Who Am I - Kein System ist sicher

Willy Wonka

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Who Am I - Kein System ist sicher


In Deutschland gibt es aktuell nur eine Handvoll Filmstars, die wirklich viele Zuschauer in die Kinos locken und als erstes werden immer zwei Namen genannt: Schweiger und Schweighöfer. Doch nach dem Sensationserfolg von „Fack Ju Göhte“ war es nur noch eine Frage der Zeit bis sich Elyas M’Barek dazu gesellen wird und in den vergangenen Wochen waren sogar zwei Filme mit ihm in den Top 20 der deutschen Kinocharts zu finden – Männerhort und eben der zu besprechende Who Am I. Dass Männerhort nach nur drei Wochen bereits mehr Besucher zählte als der Thriller Who Am I nach vier Wochen, zeigt einerseits ein weiteres Mal Deutschlands Affinität für Komödien und andererseits die Relevanz von „Genrefilmen“ in Deutschland. Doch die Debatte um den deutschen Genrefilm ist schon häufig geführt worden und die aktuelle Welle muss sich erneut gegen die alten Vorurteile, dass Deutschland weder die Mittel noch die Fähigkeiten habe, qualitativ hochwertiges Genrekino zu machen, zur Wehr setzen. Ausnahmen wie 23 – Nichts ist so wie es scheint, Tattoo oder Anatomie bestätigen die Regel. Ist Who Am I eine Ausnahme oder schafft es Regisseur Baran bo Odar sogar mit seinem Film die Regel zu brechen?

Benjamin Engel (Tom Schilling) ist ein Außenseiter, ein Niemand. Beinahe unsichtbar für die meisten Menschen. Nur im Internet kann er sich durch seine Fähigkeiten als Hacker profilieren. Nach seinem ersten Hackangriff auf eine Universität wird er zu Sozialstunden verdonnert. Bei diesen lernt er den selbstsicheren Max (Elyas M’Barek) kennen, der ihn fortan unter seine Fittiche nimmt.

Zwar orientiert sich Regisseur Baran bo Odar an Hollywoods Erzähl- und Stilkonventionen, aber er kopiert sie nicht, sondern versucht sie mit deutschen bzw. europäischen Elementen zu verbinden. Eine Erzählung aus Rückblenden, viele Schnitte, Freeze Frames,Twists und ein elektronischer Soundtrack (u.a. mit Songs von Boys Noize) einerseits, das kühle und sachliche Verhör sowie kriminalistische Spurensuche andererseits, sorgen für Abwechslung, aber drosseln vor allem zu Beginn des Films das vorgelegte Tempo. Auch wenn die Erzählung aus einer Rückblende immer ein Gefühl der Konstruiertheit erzeugt, gefällt der Film mit einem durchdachten Plot, der genug Bezüge zu aktuellen Themen liefert und einen tollen Kommentar zum postmodernen Genre-Kino hinterlässt.

Ob Who Am I das deutsche Genrekino nachhaltig verändern wird, lässt sich erst in der Zukunft beantworten. Sicher ist jedenfalls, dass der Film aktuell als eine Ausnahme gewertet werden kann.
 
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The rejected

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Zu dem Film hab ich glaub nen Trailer gesehen, der mir gefiel. Und nach dem, was Du schreibst, wird er sich mal bei sky gesichtet.
Durch Deine Beschreibung von Ben kommen bei mir assoziationen zu dem von Dir genannten "23" auf. Kannst Du da auf eine etwaige Ähnlichkeit noch eingehen?
 

Willy Wonka

Locationscout
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AW: Who Am I - Kein System ist sicher

Durch Deine Beschreibung von Ben kommen bei mir assoziationen zu dem von Dir genannten "23" auf. Kannst Du da auf eine etwaige Ähnlichkeit noch eingehen?

Sehr genau kann ich nicht darauf eingehen, weil mittlerweile Jahre zurückliegen, als ich „23" zum letzten Mal gesehen habe. Auch wenn sich beide Filme thematisch mit Hackern auseinandersetzen, liegt der Fokus bei „23" mehr auf Verschwörungstheorien und bei „Who Am I" mehr auf aktuelle gesellschaftliche brisante Themen, wie Überwachung, Rechtsradikalismus in Deutschland etc. Die Charaktere bei „Who Am I" könnten ein wenig stereotyper wirken als es damals bei „23" der Fall war, aber sicher bin ich mir in dieser Hinsicht nicht.
 

Tarantino1980

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AW: Who Am I - Kein System ist sicher

Gestern Abend kam ich endlich dazu mir diesen Film auch anzuschauen. Ich war bereits zu Anfang, als ich den ersten Trailer sah, sehr gespannt auf den Film da mich das Thema sehr interessierte.

Who Am I - Kein System ist sicher
Zwar orientiert sich Regisseur Baran bo Odar an Hollywoods Erzähl- und Stilkonventionen, aber er kopiert sie nicht, sondern versucht sie mit deutschen bzw. europäischen Elementen zu verbinden. Eine Erzählung aus Rückblenden, viele Schnitte, Freeze Frames,Twists und ein elektronischer Soundtrack (u.a. mit Songs von Boys Noize) einerseits, das kühle und sachliche Verhör sowie kriminalistische Spurensuche andererseits, sorgen für Abwechslung, aber drosseln vor allem zu Beginn des Films das vorgelegte Tempo.

Auch ich fand die Mischung aus typischen amerikanischen Blockbuster, europähischen und deutschen Elementen sehr gelungen. Der Film hatte nicht nur eine recht solide Story, sondern vorallem einen guten Cast und eine gute Inszenierung zu bieten. Besonders gut hat mir hier Tom Schilling gefallen.

Ob Who Am I das deutsche Genrekino nachhaltig verändern wird, lässt sich erst in der Zukunft beantworten. Sicher ist jedenfalls, dass der Film aktuell als eine Ausnahme gewertet werden kann.

Dieser Meinung bin ich auch, wobei es mitlerweile einige deutsche "nicht Komödien" Genre Filme gibt, welche mir äußerst gut gefallen haben und beweisen, das es mitlerweile auch in Deutschland gute Filme gibt.

Wertung: 7.5/10
 

Willy Wonka

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AW: Who Am I - Kein System ist sicher

Und hast du das Ende des Films vorausgesehen? Ich hab mich zwischenzeitlich echt geärgert, dass der Film den klassischen "Fight-Club-Weg" wählt und wurde daher später - während ich mich noch ärgerte, umso positiver überrascht.
 

Tarantino1980

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Und hast du das Ende des Films vorausgesehen? Ich hab mich zwischenzeitlich echt geärgert, dass der Film den klassischen "Fight-Club-Weg" wählt und wurde daher später - während ich mich noch ärgerte, umso positiver überrascht.
Lustigerweise ging es mir ähnlich. Nur das ich eher an Identität denken musste. Nur bin ich mir bezüglich des Endes nicht 100 prozentig sicher. War es wirklich eine Täuschung für die Ermittlerin bei Europol oder hat er sich die ganzen Persönlichkeiten nicht doch einfach nur ausgedacht? Beides ist möglich und daher fand ich das Ende sehr gut.
 

Willy Wonka

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AW: Who Am I - Kein System ist sicher

War es wirklich eine Täuschung für die Ermittlerin bei Europol oder hat er sich die ganzen Persönlichkeiten nicht doch einfach nur ausgedacht? Beides ist möglich und daher fand ich das Ende sehr gut.

Seit dem Kinobesuch sind schon viele einige Monate vergangen, aber wenn ich mich recht erinnere, hat er doch die multiple Persönlichkeit vorgetäuscht und dadurch die Ermittlerin getäuscht. Also schließt das eine das andere doch nicht aus.
 

Tarantino1980

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Seit dem Kinobesuch sind schon viele einige Monate vergangen, aber wenn ich mich recht erinnere, hat er doch die multiple Persönlichkeit vorgetäuscht und dadurch die Ermittlerin getäuscht. Also schließt das eine das andere doch nicht aus.
Genau da bin ich mir eben nicht so sicher ob er die multiple Persönlichkeit nur vorgetäuscht hat oder ob er es bewusst eingesetzt hat um ihr Mitleid zu bekommen und frei zu kommen. Er sich also seiner multiplen Persönlichkeit durchaus bewusst ist so in etwa wie in A Beautiful Mind sich Russel Crowe seiner Krankheit auch bewusst war.
 

Willy Wonka

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Genau da bin ich mir eben nicht so sicher ob er die multiple Persönlichkeit nur vorgetäuscht hat oder ob er es bewusst eingesetzt hat um ihr Mitleid zu bekommen und frei zu kommen.

Wobei es für mich dazu keine Indizien gibt. Auch wäre dann der Trick mit den Zuckerstücken überflüssig. Für mich hat der Film eindeutig gezeigt, dass die Ermittlerin am Ende merkt, dass sie auf diese Täuschung reingefallen ist. Sie verfolgt ihn aber nicht weiter, da sie den „richtigen“ Hacker bekommen hat.
 

2moulins

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AW: Who Am I - Kein System ist sicher

Machart, Optik, Soundtrack, Storytwists haben mir sehr gut gefallen!
Made in Germany! Auf Tom Schilling kann man sich eigentlich auch verlassen - immer gut, was ich bisher sah !

8/10
 
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