Endstation Sehnsucht

Die wilde 13

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Endstation Sehnsucht




Die Südstaaten-Lady Blanche Dubois (Vivian Leigh) nistet sich nach mehreren Schicksalsschlägen bei ihrer Schwester Stella (Kim Hunter) in ihrer kleinen Wohnung im New Orleans der Nachkriegszeit ein. Das passt aber deren Ehemann Stanley Kowalski (Marlon Brando) so gar nicht in den Kram.
Hoffnung bietet ihr nur Stanleys Pokerfreund Mitch (Karl Malden), der sich in Blanche verliebt hat...


Regisseur Elia Kazan adapierte 1951 dieses sehr erfolgreiche Bühnenstück von Tennesee Williams fürs Kino und nahm kurzerhand die gesamte Originalbesetzung nebst seiner Wenigkeit als Regisseur und auch Williams selbst als Drehbuchautor mit. Nur die damals noch unbekannte Jessica Tandy wurde durch Vivian Leigh ersetzt, die die Rolle der Blanche in London zum Besten gab.

Natürlich merkt man dem Film an, das die Vorlage direkt vom Theater kommt, da sich fast die gesamte Handlung in der kleinen Wohnung von Stella und Stanley abspielt. Aber das macht dem Vergnügen keinen Abbruch, im Gegenteil. Gerade auf diesem engen Raum kommen sich die verschiedenen Charactere und Lebensphilosophien wunderbar in die Quere.
Auf der einen Seite die verarmte und neurotische Blanche, die es nicht verkraften kann, das die goldenen Zeiten der Südstaaten endgültig passé ist. Sie lebt in der Vergangenheit, hält sich immer noch für eine Großgrundbesitzerin und trauert den alten Traditionen nach.
Als Gegenpart dazu gesellt sich Stanley Kowalski, ein einfach gestrickter Mann polnischer Herkunft, der im Hier und Jetzt lebt, keinem vertraut und zum Jähzorn neigt. Zwischen diesen sehr unterschiedlichen Stühlen hat es die arme Stella nicht leicht. Schon vor Jahren hat sie der Familie und deren altmodischen Lebensweise den Rücken gekehrt und ist mittlerweile vom fast schon animalischen Charme der Stadt und vor allem der (erotischen) Vitalität ihres Mannes erlegen, das man es durchaus als sexuelle Hörigkeit ansehen kann.

Diese explosive Mischung wird von allen drei Darstellern mit soviel Hingabe und Lust am Schauspiel dargestellt, das das Zusehen eine wahre Freude ist. Vor allem Leigh liefert hier eine grandiose Leistung ab, die ja im Grunde eine fast schon logische Konsequenz und Weiterführung aus ihrer berühmten Rolle als Scarlett O'Hara ist.


Großartige Schauspieler, ein Drehbuch, das viele pikante Themen (zumal zur damaligen Zeit!) anspricht oder zumindest andeutet und eine feinfühlige Regie machen A Streetcar Named Desire (so der Originaltitel, der mir sehr gefällt, da Straßenbahnen keine schnöden Nummern bekommen haben) zu einem wahren Vergnügen, auch wenn manche Szenen manchmal doch einen Tick zu lang oder besser gesagt zäh geraten sind. Aber das ist eher unserer heutigen Sehgwohnheiten anzukreiden.

Bis auf Marlon Brando (Er war wohl einen Tick zu sexy und verrucht und seiner Zeit etwas zu vorraus. Erst ein gewisser James Dean sollte nur 4 Jahre später diesen Typus Mann hoffähig machen. Interessanterweise u.a. auch unter Kazans Regie.) wurden alle Darsteller mit dem Oscar ausgezeichnet, ebenso die Austattung. Ich sage dazu nur, das sie mehr als verdient waren und gebe eine 9/10.
 

Willy Wonka

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AW: Endstation Sehnsucht

Eine sehr gute Kritik, welche ich nur zustimmen kann.

Der Film lebt von seinem exzellenten Ensemble, welche die Geschichte erst wirklich greibar machen. Ich habe im Abitur auch das Stück von Tenesse Williams gelesen, welches mir auch schon sehr gut gefiel, aber Kazans Adaption ist für mich noch einmal deutlich intensiver.
 
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