Mr. und Mrs. Smith
„
Alle Schauspieler sind Vieh."
Aus einem Gefallen heraus einen Film zu machen, hört man in der Filmbranche selten, aber genau so verhielt es sich bei
Alfred Hitchocks erster und einzigen Komödie „Mr. und Mrs. Smith“. Die Schauspielerin und Hauptdarstellerin des Films
Carol Lombard war eng mit Hitchcock befreundet und bat ihn darum das Drehbuch von
Norman Krasna zu verfilmen und dieses Tat er auch, obwohl er die Art der Leute, die im Film gezeigt wurde nicht verstand und daher die Szenen so fotografierte, wie sie geschrieben worden waren
*.
Das Verhalten des Ehepaares Smith ist trotz ihres Allerweltsnamens außergewöhnlich, denn ihre Ehe verläuft durch verschiedene Regeln in festen Bahnen und einer dieser Regeln besagt, dass man nach einem Streit so lange in einem Raum verweilen muss, bis sich beide wieder vertragen haben. Eine andere Regel gibt vor, dass sie dem Partner gegenüber vollkommen ehrlich und stets die Wahrheit sagen müssen und so beantwortet Mr. Smtih die hypothetische Frage seiner Frau, ob er sie nach der Erkenntnis von drei Jahren Ehe wieder heiraten würde, ehrlich mit einem „Nein“. Kurz darauf stellt sich auch noch heraus, dass durch eine juristische Spitzfindigkeit beide gar nicht verheiratet sind und der Ehekrieg nimmt seinen Lauf...
Es ist prima facie verwunderlich, dass Hitchcock nur eine Komödie drehte, obwohl Humor sonst ein fester Bestandteil seiner Filme und seines Lebens ist. Doch die reine Komödie war nicht sein Metier und er fühlte sich beim unauffälligen, grotesken oder morbiden Humor deutlich wohler, was u.a. in seinem Film „Immer Ärger mit Harry“ zu erkennen ist. Auch ist er bekannt für seine derben Späße am Set und dass es bei den Dreharbeiten zu „Mr. und Mrs. Smith“ auch humorvoll zuging, beweist allein die Tatsache, dass Hauptdarstellerin
Carol Lombard am ersten Drehtag einen Käfig mit drei Kühen ins Atelier stellte und jeder Kuh mit einen Namensschild versah, worauf folgende Namen zu lesen war: Carol Lombard, Robert Montegomery und Gene Raymond. Diese Aktion war eine spektakuläre Antwort auf Hitchcocks berühmt berüchtigten Ausspruch, dass alle Schauspieler Vieh seien.
Mit dem fertigen Film dementierte Hitchcock selbst indirekt seinen Ausspruch, da der Humor und die Unterhaltung des Films vor allem von der Spielfreudigkeit der Schauspieler herrührte und nicht vom Regisseur und seiner Inszenierung. Daran wird es auch liegen, wieso Hitchcock sich nicht für das Komödien-Genre interessierte, sondern sich vornehmlich dem Thriller hingab. Komödien leben von dem lustvollen Spiel der Schauspieler und die Arbeit des Regisseurs scheint damit mehr in der Hintergrund zu rücken und vor allem von den Schauspieler abhängig zu sein. In Thrillern hingegen konnte Hitchcock die Spannung, Suspense und Überraschungen perfekt inszenatorisch vorbereiten und die Schauspielern dienten nur als Mittel für einen übergeordnetem Zweck.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Inszenierung bei „Mr. und Mrs. Smith“ eher unauffällig gestaltet ist und keine Demonstrationen von Virtuosität zu finden sind. Der Fokus liegt bei den Schauspielern und ihrer humorvollen Ehefehde. Dass der Film genüsslich den ewigen Kampf der Geschlechter zelebriert und sich nahtlos in den anderen Filmen der Screwball-Komödie einfügt, macht den Film an sich sehr unterhaltsam, aber als ein Hitchcock-Film ist eher als nichtig einzustufen. So lässt es auch erklären, warum der Film in den Besprechungen über Hitchcock oft übergangen wird und meist nur eine kleine Fußnote bleibt. Theoretisch hätte auch jeder andere Regisseur diesen Stoff in einer ähnlichen Qualität verfilmen können, denn Hitchcock bricht bei diesem Film nicht aus den Konventionen des Genres aus und versieht ihn nicht mit einer eigenen Handschrift, sondern biedert sich förmlich der Funktionsweise dieses Genres an. Die musikalischen Untermalung und vor allem das direkte Underscoring könnte vielleicht noch als ironische Antwort auf die fröhlichen Filme eines
Frank Capras oder
Leo McCareys gedeutet werden, aber prinzipiell gibt es dafür zu wenig weitere Hinweise und Motive.
Wie Frank Schnelle schon schrieb, muss man hervorheben, dass Hitchcock bei seinem einzigen Ausflug auf ein ganz und gar fremdes Terrain wusste er allemal, wie dort solides und im übrigen auch kommerziell erfolgreiches Handwerk zu schaffen sei.Einen gleichermaßen gelungenen Thriller habe man von den Komödienspezialisten noch nicht gesehen
**.
*Vgl: Truffaut, François (2003): Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?, S. 130
**Vgl: Beier, Lars-Olav, Georg Seeßlen (Hrsg. (1999), Alfred Hitchcock, S. 310