Suffragette - Taten statt Worte

Die wilde 13

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Suffragette - Taten statt Worte


London, 1912. Die junge Maud (Carey Mulligan) arbeitet seid ihrer frühesten Kindheit sehr hart in einer Wäscherei und kommt durch eine neue Kollegin in Kontakt mit den sogenannten Suffragetten, die sich für das Wahlrecht für Frauen einsetzen. Je mehr sie in diese Bewegung heineingezogen wird, desto mehr hat das auch dramatische Konsequenzen in ihrem privaten Umfeld...

Den Begriff "Suffragetten", ich gebe es zu meiner Schande zu, hatte ich zum erstenmal vor ein paar Jahren in Ken Folletts Roman "Sturz der Titanen" zur Kenntnis genommen und war schon erstaunt, das den Frauen in Europa so lange das Wahlrecht vorenthalten wurde. Nun also die überfällige filmische Würdigung, die von Sarah Gavron inszeniert worden ist.

Sie wählte, was durchaus legitim ist, für diesen wichtige Kapitel der europäischen Geschichte den emotionalen Zugang mit Hilfe der fiktiven Figur der Maud, die entgegen der zumeist aus dem Bürgertum stammenden Suffragetten aus der Arbeiterklasse stammt. Carey Mulligan spielt diese Rolle mit großer Bravour und lässt den Zuschauer unmittelbar teilhaben an ihrer Enwicklung von der braven Ehefrau und Mutter eines kleinen Buben zur Kämpferin ihrer Rechte. Zuviele Demütigungen und zuviel Ignoranz der "Herren der Schöpfung" treiben sie immer mehr in die Arme der Suffragetten, um diese zu unterstützen. Zur Not mit illegalen Mitteln.

Neben Mulligan überzeugen auch Helena Bonham Carter, Brendan Gleeson und Anne-Marie Duff, während Meryl Streep einen kurzen aber wirkungsvollen Auftritt als Emmline Pankhurst, der obersten Drahtzieherin der Frauenbewegung, hat.

Suffragette - Worte statt Taten ist zum Ende hin auch recht spannend und endet mit historischen Aufnahmen, die zu Tränen rühren. Ja, es hätten auch noch mehr die politischen Hintergründe beleuchtet werden sollen aber die Tatsache, das sich ein Film überhaupt mit dieser Thematik auseinandersetzt, ist Grund genug, sich diesen Film anzuschauen. Die Suffragetten haben es verdient, das man sie und ihren Einsatz nicht vergisst.

8/10
 

Willy Wonka

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Sehr schöne Kritik zum Film. Ich habe den Film vor einigen Tagen zum ersten Mal gesehen und leider hat mir der Film insgesamt nicht so gut gefallen, auch wenn das Thema natürlich äußerst wichtig ist.

Vor allem zu Beginn schafft der Film sehr gut das Gefühl zu vermitteln, wie ungerecht und brutal Frauen im Jahr 1912 behandelt wurden. Ohne explizit Misshandlungen oder Vergewaltigungen anzusprechen oder gar zu zeigen. Dennoch ist diese schreiende Ungerechtigkeit für heutige Sehverhältnisse kaum auszuhalten und doch liegt heute noch vieles im Argen bei der Gleichberechtigung der Geschlechter. Vor allem wenn man sich die weltweite Situation anschaut.

Leider ist das Drehbuch äußerst konventionell ausgefallen und bei der Inszenierung wurde an einigen Stellen unnötigerweise zur einer Wackelkamera gegriffen und vor allem gen Ende hätte ich mir mehr Hintergründe zum Trauermarsch und die damit verbundene Aufmerksamkeit für die Suffragetten-Bewegung gewünscht. Das wurde meiner Meinung nach viel zu schnell abgehandelt. Beispielsweise wurde den Frauen zu Beginn so viele Steine in den Weg gelegt und die Presse hat kaum Notiz von Ihnen genommen, aber durch den Todesfall gen Ende soll auf einmal alles anders gewesen sein und die Frauen scheinen spielend einfach die Öffentlichkeit zu erreichen und alle Presse-Vertreter berichten darüber. Da hätte ich mir mehr Ambivalenz und Reibungen gewünscht, denn das Ende wirkt schon fast zu naiv utopisch, auch wenn die Texttafeln zeigen, wie lange es in vielen Ländern noch gedauert hat, bis Frauen zum ersten Mal wählen durften.

Das Bewusstsein für freie Wahlen und wichtig diese für eine Demokratie sind, scheinen aber mittlerweile viele in Deutschland und anderen westlichen Ländern vergessen zu haben, denn anders lässt sich die niedrige Wahlbeteiligung kaum erklären.
 
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