Detroit

Willy Wonka

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Twin Peaks
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Detroit

Drehbuchautor Mark Boal und Regisseurin Kathryn Bigelow verdichten und rekonstruieren einen Ausschnitt aus den Rassenunruhen in Detroit des Jahres 1967. Nach einem bewusst hektischen und unübersichtlichen Einstieg, der uns mitten ins Geschehen wirft und den Zuschauer gezielt von den vielen Eindrücken überfordert, zeichnet der Film im Detail ein intensives und brutales Vorgehen der Polizei nach. Diese sucht in einem Motel nach einem vermeintlichen Heckenschützen und will diesen ohne Kompromisse festnehmen. Auch wenn der Film auf wahren Begebenheiten beruht, ist die Inszenierung in diesen Momenten bewusst dramatisch und erinnert stark an diverse Home-Invasion-Genrefilme. Bigelow versteht es mit ihrem Team vortrefflich einerseits einen beängstigenden Hollywood-Thriller zu kreieren und andererseits durch die Einbindung von realen Aufnahmen immer wieder auf die realen Ereignisse zu rekurrieren.

Neben der historischen Korrektheit besteht die Gefahr bei der Verfilmung von realen Ereignissen auch immer bestimmte Charaktere zu überzeichnen, um die Intention oder auch Botschaft des Films zu verdeutlichen. Auch wenn Boal und Bigelow bemüht sind, verschiedene Facetten der Thematik und die unterschiedlichen Charaktere abzubilden, verbleibt der Film in der klassischen Rollenaufteilung in Opfer und Täter und hätte in dieser Hinsicht noch differenzierter vorgehen können. Andererseits wäre der Film vielleicht dann nicht so emotional ausgefallen und würde mich als Zuschauer nicht so wütend zurücklassen.

Trotz zahlreicher guter Kritiken und eines immer noch aktuell wichtigen Themas ist der Film bei der damaligen Oscar-Verleihung komplett übergangen worden (es gab nicht einmal Nominierungen!) und hat mit einem amerikanischen Einspielergebnis von nur 16 Millionen Dollar zu wenige Zuschauer in den Kinos erreicht. Es ist zu hoffen, dass durch die aktuellen Unruhen einige Menschen noch einmal einen Blick in die Vergangenheit werfen (vielleicht auch mithilfe dieses Films) und die bereits seit damals bestehende Ungerechtigkeit endlich aufarbeiten und beseitigen.
 
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