Shinobi

crizzero

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AW: Shinobi

Kritik von Vince

SHINOBI

“Shinobi” basiert auf einem Manga von Masaki Segawa und ähnelt in seiner Fokussierung auf die individuellen Fähigkeiten der unterschiedlichsten Shinobi sehr an "X-Men", und zwar in einer derart verblüffenden Ähnlichkeit sowohl in thematischer als auch kampfchoreografischer Hinsicht, dass man glauben möchte, die ersten X-Men-Gene hätten ihren Anfang 1614 in Japan genommen.

Doch leider kann Ten Shimoyama die feinfühlige und differenzierte Charakterzeichnung aus Bryan Singers Comicadaptionen nicht rekonstruieren und erreicht trotz eines auffälligen Romeo und Julia-Komplexes auch nicht die sonst so erschlagende Emotionalität gängiger New Age-Wuxia-Filme. “Shinobi” ist emotional etwas unterkühlt, was einerseits nach all den Pathosattacken der letzten Jahre sehr angenehm ist, andererseits aber nicht gerade dazu beiträgt, dass man sich mitten in einen Kampf der Giganten hineinversetzt fühlt. Die Kämpfe (auch hier sehr angenehm: mal keine Massenschlachten, sondern ausschließlich bi- oder oligopolare Auseinandersetzungen) beginnen, man schaut ihnen interessiert, teilweise der Choreografie und Effekte wegen beeindruckt zu, doch zu Herzen gehen sie nicht. Was mit den so mühsam individualisierten Shinobi geschieht und welche Wendungen sich innerhalb der Duelle ergeben, ist einem bis zum bitteren Ende relativ egal.

Viel interessierter scheint der Regisseur daran zu sein, die Einzelfiguren mit all ihren markanten Eigenschaften herauszustellen, beginnend bei einer kurzen Einleitung, in der alle zehn Krieger kurz vorgestellt werden. Es geht darum, welcher Kämpfer die coolste Spezialkraft für sich verbuchen kann und wer am lässigsten an der Kamera vorbeischaut. Das muss im Sinne der Unterhaltung nicht schlecht sein, aber es ist in Anbetracht des Anspruchs, der immer mal wieder durchscheint, schlichtweg unangemessen.

Der Anspruch besteht vor allem in einer interessanten Definition des Wesens eines Shinobi, die besagt, er sei eine Waffe: Shinobi bräuchten jemanden, der sie benutzt und wenn es keine Gegner gibt, ist ihr Leben sinnlos. Und doch ist da letztendlich wenig Philosophisches dran oder zumindest wird nur wenig daraus gemacht. Der junge Krieger Gennosuke ist eben der Meinung, dass es auch ein Leben voller Sinn in Friedenszeiten geben kann. Mehr ist da nicht. Und auch der Romeo und Julia-Komplex geht vollkommen unter.

“Shinobi” überzeugt vor allem durch seine Andersartigkeit die Atmosphäre betreffend, die zwar in Richtung “Wu Ji”& Co. tendiert, ohne aber jemals in deren triefenden Kitsch abzusinken. Auch die Kämpfe sind zu großen Teilen gelungen und bei den idyllischen Orten, die da eingefangen werden, möchte man nie wieder einen Film sehen, der in einer amerikanischen Großstadt spielt.
Nur inhaltlich bleibt die Mangaverfilmung erschreckend unterentwickelt, konzentriert sich am liebsten darauf, die zehn Hauptfiguren möglichst ansprechend zu präsentieren und vermag es niemals, ihre Fähigkeiten mit ihren Persönlichkeiten zu verbinden. Von jenen Persönlichkeiten erfährt man eigentlich so gut wie nichts, was sogar auf die Protagonisten Oboro (Yukie Nakama) und Gennosuke (Jô Odagiri) zutrifft - und das ist schon verheerend. Die Ansätze, irgendeine Art von erzählerischer Tiefe einzubringen, wirken wie mit dem Vorschlaghammer gewaltsam in den Kontext eingehämmert und kommen nicht über banale Oberflächlichkeiten hinaus. Als simpler Unterhaltungsfilm ist das Werk allerdings prächtig geeignet. Und das ist überhaupt nicht böse gemeint.
5/10
 
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