Reykjavík - Rotterdam

Vince

Filmstar
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Gesamtübersicht aller Kritiken zu Reykjavík - Rotterdam:



Gesamtübersicht aller Kritiken zu Contraband:

#02 16.03.11 Vince
 

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Contraband


Wir schauen auf der Weltkarte nach links oben, die Amerikaner nach rechts oben, und unsere Blicke treffen sich in Island. Wo unsere Freunde von Übersee Lisbeth und Co. sowieso schon im Netz haben, können sie ja auch gleich noch den Inselstaat mitnehmen, der da oben still und heimlich Filme für sich alleine dreht, immer im kühlen Look gehalten und mit naturalistischem Touch. Verschwendung (oder Verblendung?), sagen die US of A, adaptieren also und exportieren in den Rest der Welt, damit dieser wisse, was da so an Schmuggel zwischen Reykjavík und Rotterdam vor sich geht. Der „Nordic Touch“ ist angesagt. Obacht, Refn, bald ist „Pusher“ an der Reihe.

Und so finden sich klassische Gangstervisagen wie Ben Foster und Giovanni Ribisi nun artgerecht in einem auf dreckig gestylten Ganoven-Remake mit Heist-Aufbau zusammen, angeführt durch Mark Wahlberg, der ohnehin eher Präsenz- als Charakterschauspieler ist, ergänzt durch J.K. Simmons als Schiffskapitän (Fingerübung) und dekoriert mit ein wenig Beckinsale fürs Auge.

Unter den glatten Remakes, und ein solches liegt ohne Frage vor, ist „Contraband“ also schon alleine des Casts wegen der eigenbrötlerische Ausbrecher. Immerhin scheint er es nicht nötig zu haben, einen großen Star in den Mittelpunkt zu setzen, der suggeriert, dass man alles besser machen möchte als das Original. Wahlberg muss da reichen – seine Fähigkeit, ein Handlungsgerüst zu tragen, mag er zwar längst unter Beweis gestellt haben, dass er aber in Anwesenheit von Schauspielern, die schauspielern, auch schnell mal untergeht, hat zuletzt noch „The Fighter“ gezeigt. Hier jedoch ist er der King Of The Cargo Ship und lehrt Käpt’n Iglo gewaltig das Fürchten. Das gesamte Ensemble, das hier auf den Plan rückt, hat mit Schauspielerei wenig zu tun: Ribisi chargiert mal wieder bis zum Umfallen, Foster macht witzigerweise diesmal das genaue Gegenteil (wobei sein Underacting irgendwie schon wieder aussieht wie Overacting), und überhaupt ist es ein Knaller, wie aalglatt die Beiden hier als Brüder verkauft werden. Normalerweise ist es ungünstig, zwei ähnliche Typen für einen Film zu casten, aber was soll man sagen - die Asiaten werden vermutlich gewaltige Schwierigkeiten haben, sie zu unterscheiden. Remake gefällig?

So fällt der Film beinahe schon ins imaginäre Subgenre „Statham Flick“ – mit dem unbedeutenden Makel, dass Statham fehlt (keine Zeit?). Die Geballtheit, mit der hier kernige Typen „miteinander spielen“ (Zitat: „Papi spielt nur“), macht einen nicht zu verachtenden Unterhaltungswert aus. Beinahe so, als hätte man Statham endlich geklont (auf natürliche Weise wächst ja sonst nix nach) und verschiedenen Rollen zugewiesen. Das rockt besser als „Expendables“.

Seine Spannung bezieht „Contraband“ dabei aus der in allen Details erzählten Überführung von Falschgeld über einen Frachttransporter, inklusive:
- zeitlich knapper Koordination
- kleineren und größeren Missgeschicken
- penibler Planung (wäre George Peppard doch noch am Leben… ein Cameo wäre drin gewesen)
- dramatischen Wendungen und natürlich
- einem Heat’schen Schussgefecht.
Suspense, Baby. Dabei wird man anfangs vom Sinn für Humor überrannt, den Regisseur Baltasar Kormàkur (hatte auch die Hauptrolle im Original und sieht aus wie Colin Farrell mit Bart… warum zum Teufel hat Colin Farrell nicht die Hauptrolle? Mit Bart?) wider Erwarten auf den Tisch packt. Hätte man eher einen knallharten Thriller mit Drama erwartet, allenfalls noch etwas schwarzen Humor als Beilage, geht dieser Männerfilm pur doch plötzlich ins Legere und verbreitet Frühlingsgefühle. Mit manch expliziter Schusswunde, der ablaufenden Zeit und den damit verbundenen dramatischen Folgen mag das nicht so einfach unter einen Nenner zu bringen sein, andererseits lässt sich die dosierte Form der Leichtigkeit doch irgendwie angenehmer konsumieren als die volle Breitseite wie in der „Ocean’s Eleven“-Trilogie gesehen.

Dem Regisseur scheint’s einem Zitat zufolge („It doesn’t matter where my movies are set“) ohnehin schnuppe zu sein, wo oder wie oft seine Filme umgesetzt werden. So präsentiert sich dann auch das „Reykjavík Rotterdam“-Remake: Ein mit Sicherheit wieder nutzloser, aber ausgesprochen unterhaltsamer Widergänger, der sich nie zu einem überheblichen „ich bin besser als du“ aufschwingt, sondern passend zu den ersten Sommertautropfen in die Kinos perlt und einen flüchtigen, aber zufrieden stellenden Eindruck hinterlässt.
6/10
 
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