Immer die Radfahrer

Willy Wonka

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Immer die Radfahrer

Drei alte Schulfreunde unternehmen mit dem Radel eine Reise nach Burgsteinach, wo sie einst als Jugendliche die ersten Flirt- und Liebeserfahrungen sammelten. Das Roadmovie – das zweitliebste Genre der Deutschen nach dem Krimi – war offenbar schon damals angesagt. Unter der Regie von Hans Deppe agieren Heinz Erhardt, Hans-Joachim Kulenkampff und Wolf Albach-Retty in den Hauptrollen und selbst die Nebenrollen waren mit dem deutschen „Elvis“ Peter Kraus und Inge Meysel prominent besetzt.

Es wird geradelt, gesungen, die Natur genossen und natürlich an die gute alte Zeit erinnert. Moment… der Film ist aus dem Jahre 1958 und die gute alte Zeit waren demnach die 40er Jahre?! Damals wurde im deutschen Kino noch verdrängt, was das Zeug hielt und nicht alles in jeder Form aufgearbeitet, wie es heute häufig gefühlt der Fall ist. Schließlich wollte man im Kino für zwei Stunden der Realität und vielmehr der Vergangenheit entfliehen. Bis der Neue Deutsche Film irgendwann „Opas Kino“ für tot erklärte und den Realismus und die Aufarbeitung der Vergangenheit ins Zentrum des Geschehens gerückt und die alte Heimatverklärung den Kampf angesagt hat.

Doch unabhängig von diesem Spannungsfeld bietet „Immer die Radfahrer“ nur bedingt gute Unterhaltung. Zwar stimmt die Chemie zwischen den Darstellern und Heinz Erhardt zuzuschauen macht meistens Spaß, aber der Film gibt den drei Herren gar nicht genug Raum, um wirklich mal über das Leben zu sinnieren oder ihr komisches Talent aus dem Vollen zu schöpfen. Stattdessen verliert sich das Drehbuch in den allerlei Nebencharakteren und Handlungen (wie beispielsweise Peter Kraus mit seinem Porsche und Freundin) oder die eifersüchtigen Ehefrauen und zu guter Letzt treffen in Burgsteinach alle bei einer Operetten-Inszenierung im Freien aufeinander. Der kalkulierte Spaß ist dann nach 100 Minuten zu Ende und schlussendlich bleibt die bittere Erkenntnis, dass in einem Film mit dem Titel „Immer die Radfahrer“ viel zu wenig geradelt wurde.
 
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