Kevin Smiths View Askewniverse

Frankie

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Frankie

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AW: Kevin Smith' "View Askewniverse"

Kritik von Vince

CLERKS
Ausschnitte aus meiner ofdb-Kritik

Auf den ersten Blick scheint es eine comichafte Überzeichnung zu sein, die sich in dem kleinen Convenience Store abspielt, eingefangen mit einer 16mm auf Kodak-Material (good ol’ Kodak). Allerlei seltsames Gesindel mit Spleens und Macken der besonders abartigen Sorte, kulminierend an einem einzigen Arbeitstag, zu dem Shop-Runner Dante, ganz in Tradition seines historischen Namensvetters und Dichters Dante Alighieri, nur eines zu sagen hat:

I’m not even supposed to be here today!

Fast collagenhaft wird Dantes Arbeitstag zusammengerafft und in einem Best Of der kuriosesten Momente - und davon gibt es einige - wieder ausgespuckt. Das Regiedebüt des erklärten Comic- und Filmfanatikers wird zur autobiographischen Comicepisode. Wie in Tusche gemalte Charakterköpfe, die sich über das Leben unterhalten. “Clerks” könnte auf seinen wesentlichen Zynismus reduziert glatt aus Harvey Pekars Feder stammen, doch Kevin Smith ist hier der Autor. Der Faktor Zeit bei der Erbauung des Todessterns wird unter Smith zur tiefgehenden philosophischen Auseinandersetzung darüber, ob “The Empire Strikes Back” oder “Return of the Jedi” nun der bessere Star Wars-Film ist, und ein Chip in einer Dipsauce wird automatisch zur Rückenflosse des weißen Hais. Elemente des Phantastischen, die Smith jedoch nicht als solche verstanden wissen will. Vielmehr räumt er mit dem Klischee auf, dass Comics weltfremde Fiktion sein müssen.

Der Humor folgt nicht einem einheitlichen Prinzip, sondern bedient aufbauend auf den unterschiedlichen Charakteren unterschiedliche Richtungen, ohne dabei jemals improvisiert zu wirken. Im Gegenteil, jede Phrase ein Volltreffer. Und wenn sich Dante mit seiner Freundin unterhält, kommt man kaum mehr mit, die kleinen, feinen Hiebe zu erkennen, ein Netz aus Zynismus und Sarkasmus zwischen dem triefenden Chauvinismus des Mannes und der emanzipatorischen Großkotzigkeit der Frau - schlussendlich aber doch mit gegenseitiger Wertschätzung füreinander.

Ein im Ganzen faszinierendes Kaleidoskop der alltäglichen Kleinigkeiten, die nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind - das ist es, was sich Kevin Smith in den Anfangstagen seiner Karriere als Regisseur mühsam zusammengekratzt hat, um den durch und durch sehenswerten, teilweise ausgezeichneten Jersey-Zyklus realisieren zu können. Das Indie-Debüt des Kultregisseurs schreckt nicht davor zurück, authentisch zu sein. Ohne Rücksicht auf Verluste schlägt der Videothekenangestellte einer Mutter und ihrem Kind Pornotitel entgegen, als er mit seinem Lieferanten telefoniert, und ebenso wird man hier mit Sexual- und Fäkalsprache zugekleistert, als gäbe es kein Morgen. Ein Ausdruck des ordinären Lebens. Dantes bekanntestes Werk ist “Die Göttliche Komödie” - eine solche hat Kevin Smith mit seinem ersten Werk ebenfalls hingelegt.
8/10
 

Frankie

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Kritik von Vince

CLERKS II
Ausschnitte aus meiner ofdb-Kritik

One ring to rule them all...

Ein Kreis schließt sich. Der Jersey-Zyklus kehrt nach zwölf Jahren an seinen Ursprungspunkt zurück. Was ist in dieser Zeit alles Wahnsinniges passiert? Ein Toter bekommt auf der Toilette einen letzten Blowjob... ein Kaufhaus erlebt ein komplettes Fiasko... eine Lesbe sorgt für den ultimativen Kollaps in einer Dreierbeziehung... Gott selbst steigt auf die Erde hinab... und schließlich erfährt Hollywood, was es heißt, sich über Jay und Silent Bob lustig zu machen.
Ach ja, wo ist nur die Zeit geblieben.

Wir sind also zurück, und zur Freude aller wird das Geschäft wieder nur nebenbei geführt und eher als Location genutzt, um die Dialoge das Regiment übernehmen zu lassen. Die sind nicht mehr ganz so auf die Pointe konstruiert wie im Original, dafür aber natürlicher und unter dem Strich nicht weniger klug und dumm zugleich. Versaut sind sie sowieso; Randals Mund ist eine Dreckschleuder, die ununterbrochen Fäkalien produziert. Einen Rezensenten stellt es vor Probleme, zu erklären, was genau an diesem eigenwilligen Mix so faszinierend ist. Alles sprudelt laissez-faire vor sich hin, passt aber immer punktgenau. Alleine die (verbale) Schlacht der Star Wars-Nerds gegen die Lord of the Rings-Nerds hat Möglichkeiten, zum Klassiker zu werden.

Klartext: “Clerks II” war ein Projekt, das großes Potenzial barg, ein künstlerischer Flop zu werden. Es handelt sich um das Sequel eines Independent-Hits, der nach über einer Dekade nichts von seiner Aura verloren hat. Smith ist inzwischen erfolgreich und konnte eigentlich nur verlieren, wenn er in diesen Tagen zu seinen Wurzeln zurückkehrte. Aber der verfluchte Mistkerl hat es uns wieder allen gezeigt. Die “Passion of the Clerks” ist ein spritziges, hochintensives, leicht nostalgisches Komplettvergnügen geworden, bei dem man mehr als nur einmal am Boden liegt und Tränen vergießt. Lange Planungen gehen dieser Arbeit voraus, und das merkt man ihr insofern an, als dass sie besser nicht hätte konstruiert werden können. Was für ein bescheuert-geniales Drehbuch. Und doch ist von Verkrampfung keine Spur. Jeff Anderson und Brian O’Hallorann könnten besser kaum harmonieren, Rosario Dawson wirkte seit ihrem Debüt in “Kids” nicht mehr so echt und die Afflecks und Lees dieser Welt wissen schon, warum sie stets zu ihrem bärtigen Meister zurückkehren.
Das alles lässt sich auch auf die inhaltliche Ebene übertragen; wo der Fäkalhumor anspruchsloser kaum sein könnte, pult sich aber doch eine primitive Lebensweisheit heraus. Die “Clerks” verbreiten die Philosophie des kleinen Mannes in einer infiniten Spirale, die auffällig dem Ring gleicht. Einem Ehering oder wo sonst sich dieses Muster in der Natur ergibt. Ein Ring, sie alle zu knechten... von Kevin Smith, Master of the View Askewniverse, lasse ich mich gerne knechten. Schade nur, dass er nach diesem Abschluss jetzt vielleicht eher an “Jersey Girl” anknüpfen muss, denn sein Hauptwerk ist nun dicht verschlossen.

Aber vielleicht gibt es ja noch eine Prequel-Trilogie. Ich freue mich auf “Clerks X minus 3: The Phantom Menace”.
9/10
 

Frankie

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Kritik von Vince

MALL RATS
Ausschnitte aus meiner ofdb-Kritik

Kevin Smith legt in "Mall Rats" in einer noch etwas kindlichen Art und Weise bereits sein Talent nieder, schräge Charaktere in unkonventionelle Zusammenhänge zu setzen und sie so miteinander agieren zu lassen, dass nicht unbedingt eine Aussage entsteht, auf jeden Fall aber so etwas wie eine Füllmasse, die den Zuschauer zufrieden in den Restabend entlässt. „Mallrats“ sprüht vor Bedeutungslosigkeit und preist diese sogar noch in den Vordergrund, anstatt sie peinlicherweise zu verstecken. Es ist schon komisch: dem Publikum wird keine Satire vorgesetzt, keine Sozialstudie, kein Charakterpsychogramm (das folgte später in „Chasing Amy“), ja nicht einmal die gewöhnlichen Merkmale einer typischen Komödie. Und doch – der Zuschauer ist mit dem Einsetzen des Abspanns rundum zufrieden. Wie das?

Um diese Frage zu beantworten, sollte man sich vielleicht Kevin Smiths Hintergrund ins Gedächtnis berufen: den Comic, der einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens ausmachte und noch ausmacht. Nach wie vor habe ich zwar keine Antwort darauf, was denn nun der Sinn von „Mallrats“ ist, aber zur Filmstruktur ist diese Herangehensweise vielleicht ein Schlüssel. Brodies und T.S.'s Ausflug ins Einkaufszentrum weist nämlich inszenatorisch alle Merkmale eines traditionellen Comics auf.

Der komplette Film ist durchsetzt von markanten Schlüsselbildern, die sich geradezu dafür anbieten, in Panels eingefangen zu werden. Da hätten wir T.S. und Brodie auf der Couch, der (halb-)nackte Produzent der Flirtshow bei seinen Karateübungen vor dem Spiegel, Silent Bob in seinem Batman-für-Arme-Kostüm, wie er in der Pappwand steckt, Gwen Turner beim Unterwäschewechseln in aller Öffentlichkeit, Rene und Brodie im Fahrstuhl, William Black vor dem 3D-Bild, und, und, und. Der 91-Minüter ist eine intelligente Aneinanderreihung von Einzelszenen, die jeweils von einem dieser Schlüsselbilder dominiert werden. Und genauso funktionieren Comics: Momentaufnahmen werden auf ein Bild komprimiert, das für den kompletten Handlungsspielraum bis zum nächsten Bild spricht.

Die Kritiker waren nicht allzu begeistert von Smiths zweitem Streich und schrieben ihn, vermutlich auch in Hinblick auf den vielversprechenden „Clerks“, bereits ab. Tatsächlich büßt diese zweite Arbeit durch die Berücksichtigung des Debüts auch deutlich an Originalität ein. Dennoch wird die Comicthematik sehr schön verarbeitet, und wenngleich sie handlungstechnisch nur am Rande zur Geltung kommt, spricht die Inszenierung doch ganz deutlich in Luftblasen und mit Panels und bunten Figuren. Aber vielleicht ist das auch nur meine Einbildung in dem innigen Wunsch, „Mallrats“ einen Sinn zuzuschreiben.
7/10
 

Frankie

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Kritik von Vince

DOGMA
Ausschnitte aus meiner ofdb-Kritik

“Widerruf: Verzicht auf jeden direkten oder indirekten Anspruch; 2. Nichtanerkennung; 3. Erklärung mit dem Zweck, den eigenen Arsch zu retten.

Obwohl es eigentlich nicht diesen ganzen 10-minütigen Erklärungsaufwand braucht, legt View Askew Wert auf die Feststellung, dass dieser Film - von Anfang bis Ende - als eine phantastische Komödie anzusehen und unter keinen Umständen ernst zu nehmen ist. Darauf zu bestehen, dass Szenen des nun folgenden Werks anstößigen oder lästerlichen Charakter hätten, hieße, unsere Absichten misszuverstehen und ein unzulässiges Urteil zu fällen; und Urteile zu fällen ist schließlich allein Gottes Vorrecht (das gilt auch für euch Filmkritiker... war nur’n Spaß).

Bevor Sie also jemandem wegen dieses läppischen Films Leid zufügen wollen, denken Sie bitte daran: Auch Gott hat Sinn für Humor. Man muss sich nur einmal das Schnabeltier ansehen.

Herzlichen Dank und viel Vergnügen.

P.S. Wir möchten uns bei allen Schnabeltier-Fans förmlich entschuldigen, falls sie sich wegen dieser gedankenlosen Bemerkung über die Schnabeltiere auf den Schlips getreten fühlen. Wir von View Askew respektieren das edle Schnabeltier, und nichts läge uns ferner, als diese blöden Viecher in irgendeiner Form zu kränken.

Nochmals herzlichen Dank und viel Vergnügen.”


Das war eine auf vier Textseiten verteilte, einminütige Exposition, die in das eigentliche Werk einleitet. Kevin Smith macht von Beginn an seinen Standpunkt klar. Dieser Film ist nicht ernstzunehmen - ebensowenig dieses Verstricken in immer weitere Widersprüche ausgehend von dem Umstand, einen Sachverhalt rechtfertigen zu wollen. Man hat da einen Film, weiß um seinen kontroversen Charakter, will vorabschicken, dass man niemandem auf den Schlips treten will, untermauert das mit einem Argument, dem die Adressaten - hier Gottgläubige, die hinter dem Film Blasphemie veermuten könnten - nur zustimmen können. Dann führt man als Beispiel das Schnabeltier an, beleidigt es unwissentlich, bemerkt das, versucht, das Missverständnis durch ein P.S. aufzulösen... und am Ende ist da ein riesiges, unnötiges Gewirr aus Widersprüchen, die dem Umstand entwuchsen, dass eine vielleicht nicht ganz so perfekte Sache - hier der Film “Dogma” - unter allen Umständen verteidigt wird.

Diese vier Texttafeln, meine lieben Gläubigen, sind ein Mini-Modell des Glaubens, insbesondere des christlichen Glaubens.

Ich weiß, ich gehe nun dieselben Pfade wie der Regisseur, wenn ich behaupte, vier Texttafeln, in denen zu allem Überfluss Wörter wie “Schnabeltier”, “blöde Viecher”, “View Askew” oder “Schlips” vorkommen, seien ein umfassendes Modell des hochkomplizierten und mit einer langjährigen Tradition versehenen Glaubens, vor allem des christlichen Glaubens. Auch ich könnte nun versuchen, meine Worte zu rechtfertigen, aber heraus käme dabei nur ein weiterer dieser Rechtfertigungs-Knödel, oder, wie View Askew es nennt, Widerrufe.

Tja, und dann geht’s los. Kevin Smith holt zum alles niederschmetternden Rundumschlag aus, bedient sich in seinem View Askew-Universum, greift auf langjährige Freundschaften zurück, die während der Drehs von sinnentfremdeten Spaßfilmen wie “Mall Rats” entstanden sind, setzt altbekannte Schauspieler wie Matt Damon, Ben Affleck, Jason Lee, Jason Mewes und nicht zuletzt sich selbst als Silent Bob wie Playmobilmännchen auf sein teuflisches Spielgelände. Er haut ganz einfach gedankenlos Tatsachen in seine Handlung; Tatsachen, die bibelfeste Christen aufs Höchste erschüttern würden, wenn sie den Film ernstnehmen würden. Ein schwarzer Apostel; zwei bekiffte Propheten; eine Frau als Gott! Aaargh!
Ganz betont gibt es keinerlei Geheimniskrämerei, alles wird als so offensichtlich und zweifellos dargestellt, dass es überhaupt keinen Zweifel geben kann an diesem unumstößlichen Weltbild. Smith macht nicht viel mehr als das, was auch die meisten Religionen tun: Er setzt Dogmen. Er klärt über die einzige Wahrheit auf. Er baut sich sein eigenes, kleines Königreich - und macht sich am Ende selbst drüber lustig.

Durch die Art und Weise, wie er das macht, kann man es am Ende nur mit “Kumpel-Christus” halten: Rechtes Auge zukneifen, ein breites Grinsen aufsetzen und Daumen hoch. Was Kevin Smith da im Rahmen dieses thematischen Minenfeldes geschaffen hat, ist respektlos, satirisch, ironisierend, schwarz wie die Nacht und fern des guten Geschmacks - und doch bleibt “Dogma” ganz einfach unangreifbar. Das Amalgam von Filmstruktur, Filminhalt, Filmgenre, Modellcharakter und metaphorischer Substanz ist dermaßen durchdacht, dass man gegen Smith’ Universalattacke auf den Glauben nur dann wettern kann, wenn man den Film nur oberflächlich gesehen hat. Denn ansonsten ist Smith klug genug gewesen, sich auch selbst nicht zu ernst zu nehmen und das Ganze einfach um zwölf Ecken abzusichern, ohne dabei an Konsequenz zu verlieren. Vom Filmaufbau her ist “Dogma” sicherlich nicht immer perfekt; die ein oder andere Szene wirkt dann doch zu unausgereift, manchmal sogar zu experimentell. Das tut dem Spaß aber in Anbetracht dessen, was Kevin Smith da sonst auf die Beine gestellt hat, überhaupt keinen Abbruch.
8.5/10
 

Frankie

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Kritik von Vince

JAY & SILENT BOB SCHLAGEN ZURÜCK
Ausschnitte aus meiner ofdb-Kritik

Der erste Film, in dem die „comicfizierten“ Karikaturen Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Director Kevin Smith) einen Film aus eigener Kraft tragen, klammert sich mit tiefster Inbrunst an den Mainstream. Und zwar nicht in dem Versuch, sich möglichst weit von ihm zu distanzieren, wie man es von einem John Waters erwarten würde. Nö, Smith schämt sich nicht seiner Anleihen an das Massenkino. Er ist sich seiner Faszination für den Kommerz bewusst und schämt sich ihrer nicht die Bohne. Sozusagen ein Kommerz-Sensibelchen.

Wenn dieser Film etwas ist, dann kurzweilig. Smith erlaubt sich bei keiner Episode einen Patzer, sondern zeigt sich stets bissig und spaßvogelig; zumindest, wenn man seine Vorgängerwerke kennt, denn ein Großteil des Humors ist enorm selbstironisch. Alleine drei- oder viermal blicken die Darsteller den Zuschauern zweideutig direkt in die Augen, was in jedem ernstgemeinten Film eine Todsünde wäre. Und gerade zu Filmbeginn, das heißt bis nach dem Besuch bei Affleck, sind den Dialogen nur dann Witze zu entziehen, wenn man im „View Askew“-Universum ein wenig bewandert ist, denn gerade die wunderbar overactenden Ben Affleck und Jason Lee gehen in ihren alten Smith-Rollen auf und übernehmen gerne alte Insider und Running Gags, wie etwa Lees „Schoko-Hand“. Fast immer zünden die Gags, aber eben nur mit etwas Hintergrundinformation. Und selbst dann sind die Beweggründe für die Witze eher banal und nicht allzu gewitzt. Wobei man sich bei Smith nicht einmal sicher sein kann, ob das nicht womöglich als Parabel auf die Mängel des Mainstreamfilms gewertet werden kann.

Was Jays und Silent Bobs Integration in die Protagonistenrollen betrifft, kann man geteilter Meinung sein. Die Marotten sind altbekannt, kommen aber durch die angewachsene Leinwandpräsenz nun besonders gut zur Geltung. Silent Bobs vielsagende Gesichtsausdrücke sind gerade in diesem Film ein Genuss, und das beweist, dass die Verhaltenskomik weitaus tiefer ausfällt, als man ob eines ersten Anblicks der beiden schrägen Vögel erwarten würde.

Allerdings wird jene Hollywoodkritik insgesamt doch eher im Vorbeilaufen erledigt und erreicht nie das Zentrum, welches bis zum Ende durch die Belanglosigkeiten von Jays und Silent Bobs Odyssee regiert wird. Das ist irgendwie schon schade, denn eigentlich hätte man da von Smith doch einen Tick mehr erwartet, zumal die professionelle Inszenierung des Geschehens nur noch weiter verwirrt. Zum Ende hin häufen sich dann auch noch die Fälle, in denen der Einbau von Stargästen und Anspielungen nicht mehr so recht funktionieren will. Joey Lauren Adams ist beispielsweise total verschenkt. Allerdings ist Mark Hamill als Darth Vader für Arme eines der Highlights des Films, nachdem schon zu Beginn eine kaum wiederzuerkennende Carrie Fisher als Nonne ihr Unwesen treibt.
Am Ende entpuppt sich das Roadmovie als nicht mehr als das, was es ist: der Kreuzzug zweier Volldeppen. Das kann zufriedenstellend sein. Im Endeffekt kann man sich aber nicht des Eindruckes erwehren, gerade ein Knallbonbon gegessen zu haben.
Die Lust auf weitere Smith-Werke ist jedoch nicht vergangen.
6/10
 

Willy Wonka

Locationscout
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AW: Kevin Smith' "View Askewniverse"

Mein Einstieg in das filmische Œuvre von Regisseur Kevin Smith kann als ziemlich desaströs angesehen werden. Denn einen schlechteren Start als „Jay und Silent Bob schlagen zurück" kann es wohl nicht geben, denn wie es Vince in der Kritik schon schilderte, bezieht sich der Film auf die Vorkenntnis des „View Askewniverse". Für mich war Smiths Parabel auf das kommerzielle Hollywoodkino zu authentisch, sodass ich mir nicht sicher war, ob es sich wirklich noch um eine Kritik handelt oder ob Smith wirklich nur einen schlechten Film mit ein paar guten Gags kreiert hat.

Der zweiten Film, den ich von Kevin Smith gesehen habe, war „Zack and Miri Make a Porno". Trotz des eindeutigen Titels verbirgt sich hinter diesem Film theoretisch eine schlichte romantische Komödie, die mir aber aufgrund der Spielfreude der Schauspieler und einigen sehr guten Witzen und Arrangements ausgesprochen gut gefallen hat. Doch die DNA der Frühwerke von Smith war innerhalb dieses Films nur noch marginal zu verspüren bzw. glaube ich dieses, da ich bislang noch keine Frühwerke von ihm gesehen habe und lediglich von seinem Stil gelesen habe. Ich wusste also Smith als Regisseur immer noch nicht einzuschätzen.

Heute habe ich dann endlich zum ersten Mal den Film „Dogma" gesehen, von dem ich bereits den Anfang ein wenig kannte. Aufgrund der Thematik hat mich der Film sowieso sehr interessiert und gegen Ironie und Satire gegenüber dem Thema Religion und insbesondere der Katholizismus habe ich überhaupt nichts einzuwenden, sondern begrüße sie sogar. Die Dialoge und die Komik des Films haben mich mit dem Stil von Smith vertraut gemacht und stellen für mich den nötigen Zugang zum View Askewniverse. Trotz der relativ langen Laufzeit für eine Komödie/Satire bot der Film sehr viel Abwechslung und ich war über die ganze Spielzeit gespannt, was als nächstes aus dem Hut gezaubert wird. Der Film ruft nicht unbedingt „Brüller" hervor und es gab eigentlich nur relativ wenig Stellen, wo ich richtig lachen konnte, aber das ist keinesfalls schlecht. Der Film war durch die Demontage der Religion und des Glaubens einfach äußerst kreativ und amüsant.

Im Folgenden kann ich mich nur diesen Abschnitt anschließen, obwohl mich interessieren würde, welche Szenen als zu experimentell einzustufen sind.

Vince schrieb:
Was Kevin Smith da im Rahmen dieses thematischen Minenfeldes geschaffen hat, ist respektlos, satirisch, ironisierend, schwarz wie die Nacht und fern des guten Geschmacks - und doch bleibt “Dogma” ganz einfach unangreifbar. Das Amalgam von Filmstruktur, Filminhalt, Filmgenre, Modellcharakter und metaphorischer Substanz ist dermaßen durchdacht, dass man gegen Smith’ Universalattacke auf den Glauben nur dann wettern kann, wenn man den Film nur oberflächlich gesehen hat. Denn ansonsten ist Smith klug genug gewesen, sich auch selbst nicht zu ernst zu nehmen und das Ganze einfach um zwölf Ecken abzusichern, ohne dabei an Konsequenz zu verlieren. Vom Filmaufbau her ist “Dogma” sicherlich nicht immer perfekt; die ein oder andere Szene wirkt dann doch zu unausgereift, manchmal sogar zu experimentell. Das tut dem Spaß aber in Anbetracht dessen, was Kevin Smith da sonst auf die Beine gestellt hat, überhaupt keinen Abbruch.
8.5/10
 
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Cable

Filmvisionaer
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AW: Kevin Smiths View Askewniverse

Du sattlest das Pferd aber komplett von Hinten auf Willy! Beim ViewAskewniverse sollte man sich bei der Erstsichtung streng an die Reihenfolge halten, da auch Dogma bereits Szenen enthält, die man nur dann vollständig versteht, wenn man die vorherigen Filme gesehen hat. :bart:
 

Willy Wonka

Locationscout
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Du sattlest das Pferd aber komplett von Hinten auf Willy! Beim ViewAskewniverse sollte man sich bei der Erstsichtung streng an die Reihenfolge halten, da auch Dogma bereits Szenen enthält, die man nur dann vollständig versteht, wenn man die vorherigen Filme gesehen hat. :bart:

Die nächsten Filme werden dann aber streng chronologisch gesehen! Zum Glück kommt im Dezember endlich die Kevin Smith Arthaus Close-up.
 

Tarantino1980

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AW: Kevin Smiths View Askewniverse

Da kann ich Cable nur zustimmen Willy. Gerade Clerks und Mall Rats hättest Du Dir vor Dogma und erst recht vor Jay & Silent Bob schlagen zurück ansehen sollen. Ich denke wenn Du die Sichtung dieser beiden Filme hinter Dir hast, solltest Du die anderen Filme nochmal sichten, da dann so mancher Gag besser zündet.

Und als absolutes Highlight, wenn Du alle kennst, kann ich Dir nur Clerks 2 empfehlen, ich habe stellenweise wirklich Tränen gelacht!
 
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