Silent Killer

crizzero

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AW: Silent Killer

Kritik von Vince

SILENT KILLER

Ein gewisser Park Cheol-Hee offenbar penibel Park Chan-wooks populäre Rache-Trilogie um “Mr.” und “Lady Vengeance” und “Oldboy” studiert und sich gerade gegen Ende seiner Arbeit stark von selbiger inspirieren lassen (in Sachen Musikauswahl, in Sachen Bildkomposita), an dem erquickenden Gesamteindruck ändert dies jedoch nichts.

Besonders der komödiantische Aspekt um den stummen Killer, dessen Gedanken man nur per Off-Kommentar zu hören bekommt, erstaunt in einem unschätzbaren Ausmaß - in Sachen Comedy bewiesen sich die Asiaten ja bislang eher als Grobmotoriker. Aber das hier ist - ich traue mich kaum es zu sagen - subtile, subversive Situationskomik. Es mag auch an der äußerst gelungenen Stimmgebung des Hauptdarstellers liegen - man konnte immerhin Philipp Moog gewinnen, der unter anderem Guy Pearce schon öfters seine Stimme lieh. Und der Charme des Off-Kommentars entspricht tatsächlich demjenigen aus “Memento”. Rekapitulierendes Gemurmel in den eigenen Bart, diesmal noch untersetzt mit einer herrlich-zynischen Beobachtungsgabe.

In die Lethargie der Beobachtung des Alltags werden immer wieder abrupt Mordaufträge eingeschnitten, die stets nach einem ähnlichen Muster ablaufen. Die bösen Menschen bekommen eine Messerspitze verabreicht, es sei denn, sie haben unschuldige Augen. Ein Spiel mit dem Bewusstsein des Protagonisten von Recht und Unrecht, eine naive Auffassung davon, wer was verdient hat. Der Mann wird als labile Persönlichkeit gezeichnet, die ihren Job zwar stets hundertprozentig zuverlässig ausfüllt (wenn auch oft sehr eigenwillig, zum Beispiel das Opfer umklammernd wie ein Affe), sich in ihrem isolierten Gedankenmonolog aber Folgeschlüsse zurechtbiegt, die irrational sind. Die fehlende Fähigkeit zu sprechen symbolisiert hier einen fehlenden Kanal nach außen. Deswegen wirkt seine Umgebung auch so karikaturistisch - es fehlt sein Feedback, auf das die Umwelt wiederum reagieren kann.

“Silent Killer” ist harmonisch und ausgewogen und er wird eigenwillig, aber sympathisch und durchaus ökonomisch erzählt - Füllszenen gibt es keine. Vereinzelte Ideen werden mir in letzter Zeit zu sehr ausgewalzt (die Rückblende in die Kindheit, wo der Junge ein Mädchen trifft und im Erwachsenenalter treffen sich die Beiden unter außergewöhnlichen Umständen wieder, fand in genau dieser Form zuletzt einfach in zu vielen Filmen statt), außerdem bewegt sich der Regisseur wohl auch deswegen so elegant über das Parkett, weil er weiß, dass direkt unter ihm ein Sicherheitsnetz in Form von Park Chan-wook liegt, dessen Einfluss insbesondere im von Walzern verzierten Finale überdeutlich spürbar ist. Der leichtfüßige Humor ist allerdings diesem Werk zu eigen und im Verbund mit der beeindruckenden Stilsicherheit in der recht ungewöhnlichen Erzählung ist das ein Cocktail, der wesentlich frischer ist als es sein abgestandenes Etikett vermuten lassen würde.
8/10
 
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