Leaving Las Vegas

Filmfan1972

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AW: Leaving Las Vegas

Leaving Las Vegas

Was einen bei diesem Film erwarten könnte, bekommt man gleich in der ersten Szene zu sehen.Dort sehen wir Ben Sanderson der in einem Supermarkt einen Einkaufswagen voll Spirituosen hat.

Ben Sanderson (Nicolas Cage) ist ein Drehbuchautor in LA. Seine Frau und sein Sohn haben ihn verlassen, wobei er schon längst nicht mehr weiß ob er mit dem Trinken angefangen hat weil seine Familie ihn verlassen hat oder ob seine Familie ihn verlassen hat weil er angefangen hat zu trinken. Seine Freunde wenden sich ab von ihm und von seinen Kollegen bekommt er auch nur noch mitleidsvolle Blicke. Als er schließlich noch seinen Job verliert beschließt er alles hinter sich zu lassen. Er trennt sich von seinem Hausrat und persönlichen Erinnerungen und macht sich auf den Weg nach Las Vegas. Dort will er sich zu Tode saufen.

In Las Vegas begegnet er Sera (Elisabeth Shue) . Eine Prostituierte bei der man für 500 Dollar so ziemlich alles bekommt was man will. Sera hat die Fähigkeit zu wissen was die Männer wollen und macht sie glücklich. Sie selber allerdings sucht auch Glück und Geborgenheit. Das findet sie zum Teil in Yuri (Julian Sands), ihrem Zuhälter. Obwohl er sie schlecht behandelt tut sie alles für ihn.
Als sie Ben begegnet hat sie schnell einen Draht zu ihm. Aus dieser Sympathie wird Liebe. Ben zieht zu Sera unter der Bedingung das sie ihn nicht von seinem Vorhaben abhält, im Gegenzug wird Ben nicht Sera’s Job in Frage stellen.
Dadurch das sie jetzt zusammen sind bekommt Sera umso intensiver die Aufs und Abs in Bens Leben mit. Neben einigen guten Momenten die beide zusammen haben folgen auch umso tiefere Rückschläge. Und so kommt es wie es kommen muß...Als sie von einem Job nach Hause kommt findet sie Ben mit einer anderen im Bett. Tief in ihren Gefühlen verletzt schmeist sie Ben aus ihrem Apartment. Danach versucht sie wieder ihr Leben einzunehmen, wird jedoch bei einem Job übelst zusammen geschlagen und vergewaltigt. Trotzdem hält sie weiterhin ausschau nach Ben.
In einem schäbigen Motel findet sie ihn und es kommt zur letzten Begegnung.

Nicolas Cage spielt den alkoholkranken Ben wirklich klasse. Die Phasen zwischen Glück, Heiterkeit, Stimmungsschwankungen sowie Entzugserscheinungen bis hin zur Bewußtlosigkeit nimmt man ihm ab. Außerdem läßt er zu keinem Zeitpunkt dran zweifeln das er mit seinem Vorhaben Erfolg haben wird. Im Vorfeld auf den Film soll er sich auch wirklich betrunken haben und dies von einem Freund hat filmen lassen um zu sehen wie man unter dem Einfluß spricht und sich bewegt.
Auch Elisabeth Shue hat hier eine starke Rolle. Sie ist im Grunde auch eine Person die am Rande der Gesellschaft steht. Man nimmt auch ihr ab das sie sich in Ben verliebt.

Im Laufe des Films selber bekommt man durch viele kleine Szenen die Gewissheit das Ben Las Vegas auf die von ihm gewünschte Art und Weise verlassen wird. So verbrennt er z.B. ein Bild von Frau und Kind oder bei dem Auszug aus seinem Motel muß er, da sein Koffer zu klein ist sich zwischen seiner Kleidung oder seinen Flaschen entscheiden. Natürlich wählt er den Alkohol.

Wer ein wenig aufpasst wird einige bekannte Gesichter in kurzen Nebenrollen entdecken. So spielen z.B. Emily Procter (CSI Miami/Kelly Dusquene), Valeria Golino, Carey Lowell, Ed Lauter, R.Lee Ermey, Laurie Metcalf (Roseanne), Shawnee Smith (Saw) oder Mariska Hargitay (Law & Order New York/Det. Benson) mit.

Ein Film der eine kleine Perle ist. Sicherlich kein Film für einen lustigen Filmabend, wer ein Happy End erwartet wird enttäuscht....aber ein sehr bewegendes Drama. Sehenswert.....

9 von 10
 
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deadlyfriend

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AW: Leaving Las Vegas

Sehr schöne Rezi mit viel Herzblut! :hoch:

Bei mir ist es allerdings schon Jahre her, das ich ihn gesehen habe. So viel kann ich dazu also auch nicht sagen. Ein großes Verlangen nach einer Zweitsichtung besitze ich allerdings nicht. Habe ihn nämlich persönlich als nicht so gut in Erinnerung. Mir war er damals zu amerikanisch, etwas zu triefig und die eindimensionalen Charaktere mit zu vielen Klischees beladen. Irgendwie hatte ich keinen Zugang zu den Protagonisten. Aber wie gesagt, das Urteil ist aus der Erinnerung heraus und schon sehr alt! Ob ich ihn heute besser bewerten würde, vermag ich aber nicht zu sagen. Allerdings habe ich auch oftmals Probleme mit amerikanischen Einzelschicksal-Dramen. Auch mit den gefeierten "Magnolia" und besonders mit "L.A.Crash" konnte ich nicht viel anfangen. Meist aus den gleichen Gründen wie oben. Wobei ich Magnolia aber wenigstens partiell gut fand.
 

Despair

Filmvisionaer
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AW: Leaving Las Vegas

Mir war er damals zu amerikanisch, etwas zu triefig und die eindimensionalen Charaktere mit zu vielen Klischees beladen. Irgendwie hatte ich keinen Zugang zu den Protagonisten.

Cage setzt zwar manchmal seinen berüchtigten "Leidensblick" auf, aber insgesamt liefert er hier eine erstklassige Vorstellung ab. Manche Passagen sind sicherlich etwas schwülstig, aber das passt irgendwie gut zur Thematik eines selbstmitleidigen Alkoholikers auf seinem Weg in die Teilnahmslosigkeit. Sogar die Kulisse Las Vegas hat mich nicht gestört, und die stört mich sonst eigentlich immer. :D
 

Filmfan1972

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AW: Leaving Las Vegas

Mir war er damals zu amerikanisch, etwas zu triefig und die eindimensionalen Charaktere mit zu vielen Klischees beladen. Irgendwie hatte ich keinen Zugang zu den Protagonisten.

Ich bin schon die ganze Zeit am überlegen ob du mit „zu amerikanisch“ den Ort der Handlung meinst....
Im Grunde könnte der Film auch in jeder anderen Stadt spielen...Wobei ich allerdings auch finde das Las Vegas als Ort das ganze Umfeld noch unterstützt, da dort schon oft die Hoffnung auf Glück sich zerschlagen haben.
Zugang zu den Protagonisten braucht man eigentlich auch nicht. Ich finde er wirkt auch wenn man einfach ein stummer Beobachter der Ereignisse ist, ohne das man eine gewisse Sympathie oder Antipathie für Ben entwickelt. Selbst bei Sera gibt es Szenen in denen man den Eindruck hat sie würde die ganze Geschichte einem dritten erzählen und es sich so von der Seele zu reden....

Wie Crizzo im Monatsfilm-Thread schon sagte...Es ist kein leichter Film...
 

deadlyfriend

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Ich bin schon die ganze Zeit am überlegen ob du mit „zu amerikanisch“ den Ort der Handlung meinst....


Nene, das meine ich nicht:) Da geht es mir eher um das Konstrukt. Viele US Produktionen in dieser Richtung sehen für mich so gewollt aus. Nicht das ich an einem Geschehen teilnehme, sondern an dem Geschehen was der Regisseur mir vorsetzen will. Ist nicht ganz einfach zu erklären. "Frozen Land" beispielsweise ist ein Episodenfilm aus Skandinavien der sich mit zusammenhängenden Einzelschicksalen beschäftigt. Dabei habe ich aber nie das Gefühl das ich etwas vorgesetzt bekomme, sondern sich das Ganze einfach entwickelt. Es passiert einfach. Bei größeren US Filmen habe ich dagegen das Gefühl, das mir der Film die Emotionen, die ich gefälligst haben soll, aufdrücken möchte. So ein Achtung:

"Jetzt kommt die Szene zum Weinen! Bitte alle mitweinen. Jetzt dürft ihr wieder lächeln, aber gleich greift ihr bitte wieder zum Taschentuch."

Diese Geschichten wirken auf mich eben so gesteuert ohne eigene Entwicklungsmöglichkeiten. Irgendwie fühle ich mich bei diesen Filmen wie ein Tamagotchi. :o

Ist echt schwierig zu erklären.
 

Willy Wonka

Locationscout
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AW: Leaving Las Vegas

"Jetzt kommt die Szene zum Weinen! Bitte alle mitweinen. Jetzt dürft ihr wieder lächeln, aber gleich greift ihr bitte wieder zum Taschentuch."

Diese Geschichten wirken auf mich eben so gesteuert ohne eigene Entwicklungsmöglichkeiten. Irgendwie fühle ich mich bei diesen Filmen wie ein Tamagotchi. :o

Ich kann deine Gedanken sehr gut nachvollziehen und es stimmt, dass vor allem die Filme aus Hollywood sich dieser Elemente bedienen. Vor allem Episodenfilmen wird dieses oft vorgeworfen.
Doch bei „Leaving Las Vegas" sehe ich es ganz anders, denn meiner Meinung nach kann man dem Film sehr gut mit „Frozen Land" vergleichen. Die Schilderungen und Darstellungen des Alkoholismus wirken in diesem Film nicht künstlich und auch auf der Ebene des Soundtracks wird nicht zu sehr emotionalisiert. Die klassische jazzige Hintergrundmusik wirkte für mich auf Dauer monoton und hat für mich die Sinnlosigkeit seines Lebens unterstrichen. Eigentlich war die Musik sogar langweilig und manchen Stellen für mich sogar nervig, aber so habe ich mich auch bei der Geschichte des Films gefühlt. Der Film zieht die Stimmung des Zuschauer runter (so wie „Frozen Land", wobei der schwedische Film die Stimmung noch tiefer zieht). Dieses ständige Trinken ist abstoßend und ekelhaft und zwar nicht aufgrund der Darstellung, sondern aufgrund der ständigen Ausführung und Wiederholung.
(Vergleichbar mit „Das große Fressen“, wobei dieser noch eine stufe höher anzusiedeln ist)
Die Geschichte um zwei einsame Menschen, die nur noch desillusioniert durch die Welt wandern, ist für den Zuschauer erdrückend. Und am Ende freut mich sich über ihre partielle Erlösung.
Ob ich Lust verspüre mir den Film ein zweites Mal anzusehen? Eher nicht, weil er für mich einfach zu bedrückend ist. Dennoch verringert dieses nicht die Qualität des Films, denn vom Schauspiel und auch von der Inszenierung kann der Film überzeugen, aber wie es schon beschrieben wurde, ist es kein leichter Film und vor allem das Thema Alkoholsucht ist für mich in dieser Form nicht immer nachvollziehbar - in der Fiktion und in der Realität.
 
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