Firefox

Farman

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Gesamtübersicht aller Kritiken zu Firefox:

#02 19.01.09 Farman
 
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Farman

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„Es geht nicht darum, politische Filme zu machen, sondern darum, Filme politisch zu machen“ – Jean-Luc Godard

Diese kleinliche Unterscheidung zwischen dem Adjektiv und dem Adverb „politisch“ ist eine hervorragende Rechtfertigung für einen Film wie Clint Eastwoods „Firefox“. [...]

[...] Den „Kontext“, um den es geht, spürt man bereits zu Beginn: Ein Helikopter, lauter Lärm der Rotoren, ein Wald, mittendrin ein joggender Clint Eastwood, eine Rückblende zu Kriegserfahrungen in Vietnam, traumatischer Schock, uniformierte Vorgesetzte, die ihn zu einer Mission nach Russland schicken, weil er „der beste“ ist, alles mit einer Geradlinigkeit und Sensationslosigkeit erzählt, als sei es ein Gegebenes. Ein Film der Achtziger, für die Leute damals bestimmt klar ersichtlich und für uns überdeutlich, der kalte Krieg ist die faktische Ebene, assoziiert mit dem Rotorenlärm, dem Wald, dann die fiktionale Ebene, vom Popstar Clint Eastwood verkörpert, durch die fantastische Handlung um einen gedankengesteuerten Kampfflieger der Russen noch mal unterstrichen. Hier kommt das konfuse Zitat von oben ins Spiel: Auf den ersten Blick kein Film über den eigentlichen kalten Krieg, sondern ganz klar und deutlich seine fiktionale, eskapistische Repräsentation, also eher großer Spaß. Doch da dieser Spaßfilm seine Geburt aus einerseits einem kommerziellen, manipulativen, propagandistischen Spaßfilmgeschäft und andererseits einem echten, davon beeinflussten politischen Klima seiner Zeit deutlich macht, verweist er eher auf etwas anderes: Der kalte Krieg ist kein Spaß.

[...]

Ein paar Stichworte zur Unterstreichung meiner These, dass Firefox ein subversiver, „politisch gemachter“ Film ist:
Zunächst einmal muss einem auffallen, dass alles, was in anderen Filmen dieser Art Aufhänger ist für a) Pathos oder b) Eskapismus, hier auf seine bloße, rein physikalische Präsenz reduziert ist: Eine den Helden erklärende Rückblende (die übrigens sehr unpatriotisch ist), auf die nie weiter eingegangen wird, in Zusammenhang mit dem Satz eines Vorgesetzten „Traumata dieser Art holen unsere Soldaten nach und nicht während der Mission ein“, der Held selbst, seine völlige Ohnmacht in der Rolle als „Filmheld“ und als Marionette seiner Vorgesetzten, und seine Vorgesetzten selber, seine Helfer, ihre Motive, weiterhin die russischen Feinde, und schließlich die Szenen von ausbrechender Gewalt: Sie sind alle reduziert auf ein Niveau, wo sie jeweils nur aufzeigen, wie in dieser abgeschlossenen Geschichte das eine zum Anderen führt, wo sie nur trocken erklären, niemals verklären. Was sich durch Firefox zieht ist ein immer beißender, leise kreischender, aber nie direkter Zynismus. Dadurch werden einem die „klassischen“ Elemente fremd.
Doch dieser Zynismus ist nicht der Zweck selbst, sondern eher eine Nebenerscheinung. Die Klasse des Films liegt in der Art und Weise, wie er anhand seiner stark reduzierten und präzisen Darstellung von Konkretheiten (sei es ein Unfall-Mord in einer öffentlichen Toilette, bloß eine Zuckung in Clint Eastwoods Gesicht beim Halten seiner Waffe, oder die Aufforderung, „russisch zu denken“) bis zu einem Maße abstrakt wird, dass es bis gegen Ende ausreicht, die Büros der Vorgesetzten auf beiden Seiten mit den öffentlichen Plätzen und schließlich dem weiten, leeren Himmel entgegenzusetzen, den der Filmheld für seine Mission durchqueren muss, um uns ein außergewöhnliches Abbild davon zu geben, was es, ausgehend von der Welt des Kriegsfilm-, Agenten- oder Ein-harter-Hund-gegen-die-bösen-Russen –Genres heißen könnte, den Krieg nicht von außen sondern von innen zu erleben, ihn in echt zu erleben. Die finale Kampfjetszene ist dabei die Krönung: Der Jet hat in diesem Film eine ähnlich ambivalente, abstrakte Funktion wie der Boxring in „Million Dollar Baby“, das Gewehr in „Erbarmungslos“ oder der Regiestuhl in „Weißer Jäger, schwarzes Herz“: Er ist keine Metapher für irgendwas, er steht nur für sich selbst, erhält aber als „bedeutsamer“ Teil der Handlung eine ganz eigenartige Eigendynamik. Firefox ist auf den ersten Blick formelhaft, auf den zweiten Blick aber ganz deutlich experimentell.

Fazit: Ich hätte lieber einen außergewöhnlichen Film, der zwei Leute erreicht, als einen Film von der Stange, der zwei Millionen erreicht. [...]
 
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Farman

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Zwei Entschuldigungen:
a) Die Kritik ist vieeel zu lang geraten und b) sie liest sich vielleicht ein wenig kryptisch. Ich wollte die Diskussion von letzter Woche ein wenig hier miteinfliessen lassen und das ganze ist echt sehr lang geworden. Riesensorry, soll nicht mehr vorkommen.

Edit: Um den Rahmen nicht zu sprengen, hab ich die Kritik gekürzt, denn so lang konnt ich die keineswegs hier stehen lassen, das wär ne sehr dreiste Nummer. Ich mein, sie ist ja jetzt noch zu lang.
Jetzt hab ich das aus Panik so geregelt, dass ich die Hauptversion einfach in der ofdb eingetragen hab, für alle interessierte. Die Kritik da oben ist bestmöglich verstümmelt und hat keinen Fluss mehr, aber das Wesentliche ist drin, ich hab nur das ausführlichere weggelassen. Falls mehr Kürzungen dem ganzen noch gut tun und das immer noch zu lang ist, einfach sagen.
 
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kelte

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für die liebe zum film, ausgedrückt in klaren worten...dafür muss man sich nicht entschuldigen :)
ich verstehe nun sehr gut wie es dazu kam, das du den film so betrachtest. ich kann sogar deine schritte nachvollziehen. durch deine kritik kann man prima in deine zeilen reinlesen, die sich hinterm auge abspielten.
nur ich selber bleib vorerst bei meiner meinung, das dies ein damaliger zeitgeist actioner war und das Clint (ja ich liebe Clint) in den frühen 80ern bis zu Rookie einige schwache Filme ablieferte.
aber mal sehen, evtl. werde ich irgendwann Pink Cadillac auch als augenzwinkernden politischen film sehen, der die faschistoide redneck kultur durch den kakao zieht :)
 

Farman

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aber mal sehen, evtl. werde ich irgendwann Pink Cadillac auch als augenzwinkernden politischen film sehen, der die faschistoide redneck kultur durch den kakao zieht :)

*rofl*, du mieser Scherzbold, der war klasse. Ich kann nichts versprechen, vielleicht komm ich morgen an mit ner Kritik zu "Pink Cadillac", die nochmal ne Spur abgefahrener ist.
Mein Vorhaben hast du aber absolut gut benannt - ich wollte zeigen, wie es zu der Katastrophe kam, dass ich diesen Film so sehe. Dann hat man zumindest mal ein paar Anhaltspunkte.
Wenn du dir den Film in vielleicht langer Zeit nochmal zufällig ansehen wirst, wer weiß ;)

btw: Ich hab jetzt absichtlich mal nach Kritiken gesucht und die Selbstbefriedigung gefunden: Diese Kurzkritik von "Dave Kehr", einem der wenigen Kritiker, der es wirklich draufhat, sagt genau das gleiche.
 

kelte

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ich denke das ist es was uns Filmfreunde ausmacht, das wir uns Gedanken machen. da wird ein Set zusammengeschustert und man denkt sich ja was dabei wenn man so einen Film durchboxt. Irgend ne ideele Kultur muss dahinterstecken und du hast nicht Unrecht was Clint betrifft, er hat schon in seiner ersten Regiearbeit was an den Tag gelegt, was man von Leones Cowboy nicht erwartet hatte. Ich wage sogar zu behaupten das die Zusammenarbeit mit Leone eine geistige Widergeburt war für Clint.
Ich werde mir Firefox demnächst auch nochmal anschauen, denn so unsinnig ist deine Entdeckung nicht. Davon mal ab, das eine individuelle Betrachtungsweise selten von aussen Unsinnig genannt werden dürfte.
So ging es mir auch damals beim ersten Rambo nur hat Stallone ne Menge versaut mit dem zweiten Teil und die Tür öffnete für die Reagan Meute und Redneck Lobby.
ps.
ich hätte noch mieser scherzen können und dich auf nen film aufmerksam machen können der sich Stealth nennt *gggg
 

Farman

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du hast nicht Unrecht was Clint betrifft, er hat schon in seiner ersten Regiearbeit was an den Tag gelegt, was man von Leones Cowboy nicht erwartet hatte. Ich wage sogar zu behaupten das die Zusammenarbeit mit Leone eine geistige Widergeburt war für Clint.

Ganz bestimmt.
Ich hatte eigentlich ja mit seinem Oeuvre als Regisseur immer große Probleme gehabt, weil ich bereits als Knirps den Mann ohne Namen mit Poncho und Zigarre geliebt habe und Eastwood dieses Image in seinen eigenen Filmen immer etwas bewusst pervertierte. Und ich würde aber auch jetzt, wo ich sein Können als Regisseur weitaus besser erkenne als früher, nicht jeden Film gleich hoch einschätzen. "Heartbreake Ridge" kann ich mir nicht antun. Damals hatte ich auch "Pale Rider" total gehasst, der mir jetzt in der Erinnerung aber eher interessant vorkommt.

Ich werde mir Firefox demnächst auch nochmal anschauen, denn so unsinnig ist deine Entdeckung nicht. Davon mal ab, das eine individuelle Betrachtungsweise selten von aussen Unsinnig genannt werden dürfte.

thx.

ich hätte noch mieser scherzen können und dich auf nen film aufmerksam machen können der sich Stealth nennt *gggg

Bewahr das fürs erste auf für den nächsten Kampfjet-Film, den ich als Meisterwerk bezeichnen werde ;)
 
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