Everest

Sam Trautman

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#02 27.09.15 Sam Trautman
 
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Sam Trautman

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Everest


Sir Edmund Hillarys Augen

Was Edmund Hillary 1953 ehrfürchtig erblickte, als er den höchsten Berg der Erde bestieg und von ihm hinunter sah, bleibt dem Zuschauer verborgen. Genau wie das Gefühl, dass ihn überkommen haben muss am Fuße des Everest als er zu ihm hinauf sah. Durch seine Augen konnte freilich nur er sehen, doch wie es ausgesehen haben muss dort oben hätte kein Geheimnis bleiben müssen. Es bleibt aber eins, denn Regisseur (Baltasar Kormakur) gelingt es nur in den seltensten Fällen den Zuschauer mit zu nehmen auf das Dach der Welt. Meist bleibt die Kamera nah auf den Gesichtern seiner Bergkraxler, nur selten kann man durch ihre Augen sehen und sehen was sie sehen. Schade denn es hätte viel zu sehen gegeben dort oben wo jeder Schritt der schwerste ist.

Das Eis schmilzt, aber nur auf der Oberfläche

Kormakur verpasst es, seinem Bergsteigerausflug, denn mehr ist es auch nicht, die richtige Ausrüstung bis hinauf auf den Gipfel mit zu geben. Everest ist weder anprangernd, noch tut er weh, noch kann er das Eis an der Oberfläche seiner vielen Charaktere freilegen. Und sie bleiben weiß Everest ohne jeden Farbklecks, Die Nacherzählung realer Ereignisse, die sich 1996 am Mount Everest ereignet haben, bei denen 8 Menschen ihr Leben am Berg ließen, angeführt von Rob Hall (Jason Clarke) und Scott Fischer (Jake Gyllenhaal). Wäre der ideale Ort um den Tourismus auf dem Berg anzuprangern. Stattdessen bleibt dieser beklagenswerte Umstand, wodurch jährlich eine Handvoll Amateure ihr Leben verlieren, nur eine kurze Randnotiz im fertigen Film. Niemand hält dabei anklagend den Finger in die Wunde. Niemand bezieht Stellung oder stellt die Frage nach dem Sinn oder der Situation. Alles was unangenehm ist bleibt Ausgeklammert . Die Gelegenheit verstreicht kommentarlos.

Eisig wird´s nicht nur am Basislager sondern auch wenn es um Figurenentwicklung und deren Darstellung geht. Was unter der Eisschicht liegt interessiert den Regisseur nicht, dabei wäre dies unabdingbar um Mitgefühl zu entwickeln für seine Figuren. Richtig unsympathisch wirken sie aber auch nicht oder hassenswert. Sie wirken fast wie Omega Wesen. Glatgeschliffen, weder das eine noch das andere. Dabei bieten die Charaktere, wenn man sie enteisen würde so viel Tiefe, die man nur herausarbeiten muss. In Szenen wie dem gemeinsamen Speiß und Trank im gemütlichen Basiszelt, als der mitgereiste Journalist Krakauer (Michael Kelly) die ultimative essentielle Frage stellt verschenkt man so viel. Krakauer will wissen, warum jeder einzelne im Raum, auf den Mount Everest wolle. Der für den Film notwendige Hillary Stepp, wird gnadenlos in den Sand gefahren und man erfährt nichts weiter als ein Zitat, dass auf Wikipedia in seiner Grundform schon Edmund Hillary von sich gab.

„Man muss kein fantastischer Held sein, um bestimmte Dinge zu erreichen – um erfolgreich zu sein. Man kann ein normaler Kerl sein, der ausreichend motiviert ist, um schwierige Ziele zu meistern.“

Was zur Grundausstattung jedes guten Weltraumfilms gehört und ein einfacher Kniff ist um die Figuren besser kennen zu lernen, ``Gemeinsam am Essenstisch´´ wird hier frostig und lieblos abgearbeitet. Die Motivation jedes einzelnen, die ja Zweifellos das sein musste, wird verhüllt und nicht weiter erwähnt.

Kalte Körper und kalte Gefühle

Erfahrbar sollte der höllische Trip auf den Mount Everest für den Zuschauer sein. Erfahrbar in dem Sinne, dass er ein Gefühl für die Höhe und die Unbedeutsamkeit des Menschen in der Natur entwickelt. Bergsteiger, die auf der Höhe einer 747 auf Berge klettern, müssen sich erstmal 2 Wochen an diese Höhe gewöhnen und eine gewisse Zeit akklimatisieren. Dem Zuschauer hätte dies auch gut getan indem er visuell beindruckende Bilder geliefert bekommen hätte doch leider beschränken sich die beindruckende Bilder, die zudem noch im wie dafür geschaffenen 3D gedreht wurden, auf eine einzige Szene. Als sich eine Lawine löst. Alle 3D Effekte werden am Anfang der Besteigung gezeigt, sehen schick aus aber zu weilen hat man im Finale des Films das Gefühl, man befände sich beim Hillary Stepp im Studio oder in einem geschlossenen Raum. Zu keiner Zeit schwabbt dem Zuschauer das Gefühl von Höhe oder der unabwendbaren Gefahr ins Gemüt. Als ob Regisseur Kormakur ein persönliches Problem mit den Reglern hätte. Immer wenn man das Gefühl hat, der Film könne einen packen ist es auch schon wieder vorüber, immer wenn Kormakur von den Schicksalen der wartenden Familien erzählt und man versucht sich in jene hinein zu fühlen wird abgeblendet und zur nächsten Szene weiter geeilt.

Der Everest. Der Berg der Berge, Tour de Force. Superlativen werden einem zu ihm wohl nie ausgehen, aber wo ist der Schmerz im Film? Wo tut es beim Hinsehen weh? Wo kriegt man ein Gefühl dafür wie verrückt man sein muss um auf den höchsten Berg der Erde zu klettern? Everest ist gefühlt eher ein Sachbuch das beschreibt aber nicht fühlen lässt. Das nüchtern, Tag für Tag abarbeitet aber immer mit Sicherheitsabstand. Das nichts übertreibt oder das Gefahr läuft das Eis weißer zu machen als es ist. Dabei bietet doch gerade das Medium Film, die Möglichkeit den Zuschauer in eine Welt zu entführen, die die wenigstens mit den eigenen Augen jemals sehen werden. Dafür sind im Film so viele Charaktere vertreten durch deren Augen man einen fantastischen Blick gehabt hätte. Leider sieht man den Film über nur so gut wie mit den Augen des Schneeblinden Beck Weathers (Josh Brolin).

Menschen die leise sterben..

Am Anfang des Films werden wir gemeinsam mit der Bergsteiger Crew darauf hingewiesen, dass das eigentliche Problem am Bergsteigen nicht der Aufstieg sondern der Abstieg ist. Der Körper stirbt auf der gefährlichen Höhe von 8000 Metern, all das was hier angedeutet wird, was noch kommen soll sieht im Film dann meist so aus. Erschöpfte Körper- Unachtsamkeit beim Schlafen- Rutsch ins Nichts- Tod. Keine Musik, die einsetzt keine lange Trauer, wenn einer stirbt ist er einfach weg. Was sicherlich im wahren Leben auch so ist wirkt im Film einfach komisch und wieder seltsam nüchtern, wie in einem Sachbuch eben das nüchtern Dinge festhält und nicht wie aus einem Tagebuch eines entstellten Überlebenden, der wirklich dort war.
 
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Kratos666

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AW: Everest

Vielen Dank für Deine tolle, wenn auch für mich eher traurige Kritik.
Denn ich bin ein großer Fan der Bergsteigerei, hab viele viele Filme gesehen und auch einiges an Büchern, besonders von Messner, gelesen.
Daher habe ich mich riesig auf den Film gefreut.
Ins Kino bin ich aber nicht gegangen da ich die Befürchtung hatte das genau das was Du beschrieben hast passiert.
Ich habe mir schon fast gedacht das das so eine Aalglatte Ami-verwurstung wird.
Schade das dem wohl wirklich so ist.
Anschauen werd ich ihn mir aber dennoch, aber lieber daheim.

Sir Edmund Hillarys Augen

Was Edmund Hillary 1953 ehrfürchtig erblickte, als er den höchsten Berg der Erde bestieg und von ihm hinunter sah, bleibt dem Zuschauer verborgen. Genau wie das Gefühl, dass ihn überkommen haben muss am Fuße des Everest als er zu ihm hinauf sah. Durch seine Augen konnte freilich nur er sehen, doch wie es ausgesehen haben muss dort oben hätte kein Geheimnis bleiben müssen. Es bleibt aber eins, denn Regisseur (Baltasar Kormakur) gelingt es nur in den seltensten Fällen den Zuschauer mit zu nehmen auf das Dach der Welt.
Dürfte halt auch für die heutige Zeit schwierig sein dort oben zu filmen, allerdings gehören Bilder vom Gipfelsieg unbedingt dazu wenn man eine solche Geschichte erzählt.
Naja, wirklich oben waren ja auch erst nur knapp 150 Leute und von dieser Expedition ja keiner, aber das ist eine andere Geschichte.
Hätte sicher aber genug Möglichkeiten gegeben dem Zuschauer mit aufs Dach der Welt zu nehmen.
Die Herren Regisseure sind doch sonst nicht so Unkreativ.

Meist bleibt die Kamera nah auf den Gesichtern seiner Bergkraxler, nur selten kann man durch ihre Augen sehen und sehen was sie sehen. Schade denn es hätte viel zu sehen gegeben dort oben wo jeder Schritt der schwerste ist.
Ich hatte gehofft das dieser Eindruck vermittelt wird, schade wenn dem nicht so ist.

Everest ist weder anprangernd, noch tut er weh, noch kann er das Eis an der Oberfläche seiner vielen Charaktere freilegen. ...
Wäre der ideale Ort um den Tourismus auf dem Berg anzuprangern.
Stattdessen bleibt dieser beklagenswerte Umstand, wodurch jährlich eine Handvoll Amateure ihr Leben verlieren, nur eine kurze Randnotiz im fertigen Film. Niemand hält dabei anklagend den Finger in die Wunde. Niemand bezieht Stellung oder stellt die Frage nach dem Sinn oder der Situation. Alles was unangenehm ist bleibt Ausgeklammert . Die Gelegenheit verstreicht kommentarlos.
Stimmt, man hätte hier wohl auch eine Chance gehabt zukünftigen Geisteskranken Möchtegerns zu zeigen wie dämlich sie sind wenn sie noch nicht mal auf der Zugspitze standen, aber einen Trip aufs Dach der Welt planen.


Eisig wird´s nicht nur am Basislager sondern auch wenn es um Figurenentwicklung und deren Darstellung geht. Was unter der Eisschicht liegt interessiert den Regisseur nicht, dabei wäre dies unabdingbar um Mitgefühl zu entwickeln für seine Figuren.
Das wäre aber gerade in diesen Filmen extrem leicht, schlimm wenn ein Regisseur das hier nicht hinbekommt.

Dem Zuschauer hätte dies auch gut getan indem er visuell beindruckende Bilder geliefert bekommen hätte doch leider beschränken sich die beindruckende Bilder, die zudem noch im wie dafür geschaffenen 3D gedreht wurden, auf eine einzige Szene. Als sich eine Lawine löst.
Tja und spätestens hier hat der Film bei mir wohl ebenfalls voll verkackt ohne das ich ihn gesehen hab, denn auf tolle Bilder habe ich mich besonders gefreut.
Da hätte ich sicher auf viele Filmfehler und andere negative Geschichten wohl hinwegsehen können.

Zu keiner Zeit schwabbt dem Zuschauer das Gefühl von Höhe oder der unabwendbaren Gefahr ins Gemüt.
Unfassbar, dass wäre doch soooo leicht gewesen.

Keine Musik, die einsetzt keine lange Trauer, wenn einer stirbt ist er einfach weg.
Ist aber nachvollziehbar.
Am Everest liegen quasi an allen Ecken Leichen, niemand kann sie Bergen ohne sein eigenes Leben zu riskieren.
Viele Routen führen auch an ihnen vorbei.

Man kann da kein Mitgefühl haben, nicht mal wenn einer neben dir den Löffel abgibt, dass Gehirn will das man selbst überleben und versucht somit alles andere auszublenden.
Die Trauer kommt erst wenn man in Sicherheit ist, so zumindest beschreiben es viele die in dieser Situation gewesen sind.
 
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Sam Trautman

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AW: Everest

Ich würde dir trotzdem empfehlen den Film anzuschauen wenn du ein begeisterter Bergsteiger bist. Bilder vom Berg sieht man schon aber ich hätte gerne viel mehr mit den Augen der Bergsteiger gesehen statt neutral wie der Regisseur es oft macht. Am Anfang gibt es einen tollen Kameraschwenk als sie über eine wacklige Brücke wandern aber sonst ist meiner Meinung nach vieles sehr Postkarten mäßig gemacht. Schau ihn dir mal an und ich würde mich freuen wie der Film bei einem ankommt der sich mit der Materie auskennt.
Nochmal eine Frage. Du hast geschrieben von den Leuten auf dieser Expedition hat keiner den Gipfel gesehen? Im Film sind aber schon ein paar Leute oben.
 

Kratos666

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AW: Everest

Schau ihn dir mal an und ich würde mich freuen wie der Film bei einem ankommt der sich mit der Materie auskennt.
Wie gesagt, ich werd ihn mir allein schon allein deswegen anschauen da ich mir im Grunde jeden Film anschaue wo es um Berge geht.
Jetzt weiß ich aber das ich mir den 10er fürs Kino und die 35km Fahrt dahin doch lieber spare.

Nochmal eine Frage. Du hast geschrieben von den Leuten auf dieser Expedition hat keiner den Gipfel gesehen? Im Film sind aber schon ein paar Leute oben.
Also tatsächlich waren auch an diesem Tag Leute da oben,aber nicht nach meiner Auffassung vom Bergsteigen.
Ich akzeptiere nur Gipfelsiege wenn man sie "By fair means" geschafft hat.
Das heißt das man auf Lastenträger, Fixseile und besonders auf künstlichen Sauerstoff, verzichtet.
Von daher bin ich der Meinung das nicht 6000 sondern erst 150 Leute wirklich den Gipfel erreicht haben.
Ich hatte ja bis vor gut 6 Jahren selber das Ziel den Gipfel zu erreichen und fand sogar einen "recht günstigen Anbieter" der solche Touren für 20.000Euro angeboten hatte.
Ich hatte mir das Ziel gesetzt das ich meinen 40.Geburtstag auf dem Gipfel feiern will.
Doch dann fing ich an Bücher von Messner zu lesen, der versteht es einfach wie kein anderer einen bestimmte Dinge näher zu bringen.
Einen zu Vermitteln das man am Berg nur ein kleiner Willi ist der einen nur aufsteigen lässt wenn er es will, dass es dem Berg scheiß egal ist was mit Dir passiert.
Er vermittelte sein Verständnis vom Klettern und Bergsteigen, dass tat er so das ich dem einfach nur zustimmen konnte und mein Vorhaben zu den Akten legte.
Jetzt will ich meinen 40. zwar immernoch dort feiern, aber im Basislager mit Blick auf den Everest.
Mal sehen was daraus wird.


Sag mal kam es im Film eigentlich rüber das es an diesem Tag als der Sturm losbrach, dort oben -75°C gewesen sind?
 

Sam Trautman

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AW: Everest

Soweit ich es in Erinnerung hab, -40 Grad, Kann aber auch sein das ich mich irre.
Danke für deinen POst war sehr interessant zu lesen :hoch:
 

2moulins

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Schön, dass es hier schon etwas ausführlichere Kommentare zu diesem Film gibt......

Ich sah ihn am Montag und fand ihn gar nicht so schlecht, weil er offensichtlich sehr nah am wirklichen Geschehen des Unglücks im Jahre 1996 dran ist. Dennoch gibt der Film zu denken, ob man sich solch lebensfeindlichen Bedingungen aussetzen muss. Die Rahmenbedingungen in dieser Sauerstoffarmen Höhe sind nicht für den Menschen gemacht.

Ich empfand den Film aber auch recht emotionslos. Manche Todesfälle passierten beiläufig ohne große Wirkung auf den Zuschauer. Es fehlte an Tiefe und Charakterzeichnung. Erstaunlich auch, dass kaum tolle Landschaftsaufnahmen vorkommen. Selbst als Journalist Krakauer auf dem Gipfel angekommen ist, scheint sich der gar nicht groß umzuschauen, welcher Anblick ihm denn jetzt nach geschafftem Aufstieg geboten wird. Auch der Zuschauer kann nur beiläufig am Rande ein wenig von der Aussicht erhaschen.

Jedenfalls hat aber der Film bei mir bewirkt, mich ausgiebiger mit dem Berg und seinen Geschichten zu befassen. Das machte die Sache für mich höchst interessant und beeindruckend.
 
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