewaltanwendung nicht nur auf visuelle Ebene explizit, sondern durch Geräusche von brechenden Knochen, knackenden Gliedmaßen und das daraus resultierende Stöhnen, Wimmern oder Schreien wird der menschliche Körper auch auf der Tonspur erfahrbar und ist bei der Inszenierung der Gewaltexzesse von elementarer Bedeutung.

Auch wenn es eine häufig inflationäre Floskel ist, so muss man gestehen, dass „Brawl in Cell Block 99“ wirklich keine leichte Kost ist und seine Altersfreigabe vollkommen zurecht erhalten hat. Denn anders als die inszenierte Gewalt in Filmen wie „Sin City“ oder „Deadpool“ wird die Wirkung nicht durch Ironie verwässert oder mittels comic relief entschärft.

Ob der Film zu Beginn wirklich so weit ausholen musste, den Charakteren zwar dadurch einen gewissen Entfaltungsraum gibt, der aber ab einen gewissen Punkt kaum noch relevant ist, da sich der Film schlussendlich nur auf die üblichen Genre-Zutaten des Gefängnisfilms konzentriert, wird sich final erst bei den nächsten Sichtungen des Films zeigen. Mir hat der Film auf jeden Fall wieder vor Augen geführt, wie drastisch Gewalt im Film inszeniert werden kann. Eine gewisse Schockwirkung konnte er also bei mir entfalten, ob das aber auch wirklich ein Qualitätsmerkmal ist, kann ich derzeit noch nicht endgültig beurteilen.
 
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