Brimstone
Ende des 19. Jahrhunderts, irgendwo in der gottesfürchtigen Pampa der USA. Die stumme Liz (Dakota Fanning) bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann und den zwei Kindern eine Farm und verdingt sich zusätzlich noch als Hebamme. Eines Tages steht sie im Zuge dieser Tätigkeit vor eine großen Entscheidung doch der neue Dorfpfarrer (Guy Pierce) stellt sie vor noch viel größere Probleme, die tief in ihrer Vergangenheit begraben sind...
Was hier der Niederländer Martin Koolhoven in dieser europäischen Co-Produktion auf die Leinwand gezaubert hat, ist schlicht und ergreifend eine Wucht. Und dies kann man durchaus wörtlich nehmen! Von der ersten Sekunde an ist man von der unheilvollen Atmosphäre derart gefangen, das man die nächsten 150 min., die Tarantino-Like in 4 Kapiteln unterteilt sind, wie gebannt dem weiteren Treiben zuschauen
muss. Es gibt kein Entrinnen, so wie es für Liz scheinbar kein Entrinnen aus ihrem Schicksal gibt. Wunderbar gespielt von Dakota Fanning, die, ihrer Stimme entraubt, vor allem durch ihre Augen mit uns spricht. Ihre Leistung wird aber noch getoppt von Guy Pierce, der mehr Teufel als Revenent ist. Nicht von ungefähr hat Koolhoven sein Werk bedeutungsschwanger Brimstone, also Schwefel, genannt.
Koolhovens dramatischer Western-Thriller ist von außergewöhnlicher Kraft und Intensität und er schreckt auch nicht vor exzessiver Gewalt ab. Ganz im Gegenteil, die Brutalität blitzt immer wieder rigide auf und trotzdem gelingt es allen Beteiligten, das
Brimstone mehr von der Narrative, dem Schicksal der Beteiligten und der erdrückenden Atmosphäre lebt. Koolhoven nimmt sich viel Zeit, um sich Themen wie Inzest, Selbstaufgabe, Bigotterie oder Sadismus zu widmen, die er in faszinierende Bilder packt und ohne dabei die große Moralkeule zu schwingen.
Brimstone ist mehr als ein Western, er ist eine Hymne auf die Willenskraft des Menschen sowohl in guter als auch in böser Hinsicht. Wobei hier die gute Seite stark weiblich ausgerichtet ist, so das wir nach
The Missing,
The Homesman oder
Jane got a Gun fast schon vom neuen Genre des femininen Westerns sprechen können. Wenn dabei solche Perlen entstehen, kann uns das nur recht sein.
Neben Fanning und Pearce agieren mehr oder weniger lang noch weitere bekannte Stars wie die beiden GoT-Veteranen Kit Harrington und Clarice van Houten, Carla Juri und vor allem die junge Emilia Jones und heben diesen Film somit auch schauspielerisch auf eine der obersten Stufen. Da auch das Ende so konsequent wie brillant ist, komme ich nicht drum herum, das Prädikat "absoluter Pflichtfilm" zu vergeben. Wirklich schade, das
Brimstone 2016 nur in homöopathischen Dosen in die deutschen Kinos kam und er somit bisher leider ein Dasein als Insider-Tipp fristet.
10/10