Schultze Gets The Blues

Despair

Filmvisionaer
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Filmkritiken
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Schultze Gets The Blues


Schultze, der sein gesamtes Leben unter Tage gearbeitet hat, wird zusammen mit seinen Kollegen Jürgen und Manfred in den Ruhestand entlassen. Als sie traurig vor ihren billigen Salzkristallleuchten, dem Abschiedsgeschenk ihres Arbeitgebers, sitzen, wird ihnen klar, was sie nun erwartet – viel freie Zeit. Zeit, die sie sich in ihrem kleinen Dörfchen in Sachsen-Anhalt nur mit Kneipenbesuchen und Angeln vertreiben können. Aus diesem tristen Alltag wird Schultze plötzlich herausgerissen, nachdem er durch eine Radiosendung zum ersten Mal mit der Musik der amerikanischen Südstaaten in Kontakt kommt und sich sogleich sein Akkordeon schnappt...

Eins vorweg: „Schultze Gets The Blues“ ist alles andere als ein Actionfilm. Die langen Einstellungen und ruhigen Bilder lassen den Film teilweise etwas behäbig wirken. Das passt aber hervorragend zur tristen „Spiesseridylle“, die im Dorf herrscht und der Langeweile im Leben des frischgebackenen Rentners Schultze. Alleine die Veranstaltung des örtlichen Musikvereins, auf der Schultze alljährlich seine Polka zum besten gibt (und einige Mitglieder mit seiner neuen musikalischen Ausrichtung nur wenig anfangen können) ist derart augenzwinkernd spießig, dass es eine helle Freude ist. Leider verliert der Film in der zweiten Hälfte, die überwiegend in Louisiana spielt, dieses Augenzwinkernde etwas und überschreitet zuweilen die Grenze zur Langeweile. Das ist aber dank des hervorragend agierenden Horst Krause, dem die Figur des Schultze auf den breiten Leib geschneidert scheint, nicht weiter tragisch. Auch die für einige Nebenrollen angeheuerten Laiendarsteller machen ihre Sache sehr gut und verleihen dem Film eine zusätzliche Portion Authentizität.

Auch nach inzwischen fünfmaligem Anschauen hat der Film in meinen Augen nichts an Faszination eingebüsst. Ganz im Gegenteil – er gewinnt jedesmal noch ein Stückchen hinzu. Voraussetzung: man muss diese Art von Film mögen, Adrenalinjunkies und Actionfetischisten werden definitiv wegpennen. Als Vergleich fällt mir David Lynchs „The Straight Story“ ein, der in einem ähnlichem Tempo daherkommt. Von mir gibt’s vollkommen subjektive

9/10 Punkte
 
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