Wie ein wilder Stier

Tarantino1980

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Wie ein wilder Stier

Der ambitionierte Boxer Jake La Motta hat schon früh in seiner Karriere nur ein Ziel, er will Weltmeister im Mittelschwergewicht werden. Dieses Ziel verfolgt er mit einem eisernen Siegeswillen. Seine Reise beginnt im Jahr 1941...

Robert De Niro in einem Martin Scorsese Film, da kann definitiv nichts schief gehen. So sehe ich das heute, nur als ich den Film das erste mal als Jugendlicher sah, hatte ich da leider noch eine andere Meinung zu. Es dürfte ja mitlerweile bekannt sein das meine Liebe zu Robert De Niro, der für mich zu meinen absoluten Lieblingsschauspielern gehört, nicht sofort vorhanden war. Als Jugendlicher waren es eher die Filme die ich als langweilig betrachtet habe. Dies änderte sich dann zum Glück mit so Anfang zwanig und es gab eine Menge Filmperlen die ich wieder neu für mich entdecken konnte. So nun auch Wie ein wilder Stier. Martin Scorsese inszenierte diesen Film im Jahr 1980 und entschied sich dennoch, den Film in s/w zu drehen, was aus meiner Sicht eine sehr gute Entscheidung war. Zum einen wollte er sich damit von dem 1976 erschienen Boxerdrama Rocky distanzieren, welches was dieses Genre angeht selbstverständlich eine sehr hohe Meßlatte gesetzt hat, aber meiner Meinung nach auch unterstreichen das wir uns in den 40er Jahren befinden und da hätte vielleicht eine Farbfilmoptik den Film etwas weniger intensiv wirken lassen. Also war es aus meiner Sicht herraus eine sehr kluge, wenn auch mutige Entscheidung von Scorsese im Jahre 1980 einen s/w Film zu drehen. Aber wer sich näher mit Martin Scorsese beschäftigt der weiß, das er immer schon ein Mann war der gerne Filme dreht die weit weg vom Mainstreamkino stattfinden, eine ganz eigene Erzählstruktur und Dynamik haben und meines wissens selten sofort den aktuellen Zeitgeist getroffen haben, sondern eher einer großen Fangemeinde bewundernd aufgenommen werden, aber selten einen Mainstream Kinogänger mitreißen. Spontan fällt mir da nur The Wolf Of Wall Street ein, der direkt von Anfang an ein größeres Zielpupblikum an die Kinokassen lockte. Dies spiegelt sich auch in seiner Oscar Bilanz wieder. Meiner Meinung nach hätte dieser Mann schon viel früher für ganz andere Filme einen Oscar erhalten müssen. Natürlich war ich 2007 froh das er überhaupt einen Oscar erhielt, aber wenn man auf sein Werk zurückblickt gab es da weit aus geeignetere Kandidaten als The Departed, der noch dazu ein Remake war. Wie ein wilder Stier wäre z.B. so ein Film gewesen der definitiv auch einen Regie Oscar verdient gehabt hätte.

Zumindest hat Robert De Niro für diesen Film als Bester Hauptdarsteller einen Oscar erhalten, was definitiv verdient war. Zum einen natürlich die physische Leistung die er hier an den Tag gelegt hat, den Mut zur Häßlichkeit in dem er einig Kilos - keine Muskelmasse - zuviel auf den Rippen hatte und natürlich sein absolut intensives Spiel was dazu führte, das ich komplett in den Microkosmos von Jake La Motta eintauchen konnte. Es gab viele Szenen bei denen ich mich fragte, was ist das Problem von dem Mann. Er hatte eigentlich vieles wovon viele Menschen träumen war aber selten mit sich im reinen und schaffte es nicht, was zum Beispiel ein Rocky Balboa erreichte, eine Erfolgsstory dem Zuschauer zu zeigen. Anders als in Rocky sieht man in Wie ein wilder Stier nämlich andere Aspekte eines Dramas, zwar ist in diesem Film auch eine klassische Lovestory enthalten, die aber vollkommen anders aufgebaut ist was Timing, Tempo und Intensität angeht. Auch hier ein großes Lob an Cathy Moriarty die damals mit ihren zarten zwanzig Jahren in ihrer ersten Filmrolle absolut souverän neben Robert De Niro stand, der zu diesem Zeitpunkt schon kein unbekannter in Buisiness mehr war und sie als absolute Newcomerin stand wie eine Eins im Gegenüber und zeigte keinen Hauch von Erfurcht oder Nervosität. Sie spielte vollkommen auf Augenhöhe mit ihm, was mich sehr beeindruckt hat. Ich bin mir sicher das dies damals kaum einer erwartet hat das eine 20 jährige Newcommerin so phantastisch und ebenbürtig einem 37 jährigen Robert De Niro gegenüber tritt. Wahrscheinlich wollte man hier auch eher De Niro eine Schönheit an die Seite stellen ohne zu wissen das solch eine Dynamik entsteht. Und natürlich nicht zu vergessen Joe Pesci der auch eine tolle Rolle in diesem Film hatte und hier auch zeigen konnte das er nicht nur der Wasserträger für Robert De Niro in Martin Scorsese Filmen ist, sondern definitv ein guter Schauspieler. Seine Darbietung hat mir auch extrem gut gefallen!

Also unter dem Strich haben wir hier alles was ein Filmherz höher schlagen lässt. Einen phantastischen Regisseur der es geschafft hat eine packende Story sehr gut mit Hilfe eines extrem spielfreudigem und beeindruckendem Cast´s zu inszenieren und daraus einen Film zu erschaffen, der auch heute, fast 40 Jahre nach Veröffentlichung, nichts an seinem Glanz verloren hat. Im Gegenteil er erinnert mich schmerzlich daran das heutzutage solche Filme nur noch sehr selten Ihren Weg ins Kino finden und falls doch, sie meistens von Kritikern und dem Mainstream Puplikum verachtet werden und somit lieber das x-te Remake/Reboot oder 100. Fortsetzung eines Mainstream Projektes seinen weg ins Kino findet, anstatt solche Filme wieder zu pushen. Ich will das aktuelle Hollywood nicht komplett mies reden, aber ich unterstelle den großen Studios das nur selten Mut bewiesen wird und solche Projekte wie damals Wie ein wilder Stier tatsächlich verfilmt werden. Also wer den Film noch nicht kennt umbedingt anschauen. Das ist definitiv einer der Filme den man als Filmfan gesehen haben sollte.

Wertung: 10/10
 
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